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Allgemeine Zeitung, Nr. 86, 29. März 1900.

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München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 29. März 1900. Nr. 86.
[Spaltenumbruch] wieder begibt. -- Graf Wilczek traf aus Wien hier ein und
nahm im Hotel Vier Jahreszeiten Absteigquartier. -- Die
k. k. Hofkammervirtuosin Fran Sophie Menter traf von
Schloß Itter hier ein und nahm im Hotel Englischer Hof
Wohnung. -- Dem ersten Schriftführer des hiesigen öster-
reichisch-ungarischen Hülfsvereins, Versicherungsdirektor Fritz
Buchmüller, wurde vom Kaiser von Oesterreich das
goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen.

* Ultramontane Herrschaft!

Wie unsre Leser aus
dem heutigen Bericht über die Berathung des Kultus-
etats im Finanzausschuß der Abgeordneten-
kammer
ersehen werden, wünschte der Korreferent Abg
Dr. Casselmann mit gutem Recht, an die Staatsregie-
rung
wegen ihrer Stellungnahme zur lex Heinze
eine Anfrage zu stellen, wurde jedoch von der nitra-
montanen Mehrheit daran verhindert, so daß er selbst-
verständlich gezwungen war, das Korreferat nieder-
zulegen,
das dann in ultramontane Hände überging.
Abg. Dr. Casselmann wird in der morgigen Finanzaus-
schußsitzung, zu der Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Crails-
heim
eingeladen werden soll, seine Anfrage trotz des
heutigen Widerspruchs der Ultramontanen stellen.

M. Aus der öffentlichen Festsitzung der kgl. Aka-
demie der Wissenschaften
sind einige Punkte von allge-
meinerem und von speziell lokalem Interesse hervorzuheben.
Zunächst -- so schreibt man uns -- ist zu bedauern, daß
diese feierlichen Akte zu denen der Zutritt Jedermann frei
steht, nicht stärker besucht sind. Soust hat man doch
in München Auge und Ohr für festliche Veraustaltungen und
der Prunk der Wissenschaft verdient auch Beachtung. In seiner
Uebersichtsrede betonte der Präsident Geh. Rath Prof. Dr.
v. Zittel fest und energisch die Nothwendigkeit, für die
Sammlungen der Akademie
sowohl wie noch anderer
wissenschaftlicher und künstlerischer Institute neuen Raum
zu schaffen, damit nicht für die Wissenschaft unschätzbare
Theile der Sammlungen in den Kisten nutzlos liegen. Die
geistigen Mächte geben die Hoffnung nicht auf, die Türken-
kaserne als das geeignetste Objekt von den militärischen noch
zu erhalten. Mögen sie an dem Prinzen Ludwig, der auf-
merksam der Rede folgte, einen Fürsprecher gewonnen
haben! Mögen aber auch die durch den elektrischen
Betrieb der Trambahn bei physikalischen Beobachtungen
auf der Steruwarte hervorgerufenen Störungen die höchsten
Stellen nicht gegen berechtigte Hoffnungen der Bevölkerung
"aus wissenschaftlichem Interesse" einnehmen! Aus den tief-
gefühlten Nekrologen, die der Klassensekretär der mathe-
matisch-physikalischen Klasse, Prof. Dr. Karl v. Voit, auf
die verstorbenen Mitglieder der Akademie, den Chemiker
v. Miller und den Physiker v. Lommel, vortrug, ist mir die
warme Betonung des Standpunktes v. Lommels
für die humanistische Vorbildung der Studirenden
naturwissenschaftlicher Fächer
besonders angenehm
aufgefallen. Daraus schließen wir, daß der Münchener
Physiologe auf gleichem Standpunkt steht und die klassische
Vorbildung nicht nur als kein Hemmniß, sondern als ein
Förderniß für die naturwissenschaftlichen Studien ansieht.
Ein passendes Wort sprach Voit auch, als er v. Lommels
ernste, überlegte und zurückhaltende Art, Neues zu publiziren,
mit gewissen modernen Sensationsentdeckungen verglich, die
nachher in nichts versinken. Prof. Dr. Johannes v. Ranke's
treffliche Festrede zur Geschichte der prähistorischen, anthro-
pologischen und paläontologischen Forschung in Bayern war
ein neuer Beweis dafür, was Bayern und München
seinem König Ludwig I. zu verdanken hatte,
der
für Kunst wie für Wissenschaft ein gleich offenes Verständniß,
Herz, Hand und Wort hatte und der den höchsten Patrio-
tismus im Wirken für die edelsten Güter der Ration ge-
funden hatte.

* Das Ruffinihaus an der Sendlingerstraße wurde
bekanntlich zur Erweiterung der Sendlingerstraße von der
Kommune erworben und wird ab 1. Januar 1901 dem Ab-
bruch unterstellt. Wie dem "Bayer. Kurier" mitgetheilt wird,
wollte der Waarenhausinhaber Hermann Tietz dem Magistrat
jenen Komplex abkaufen, der zu den Erweiterungszwecken
nicht erforderlich ist. Der Magistrat lehnte dem Vernehmen
nach in geheimer Sitzung das Tietz'sche Angebot jedoch ab.
Nun sei es aber Hrn. Tietz gelungen, einen Strohmann vor-
zuschieben, der jenen Komplex von dem Stadtmagistrat that-
sächlich bereits angekauft haben soll. -- Das genannte Blatt
sügt dem letzten Satz ein bedeutsames Fragezeichen bei.
Wir auch!

@ Der chinesische Bischof v. Anzer, der am Mon-
tag vom Deutschen Kaiser empfangen wird, begibt sich von
Berlin nach München zum Besuch der ihm seit Jahren be-
freundeten Benediktiner von St. Vonifaz.

* Bayerischer Frauenverein vom Rothen Kreuz.

Von
dem Wunsche geleitet, die dem Verein schon im Frieden für die
Unterstützung des Militär-Sanitätsdienstes im Kriege obliegenden
Thätigkeiten in der für diesen Dienst förderlichsten Weise gesichert
zu wissen, hat die Protektorin des Vereins, Frau Prinzessin
Ludwig, Hrn. Generalarzt Dr. W. Bestelmeyer als ärztlichen
Beirath in das Zentralkomitee des Vereins berufen. Für
die Krankenanstalt des Vereins wird eine gebildete Dame als
zweite Oberin gesucht, deren Thätigkeit weniger in dem Gebiete
der Krankenpflege als in dem der Erziehung der Lernschwestern
und der Leitung des Hauses bestehen soll. -- Anfangs dieses
Monats hat sich in der Stadt Berching, B.-A. Beilngries (Ober-
pfalz) ein neuer Zweigverein -- der 289. des Vereins --
wit 65 Mitgliedern unter dem Vorsitze der Frau Oberaufschlag-
einnehmer Anna Rupp, Beirath Hr. Stadtpfarrer Georg Nabl,
gebildet. -- Die Gesammtsumme der durch das Bankhans
Kirchdörfer in München, Kaufingerstraße 26, bis jetzt für die
Unterstützung des Militär-Sanitätsdienstes der Buren

an das Schatzamt des Zentralkomitees aller Deutschen Vereine vom
Rothen Kreuz in Berlin, Jägerstr. 21, vom bayerischen Frauenverein
gesendeten Gaben beträgt nun über 6000 M. -- Unter Antheil-
nahme der Protektorin Frau Prinzessin Ludwig wird Mittwoch,
den 25. April, die Delegirtenversammlung des Vereins
im Wittelsbacherpalaste und Tags darauf das Schwesternfest
der bayerischen Rothen Kreuz-Schwestern (nun bereits 109) in der
Krankenanstalt des Vereins (Nymphenburgerstr. 163) stattfinden.

§ Der Verein Knabenhort in München veranstaltet
Samstag, den 31. März, abends 71/2 Uhr, im großen Saale des
Evangelischen Vereinshauses, Mathildenstraße 4, eine musika-
lische Unterhaltung,
deren Ertrag den 15 vom Verein unter-
haltenen wohlthätigen Anstalten: Knaben-, Lehrlings- und Mädchen-
horten, in allen Stadttheilen zugute kommen soll. Hervorragende
künstlerische Kräfte haben zur Veranstaltung ihre Mitwirkung zu-
gesagt. Die Eintrittskarten sind zum Preise von 1 M. für eine
Person, 2 M. für eine Familie von drei Personen -- ohne der
freiwilligen Wohlthätigkeit eine Schranke zu setzen -- bei Hrn.
Buchdruckereibesitzer Jung, Frühlingsstraße 20, oder an der Abend-
kasse im Vereinshause zu erhalten.

* Frau Nana Weber-Bell wird Dienstag, den 3. April,
im Saale des Hotels Bayerischer Hof ihren dritten Vortrag
halten über das Thema "Nichard Wagner und der Sprach-
gesang"
mit darauffolgenden Gesängen. Frl. Anna Rückerl,
[Spaltenumbruch] die längere Zeit Frau Nana Weber-Bell zu ihrer Lehrmeisterin
zählt, wird Lieder von Franz, Weingartner, Berger, v. Thomassin,
v. Wilm und Hugo Wolf singen, während das Programm der
Frau Nana Weber-Bell Gesänge von Richard Wagner, Sommer,
sowie ganz neue Lieder von Reger, Joseph Schmid und Enrico
Bossi enthält. Der Klavierpart liegt in den bewährten Händen
des Hrn. Joseph Schmid. Kartenverkauf im Hotel Bayerischer
Hof
und Hildegardstraße 17/I.

* Volkstheater.

Zum Benesiz für Frau Marie Bertoli
gelaugt am Freitag "Muttersegen oder die Perle von
Savoyen",
Schauspiel mit Gesang von W. Friedrich, zur Auf-
führung. Frau Bertoli ist ein langjähriges tüchtiges Mitglied und
"Muttersegen" zählt zu den beliebtesten älteren Repertoirestücken
des Volkstheaters.

* Aus dem Polizeibericht.

Auf der Strecke Pasing-Staru-
berg, und zwar in der Nähe von Gräflfing, wurden in der Nacht
zum 28. März 2500 m. Telephonkupferdraht entwendet.



Letzte Nachrichten.

Tel. Der bayerische Bundes-
rathsbevollmächtigte Graf Lerchenfeld, der sonst einer
der regelmäßigsten Besucher des Reichstags ist, wurde in
den letzten Tagen am Bundesrathstisch nicht gesehen. --
Finanzminister v. Miquel hatte heute Vortrag beim
Kaiser, ebenso der Minister des Innern, Frhr. v. Rhein-
baben.
-- Daß die von der konservativen Partei im
preußischen Abgeordnetenhause eingebrachte Interpellation
wegen des Fleischbeschaugesetzes (siehe unten) den-
jenigen Konservativen im Reichstag angenehm ist, die
ein Kompromiß herbeizuführen bereit sind, wird in parla-
mentarischen Kreisen bezweifelt.

Tel. Die Meldung einzelner
Blätter, daß das Auswärtige Amt eine Bewegung
gegen die Kommissionsbeschlüsse zum Fleisch-
beschangesetz
veranlaßt habe und daß sogar ein vertrau-
liches Schreiben an die Handelskammern zum Schüren
der Agitation
ergangen sei, wird von der "Nordd. Allg.
Ztg." auf Grund besonderer Ermächtigung als tendenziöse
Erfindung
bezeichnet.

Tel. Im Abgeordneten-
haus
brachten die konservativen Mitglieder eine Inter-
pellation
ein, des Inhalts:

"Ist der Ministerpräsident
bereit, darüber Auskunft zu geben, in welcher Weise er seinem
in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 27. April 1898
abgegebenen Versprechen bezüglich der Fleischbeschau im
Deutschen Reich gegenüber den jetzigen Beschlüssen des Reichs-
tags nachzukommen gedenkt?"

Tel. Zu der Notiz der "Krenz-
Zeitung", dem Landtag gehe Anfang April ein Gesetzentwurf
über die Regulirung der unteren Oder, Spree und
Havel
zu, ist die "Nordd. Allg. Ztg." in der Lage, zu er-
klären, daß die Regierung nicht beabsichtigt, die betreffenden
Pläne getrennt von den übrigen Entwürfen als besonderen
Gesetzentwurf
im Anfang April dem Landtag vorzulegen.
Die Regierung wird allen Versuchen, die Grundlage der
neuen Kanalvorlage zu verschieben, auf das bestimmteste ent-
gegentreten. Das Ziel der Kanalvorlage ist weder die
Bevorzugung des Westens oder des Ostens, sondern eine
möglichst gleichmäßige Berücksichtigung aller be-
rechtigten Interessen,
ob des Westens oder des Ostens,
ob der Landwirthschaft oder der Industrie.

Tel. Der Reichstag be-
willigte im diesjährigen Etat wiederum einstimmig 30,000
Mark für die von Professor Th. Kehrbach in Berlin be-
gründeten und geleiteten Veröffentlichungen der Gesellschaft
für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte.

Tel. Das Herrenhaus er-
ledigte den Gesetzentwurf betreffend die Zwangserziehung
Minderjähriger.
Bei § 10 beantragt die Kommission,
die Regierungsvorlage dahin abzuändern, daß Zöglinge, wenn
sie das schulpflichtige Alter zurückgelegt haben, in einer Arbeits-
anstalt oder Landesarmenanstalt untergebracht werden können
und daß Einrichtungen zur völligen Trennung derselben von
den übrigen Häuslingen getroffen werden. Nach längerer
Diskussion wird der Kommissionsantrag augenommen
unter Ablehnung eines Antrags auf Wiederherstellung der
Regierungsvorlage. Bei § 15 (Kosten) wird von konser-
vativer
Seite wegen der bedrängten Lage der Landwirth-
schaft die Beschleunigung der Revision der Dotation der
Provinzialverbände
verlangt. Minister v. Miquel
warnt davor, durch Revision des Dotationsgesetzes den
Krieg aller Provinzen gegen einander zu entfesseln.
Er könne nicht versprechen, einen Aenderungsvorschlag zum
Dotationsgesetz schon in der nächsten Session vorzulegen.
Redner wünsche aber die Ungleichheiten der alten Dotations-
gesetze zu beseitigen; gelänge dies jedoch nicht, dann müsse
den nothleidenden Provinzen anderweitig geholfen werden.
Nach längerer Debatte wird der Paragraph in der Kom-
missionsfassung angenommen,
ferner eine Reso-
lution Mirbach,
die eine beschleunigte Dotation der
Provinzialverbände fordert, ebenso der Rest des Gesetzes und
das ganze Gesetz in der Kommissionsfassung, und
zwar einstimmig. Nächste Sitzung morgen: Etatsberathung.

Tel. Das Abgeordneten-
hans
erklärte die Wahl der Breslauer Abgeordneten
Schmieder, Gothein und Wetekamp für ungültig.

Tel. Das Wolff'sche Bureau
meldet aus Kamerun vom 27. d. M.: die Gerüchte vom
Tode des Hauptmanns v. Besser und von der Vernichtung
seiner Expedition sind nicht bestätigt. Soviel bekannt, ist
die Expedition Besser nicht gefährdet.

Tel. Wie die "Schleswigsche
Grenzpost" meldet, geht das vor einem halben Jahre neu
gegründete dänische Blatt "Fremad" in Gravenstein am
1. April wieder ein.

Tel. Die Versuche des Bürger-
meisters Lueger, die fortschrittlichen Mitglieder des
Gemeinderaths,
welche anläßlich der Einführung der
neuen Wiener Gemeindewahlordnung ihre Mandate nieder-
gelegt haben, zur Beibehaltung der Mandate zu be-
wegen, sind gescheitert.

Tel. Bürgermeister Lueger
und die beiden Vizebürgermeister von Wien werden
morgen vom Kaiser in Andienz empfangen, um demselben
ihren Dank für die Sanktionirung der neuen Gemeinde-
wahlordnung
auszusprechen.

Tel. Da die Arbeit
in allen Schächten heute beinahe normal war, scheint
der Strike sein Ende gefunden zu haben.

Tel. Der Nationalrath
lehnte die Anträge ab, welche eine Befchränkung der Mili-
tärausgaben
auf eine bestimmte Summe pro Jahr, sowie
[Spaltenumbruch] eine Einschränkung der Ausgaben für das Heer überhaupt
und die Abschaffung der Armeekorps-Manöver ver-
langten.

Tel. Laut Nachrichten aus
Manila sind die Filipinos in den Nordprovinzen
Luzons
neu organisirt und bereit, mit Beginn der
Regenzeit den Guerillakrieg zu eröffnen.

Tel. Auf der North British-
Eisenbahn stießen im Tunnel
zwischen Queenstret und
Charing-Croß zwei Arbeiterzüge zusammen. Drei Per-
sonen sind todt, 17 verletzt.

Tel. Der ehemalige Botschafter
am preußischen Hofe, Graf Benedetti, ist heute gestorben.

Tel. Deputirtenkammer.
Die Berathung des Antrags Cambray Digny wird
bei sehr unruhigem Hause wieder aufgenommen. Der Prä-
sident
ertheilt Venturi das Wort. Serri ruft: nein,
nein! Pantano bleibt dabei, das Recht zu haben, seine
Tagesordnung betreffend Einberufung der Konstituante zu
begründen. (Beifall auf der äußersten Linken.) Der Präsi-
dent
erklärt, seine gestrigen Erklärungen wiederholen zu können,
in denen er seine Ohnmacht zum Ausdruck gebracht habe,
und fügt die Aufforderung an die Kammer hinzu, ihre und
des Präsidenten Autorität zu wahren. (Beifall auf der
Rechten.) Das Centrum und die äußerste Linke ruft: Es
lebe die Konstituante!
Hierauf hebt der Präsident
die Sitzung auf.

Tel. Der Präfekt ver-
bot
eine beabsichtigte Volksversammlung, welche der
äußersten Linken ihre Zustimmung zur Obstruktion aus-
drücken wollte.

Tel. Im Ein-
verständniß mit dem russischen Kriegsminister Kuropatkin
trat am 25. März der englische Militärattache. Oberst-
leutnant De la Poer-Beresford, eine Studienreise
nach Zentralasien
an. Von Krasnowodsk aus wird
ein Oberstleutnant des russischen Generalstabs
dem Oberstleutnant Beresford für die Reise beigegeben.

Tel. Das Wiener k. k. Tel.-
Korr.-Bur. meldet: Nach den "Male Novine" entdeckte der Ver-
waltungsrath des Finanzinstituts "Belgradska Cadrouga"
eine Fälschung von 40,000 Aktien, die in dem Gewahr-
sam des Instituts sich befanden und die der frühere Direktor,
der ehemalige Minister Tauschanowitz, nach Fälschung der
Unterschrift sich angeeignet hatte. Tauschanowitz wurde
bekanntlich in dem Hochverrathsprozeß zu 10 jährigem Kerker
verurtheilt.

Tel. (Meldung des
Wiener k. k. Telegraphen-Korrespondenz-Bureaus.) Die Bot-
schafter
werden morgen der Pforte eine Kollektivnote
überreichen, in welcher gegen die Zollerhöhung und die
Anwendung der Konventionaltarife ohne vorherige Verstän-
digung der Mächte auf das eindringlichste protestirt wird.

Tel. (Meldung des Reuter-
schen Bureaus.) Die japanische Presse glaubt, daß
Rußland beabsichtigt, die Deer-Insel bei Korea zu
besetzen.

Tel. Die Antwort des
Staatssekretärs Grafen v. Bülow auf den amerikanischen
Vorschlag betr. die offene Thür in China ist datirt vom
19. Februar und besagt, Deutschland habe von Aufang
an in dem ihm unterstehenden Gebiet in China vollkom-
mene Gleichheit
in der Behandlung aller Nationen
hinsichtlich der Gewerbe, Schiffahrt und Handel nicht bloß
aufgestellt, sondern thatsächlich durchgeführt. Deutschland
denke nicht daran, künftig von diesem Grundsatze abzugehen,
der zugleich jede Beeinträchtigung bei seiner kommerziellen
Behandlung amerikanischer Bürger ausschließe, solange Deutsch-
land hiezu nicht durch Erwägungen der Reciprozität in-
folge eines Abweichens anderer Regierungen von diesem Grund-
satze gezwungen werde. Wenn daher die anderen an der
gewerblichen Entwicklung China's interessirten Mächte Willens
seien, die gleichen Grundsätze anzuerkennen, könnte dies der
deutschen Regierung nur erwünscht sein. Sie werde in diesem
Falle auf Ersuchen gern bereit sein, mit den Vereinigten
Staaten und den anderen Mächten an einem Abkommen
theilzunehmen, durch welches gegenseitig die gleichen
Rechte gesichert
werden.



Verschiedenes.

Tel. Wie aus Friedenshütte
von zuständiger Seite mitgetheilt wird, zerstörte heute Nacht
ein Schadenfeuer die Adjustage des Friedenshütter Stahl-
werks. Der Schaden ist durch Versicherung voll gedeckt.
Bis zur Wiederherstellung der Gebände und Einrichtungen
wird die Lieferung von Eisenbahnmaterial ruhen; ein irgend-
wie nennenswerther Verlust wird jedoch daraus nicht er-
wachsen, weil für die Walzstrecke Ersatz in anderer lohnender
Arbeit sofort zu beschaffen ist.

Tel. Der Zugführer Voß und
seine Frau wurden in ihrer Wohnung todt aufgefunden.
Voß erschlug anscheinend seine Frau mit Beilhieben und
durchschnitt sich dann den Hals mit einem Rasirmesser.



Außer Verantwortung der Redaktion:

Aus allen Städten lesen wir die Berichte, daß noch zahlreiche
Menschen an der Insluenza schwer erkrankten. Die kalte Witterung,
der Schnee und Regen, insbesondere der Mangel an den beliebten
Sonnenstrahlen, woran sich die Erdenkinder gern weiden, ist die Ursache.
Nun ist aber das Bestreben der Aerzte, die Krankheit zu heilen, und
diesmal wird es ihnen durch ein Mittel ermöglicht, das man gern
nimmt, weil es einen belebt, erfrischt, stärkt, und dieses Mittel nennt
sich: Portwein. Die bedeutende Firma in der Weinbranche,
J. Ebersbacher, kgl. bayer. und k. u. k. österr. Hoflieferant, hier,
hat ausgezeichnete Portweine. Nicht nur der Kranke, Rekonvalescent,
sondern auch der Gesunde wird von der seltenen Güte dieser Weine
erquickt. Wer sie versucht hat, der bestellt wieder und wieder, weil die
hervorragende Weinhandlung nur Vorzügliches bietet und stets echte,
reine Weine verkanft.

Auf der hier stattgehabten Ausstellung für
Krankenpflege ist im Wettbewerb zwischen Nestle's, Theinhardts und
Mufflers Kindernahrung der vorzüglich bewährten Muffler'schen
sterilisirten Kindernahrung
wiederum die Palme zuerkannt
worden. Unter diesen Dreien ist sie allein und zwar mit dem für
Rährpräparate ertheilten höchsten Preise, der silbernen Medaille
des Vaterländischen Franenvereins, ausgezeichnet worden.

Wie uns von zuständiger Seite mitgetheilt wird, besteht von den
Münchener Pferdeloosen nur mehr ein geringer Vorrath. Die Ziehung
findet in diesem Jahre am 20. April, dem letzten Tage des großen
internationalen Pferdemarktes. statt.

München, Donnerſtag Allgemeine Zeitung 29. März 1900. Nr. 86.
[Spaltenumbruch] wieder begibt. — Graf Wilczek traf aus Wien hier ein und
nahm im Hotel Vier Jahreszeiten Abſteigquartier. — Die
k. k. Hofkammervirtuoſin Fran Sophie Menter traf von
Schloß Itter hier ein und nahm im Hotel Engliſcher Hof
Wohnung. — Dem erſten Schriftführer des hieſigen öſter-
reichiſch-ungariſchen Hülfsvereins, Verſicherungsdirektor Fritz
Buchmüller, wurde vom Kaiſer von Oeſterreich das
goldene Verdienſtkreuz mit der Krone verliehen.

* Ultramontane Herrſchaft!

Wie unſre Leſer aus
dem heutigen Bericht über die Berathung des Kultus-
etats im Finanzausſchuß der Abgeordneten-
kammer
erſehen werden, wünſchte der Korreferent Abg
Dr. Caſſelmann mit gutem Recht, an die Staatsregie-
rung
wegen ihrer Stellungnahme zur lex Heinze
eine Anfrage zu ſtellen, wurde jedoch von der nitra-
montanen Mehrheit daran verhindert, ſo daß er ſelbſt-
verſtändlich gezwungen war, das Korreferat nieder-
zulegen,
das dann in ultramontane Hände überging.
Abg. Dr. Caſſelmann wird in der morgigen Finanzaus-
ſchußſitzung, zu der Miniſterpräſident Dr. Frhr. v. Crails-
heim
eingeladen werden ſoll, ſeine Anfrage trotz des
heutigen Widerſpruchs der Ultramontanen ſtellen.

M. Aus der öffentlichen Feſtſitzung der kgl. Aka-
demie der Wiſſenſchaften
ſind einige Punkte von allge-
meinerem und von ſpeziell lokalem Intereſſe hervorzuheben.
Zunächſt — ſo ſchreibt man uns — iſt zu bedauern, daß
dieſe feierlichen Akte zu denen der Zutritt Jedermann frei
ſteht, nicht ſtärker beſucht ſind. Souſt hat man doch
in München Auge und Ohr für feſtliche Verauſtaltungen und
der Prunk der Wiſſenſchaft verdient auch Beachtung. In ſeiner
Ueberſichtsrede betonte der Präſident Geh. Rath Prof. Dr.
v. Zittel feſt und energiſch die Nothwendigkeit, für die
Sammlungen der Akademie
ſowohl wie noch anderer
wiſſenſchaftlicher und künſtleriſcher Inſtitute neuen Raum
zu ſchaffen, damit nicht für die Wiſſenſchaft unſchätzbare
Theile der Sammlungen in den Kiſten nutzlos liegen. Die
geiſtigen Mächte geben die Hoffnung nicht auf, die Türken-
kaſerne als das geeignetſte Objekt von den militäriſchen noch
zu erhalten. Mögen ſie an dem Prinzen Ludwig, der auf-
merkſam der Rede folgte, einen Fürſprecher gewonnen
haben! Mögen aber auch die durch den elektriſchen
Betrieb der Trambahn bei phyſikaliſchen Beobachtungen
auf der Steruwarte hervorgerufenen Störungen die höchſten
Stellen nicht gegen berechtigte Hoffnungen der Bevölkerung
„aus wiſſenſchaftlichem Intereſſe“ einnehmen! Aus den tief-
gefühlten Nekrologen, die der Klaſſenſekretär der mathe-
matiſch-phyſikaliſchen Klaſſe, Prof. Dr. Karl v. Voit, auf
die verſtorbenen Mitglieder der Akademie, den Chemiker
v. Miller und den Phyſiker v. Lommel, vortrug, iſt mir die
warme Betonung des Standpunktes v. Lommels
für die humaniſtiſche Vorbildung der Studirenden
naturwiſſenſchaftlicher Fächer
beſonders angenehm
aufgefallen. Daraus ſchließen wir, daß der Münchener
Phyſiologe auf gleichem Standpunkt ſteht und die klaſſiſche
Vorbildung nicht nur als kein Hemmniß, ſondern als ein
Förderniß für die naturwiſſenſchaftlichen Studien anſieht.
Ein paſſendes Wort ſprach Voit auch, als er v. Lommels
ernſte, überlegte und zurückhaltende Art, Neues zu publiziren,
mit gewiſſen modernen Senſationsentdeckungen verglich, die
nachher in nichts verſinken. Prof. Dr. Johannes v. Ranke’s
treffliche Feſtrede zur Geſchichte der prähiſtoriſchen, anthro-
pologiſchen und paläontologiſchen Forſchung in Bayern war
ein neuer Beweis dafür, was Bayern und München
ſeinem König Ludwig I. zu verdanken hatte,
der
für Kunſt wie für Wiſſenſchaft ein gleich offenes Verſtändniß,
Herz, Hand und Wort hatte und der den höchſten Patrio-
tismus im Wirken für die edelſten Güter der Ration ge-
funden hatte.

* Das Ruffinihaus an der Sendlingerſtraße wurde
bekanntlich zur Erweiterung der Sendlingerſtraße von der
Kommune erworben und wird ab 1. Januar 1901 dem Ab-
bruch unterſtellt. Wie dem „Bayer. Kurier“ mitgetheilt wird,
wollte der Waarenhausinhaber Hermann Tietz dem Magiſtrat
jenen Komplex abkaufen, der zu den Erweiterungszwecken
nicht erforderlich iſt. Der Magiſtrat lehnte dem Vernehmen
nach in geheimer Sitzung das Tietz’ſche Angebot jedoch ab.
Nun ſei es aber Hrn. Tietz gelungen, einen Strohmann vor-
zuſchieben, der jenen Komplex von dem Stadtmagiſtrat that-
ſächlich bereits angekauft haben ſoll. — Das genannte Blatt
ſügt dem letzten Satz ein bedeutſames Fragezeichen bei.
Wir auch!

Der chineſiſche Biſchof v. Anzer, der am Mon-
tag vom Deutſchen Kaiſer empfangen wird, begibt ſich von
Berlin nach München zum Beſuch der ihm ſeit Jahren be-
freundeten Benediktiner von St. Vonifaz.

* Bayeriſcher Frauenverein vom Rothen Kreuz.

Von
dem Wunſche geleitet, die dem Verein ſchon im Frieden für die
Unterſtützung des Militär-Sanitätsdienſtes im Kriege obliegenden
Thätigkeiten in der für dieſen Dienſt förderlichſten Weiſe geſichert
zu wiſſen, hat die Protektorin des Vereins, Frau Prinzeſſin
Ludwig, Hrn. Generalarzt Dr. W. Beſtelmeyer als ärztlichen
Beirath in das Zentralkomitee des Vereins berufen. Für
die Krankenanſtalt des Vereins wird eine gebildete Dame als
zweite Oberin geſucht, deren Thätigkeit weniger in dem Gebiete
der Krankenpflege als in dem der Erziehung der Lernſchweſtern
und der Leitung des Hauſes beſtehen ſoll. — Anfangs dieſes
Monats hat ſich in der Stadt Berching, B.-A. Beilngries (Ober-
pfalz) ein neuer Zweigverein — der 289. des Vereins —
wit 65 Mitgliedern unter dem Vorſitze der Frau Oberaufſchlag-
einnehmer Anna Rupp, Beirath Hr. Stadtpfarrer Georg Nabl,
gebildet. — Die Geſammtſumme der durch das Bankhans
Kirchdörfer in München, Kaufingerſtraße 26, bis jetzt für die
Unterſtützung des Militär-Sanitätsdienſtes der Buren

an das Schatzamt des Zentralkomitees aller Deutſchen Vereine vom
Rothen Kreuz in Berlin, Jägerſtr. 21, vom bayeriſchen Frauenverein
geſendeten Gaben beträgt nun über 6000 M. — Unter Antheil-
nahme der Protektorin Frau Prinzeſſin Ludwig wird Mittwoch,
den 25. April, die Delegirtenverſammlung des Vereins
im Wittelsbacherpalaſte und Tags darauf das Schweſternfeſt
der bayeriſchen Rothen Kreuz-Schweſtern (nun bereits 109) in der
Krankenanſtalt des Vereins (Nymphenburgerſtr. 163) ſtattfinden.

§ Der Verein Knabenhort in München veranſtaltet
Samſtag, den 31. März, abends 7½ Uhr, im großen Saale des
Evangeliſchen Vereinshauſes, Mathildenſtraße 4, eine muſika-
liſche Unterhaltung,
deren Ertrag den 15 vom Verein unter-
haltenen wohlthätigen Anſtalten: Knaben-, Lehrlings- und Mädchen-
horten, in allen Stadttheilen zugute kommen ſoll. Hervorragende
künſtleriſche Kräfte haben zur Veranſtaltung ihre Mitwirkung zu-
geſagt. Die Eintrittskarten ſind zum Preiſe von 1 M. für eine
Perſon, 2 M. für eine Familie von drei Perſonen — ohne der
freiwilligen Wohlthätigkeit eine Schranke zu ſetzen — bei Hrn.
Buchdruckereibeſitzer Jung, Frühlingsſtraße 20, oder an der Abend-
kaſſe im Vereinshauſe zu erhalten.

* Frau Nana Weber-Bell wird Dienſtag, den 3. April,
im Saale des Hotels Bayeriſcher Hof ihren dritten Vortrag
halten über das Thema „Nichard Wagner und der Sprach-
geſang“
mit darauffolgenden Geſängen. Frl. Anna Rückerl,
[Spaltenumbruch] die längere Zeit Frau Nana Weber-Bell zu ihrer Lehrmeiſterin
zählt, wird Lieder von Franz, Weingartner, Berger, v. Thomaſſin,
v. Wilm und Hugo Wolf ſingen, während das Programm der
Frau Nana Weber-Bell Geſänge von Richard Wagner, Sommer,
ſowie ganz neue Lieder von Reger, Joſeph Schmid und Enrico
Boſſi enthält. Der Klavierpart liegt in den bewährten Händen
des Hrn. Joſeph Schmid. Kartenverkauf im Hotel Bayeriſcher
Hof
und Hildegardſtraße 17/I.

* Volkstheater.

Zum Beneſiz für Frau Marie Bertoli
gelaugt am Freitag „Mutterſegen oder die Perle von
Savoyen“,
Schauſpiel mit Geſang von W. Friedrich, zur Auf-
führung. Frau Bertoli iſt ein langjähriges tüchtiges Mitglied und
„Mutterſegen“ zählt zu den beliebteſten älteren Repertoireſtücken
des Volkstheaters.

* Aus dem Polizeibericht.

Auf der Strecke Paſing-Staru-
berg, und zwar in der Nähe von Gräflfing, wurden in der Nacht
zum 28. März 2500 m. Telephonkupferdraht entwendet.



Letzte Nachrichten.

Tel. Der bayeriſche Bundes-
rathsbevollmächtigte Graf Lerchenfeld, der ſonſt einer
der regelmäßigſten Beſucher des Reichstags iſt, wurde in
den letzten Tagen am Bundesrathstiſch nicht geſehen. —
Finanzminiſter v. Miquel hatte heute Vortrag beim
Kaiſer, ebenſo der Miniſter des Innern, Frhr. v. Rhein-
baben.
— Daß die von der konſervativen Partei im
preußiſchen Abgeordnetenhauſe eingebrachte Interpellation
wegen des Fleiſchbeſchaugeſetzes (ſiehe unten) den-
jenigen Konſervativen im Reichstag angenehm iſt, die
ein Kompromiß herbeizuführen bereit ſind, wird in parla-
mentariſchen Kreiſen bezweifelt.

Tel. Die Meldung einzelner
Blätter, daß das Auswärtige Amt eine Bewegung
gegen die Kommiſſionsbeſchlüſſe zum Fleiſch-
beſchangeſetz
veranlaßt habe und daß ſogar ein vertrau-
liches Schreiben an die Handelskammern zum Schüren
der Agitation
ergangen ſei, wird von der „Nordd. Allg.
Ztg.“ auf Grund beſonderer Ermächtigung als tendenziöſe
Erfindung
bezeichnet.

Tel. Im Abgeordneten-
haus
brachten die konſervativen Mitglieder eine Inter-
pellation
ein, des Inhalts:

„Iſt der Miniſterpräſident
bereit, darüber Auskunft zu geben, in welcher Weiſe er ſeinem
in der Sitzung des Abgeordnetenhauſes am 27. April 1898
abgegebenen Verſprechen bezüglich der Fleiſchbeſchau im
Deutſchen Reich gegenüber den jetzigen Beſchlüſſen des Reichs-
tags nachzukommen gedenkt?“

Tel. Zu der Notiz der „Krenz-
Zeitung“, dem Landtag gehe Anfang April ein Geſetzentwurf
über die Regulirung der unteren Oder, Spree und
Havel
zu, iſt die „Nordd. Allg. Ztg.“ in der Lage, zu er-
klären, daß die Regierung nicht beabſichtigt, die betreffenden
Pläne getrennt von den übrigen Entwürfen als beſonderen
Geſetzentwurf
im Anfang April dem Landtag vorzulegen.
Die Regierung wird allen Verſuchen, die Grundlage der
neuen Kanalvorlage zu verſchieben, auf das beſtimmteſte ent-
gegentreten. Das Ziel der Kanalvorlage iſt weder die
Bevorzugung des Weſtens oder des Oſtens, ſondern eine
möglichſt gleichmäßige Berückſichtigung aller be-
rechtigten Intereſſen,
ob des Weſtens oder des Oſtens,
ob der Landwirthſchaft oder der Induſtrie.

Tel. Der Reichstag be-
willigte im diesjährigen Etat wiederum einſtimmig 30,000
Mark für die von Profeſſor Th. Kehrbach in Berlin be-
gründeten und geleiteten Veröffentlichungen der Geſellſchaft
für deutſche Erziehungs- und Schulgeſchichte.

Tel. Das Herrenhaus er-
ledigte den Geſetzentwurf betreffend die Zwangserziehung
Minderjähriger.
Bei § 10 beantragt die Kommiſſion,
die Regierungsvorlage dahin abzuändern, daß Zöglinge, wenn
ſie das ſchulpflichtige Alter zurückgelegt haben, in einer Arbeits-
anſtalt oder Landesarmenanſtalt untergebracht werden können
und daß Einrichtungen zur völligen Trennung derſelben von
den übrigen Häuslingen getroffen werden. Nach längerer
Diskuſſion wird der Kommiſſionsantrag augenommen
unter Ablehnung eines Antrags auf Wiederherſtellung der
Regierungsvorlage. Bei § 15 (Koſten) wird von konſer-
vativer
Seite wegen der bedrängten Lage der Landwirth-
ſchaft die Beſchleunigung der Reviſion der Dotation der
Provinzialverbände
verlangt. Miniſter v. Miquel
warnt davor, durch Reviſion des Dotationsgeſetzes den
Krieg aller Provinzen gegen einander zu entfeſſeln.
Er könne nicht verſprechen, einen Aenderungsvorſchlag zum
Dotationsgeſetz ſchon in der nächſten Seſſion vorzulegen.
Redner wünſche aber die Ungleichheiten der alten Dotations-
geſetze zu beſeitigen; gelänge dies jedoch nicht, dann müſſe
den nothleidenden Provinzen anderweitig geholfen werden.
Nach längerer Debatte wird der Paragraph in der Kom-
miſſionsfaſſung angenommen,
ferner eine Reſo-
lution Mirbach,
die eine beſchleunigte Dotation der
Provinzialverbände fordert, ebenſo der Reſt des Geſetzes und
das ganze Geſetz in der Kommiſſionsfaſſung, und
zwar einſtimmig. Nächſte Sitzung morgen: Etatsberathung.

Tel. Das Abgeordneten-
hans
erklärte die Wahl der Breslauer Abgeordneten
Schmieder, Gothein und Wetekamp für ungültig.

Tel. Das Wolff’ſche Bureau
meldet aus Kamerun vom 27. d. M.: die Gerüchte vom
Tode des Hauptmanns v. Beſſer und von der Vernichtung
ſeiner Expedition ſind nicht beſtätigt. Soviel bekannt, iſt
die Expedition Beſſer nicht gefährdet.

Tel. Wie die „Schleswigſche
Grenzpoſt“ meldet, geht das vor einem halben Jahre neu
gegründete däniſche Blatt „Fremad“ in Gravenſtein am
1. April wieder ein.

Tel. Die Verſuche des Bürger-
meiſters Lueger, die fortſchrittlichen Mitglieder des
Gemeinderaths,
welche anläßlich der Einführung der
neuen Wiener Gemeindewahlordnung ihre Mandate nieder-
gelegt haben, zur Beibehaltung der Mandate zu be-
wegen, ſind geſcheitert.

Tel. Bürgermeiſter Lueger
und die beiden Vizebürgermeiſter von Wien werden
morgen vom Kaiſer in Andienz empfangen, um demſelben
ihren Dank für die Sanktionirung der neuen Gemeinde-
wahlordnung
auszuſprechen.

Tel. Da die Arbeit
in allen Schächten heute beinahe normal war, ſcheint
der Strike ſein Ende gefunden zu haben.

Tel. Der Nationalrath
lehnte die Anträge ab, welche eine Befchränkung der Mili-
tärausgaben
auf eine beſtimmte Summe pro Jahr, ſowie
[Spaltenumbruch] eine Einſchränkung der Ausgaben für das Heer überhaupt
und die Abſchaffung der Armeekorps-Manöver ver-
langten.

Tel. Laut Nachrichten aus
Manila ſind die Filipinos in den Nordprovinzen
Luzons
neu organiſirt und bereit, mit Beginn der
Regenzeit den Guerillakrieg zu eröffnen.

Tel. Auf der North Britiſh-
Eiſenbahn ſtießen im Tunnel
zwiſchen Queenſtret und
Charing-Croß zwei Arbeiterzüge zuſammen. Drei Per-
ſonen ſind todt, 17 verletzt.

Tel. Der ehemalige Botſchafter
am preußiſchen Hofe, Graf Benedetti, iſt heute geſtorben.

Tel. Deputirtenkammer.
Die Berathung des Antrags Cambray Digny wird
bei ſehr unruhigem Hauſe wieder aufgenommen. Der Prä-
ſident
ertheilt Venturi das Wort. Serri ruft: nein,
nein! Pantano bleibt dabei, das Recht zu haben, ſeine
Tagesordnung betreffend Einberufung der Konſtituante zu
begründen. (Beifall auf der äußerſten Linken.) Der Präſi-
dent
erklärt, ſeine geſtrigen Erklärungen wiederholen zu können,
in denen er ſeine Ohnmacht zum Ausdruck gebracht habe,
und fügt die Aufforderung an die Kammer hinzu, ihre und
des Präſidenten Autorität zu wahren. (Beifall auf der
Rechten.) Das Centrum und die äußerſte Linke ruft: Es
lebe die Konſtituante!
Hierauf hebt der Präſident
die Sitzung auf.

Tel. Der Präfekt ver-
bot
eine beabſichtigte Volksverſammlung, welche der
äußerſten Linken ihre Zuſtimmung zur Obſtruktion aus-
drücken wollte.

Tel. Im Ein-
verſtändniß mit dem ruſſiſchen Kriegsminiſter Kuropatkin
trat am 25. März der engliſche Militärattaché. Oberſt-
leutnant De la Poer-Beresford, eine Studienreiſe
nach Zentralaſien
an. Von Krasnowodsk aus wird
ein Oberſtleutnant des ruſſiſchen Generalſtabs
dem Oberſtleutnant Beresford für die Reiſe beigegeben.

Tel. Das Wiener k. k. Tel.-
Korr.-Bur. meldet: Nach den „Male Novine“ entdeckte der Ver-
waltungsrath des Finanzinſtituts „Belgradska Cadrouga“
eine Fälſchung von 40,000 Aktien, die in dem Gewahr-
ſam des Inſtituts ſich befanden und die der frühere Direktor,
der ehemalige Miniſter Tauſchanowitz, nach Fälſchung der
Unterſchrift ſich angeeignet hatte. Tauſchanowitz wurde
bekanntlich in dem Hochverrathsprozeß zu 10 jährigem Kerker
verurtheilt.

Tel. (Meldung des
Wiener k. k. Telegraphen-Korreſpondenz-Bureaus.) Die Bot-
ſchafter
werden morgen der Pforte eine Kollektivnote
überreichen, in welcher gegen die Zollerhöhung und die
Anwendung der Konventionaltarife ohne vorherige Verſtän-
digung der Mächte auf das eindringlichſte proteſtirt wird.

Tel. (Meldung des Reuter-
ſchen Bureaus.) Die japaniſche Preſſe glaubt, daß
Rußland beabſichtigt, die Deer-Inſel bei Korea zu
beſetzen.

Tel. Die Antwort des
Staatsſekretärs Grafen v. Bülow auf den amerikaniſchen
Vorſchlag betr. die offene Thür in China iſt datirt vom
19. Februar und beſagt, Deutſchland habe von Aufang
an in dem ihm unterſtehenden Gebiet in China vollkom-
mene Gleichheit
in der Behandlung aller Nationen
hinſichtlich der Gewerbe, Schiffahrt und Handel nicht bloß
aufgeſtellt, ſondern thatſächlich durchgeführt. Deutſchland
denke nicht daran, künftig von dieſem Grundſatze abzugehen,
der zugleich jede Beeinträchtigung bei ſeiner kommerziellen
Behandlung amerikaniſcher Bürger ausſchließe, ſolange Deutſch-
land hiezu nicht durch Erwägungen der Reciprozität in-
folge eines Abweichens anderer Regierungen von dieſem Grund-
ſatze gezwungen werde. Wenn daher die anderen an der
gewerblichen Entwicklung China’s intereſſirten Mächte Willens
ſeien, die gleichen Grundſätze anzuerkennen, könnte dies der
deutſchen Regierung nur erwünſcht ſein. Sie werde in dieſem
Falle auf Erſuchen gern bereit ſein, mit den Vereinigten
Staaten und den anderen Mächten an einem Abkommen
theilzunehmen, durch welches gegenſeitig die gleichen
Rechte geſichert
werden.



Verſchiedenes.

Tel. Wie aus Friedenshütte
von zuſtändiger Seite mitgetheilt wird, zerſtörte heute Nacht
ein Schadenfeuer die Adjuſtage des Friedenshütter Stahl-
werks. Der Schaden iſt durch Verſicherung voll gedeckt.
Bis zur Wiederherſtellung der Gebände und Einrichtungen
wird die Lieferung von Eiſenbahnmaterial ruhen; ein irgend-
wie nennenswerther Verluſt wird jedoch daraus nicht er-
wachſen, weil für die Walzſtrecke Erſatz in anderer lohnender
Arbeit ſofort zu beſchaffen iſt.

Tel. Der Zugführer Voß und
ſeine Frau wurden in ihrer Wohnung todt aufgefunden.
Voß erſchlug anſcheinend ſeine Frau mit Beilhieben und
durchſchnitt ſich dann den Hals mit einem Raſirmeſſer.



Außer Verantwortung der Redaktion:

Aus allen Städten leſen wir die Berichte, daß noch zahlreiche
Menſchen an der Inſluenza ſchwer erkrankten. Die kalte Witterung,
der Schnee und Regen, insbeſondere der Mangel an den beliebten
Sonnenſtrahlen, woran ſich die Erdenkinder gern weiden, iſt die Urſache.
Nun iſt aber das Beſtreben der Aerzte, die Krankheit zu heilen, und
diesmal wird es ihnen durch ein Mittel ermöglicht, das man gern
nimmt, weil es einen belebt, erfriſcht, ſtärkt, und dieſes Mittel nennt
ſich: Portwein. Die bedeutende Firma in der Weinbranche,
J. Ebersbacher, kgl. bayer. und k. u. k. öſterr. Hoflieferant, hier,
hat ausgezeichnete Portweine. Nicht nur der Kranke, Rekonvalescent,
ſondern auch der Geſunde wird von der ſeltenen Güte dieſer Weine
erquickt. Wer ſie verſucht hat, der beſtellt wieder und wieder, weil die
hervorragende Weinhandlung nur Vorzügliches bietet und ſtets echte,
reine Weine verkanft.

Auf der hier ſtattgehabten Ausſtellung für
Krankenpflege iſt im Wettbewerb zwiſchen Neſtle’s, Theinhardts und
Mufflers Kindernahrung der vorzüglich bewährten Muffler’ſchen
ſteriliſirten Kindernahrung
wiederum die Palme zuerkannt
worden. Unter dieſen Dreien iſt ſie allein und zwar mit dem für
Rährpräparate ertheilten höchſten Preiſe, der ſilbernen Medaille
des Vaterländiſchen Franenvereins, ausgezeichnet worden.

Wie uns von zuſtändiger Seite mitgetheilt wird, beſteht von den
Münchener Pferdelooſen nur mehr ein geringer Vorrath. Die Ziehung
findet in dieſem Jahre am 20. April, dem letzten Tage des großen
internationalen Pferdemarktes. ſtatt.

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[6/0006] München, Donnerſtag Allgemeine Zeitung 29. März 1900. Nr. 86. wieder begibt. — Graf Wilczek traf aus Wien hier ein und nahm im Hotel Vier Jahreszeiten Abſteigquartier. — Die k. k. Hofkammervirtuoſin Fran Sophie Menter traf von Schloß Itter hier ein und nahm im Hotel Engliſcher Hof Wohnung. — Dem erſten Schriftführer des hieſigen öſter- reichiſch-ungariſchen Hülfsvereins, Verſicherungsdirektor Fritz Buchmüller, wurde vom Kaiſer von Oeſterreich das goldene Verdienſtkreuz mit der Krone verliehen. * Ultramontane Herrſchaft!Wie unſre Leſer aus dem heutigen Bericht über die Berathung des Kultus- etats im Finanzausſchuß der Abgeordneten- kammer erſehen werden, wünſchte der Korreferent Abg Dr. Caſſelmann mit gutem Recht, an die Staatsregie- rung wegen ihrer Stellungnahme zur lex Heinze eine Anfrage zu ſtellen, wurde jedoch von der nitra- montanen Mehrheit daran verhindert, ſo daß er ſelbſt- verſtändlich gezwungen war, das Korreferat nieder- zulegen, das dann in ultramontane Hände überging. Abg. Dr. Caſſelmann wird in der morgigen Finanzaus- ſchußſitzung, zu der Miniſterpräſident Dr. Frhr. v. Crails- heim eingeladen werden ſoll, ſeine Anfrage trotz des heutigen Widerſpruchs der Ultramontanen ſtellen. M. Aus der öffentlichen Feſtſitzung der kgl. Aka- demie der Wiſſenſchaften ſind einige Punkte von allge- meinerem und von ſpeziell lokalem Intereſſe hervorzuheben. Zunächſt — ſo ſchreibt man uns — iſt zu bedauern, daß dieſe feierlichen Akte zu denen der Zutritt Jedermann frei ſteht, nicht ſtärker beſucht ſind. Souſt hat man doch in München Auge und Ohr für feſtliche Verauſtaltungen und der Prunk der Wiſſenſchaft verdient auch Beachtung. In ſeiner Ueberſichtsrede betonte der Präſident Geh. Rath Prof. Dr. v. Zittel feſt und energiſch die Nothwendigkeit, für die Sammlungen der Akademie ſowohl wie noch anderer wiſſenſchaftlicher und künſtleriſcher Inſtitute neuen Raum zu ſchaffen, damit nicht für die Wiſſenſchaft unſchätzbare Theile der Sammlungen in den Kiſten nutzlos liegen. Die geiſtigen Mächte geben die Hoffnung nicht auf, die Türken- kaſerne als das geeignetſte Objekt von den militäriſchen noch zu erhalten. Mögen ſie an dem Prinzen Ludwig, der auf- merkſam der Rede folgte, einen Fürſprecher gewonnen haben! Mögen aber auch die durch den elektriſchen Betrieb der Trambahn bei phyſikaliſchen Beobachtungen auf der Steruwarte hervorgerufenen Störungen die höchſten Stellen nicht gegen berechtigte Hoffnungen der Bevölkerung „aus wiſſenſchaftlichem Intereſſe“ einnehmen! Aus den tief- gefühlten Nekrologen, die der Klaſſenſekretär der mathe- matiſch-phyſikaliſchen Klaſſe, Prof. Dr. Karl v. Voit, auf die verſtorbenen Mitglieder der Akademie, den Chemiker v. Miller und den Phyſiker v. Lommel, vortrug, iſt mir die warme Betonung des Standpunktes v. Lommels für die humaniſtiſche Vorbildung der Studirenden naturwiſſenſchaftlicher Fächer beſonders angenehm aufgefallen. Daraus ſchließen wir, daß der Münchener Phyſiologe auf gleichem Standpunkt ſteht und die klaſſiſche Vorbildung nicht nur als kein Hemmniß, ſondern als ein Förderniß für die naturwiſſenſchaftlichen Studien anſieht. Ein paſſendes Wort ſprach Voit auch, als er v. Lommels ernſte, überlegte und zurückhaltende Art, Neues zu publiziren, mit gewiſſen modernen Senſationsentdeckungen verglich, die nachher in nichts verſinken. Prof. Dr. Johannes v. Ranke’s treffliche Feſtrede zur Geſchichte der prähiſtoriſchen, anthro- pologiſchen und paläontologiſchen Forſchung in Bayern war ein neuer Beweis dafür, was Bayern und München ſeinem König Ludwig I. zu verdanken hatte, der für Kunſt wie für Wiſſenſchaft ein gleich offenes Verſtändniß, Herz, Hand und Wort hatte und der den höchſten Patrio- tismus im Wirken für die edelſten Güter der Ration ge- funden hatte. * Das Ruffinihaus an der Sendlingerſtraße wurde bekanntlich zur Erweiterung der Sendlingerſtraße von der Kommune erworben und wird ab 1. Januar 1901 dem Ab- bruch unterſtellt. Wie dem „Bayer. Kurier“ mitgetheilt wird, wollte der Waarenhausinhaber Hermann Tietz dem Magiſtrat jenen Komplex abkaufen, der zu den Erweiterungszwecken nicht erforderlich iſt. Der Magiſtrat lehnte dem Vernehmen nach in geheimer Sitzung das Tietz’ſche Angebot jedoch ab. Nun ſei es aber Hrn. Tietz gelungen, einen Strohmann vor- zuſchieben, der jenen Komplex von dem Stadtmagiſtrat that- ſächlich bereits angekauft haben ſoll. — Das genannte Blatt ſügt dem letzten Satz ein bedeutſames Fragezeichen bei. Wir auch!  Der chineſiſche Biſchof v. Anzer, der am Mon- tag vom Deutſchen Kaiſer empfangen wird, begibt ſich von Berlin nach München zum Beſuch der ihm ſeit Jahren be- freundeten Benediktiner von St. Vonifaz. * Bayeriſcher Frauenverein vom Rothen Kreuz.Von dem Wunſche geleitet, die dem Verein ſchon im Frieden für die Unterſtützung des Militär-Sanitätsdienſtes im Kriege obliegenden Thätigkeiten in der für dieſen Dienſt förderlichſten Weiſe geſichert zu wiſſen, hat die Protektorin des Vereins, Frau Prinzeſſin Ludwig, Hrn. Generalarzt Dr. W. Beſtelmeyer als ärztlichen Beirath in das Zentralkomitee des Vereins berufen. Für die Krankenanſtalt des Vereins wird eine gebildete Dame als zweite Oberin geſucht, deren Thätigkeit weniger in dem Gebiete der Krankenpflege als in dem der Erziehung der Lernſchweſtern und der Leitung des Hauſes beſtehen ſoll. — Anfangs dieſes Monats hat ſich in der Stadt Berching, B.-A. Beilngries (Ober- pfalz) ein neuer Zweigverein — der 289. des Vereins — wit 65 Mitgliedern unter dem Vorſitze der Frau Oberaufſchlag- einnehmer Anna Rupp, Beirath Hr. Stadtpfarrer Georg Nabl, gebildet. — Die Geſammtſumme der durch das Bankhans Kirchdörfer in München, Kaufingerſtraße 26, bis jetzt für die Unterſtützung des Militär-Sanitätsdienſtes der Buren an das Schatzamt des Zentralkomitees aller Deutſchen Vereine vom Rothen Kreuz in Berlin, Jägerſtr. 21, vom bayeriſchen Frauenverein geſendeten Gaben beträgt nun über 6000 M. — Unter Antheil- nahme der Protektorin Frau Prinzeſſin Ludwig wird Mittwoch, den 25. April, die Delegirtenverſammlung des Vereins im Wittelsbacherpalaſte und Tags darauf das Schweſternfeſt der bayeriſchen Rothen Kreuz-Schweſtern (nun bereits 109) in der Krankenanſtalt des Vereins (Nymphenburgerſtr. 163) ſtattfinden. § Der Verein Knabenhort in München veranſtaltet Samſtag, den 31. März, abends 7½ Uhr, im großen Saale des Evangeliſchen Vereinshauſes, Mathildenſtraße 4, eine muſika- liſche Unterhaltung, deren Ertrag den 15 vom Verein unter- haltenen wohlthätigen Anſtalten: Knaben-, Lehrlings- und Mädchen- horten, in allen Stadttheilen zugute kommen ſoll. Hervorragende künſtleriſche Kräfte haben zur Veranſtaltung ihre Mitwirkung zu- geſagt. Die Eintrittskarten ſind zum Preiſe von 1 M. für eine Perſon, 2 M. für eine Familie von drei Perſonen — ohne der freiwilligen Wohlthätigkeit eine Schranke zu ſetzen — bei Hrn. Buchdruckereibeſitzer Jung, Frühlingsſtraße 20, oder an der Abend- kaſſe im Vereinshauſe zu erhalten. * Frau Nana Weber-Bell wird Dienſtag, den 3. April, im Saale des Hotels Bayeriſcher Hof ihren dritten Vortrag halten über das Thema „Nichard Wagner und der Sprach- geſang“ mit darauffolgenden Geſängen. Frl. Anna Rückerl, die längere Zeit Frau Nana Weber-Bell zu ihrer Lehrmeiſterin zählt, wird Lieder von Franz, Weingartner, Berger, v. Thomaſſin, v. Wilm und Hugo Wolf ſingen, während das Programm der Frau Nana Weber-Bell Geſänge von Richard Wagner, Sommer, ſowie ganz neue Lieder von Reger, Joſeph Schmid und Enrico Boſſi enthält. Der Klavierpart liegt in den bewährten Händen des Hrn. Joſeph Schmid. Kartenverkauf im Hotel Bayeriſcher Hof und Hildegardſtraße 17/I. * Volkstheater.Zum Beneſiz für Frau Marie Bertoli gelaugt am Freitag „Mutterſegen oder die Perle von Savoyen“, Schauſpiel mit Geſang von W. Friedrich, zur Auf- führung. Frau Bertoli iſt ein langjähriges tüchtiges Mitglied und „Mutterſegen“ zählt zu den beliebteſten älteren Repertoireſtücken des Volkstheaters. * Aus dem Polizeibericht.Auf der Strecke Paſing-Staru- berg, und zwar in der Nähe von Gräflfing, wurden in der Nacht zum 28. März 2500 m. Telephonkupferdraht entwendet. Letzte Nachrichten. 4 Berlin, 28. März. Tel. Der bayeriſche Bundes- rathsbevollmächtigte Graf Lerchenfeld, der ſonſt einer der regelmäßigſten Beſucher des Reichstags iſt, wurde in den letzten Tagen am Bundesrathstiſch nicht geſehen. — Finanzminiſter v. Miquel hatte heute Vortrag beim Kaiſer, ebenſo der Miniſter des Innern, Frhr. v. Rhein- baben. — Daß die von der konſervativen Partei im preußiſchen Abgeordnetenhauſe eingebrachte Interpellation wegen des Fleiſchbeſchaugeſetzes (ſiehe unten) den- jenigen Konſervativen im Reichstag angenehm iſt, die ein Kompromiß herbeizuführen bereit ſind, wird in parla- mentariſchen Kreiſen bezweifelt. * Berlin, 28. März. Tel. Die Meldung einzelner Blätter, daß das Auswärtige Amt eine Bewegung gegen die Kommiſſionsbeſchlüſſe zum Fleiſch- beſchangeſetz veranlaßt habe und daß ſogar ein vertrau- liches Schreiben an die Handelskammern zum Schüren der Agitation ergangen ſei, wird von der „Nordd. Allg. Ztg.“ auf Grund beſonderer Ermächtigung als tendenziöſe Erfindung bezeichnet. * Berlin, 28. März. Tel. Im Abgeordneten- haus brachten die konſervativen Mitglieder eine Inter- pellation ein, des Inhalts: „Iſt der Miniſterpräſident bereit, darüber Auskunft zu geben, in welcher Weiſe er ſeinem in der Sitzung des Abgeordnetenhauſes am 27. April 1898 abgegebenen Verſprechen bezüglich der Fleiſchbeſchau im Deutſchen Reich gegenüber den jetzigen Beſchlüſſen des Reichs- tags nachzukommen gedenkt?“ * Berlin, 28. März. Tel. Zu der Notiz der „Krenz- Zeitung“, dem Landtag gehe Anfang April ein Geſetzentwurf über die Regulirung der unteren Oder, Spree und Havel zu, iſt die „Nordd. Allg. Ztg.“ in der Lage, zu er- klären, daß die Regierung nicht beabſichtigt, die betreffenden Pläne getrennt von den übrigen Entwürfen als beſonderen Geſetzentwurf im Anfang April dem Landtag vorzulegen. Die Regierung wird allen Verſuchen, die Grundlage der neuen Kanalvorlage zu verſchieben, auf das beſtimmteſte ent- gegentreten. Das Ziel der Kanalvorlage iſt weder die Bevorzugung des Weſtens oder des Oſtens, ſondern eine möglichſt gleichmäßige Berückſichtigung aller be- rechtigten Intereſſen, ob des Weſtens oder des Oſtens, ob der Landwirthſchaft oder der Induſtrie. * Berlin, 28. März. Tel. Der Reichstag be- willigte im diesjährigen Etat wiederum einſtimmig 30,000 Mark für die von Profeſſor Th. Kehrbach in Berlin be- gründeten und geleiteten Veröffentlichungen der Geſellſchaft für deutſche Erziehungs- und Schulgeſchichte. * Berlin, 28. März. Tel. Das Herrenhaus er- ledigte den Geſetzentwurf betreffend die Zwangserziehung Minderjähriger. Bei § 10 beantragt die Kommiſſion, die Regierungsvorlage dahin abzuändern, daß Zöglinge, wenn ſie das ſchulpflichtige Alter zurückgelegt haben, in einer Arbeits- anſtalt oder Landesarmenanſtalt untergebracht werden können und daß Einrichtungen zur völligen Trennung derſelben von den übrigen Häuslingen getroffen werden. Nach längerer Diskuſſion wird der Kommiſſionsantrag augenommen unter Ablehnung eines Antrags auf Wiederherſtellung der Regierungsvorlage. Bei § 15 (Koſten) wird von konſer- vativer Seite wegen der bedrängten Lage der Landwirth- ſchaft die Beſchleunigung der Reviſion der Dotation der Provinzialverbände verlangt. Miniſter v. Miquel warnt davor, durch Reviſion des Dotationsgeſetzes den Krieg aller Provinzen gegen einander zu entfeſſeln. Er könne nicht verſprechen, einen Aenderungsvorſchlag zum Dotationsgeſetz ſchon in der nächſten Seſſion vorzulegen. Redner wünſche aber die Ungleichheiten der alten Dotations- geſetze zu beſeitigen; gelänge dies jedoch nicht, dann müſſe den nothleidenden Provinzen anderweitig geholfen werden. Nach längerer Debatte wird der Paragraph in der Kom- miſſionsfaſſung angenommen, ferner eine Reſo- lution Mirbach, die eine beſchleunigte Dotation der Provinzialverbände fordert, ebenſo der Reſt des Geſetzes und das ganze Geſetz in der Kommiſſionsfaſſung, und zwar einſtimmig. Nächſte Sitzung morgen: Etatsberathung. * Berlin, 28. März. Tel. Das Abgeordneten- hans erklärte die Wahl der Breslauer Abgeordneten Schmieder, Gothein und Wetekamp für ungültig. * Berlin, 28. März. Tel. Das Wolff’ſche Bureau meldet aus Kamerun vom 27. d. M.: die Gerüchte vom Tode des Hauptmanns v. Beſſer und von der Vernichtung ſeiner Expedition ſind nicht beſtätigt. Soviel bekannt, iſt die Expedition Beſſer nicht gefährdet. * Hadersleben, 28. März. Tel. Wie die „Schleswigſche Grenzpoſt“ meldet, geht das vor einem halben Jahre neu gegründete däniſche Blatt „Fremad“ in Gravenſtein am 1. April wieder ein. d. Wien, 28. März. Tel. Die Verſuche des Bürger- meiſters Lueger, die fortſchrittlichen Mitglieder des Gemeinderaths, welche anläßlich der Einführung der neuen Wiener Gemeindewahlordnung ihre Mandate nieder- gelegt haben, zur Beibehaltung der Mandate zu be- wegen, ſind geſcheitert. d. Wien, 28. März. Tel. Bürgermeiſter Lueger und die beiden Vizebürgermeiſter von Wien werden morgen vom Kaiſer in Andienz empfangen, um demſelben ihren Dank für die Sanktionirung der neuen Gemeinde- wahlordnung auszuſprechen. d. Mähriſch-Oſtrau, 28. März. Tel. Da die Arbeit in allen Schächten heute beinahe normal war, ſcheint der Strike ſein Ende gefunden zu haben. * Bern, 28. März. Tel. Der Nationalrath lehnte die Anträge ab, welche eine Befchränkung der Mili- tärausgaben auf eine beſtimmte Summe pro Jahr, ſowie eine Einſchränkung der Ausgaben für das Heer überhaupt und die Abſchaffung der Armeekorps-Manöver ver- langten. ◾. London, 28. März. Tel. Laut Nachrichten aus Manila ſind die Filipinos in den Nordprovinzen Luzons neu organiſirt und bereit, mit Beginn der Regenzeit den Guerillakrieg zu eröffnen. * Glasgow, 28. März. Tel. Auf der North Britiſh- Eiſenbahn ſtießen im Tunnel zwiſchen Queenſtret und Charing-Croß zwei Arbeiterzüge zuſammen. Drei Per- ſonen ſind todt, 17 verletzt. * Paris, 28. März. Tel. Der ehemalige Botſchafter am preußiſchen Hofe, Graf Benedetti, iſt heute geſtorben. * Rom, 28. März. Tel. Deputirtenkammer. Die Berathung des Antrags Cambray Digny wird bei ſehr unruhigem Hauſe wieder aufgenommen. Der Prä- ſident ertheilt Venturi das Wort. Serri ruft: nein, nein! Pantano bleibt dabei, das Recht zu haben, ſeine Tagesordnung betreffend Einberufung der Konſtituante zu begründen. (Beifall auf der äußerſten Linken.) Der Präſi- dent erklärt, ſeine geſtrigen Erklärungen wiederholen zu können, in denen er ſeine Ohnmacht zum Ausdruck gebracht habe, und fügt die Aufforderung an die Kammer hinzu, ihre und des Präſidenten Autorität zu wahren. (Beifall auf der Rechten.) Das Centrum und die äußerſte Linke ruft: Es lebe die Konſtituante! Hierauf hebt der Präſident die Sitzung auf. d. Venedig, 28. März. Tel. Der Präfekt ver- bot eine beabſichtigte Volksverſammlung, welche der äußerſten Linken ihre Zuſtimmung zur Obſtruktion aus- drücken wollte. —?— St. Petersburg, 28. März. Tel. Im Ein- verſtändniß mit dem ruſſiſchen Kriegsminiſter Kuropatkin trat am 25. März der engliſche Militärattaché. Oberſt- leutnant De la Poer-Beresford, eine Studienreiſe nach Zentralaſien an. Von Krasnowodsk aus wird ein Oberſtleutnant des ruſſiſchen Generalſtabs dem Oberſtleutnant Beresford für die Reiſe beigegeben. * Belgrad, 28. März. Tel. Das Wiener k. k. Tel.- Korr.-Bur. meldet: Nach den „Male Novine“ entdeckte der Ver- waltungsrath des Finanzinſtituts „Belgradska Cadrouga“ eine Fälſchung von 40,000 Aktien, die in dem Gewahr- ſam des Inſtituts ſich befanden und die der frühere Direktor, der ehemalige Miniſter Tauſchanowitz, nach Fälſchung der Unterſchrift ſich angeeignet hatte. Tauſchanowitz wurde bekanntlich in dem Hochverrathsprozeß zu 10 jährigem Kerker verurtheilt. * Konſtautinopel, 28. März. Tel. (Meldung des Wiener k. k. Telegraphen-Korreſpondenz-Bureaus.) Die Bot- ſchafter werden morgen der Pforte eine Kollektivnote überreichen, in welcher gegen die Zollerhöhung und die Anwendung der Konventionaltarife ohne vorherige Verſtän- digung der Mächte auf das eindringlichſte proteſtirt wird. * Jokohama, 28. März. Tel. (Meldung des Reuter- ſchen Bureaus.) Die japaniſche Preſſe glaubt, daß Rußland beabſichtigt, die Deer-Inſel bei Korea zu beſetzen. * New-York, 28. März. Tel. Die Antwort des Staatsſekretärs Grafen v. Bülow auf den amerikaniſchen Vorſchlag betr. die offene Thür in China iſt datirt vom 19. Februar und beſagt, Deutſchland habe von Aufang an in dem ihm unterſtehenden Gebiet in China vollkom- mene Gleichheit in der Behandlung aller Nationen hinſichtlich der Gewerbe, Schiffahrt und Handel nicht bloß aufgeſtellt, ſondern thatſächlich durchgeführt. Deutſchland denke nicht daran, künftig von dieſem Grundſatze abzugehen, der zugleich jede Beeinträchtigung bei ſeiner kommerziellen Behandlung amerikaniſcher Bürger ausſchließe, ſolange Deutſch- land hiezu nicht durch Erwägungen der Reciprozität in- folge eines Abweichens anderer Regierungen von dieſem Grund- ſatze gezwungen werde. Wenn daher die anderen an der gewerblichen Entwicklung China’s intereſſirten Mächte Willens ſeien, die gleichen Grundſätze anzuerkennen, könnte dies der deutſchen Regierung nur erwünſcht ſein. Sie werde in dieſem Falle auf Erſuchen gern bereit ſein, mit den Vereinigten Staaten und den anderen Mächten an einem Abkommen theilzunehmen, durch welches gegenſeitig die gleichen Rechte geſichert werden. Verſchiedenes. * Berlin, 28. März. Tel. Wie aus Friedenshütte von zuſtändiger Seite mitgetheilt wird, zerſtörte heute Nacht ein Schadenfeuer die Adjuſtage des Friedenshütter Stahl- werks. Der Schaden iſt durch Verſicherung voll gedeckt. Bis zur Wiederherſtellung der Gebände und Einrichtungen wird die Lieferung von Eiſenbahnmaterial ruhen; ein irgend- wie nennenswerther Verluſt wird jedoch daraus nicht er- wachſen, weil für die Walzſtrecke Erſatz in anderer lohnender Arbeit ſofort zu beſchaffen iſt. * Berlin, 27. März. Tel. Der Zugführer Voß und ſeine Frau wurden in ihrer Wohnung todt aufgefunden. Voß erſchlug anſcheinend ſeine Frau mit Beilhieben und durchſchnitt ſich dann den Hals mit einem Raſirmeſſer. Außer Verantwortung der Redaktion: Aus allen Städten leſen wir die Berichte, daß noch zahlreiche Menſchen an der Inſluenza ſchwer erkrankten. Die kalte Witterung, der Schnee und Regen, insbeſondere der Mangel an den beliebten Sonnenſtrahlen, woran ſich die Erdenkinder gern weiden, iſt die Urſache. Nun iſt aber das Beſtreben der Aerzte, die Krankheit zu heilen, und diesmal wird es ihnen durch ein Mittel ermöglicht, das man gern nimmt, weil es einen belebt, erfriſcht, ſtärkt, und dieſes Mittel nennt ſich: Portwein. Die bedeutende Firma in der Weinbranche, J. Ebersbacher, kgl. bayer. und k. u. k. öſterr. Hoflieferant, hier, hat ausgezeichnete Portweine. Nicht nur der Kranke, Rekonvalescent, ſondern auch der Geſunde wird von der ſeltenen Güte dieſer Weine erquickt. Wer ſie verſucht hat, der beſtellt wieder und wieder, weil die hervorragende Weinhandlung nur Vorzügliches bietet und ſtets echte, reine Weine verkanft. Frankfurt a. M. Auf der hier ſtattgehabten Ausſtellung für Krankenpflege iſt im Wettbewerb zwiſchen Neſtle’s, Theinhardts und Mufflers Kindernahrung der vorzüglich bewährten Muffler’ſchen ſteriliſirten Kindernahrung wiederum die Palme zuerkannt worden. Unter dieſen Dreien iſt ſie allein und zwar mit dem für Rährpräparate ertheilten höchſten Preiſe, der ſilbernen Medaille des Vaterländiſchen Franenvereins, ausgezeichnet worden. Wie uns von zuſtändiger Seite mitgetheilt wird, beſteht von den Münchener Pferdelooſen nur mehr ein geringer Vorrath. Die Ziehung findet in dieſem Jahre am 20. April, dem letzten Tage des großen internationalen Pferdemarktes. ſtatt.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 86, 29. März 1900, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine86_1900/6>, abgerufen am 03.12.2024.