Allgemeine Zeitung, Nr. 87, 27. März 1848.[Spaltenumbruch]
bruch, der die Niedermetzelung von Tausenden zur Folge haben mußte, Spanien. Wie unser Madrider * Corrrspondent unterm 15 März schreibt, Italien. Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueser und Turiner Blätter. * Verona, 21 März. Von Mailand noch keine Post. Was man * Chur, 24 März. Endlich haben wir, wenn auch spärliche, so "An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom- Mailand, 20 März 1848 Morgens." "Bürger! Der Mailand, 20 März Abends." Mailand durch Boten ausgesandt, denn die Communication ist wieder eröffnet. Es gelang nämlich den in Masse nach der Hauptstadt gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Casernen in den Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den- selben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe von St. Francesco in Brand gesteckt worden, ergaben sich am 21 auch die 500 Mann dieses Quartiers. Mantua, die wichtigste Festung des Reiches, ist in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico- lore. Die italienischen Truppen, welche den größten Theil der Garnison ausmachten, schlossen sich sogleich der Bewegung an. Sie tragen als Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende General, ein Deutscher, ist gefangen; die wenigen deutschen Truppen haben sich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine provisorische Regie- rung ist eingesetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia, Bergamo, Lecco bis Porlezza ist die österreichische Herrschaft gebrochen; die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von allen Seiten der Hauptstadt zu Hülfe. Verona und Lodi sind ebenfalls aufgestanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Varese wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufstandes ohne Widerstand zu leisten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geschehen und bot alles auf sie zu entwaffnen, damit sie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein Detaschement Husaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beispiellosem Entbusias- mus ergriffen ist, wurden die Truppen geschont. Kleinere Abtheilungen entwaffnete man; größere Corps durften den Massen gegenüber keinen Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntausend, Piemontesen sind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera sollen sich Freicorps von Genuesen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzposten sind of- fen, freier Verkehr mit Tessin und Graubünden. Gestern erhielt unsere Regierung Bericht über den vollendeten Aufstand im obern Veltlin; man befürchtet Zerstörung der Kunststraße über das Stilfser-Joch. Ueber das Verhalten der sardinischen Regierung werden Sie directe Berichte erhalten haben. Sie hat beschlossen ein Observationscorps von 30,000 Mann an die Gränze zu schicken und auf drei verschiedenen Punkten die in Masse herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organisiren. * Triest, 23 März. Das so eben (Mittag) hier einlaufende [Spaltenumbruch]
bruch, der die Niedermetzelung von Tauſenden zur Folge haben mußte, Spanien. Wie unſer Madrider * Corrrſpondent unterm 15 März ſchreibt, Italien. Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueſer und Turiner Blätter. * Verona, 21 März. Von Mailand noch keine Poſt. Was man * Chur, 24 März. Endlich haben wir, wenn auch ſpärliche, ſo „An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom- Mailand, 20 März 1848 Morgens.“ „Bürger! Der Mailand, 20 März Abends.“ Mailand durch Boten ausgeſandt, denn die Communication iſt wieder eröffnet. Es gelang nämlich den in Maſſe nach der Hauptſtadt gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Caſernen in den Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den- ſelben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe von St. Francesco in Brand geſteckt worden, ergaben ſich am 21 auch die 500 Mann dieſes Quartiers. Mantua, die wichtigſte Feſtung des Reiches, iſt in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico- lore. Die italieniſchen Truppen, welche den größten Theil der Garniſon ausmachten, ſchloſſen ſich ſogleich der Bewegung an. Sie tragen als Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende General, ein Deutſcher, iſt gefangen; die wenigen deutſchen Truppen haben ſich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine proviſoriſche Regie- rung iſt eingeſetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia, Bergamo, Lecco bis Porlezza iſt die öſterreichiſche Herrſchaft gebrochen; die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von allen Seiten der Hauptſtadt zu Hülfe. Verona und Lodi ſind ebenfalls aufgeſtanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Vareſe wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufſtandes ohne Widerſtand zu leiſten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geſchehen und bot alles auf ſie zu entwaffnen, damit ſie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein Detaſchement Huſaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beiſpielloſem Entbuſias- mus ergriffen iſt, wurden die Truppen geſchont. Kleinere Abtheilungen entwaffnete man; größere Corps durften den Maſſen gegenüber keinen Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntauſend, Piemonteſen ſind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera ſollen ſich Freicorps von Genueſen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzpoſten ſind of- fen, freier Verkehr mit Teſſin und Graubünden. Geſtern erhielt unſere Regierung Bericht über den vollendeten Aufſtand im obern Veltlin; man befürchtet Zerſtörung der Kunſtſtraße über das Stilfſer-Joch. Ueber das Verhalten der ſardiniſchen Regierung werden Sie directe Berichte erhalten haben. Sie hat beſchloſſen ein Obſervationscorps von 30,000 Mann an die Gränze zu ſchicken und auf drei verſchiedenen Punkten die in Maſſe herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organiſiren. * Trieſt, 23 März. Das ſo eben (Mittag) hier einlaufende <TEI> <text> <body> <div type="jSupplement" n="1"> <floatingText> <body> <div type="jPoliticalNews" n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div type="jArticle" n="5"> <p><pb facs="#f0020" n="4"/><cb/> bruch, der die Niedermetzelung von Tauſenden zur Folge haben mußte,<lb/> zu verhüten, und es that alles mögliche um es nicht dahin kommen zu<lb/> laſſen. So ward es möglich daß das Militär, ohne daß ein Zuſammenſtoß<lb/> erfolgte, von dem Bazar unter Hurrahruf Beſitz nehmen konnte. Daß am<lb/> geſtrigen Abend die Ruhe nicht geſtört wurde, verdanken wir wohl zu-<lb/> meiſt einem anhaltenden ſtarken Regen. Aus den kleinen benachbarten<lb/> Städten gingen ſchon geſtern Abend die Nachrichten ein daß Emeuten<lb/> ausgebrochen ſeyen, daß man die preußiſchen Adler herabgeriſſen und die<lb/> Beamten gemißhandelt habe. Einzelne Verwundete ſind bereits hier<lb/> eingetroffen. Die Nacht iſt ohne Störung vorübergegangen, und wir<lb/> gehen mit Angſt dem heutigen Tage entgegen. Ein Zuſammenſtoß ſcheint<lb/> unvermeidlich.</p> </div> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Wie unſer Madrider * Corrrſpondent unterm 15 März ſchreibt,<lb/> wurden der Herzog und die Herzogin v. Montpenſter ſchon bis zum 20<lb/> oder 21 März in Madrid erwartet. Die Geheimſchreiber und das Ge-<lb/> folge des Prinzen v. Joinville und des Herzogs v. 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Die ganze<lb/> Garniſon ſoll mit aller ihr zu Gebot ſtehenden Artillerie durch alle<lb/> Straßen gewüthet haben. Der Kampf dauerte 6 Stunden. Die Mai-<lb/> länder fochten tapfer. Vom Militär ſollen 400 Mann, und von den<lb/> Mailändern mehrere Tauſende geblieben ſeyn. Gräßlich! Radetzky will<lb/> fortfahren die Stadt zu beſchießen bis die Ruhe hergeſtellt ſey. Der<lb/> General Gerhardi hier in Verona hat die nämlichen ſtrengen Inſtruc-<lb/> tionen. Die Artillerie ſowohl in der Stadt als auf der Feſtung iſt<lb/> ſchußfertig. Die Erbitterung des Volks iſt groß. Geſtern verlangten<lb/> die Veroneſer mit der Nationalgarde die Caſtelle zu beſetzen, allein man<lb/> ſagte auch ihnen, ſie ſollen dieſelben erſtürmen wenn ſie ſolche wollen.<lb/> Die Piemonteſer haben bei Pavia die öſterreichiſchen leichten Truppen<lb/> angegriffen, wurden aber ſogleich von denſelben geworfen. Der Vice-<lb/> könig iſt ſeit dem 18 früh hier, wird aber bei den erſten Auftritten<lb/> abreiſen. 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Verona und Lodi ſind ebenfalls<lb/> aufgeſtanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Vareſe<lb/> wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufſtandes ohne Widerſtand zu<lb/> leiſten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geſchehen und bot alles auf ſie<lb/> zu entwaffnen, damit ſie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein<lb/> Detaſchement Huſaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am<lb/> Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beiſpielloſem Entbuſias-<lb/> mus ergriffen iſt, wurden die Truppen geſchont. Kleinere Abtheilungen<lb/> entwaffnete man; größere Corps durften den Maſſen gegenüber keinen<lb/> Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntauſend, Piemonteſen<lb/> ſind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera ſollen ſich Freicorps<lb/> von Genueſen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzpoſten ſind of-<lb/> fen, freier Verkehr mit Teſſin und Graubünden. Geſtern erhielt unſere<lb/> Regierung Bericht über den vollendeten Aufſtand im obern Veltlin;<lb/> man befürchtet Zerſtörung der Kunſtſtraße über das Stilfſer-Joch. Ueber<lb/> das Verhalten der ſardiniſchen Regierung werden Sie directe Berichte<lb/> erhalten haben. Sie hat beſchloſſen ein Obſervationscorps von 30,000<lb/> Mann an die Gränze zu ſchicken und auf drei verſchiedenen Punkten die<lb/> in Maſſe herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organiſiren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">* Trieſt,</hi> 23 März.</dateline><lb/> <p>Das ſo eben (Mittag) hier einlaufende<lb/> Dampfboot bringt die officielle Nachricht daß <hi rendition="#g">Venedig ſich von der<lb/> öſterreichiſchen Regierung losgeſagt und eine proviſori-<lb/> ſche Regierung gebildet hat</hi>. Dem Militär, den Beamten u. ſ. w.<lb/> wird freier Abzug nach Trieſt geſtattet. 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bruch, der die Niedermetzelung von Tauſenden zur Folge haben mußte,
zu verhüten, und es that alles mögliche um es nicht dahin kommen zu
laſſen. So ward es möglich daß das Militär, ohne daß ein Zuſammenſtoß
erfolgte, von dem Bazar unter Hurrahruf Beſitz nehmen konnte. Daß am
geſtrigen Abend die Ruhe nicht geſtört wurde, verdanken wir wohl zu-
meiſt einem anhaltenden ſtarken Regen. Aus den kleinen benachbarten
Städten gingen ſchon geſtern Abend die Nachrichten ein daß Emeuten
ausgebrochen ſeyen, daß man die preußiſchen Adler herabgeriſſen und die
Beamten gemißhandelt habe. Einzelne Verwundete ſind bereits hier
eingetroffen. Die Nacht iſt ohne Störung vorübergegangen, und wir
gehen mit Angſt dem heutigen Tage entgegen. Ein Zuſammenſtoß ſcheint
unvermeidlich.
Spanien.
Wie unſer Madrider * Corrrſpondent unterm 15 März ſchreibt,
wurden der Herzog und die Herzogin v. Montpenſter ſchon bis zum 20
oder 21 März in Madrid erwartet. Die Geheimſchreiber und das Ge-
folge des Prinzen v. Joinville und des Herzogs v. Aumale, ſowie die
Ehrendamen ihrer Gemahlinnen, hatten an Bord des franzöſiſchen
Dampfboots „Titan“ die Stadt Palma auf der Inſel Mallorca berührt,
und folgten den vorausgehenden Prinzen nach England. Graf Colombi,
der bisherige ſpaniſche Geſandte in Brüſſel, iſt in gleicher Eigenſchaft
nach Liſſabon ernannt; an ſeiner Statt kommt Graf de la Vega del Pozo
nach Brüſſel. Von Martinez de la Roſa’s Sendung nach Rom iſt es
fürs erſte wieder ſtill geworden. Iſturiz bleibt in London; nach Paris
wird fürs erſte kein Geſandter ernannt, aber der bisherige Geſchäftsträ-
ger bleibt daſelbſt. Das angeſehene Madrider Handelshaus Pablo Col-
lado hat fallirt. — Einer Madrider Correſpondenz in der Londoner
Times vom 22 März zufolge dürfte bald die ganze Familie Ludwig
Philipps bei Marien Chriſtinen in Aranjuez verſammelt ſeyn, um von
da aus eine Orleansiſtiſche Reaction in Frankreich zu verſuchen.
Italien.
Fortwährend fehlen uns Mailänder, Genueſer und Turiner Blätter.
Geſtern erhielten wir zwar einige Mailänder Briefe, aber nur vom 17
und 18; der Vicekönig hatte eben die Stadt verlaſſen um nach Verona
überzuſtedeln; auch waren die erſten Conceſſionen von Wien — Preß-
freiheit und Berufung aller Provincialſtände — bekannt gemacht wor-
den. Daß dieſe als leere Verſprechungen bezeichnet wurden, haben wir
angezeigt; welche unglückliche Ereigniſſe zu dem Schluß des Drama
drängten ergibt ſich aus den folgenden Briefen.
* Verona, 21 März.
Von Mailand noch keine Poſt. Was man
von und durch Staffetten erfahren konnte iſt daß ſich Radetzky in Mai-
land mit den meiſten Truppen vor einigen Tagen in das Caſtell zurück-
zog. Die Mailänder errichteten in den Straßen Barricaden, ohne daß
ſie daran geſtört wurden. Der Marſchall ermahnte ſie nochmals zur
Ruhe. Anſtatt deſſen ſchickten ſie eine Deputation an ihn, er ſolle die
Stadt mit den Truppen verlaſſen, man geſtatte ihm freien Abzug. Er
antwortete ihnen, ſie ſollen das Caſtell nehmen wenn ſie es wollen.
Abends 6 Uhr am Samstag (18) ging die Metzelei an. Die ganze
Garniſon ſoll mit aller ihr zu Gebot ſtehenden Artillerie durch alle
Straßen gewüthet haben. Der Kampf dauerte 6 Stunden. Die Mai-
länder fochten tapfer. Vom Militär ſollen 400 Mann, und von den
Mailändern mehrere Tauſende geblieben ſeyn. Gräßlich! Radetzky will
fortfahren die Stadt zu beſchießen bis die Ruhe hergeſtellt ſey. Der
General Gerhardi hier in Verona hat die nämlichen ſtrengen Inſtruc-
tionen. Die Artillerie ſowohl in der Stadt als auf der Feſtung iſt
ſchußfertig. Die Erbitterung des Volks iſt groß. Geſtern verlangten
die Veroneſer mit der Nationalgarde die Caſtelle zu beſetzen, allein man
ſagte auch ihnen, ſie ſollen dieſelben erſtürmen wenn ſie ſolche wollen.
Die Piemonteſer haben bei Pavia die öſterreichiſchen leichten Truppen
angegriffen, wurden aber ſogleich von denſelben geworfen. Der Vice-
könig iſt ſeit dem 18 früh hier, wird aber bei den erſten Auftritten
abreiſen. Wenn hier etwas ausbricht, ſtehen uns dieſelben Scenen wie
in Mailand bevor. Geſtern hätte das Regiment Fürſtenwärther als Ver-
ſtärkung hier eintreffen ſollen, es mußte aber wegen in Venedig aus-
gebrochener Unruhen dorthin zurück.
* Chur, 24 März.
Endlich haben wir, wenn auch ſpärliche, ſo
doch genauere Berichte von Mailand. Folgende gedruckte Proclamatio-
nen ſind erſchienen: „An alle Städte und für alle Gemeinden der Lom-
bardei und des Venetianiſchen (del Lombardo Veneto). Beinahe waf-
fenlos, hat Mailand in zwei Tagen geſtegt; noch iſt die Stadt einge-
ſchloſſen von einer Maſſe zwar entmuthigter, aber immer noch mächtiger
Truppen. Wir werfen dieſes Blatt über die Mauern, um alle Städte
und Gemeinden zur Organiſation und Bewaffnung von Nationalgarden,
in Compagnien von je 50 Mann, aufzufordern. Unter ſelbſt gewählten
Commandanten werden dieſelben ſich dahin begeben wo gerade die Ver-
theidigung ſie nöthig macht. Hülfe und Sieg! Es lebe Italien! Es lebe
Pius IX.
Mailand, 20 März 1848 Morgens.“ Ferner: „Bürger! Der
öſterreichiſche General beharrt auf ſeinem Widerſtand, aber das Heer iſt
in vollſtändiger Auflöſung begriffen. Die Bomben welche er auf unſere
Häuſer wirft, ſind der letzte Gruß der geſtürzten, fliehenden Trümmer.
Unſere Kinder werden nicht unter dem Schrecken der Sklaverei aufwoch-
ſen. Viele Officiere geben ſich gefangen. Ganze Corps legen die Waf-
fen nieder vor der italieniſchen Tricolore: andere, von militäriſchem Ehr-
gefühl zurückgehalten, bitten um Bedenkzeit und Einſtellung unſers ſteg-
reichen Feuers. Mitbürger, beharrt auf der eingeſchlagenen Bahn, ſie
allein führt zum Ruhm und zur Freiheit. In wenig Tagen wird das
italieniſche Banner von den Höhen der Alpen herabwehen. Nur dort
können wir mit den Völkern einen ehrenhaften Frieden ſchließen, die wir
jetzt zu bekämpfen gezwungen ſind. Mitbürger, in Bälde werden wir geſiegt
haben. Das Vaterland wird über ſeine Geſchicke entſcheiden und nur ſich
ſelbſt angehören. Die Verwundeten werden Eurer Sorge empfohlen;
für die dürftigen Familien ſorgt das Vaterland.
Mailand, 20 März
Abends.“ — Dieſe Proclamationen wurden von der Municipalität in
Mailand durch Boten ausgeſandt, denn die Communication iſt wieder
eröffnet. Es gelang nämlich den in Maſſe nach der Hauptſtadt
gerückten Bergamasken die Belagerungsliuie zu durchbrechen und in
die Stadt einzudringen. In Como waren am 21 alle Caſernen in den
Händen des Volkes mit Ausnahme von St. Francesco. 1200 Mann
wurden entwaffnet, die Waffen unter das Volk vertheilt, das mit den-
ſelben den Mailändern zu Hülfe zieht. Nachdem eine Kirche in der Nähe
von St. Francesco in Brand geſteckt worden, ergaben ſich am 21 auch
die 500 Mann dieſes Quartiers. Mantua, die wichtigſte Feſtung des
Reiches, iſt in den Händen des Volks; von allen Höhen weht die Trico-
lore. Die italieniſchen Truppen, welche den größten Theil der Garniſon
ausmachten, ſchloſſen ſich ſogleich der Bewegung an. Sie tragen als
Feldzeichen dreifarbige Sacktücher am linken Arm. Der commandirende
General, ein Deutſcher, iſt gefangen; die wenigen deutſchen Truppen
haben ſich in ein kleines Fort zurückgezogen. Eine proviſoriſche Regie-
rung iſt eingeſetzt. Auf der ganzen Linie von Mantua über Brescia,
Bergamo, Lecco bis Porlezza iſt die öſterreichiſche Herrſchaft gebrochen;
die drei Farben wehen in den Lüften. Starke Heerhaufen ziehen von
allen Seiten der Hauptſtadt zu Hülfe. Verona und Lodi ſind ebenfalls
aufgeſtanden; Cremona und Piacenza werden ihnen folgen. In Vareſe
wollten die Truppen beim Ausbruch des Aufſtandes ohne Widerſtand zu
leiſten abziehen; das Volk ließ dieß nicht geſchehen und bot alles auf ſie
zu entwaffnen, damit ſie kampfunfähig würden. 200 Croaten und ein
Detaſchement Huſaren haben capitulirt und die Waffen abgegeben. Am
Lago Maggiore, wo die ganze Bevölkerung von beiſpielloſem Entbuſias-
mus ergriffen iſt, wurden die Truppen geſchont. Kleinere Abtheilungen
entwaffnete man; größere Corps durften den Maſſen gegenüber keinen
Angriff wagen. Acht, nach andern Berichten zehntauſend, Piemonteſen
ſind den Lombarden zu Hülfe geeilt. In Novera ſollen ſich Freicorps
von Genueſen und aus der Umgegend bilden. Alle Gränzpoſten ſind of-
fen, freier Verkehr mit Teſſin und Graubünden. Geſtern erhielt unſere
Regierung Bericht über den vollendeten Aufſtand im obern Veltlin;
man befürchtet Zerſtörung der Kunſtſtraße über das Stilfſer-Joch. Ueber
das Verhalten der ſardiniſchen Regierung werden Sie directe Berichte
erhalten haben. Sie hat beſchloſſen ein Obſervationscorps von 30,000
Mann an die Gränze zu ſchicken und auf drei verſchiedenen Punkten die
in Maſſe herbeieilenden Freiwilligen zu bewaffnen und zu organiſiren.
* Trieſt, 23 März.
Das ſo eben (Mittag) hier einlaufende
Dampfboot bringt die officielle Nachricht daß Venedig ſich von der
öſterreichiſchen Regierung losgeſagt und eine proviſori-
ſche Regierung gebildet hat. Dem Militär, den Beamten u. ſ. w.
wird freier Abzug nach Trieſt geſtattet. Graf Zichy haftet mit ſeiner
Perſon für die Aufrechthaltung der von der proviſoriſchen Regierung
geſtellten Bedingungen. Der Commandant Martinovich wurde getödtet.
Arſenal und Feſtung ſind in Händen der Venetianer. Hier hat dieſe
Nachricht tiefe Erſchütterung hervorgebracht. Uebrigens herrſcht die
größte Ordnung. Auch Graf Palffy iſt mit dem Dampfer angekommen.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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