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Allgemeine Zeitung, Nr. 90, 2. April 1900.

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Montag, Zweites Blatt Nr. 90 der Allgemeinen Zeitung. 2. April 1900.


[Spaltenumbruch]
Der Krieg in Südafrika.

Tel. Die in Thabanchu
garnisonirende, aus Kavallerie, Artillerie
und berittener Infanterie bestehende eng-
lische Truppe mußte vor einer heranrückenden großen
Burenstreitmacht zurückgehen und gerieth in einen
Hinterhalt. Das ganze Detachement mit
sechs Geschützen wurde von den Buren ge-
fangen genommen.

Tel. Aus Bloemfontein
wird über die Niederlage bei Buschmanskop gemeldet:
Eine von dem Obersten Broadwood befehligte, aus
Kavallerie, zwei Batterien Artillerie und der unter
dem Befehl des Obersten Pilcher stehenden berittenen In-
fanterie
zusammengesetzte Truppe, die in Thaba-Ntschu
garnisonirte, mußte sich in der letzten Nacht, 30. März,
zurückziehen, da eine große Streitmacht sich näherte. Die
Truppe marschirte nach den Wasserwerken von Bloemsontein,
südlich vom Modder-Fluß, woselbst sie um 4 Uhr früh ein
Lager bezog, welches bei Tagesanbruch von rückwärts mit
Granaten beschossen wurde. Broadwood schickte den
Convoi und die Batterien fort, während der Rest der Truppe
als Rückendeckung zurückblieb. Der Zug gelangte in ein tiefes
Flußthal, woselbst sich die Buren versteckt hielten. So gerieth
die ganze Abtheilung in einen Hinterhalt und wurde
mit Einschluß von sechs Geschützen gefangen ge-
nommen.
Der Verlust an Menschenleben ist nicht groß, da
die meisten Mannschaften in den Hinterhalt geriethen, bevor
ein Schuß abgegeben war. General Colville's Division,
die heute früh Bloemsontein verlassen hatte, traf um 12 Uhr
ein und hat das Granatfeuer auf den Feind begonnen.

Tel. General Smuts griff am
29. März die Engländer bei Mafelkop südlich von Brand-
fontein
an und hielt sie sechs Stunden lang in Schach.
Die Buren fochten sehr gut. Die Verluste sind unbekannt.

Tel. Ein Meldereiter aus
Kimberley berichtet, die Buren lagern in der Nähe von
dem früheren Lager Cronje's bei Paardeberg. Herum-
streifende Abtheilungen suchten von den Gehöften in der
Nachbarschaft die Pferde wegzutreiben, welche als untauglich
von den Engländern laufen gelassen waren. -- Lord Roberts
fandte eine Depesche an Präsident Krüger, in welcher er
ihm anläßlich Jouberts Tod sein Beileid ausdrückt und
die ritterliche Haltung wie den persönlichen Muth des Dahin-
geschiedenen rühmend hervorhebt.

Tel. Nach einer Depesche der
Abendblätter aus der Kapstadt sind die Vorbereitungen
zum Vormarsch der Truppen des Feldmarschalts
Lord Roberts
so weit gefördert, daß der Vormarsch in
der nächsten Woche beginnen dürfte. -- Einer Depesche
aus Warrenton zufolge wurde dort den ganzen Freitag
über gekämpft.

Tel. Einem Telegramm aus
Pretoria zufolge hat Präsident Krüger bei Jouberts
Begräbniß angekündigt, daß General Botha der Nach-
folger Jouberts
als Generalkommandant der Trans-
vaal-Armee sein werde.

Tel. Präsident Steijn soll,
wie berichtet wird, sich nach Ladybrand begeben haben,
um die Buren zu erneutem Widerstande anzuspornen. Eine
Anzahl von Aufrufen und ähnlichen Kundgebungen der Buren
sind im Umlaufe.

Tel. Ein Armeebefehl er-
klärt die Bezeichnung Freistaatbahn für erloschen
und ersetzt dieselbe durch die Bezeichnung Reichsmilitärbahn.
(Die Maßregel erscheint etwas verfrüht. England ist noch
nicht im Besitze des Oranje-Freistaats. Die Red.)

Tel. Typhus und Masern,
woran die gefangenen Buren auf den Transportschiffen
leiden, zogen sie sich in den Verschanzungen bei Paarde-
berg
zu. (?) Die Gefangenen erheben keine Klage betr.
Nahrung und Wasser. Sie erhalten dasselbe Wasser wie die
Bemannung des englischen Geschwaders. Der Admiral und
der oberste Militärarzt besichtigten die Transportschiffe und
ertheilten den Befehl, daß alle transportfähigen Kranken in
ein besonderes Hospital gebracht werden. Es wird
Vorsorge getragen, daß keine Ueberfüllung stattfindet. (Diese
Meldung läßt sehr deutlich zwischen den Zeilen lesen, daß
bisher fast keine Fürsorge für die Gefangenen getroffen
wurde. -- D. Red.)

Tel. Die Abfahrt der Trans-
portschiffe
mit den nach St. Helena bestimmten ge-
fangenen Buren wurde infolge zunehmenden Krankenstandes
verschoben. Heute sind drei Buren gestorben, im ganzen
in dieser Woche 12. Morgen werden weitere 200 Gefangene
hier erwartet.



Bayerischer Landtag.
114. Plenarsitzung der Kammer der Abgeordneten.
(Nachdruck verboten.)

Am Ministertisch Dr. Frhr.
v. Riedel; später Dr. Frhr. v. Leonrod, Dr. Frhr.
v. Feilitzsch und Dr. v. Landmann.

Abg. Dr. Heim (Centr.) referirt über die Rechnungs-
nachweisungen zum Etat der Aerarialrente von der
kgl. Bank in Nürnberg für die Jahre
1896/97.

Den Nachweisungen wird ohne Debatte die Anerken-
nung ertheilt.

Zum Etat der Aerarialrente von der kgl. Bank
in Nürnberg für die XXV. Finanzperiode
führen in
der Generaldiskussion aus:

Abg. Aichbichler (Centr.) wünscht eine Filiale der
kgl. Bank in Ingolstadt.

Abg. Reeb (Centr.) wünscht eine solche in Pirmasenz.

Abg. Conrad (lib.):

Es gibt in der Pfalz noch andere
und wichtigere Städte als gerade Pirmasenz. Vor allem
wäre Kaiserslautern zu berücksichtigen. Aber man braucht
überhaupt nicht zu ängstlich vorzugehen; wie die Bayerische
Notenbank sollte es auch die kgl. Bank machen und nicht die
eine oder die andere, sondern die eine und die andere be-
rücksichtigen.

Abg. Gerstenberger (Centr.) will eine Filiale in
Aschaffenburg.

Minister Dr. Frhr. v. Riedel:

Die Bank wurde
seinerzeit für die fränkischen Kreise gegründet. Die Gerichts-
depositen wurden ihr überwiesen. Es ist die Absicht der
Regierung, durch allmähliche Verstärkung der Mittel und durch
Ausdehnung der Bank überhaupt den Wirkungskreis der
[Spaltenumbruch] Bank zu erweitern. Wenn es gelingt, die Verstärkung der
Bank, wie geplant, fortzuführen, werden Filialen gegründet
werden. Aber zum Filialengründen gehört Geld, wie zum
Ausheirathen der Kinder. Es soll also heute noch nicht von
den Städten gesprochen werden, die Filialen bekommen sollen;
das wäre ein Sackrennen.

Die Aerarialrente von der kgl. Bank zu Nürnberg ist
für ein Jahr der XXV. Finanzperiode auf 700,000 M. fest-
gesetzt. Der Antrag des Ausschusses, diesem Etatansatz
und dem Etat selbst die Zustimmung zu ertheilen, wird vom
Hause ohne weitere Debatte angenommen.

Ferner beschließt das Haus, dem Ausschußantrag gemäß:

"Es sei die Staatsregierung zu ersuchen, in Bälde auf zweck-
dienliche Weise das Betriebskapital der kgl. Bank zu
Nürnberg beträchtlich zu erhöhen
und zu diesem Zweck
zunächst das Einverständniß damit zu erklären, daß der
kgl. Bank die Aerarialrente für die XXV. Finanzperiode zur
Verstärkung ihrer Betriebsmittel gegen mäßige Verzinsung
insolange belassen werde, als die sonstigen im Budget zur
Verfügung gestellten Einnahmen zur Bestreitung der budget-
mäßigen Ausgaben zureichen."

Abg. Burger (Centr.) referirt sodann über die Rech-
nungsnachweisungen zum Etat der Pensionen, Susten-
tationen und Unterstützungen für die Staats-
diener,
Staatsbediensteten und ihre Hinterbliebenen für die
Jahre 1896 und 1897, sowie über den Etat selbst für die
XXV. Finanzperiode. Den Nachweisungen wird ohne Debatte
die Anerkennung ertheilt.

Abg. Wagner (lib.) führt, nachdem der Referent den
Fall Lipps erwähnt hatte, aus: Es sei nicht genau kon-
statirt, was eigentlich Prof. Lipps im Wortlaut gesagt habe;
jedenfalls liege kein Grund vor, den Richterstand anzugreifen,
aber jeder Staatsbürger, auch der Beamte, müsse das Recht
haben, seine Meinung öffentlich zu sagen.

Abg. v. Vollmar (Soz.):

Professor Lipps hat nichts
gethan, außer er hat die Meinung ausgesprochen, die in seinen
Kreisen herrscht. Es wird der Universitätsprofessor zwar zu
Unrecht als Beamter erklärt; aber auch wenn er Beamter
wäre, müßte er seine Meinung sagen dürfen. Es ist nicht zu
rechtfertigen, daß der Fall im Ausschuß des Landtags zur
Sprache kam. Der Ausschuß ist das zuständige Forum nicht,
und das Vorgehen kann den Schein erwecken, als ob man
irgendwie gegen Prof. Lipps hetzen wolle.

Abg. Geiger (Centr.):

Wenn zwei dasselbe thun, ist es
nicht dasselbe. Prof. Lipps hat als Autorität gesprochen.
Was darüber berichtet wurde, ist nicht widerlegt, besteht also.
Die Aussprache: "Die Unbestechlichkeit der Richter ist Legende",
ist unrecht und geht das Land an. Wir haben also die Pflicht,
darauf zu kommen.

Abg. Dr. Casselmann (lib.):

Die Nürnberger Geschichte
mit dem Evangelischen Bund hat bewiesen, wie sehr vor-
sichtig Zeitungsberichte aufgefaßt werden müssen. Ich muß
deßhalb dagegen protestiren, daß der Zeitungsbericht als die
Thatsache wiedergebend bezeichnet wird; denn dann wäre der
Protest dagegen berechtigt. Wo darüber gesprochen hätte werden
sollen, da wurde die Besprechung verhindert. Aber aufge-
schoben, ist nicht aufgehoben.

Abg. Dr. Daller (Centr.):

Der vom Vorredner beregte
Fall konnte ohne den Justizminister nicht besprochen werden,
denn es handelte sich um ein Strafgesetz. Daß ein Professor
sagen konnte, "die Unbestechlichkeit der Richter sei Legende",
mußte besprochen werden, oder sie mußte aufgeklärt werden.
Lipps, ein Professor, von Norden kommend, ist schuldig, uns
zu sagen, was er eigentlich gemeint hat.

Minister Dr. Frhr. v. Leonrod:

Prof. Dr. Lipps muß
erst gehört werden. Er hat Worte gesprochen, die ich im
Ausschuß schon bedauert habe. Jedenfalls muß aber mit
Rücksicht auf den Wortlaut Prof. Dr. Lipps selbst gehört
werden. Dies soll durch den Ressortminister geschehen. Prof.
Lipps ist aber jetzt noch nicht hier. Er konnte noch nicht
gehört werden.

Abg. Dr. Heim (Centr.):

Dr. Casselmann hat sich
über einen Artikel des "Osservatore Romano" seinerzeit auf-
gehalten. Der päpstliche Stuhl hätte die Sache klarstellen
sollen, hat Dr. Casselmann damals verlangt. Wir verlangen
das Gleiche heute von Prof. Lipps. Zudem hat nicht ein
ultramontaner Berichterstatter dort in der Versammlung ge-
sessen, der tendenziös gefärbt hätte. Die "Augsb. Abdztg."
hat den Ausdruck gebracht, wie ihn Dr. Geiger citirte, und
hat wiederholt die Richtigkeit ihres Berichts verbürgt. Warum
hat Dr. Lipps sich nicht öffentlich erklärt? Warum hat den
Dr. Lipps nicht der Staatsanwalt bekommen, sondern der Kultus-
minister? Warum dieser Modus? Entweder ist der Mann
"hinreichend verdächtig", dann hat der Staatsanwalt einzu-
greifen, oder er ist es nicht, dann hat auch der Kultusminister
nichts damit zu thun. Ich bekomme davon ein Gefühl einer
zwiefachen Rechtsprechung, bezw. Behandlung von strafbaren
Dingen. Es bürgert sich so eine gefährliche Klassenjustiz ein.
Beamte sollen unabhängig sein in ihrer Meinungsäußerung.
Die Praxis beim Ministerium ist aber anders. Wenn es sich
um einen Centrumsangehörigen handeln würde, dann wäre
Ihre Entrüstung (nach links) nicht so stark. Abg. Wagner
hätte seinen Satz nicht so ohne Einschränkung machen dürfen,
wo es sich um einen von der Ansicht seiner Kreise beeinflußten
Richter handelte. Sonst müßte ich als Katholik vor einem
protestantischen Richter mich fürchten. (Abg. Wagner lächelt.)
Ihr Lächeln, Hr. Abg. Wagner, ist nicht das Lächeln der
Weisheit! (Glocke des Präsidenten.)

Minister Dr. Frhr. v. Leonrod:

Es steht im Belieben
der Staatsanwaltschaft, wie sie die Personen vernehmen lassen
will. Zum Ermittlungsverfahren kann die Staatsanwaltschaft
alle Behörden verwenden. Die Staatsanwaltschaft konnte den
Prof. Dr. Lipps in seiner Abwesenheit nicht hören. Warum
sollte übrigens der Kultusminister die Ermittlungen nicht
pflegen? Prof. Lipps ist übrigens auch Beamter und wird
dem ihm vorgesetzten Minister Rede stehen. Der Ausspruch
Dr. Lipps' wäre in der gebrachten Form beleidigend für den
ganzen Richterstand. Prof. Lipps muß aber darüber noch
gehört werden. Er hätte nicht so schnell abreisen sollen, er
hätte auch indessen eine Erklärung öffentlich abgeben können.

Minister Dr. v. Landmann trägt keine Bedenken, das
Ermittelungsverfahren zu übernehmen.

Abg. Dr. Hammerschmidt:

Dr. Lipps konnte nicht
wissen, daß die Sache solchen Umfang annehme, sonst wäre
er nicht abgereist. Er meinte aber auch nicht eine Bestechlich-
keit durch Geld. Jedenfalls war der Ausdruck unvorsichtig,
wie die Auffassung zeigt. Der Angriff Dr. Heims gegen den
Abgeordneten Wagner ist nicht gerechtfertigt. Er selbst hat
ja zugestanden, daß Ansichten einen Einfluß auf den
Richter üben. Daß wir einen Centrumsangehörigen nicht
[Spaltenumbruch] in Schutz genommen hätten, ist ein unberechtigter Vor-
wurf der Parteilichkeit gegen uns. Jedenfalls muß jedem
Bürger, auch dem Beamten, ein freies öffentliches Wort
gestattet sein. Was das Vorgehen Dr. Dallers bezüglich der
lex Heinze betrifft, so handelte es sich um eine Sache, die die
Kunst unmittelbar betrifft und bezüglich der eine Petition vor-
liegt. Das Vorgehen Dr Dallers ist also nicht gerechtfertigt.

Abg. Segitz (Soz.):

Dr Lipps hat nichts Anderes ge-
sagt, als was die Meinung der Richter selbst zum großen
Theil ist. Die Minister sind ja nicht allzu freisinnig; es hätte
also der Aufregung und der Aneiferung der Minister gegen
Dr. Lipps nicht bedurft.

Abg. Dr. Daller (Centr.):

Eine Petition zur lex Heinze
liegt uns nicht vor. Mein Vorgehen im Ausschuß war also
nach der Geschäftsordnung gerechtfertigt.

Zum Etat der Pensionen und Suftentationen für die
Staatsdiener und Staatsbediensteten sind eine Reihe von
Petitionen einschlägig, die durch Uebergang zur Tagesordnung
erledigt werden. Die Petition des Komitees der nicht-
pragmatischen Staatsbeamten
und Staatsbediensteten
in München um Schaffung einer obligatorischen Relikten-
versorgungskasse
wird durch die Erklärung der Staats-
regierung als erledigt erachtet, es müsse den Petenten über-
lassen bleiben, die Vorarbeiten zu machen, bevor die Staats-
regierung selbst eingreifen könne. Der Etat wird mit einem
Gesammtumsatz von 17,911,848 M. (1,908,256 M. mehr als
in der XXIV. Finanzperiode) genehmigt.

Schluß der Sitzung 121/2 Uhr. Nächste Sitzung morgen,
vormittags 9 Uhr. Tagesordnung: Abänderung des Polizei-
strafgesetzbuches, Rückäußerung der Reichsrathskammer zum
Pferdeversicherungsgesetz.



Bayerische Chronik.

* Hof- und Personalnachrichten.

Se. kgl. Hoh.
der Prinz-Regent wohnte gestern Morgen dem Gottes-
dienste in der Allerheiligen-Hofkirche an, besuchte darauf die
Wochenausstellung des Kunstvereins und fuhr dann im Wittels-
bacher-Palais vor, um dem Prinzen Karl zu seinem Geburts-
feste zu gratuliren. In Audienz wurden gestern vom
Regenten empfangen: Dr. Helferich, Generalarzt a l. s.
des Sanitätskorps; Max v. Klenze, Hauptmann a. D.;
Landgerichtsrath Dr. Guggenheimer; Thiermaler Otto
Grashey; die Oberbauräthe Eduard Reuter und Hugo
Höfl; Dr. Dorffmeister kgl. Regierungs- und Kreis-
medizinalrath in Regensburg; Wilhelm v. Berchem, Leutnant
im 1 Fuß-Art.-Regt.; Karl v. Berchem, Bezirksamts-
assessor in Kemnath. Zur Tafel waren gestern geladen:
Prof. Franz v. Lenbach; Ferdinand v. Miller, Bildhauer
und Erzgießer; Prof. Haus Petersen, Kunstmaler; Prof. Gabr.
Seidl, Architekt; Prof. Emanuel Seidl, Architekt; Kunst-
maler Richard Groß und Maler Franz Schmid-Breitenbach.
Heute Vormittag beglückwünschte der Regent den Prinzen
Georg zu seinem heutigen Geburtstag. Auch die übrigen
Mitglieder des königlichen Hauses gratulirten den beiden
Prinzen. In die im Wittelsbacher- und Prinz Leopold-Palais
aufliegenden Gratulationslisten zeichneten sich die Mitglieder
der Hofgesellschaft ein. -- Se. kgl. Hoheit der Prinz-Regent
überbrachte gestern Mittag seiner Enkelin, der Prinzessin
Mathilde, einen kostbaren, aus Brillanten und Perlen be-
stehenden Halsschmuck als Hochzeitsgeschenk. Die Mutter der
Prinzessin Ludwig, Erzherzogin Elisabeth von Oesterreich, hat
ihrer Enkelin als Hochzeitsgeschenk einen sehr werthvollen,
aus Brillanten, Rubinen und Smaragden zusammengesetzten
Haarschmuck überschickt. -- Prinzessin Ludwig und ihre
Töchter, Prinzessinnen Mathilde und Hildegard, die
Prinzen Rupprecht und Franz, Prinzessin Ludwig
Ferdinand
Prinz und Prinzessin Alfons und Prinzessin
Clara erschienen gestern Abend zu der musikalischen Soiree
bei dem Reichsrath Frhrn. v. Cramer-Klett. -- Prinz Max
von Baden,
der Verlobte der Prinzessin Marie Luise von
Cumberland, passirte am Samstag auf der Durchreise von
Wien nach Karlsruhe den hiesigen Zentralbahnhof. -- Fürst
Albert von Thurn und Taxis trifft morgen zur Theil-
nahme an der Plenarsitzung der Kammer der Reichsräthe
hier ein. -- Wie uns berichtigend mitgetheilt wird, hat sich
Frl. Lina Schmidt, die Tochter des kgl. Professors und
Baumeisters Albert Schmidt hier, nicht mit Hrn. Professor
Kunstmaler Andersen-Lundby, sondern mit Hrn. Architekt
Heinrich Andersen in Nürnberg vermählt. -- Gestorben ist
in München der Hoskassier im Privatdienst Sr. kgl. Hoh. des
Prinz-Regenten, Hr. Karl Reicherzer. Er war über 30 Jahre
in seiner Stellung thätig.

* Todesfall.

Gestern verschied hier Frau Laura
v. Schauß, die Wittwe des ehemaligen Direktors der Süd-
deutschen Bodenkreditbank und Führers der Liberalen, Friedrich
v. Schauß. Die Verblichene hatte sich während des Feldzugs
1870/71 hervorragend an der heimischen Liebesthätigkeit be-
theiligt; ihr Haus bildete auch nach dem Tode ihres Gatten
den Mittelpunkt eines schöngeistigen Kreises.

* Beerdigung.

Am Samstag Nachmittag fand im
nördlichen Friedhofe das Begräbniß der verstorbenen Ober-
hofmeisterin der Prinzessin Leopold, Freifrau Clementine
v. Limpöck,
statt. Den Trauerzug eröffneten Flambeaux
tragende Lakaien. Dem reichbekränzten und mit dem Familien-
wappen der Verstorbenen geschmückten Sarge folgten die
Prinzen Leopold, Georg und Konrad, Graf Drechsel,
Graf Seinsheim, Kriegsminister Frhr. v. Asch, die Adju-
tanten Frhr. v. Perfall, Frhr. v. Reitzenstein, zahlreiche
Beamte u. A. m Freifrau v. Limpöck war 1832 zu Sünching
geboren; mit ihr stirbt das bereits im Mannesstamme er-
loschene Geschlecht (Adel seit 1636) aus. Der Geistliche hob
mit Recht in seiner Grabrede ihre seltene Treue und Anhäng-
lichkeit an das königliche Haus hervor: Prinzessin Leopold
beklagt in der Dahingeschiedenen den Tod ihrer treuesten und
vertrautesten Begleiterin. Seit 27 Jahren war Freifrau
v. Limpöck Hofdame der Prinzessin, vor zwei Jahren bei der
silbernen Hochzeit des prinzlichen Paares wurde sie mit dem
Titel Excellenz ausgezeichnet. Auch der Kaiser von Oester-
reich wußte der Verblichenen innigen Dank für die seiner
Tochter erwiesenen Dienste. Was sie aber dem Hause des
Prinzen Leopold an Treue leistete, das leistete sie der be-
drängten Mitwelt an Wohlthätigkeit. Für Arme hatte sie
stets eine offene Hand. Mit dem Kirchengebete fand die ernste
Trauerfeier ihren Abschluß. Am Grabe waren prächtige
Kranzspenden niedergelegt worden.

Ministerialrath Ritter v. Ganghofer +.

Ein
ebenso zahlreiches wie illustres Trauergefolge, bestehend aus

Montag, Zweites Blatt Nr. 90 der Allgemeinen Zeitung. 2. April 1900.


[Spaltenumbruch]
Der Krieg in Südafrika.

Tel. Die in Thabanchu
garniſonirende, aus Kavallerie, Artillerie
und berittener Infanterie beſtehende eng-
liſche Truppe mußte vor einer heranrückenden großen
Burenſtreitmacht zurückgehen und gerieth in einen
Hinterhalt. Das ganze Detachement mit
ſechs Geſchützen wurde von den Buren ge-
fangen genommen.

Tel. Aus Bloemfontein
wird über die Niederlage bei Buſchmanskop gemeldet:
Eine von dem Oberſten Broadwood befehligte, aus
Kavallerie, zwei Batterien Artillerie und der unter
dem Befehl des Oberſten Pilcher ſtehenden berittenen In-
fanterie
zuſammengeſetzte Truppe, die in Thaba-Ntſchu
garniſonirte, mußte ſich in der letzten Nacht, 30. März,
zurückziehen, da eine große Streitmacht ſich näherte. Die
Truppe marſchirte nach den Waſſerwerken von Bloemſontein,
ſüdlich vom Modder-Fluß, woſelbſt ſie um 4 Uhr früh ein
Lager bezog, welches bei Tagesanbruch von rückwärts mit
Granaten beſchoſſen wurde. Broadwood ſchickte den
Convoi und die Batterien fort, während der Reſt der Truppe
als Rückendeckung zurückblieb. Der Zug gelangte in ein tiefes
Flußthal, woſelbſt ſich die Buren verſteckt hielten. So gerieth
die ganze Abtheilung in einen Hinterhalt und wurde
mit Einſchluß von ſechs Geſchützen gefangen ge-
nommen.
Der Verluſt an Menſchenleben iſt nicht groß, da
die meiſten Mannſchaften in den Hinterhalt geriethen, bevor
ein Schuß abgegeben war. General Colville’s Diviſion,
die heute früh Bloemſontein verlaſſen hatte, traf um 12 Uhr
ein und hat das Granatfeuer auf den Feind begonnen.

Tel. General Smuts griff am
29. März die Engländer bei Mafelkop ſüdlich von Brand-
fontein
an und hielt ſie ſechs Stunden lang in Schach.
Die Buren fochten ſehr gut. Die Verluſte ſind unbekannt.

Tel. Ein Meldereiter aus
Kimberley berichtet, die Buren lagern in der Nähe von
dem früheren Lager Cronje’s bei Paardeberg. Herum-
ſtreifende Abtheilungen ſuchten von den Gehöften in der
Nachbarſchaft die Pferde wegzutreiben, welche als untauglich
von den Engländern laufen gelaſſen waren. — Lord Roberts
fandte eine Depeſche an Präſident Krüger, in welcher er
ihm anläßlich Jouberts Tod ſein Beileid ausdrückt und
die ritterliche Haltung wie den perſönlichen Muth des Dahin-
geſchiedenen rühmend hervorhebt.

Tel. Nach einer Depeſche der
Abendblätter aus der Kapſtadt ſind die Vorbereitungen
zum Vormarſch der Truppen des Feldmarſchalts
Lord Roberts
ſo weit gefördert, daß der Vormarſch in
der nächſten Woche beginnen dürfte. — Einer Depeſche
aus Warrenton zufolge wurde dort den ganzen Freitag
über gekämpft.

Tel. Einem Telegramm aus
Pretoria zufolge hat Präſident Krüger bei Jouberts
Begräbniß angekündigt, daß General Botha der Nach-
folger Jouberts
als Generalkommandant der Trans-
vaal-Armee ſein werde.

Tel. Präſident Steijn ſoll,
wie berichtet wird, ſich nach Ladybrand begeben haben,
um die Buren zu erneutem Widerſtande anzuſpornen. Eine
Anzahl von Aufrufen und ähnlichen Kundgebungen der Buren
ſind im Umlaufe.

Tel. Ein Armeebefehl er-
klärt die Bezeichnung Freiſtaatbahn für erloſchen
und erſetzt dieſelbe durch die Bezeichnung Reichsmilitärbahn.
(Die Maßregel erſcheint etwas verfrüht. England iſt noch
nicht im Beſitze des Oranje-Freiſtaats. Die Red.)

Tel. Typhus und Maſern,
woran die gefangenen Buren auf den Transportſchiffen
leiden, zogen ſie ſich in den Verſchanzungen bei Paarde-
berg
zu. (?) Die Gefangenen erheben keine Klage betr.
Nahrung und Waſſer. Sie erhalten dasſelbe Waſſer wie die
Bemannung des engliſchen Geſchwaders. Der Admiral und
der oberſte Militärarzt beſichtigten die Transportſchiffe und
ertheilten den Befehl, daß alle transportfähigen Kranken in
ein beſonderes Hoſpital gebracht werden. Es wird
Vorſorge getragen, daß keine Ueberfüllung ſtattfindet. (Dieſe
Meldung läßt ſehr deutlich zwiſchen den Zeilen leſen, daß
bisher faſt keine Fürſorge für die Gefangenen getroffen
wurde. — D. Red.)

Tel. Die Abfahrt der Trans-
portſchiffe
mit den nach St. Helena beſtimmten ge-
fangenen Buren wurde infolge zunehmenden Krankenſtandes
verſchoben. Heute ſind drei Buren geſtorben, im ganzen
in dieſer Woche 12. Morgen werden weitere 200 Gefangene
hier erwartet.



Bayeriſcher Landtag.
114. Plenarſitzung der Kammer der Abgeordneten.
(Nachdruck verboten.)

Am Miniſtertiſch Dr. Frhr.
v. Riedel; ſpäter Dr. Frhr. v. Leonrod, Dr. Frhr.
v. Feilitzſch und Dr. v. Landmann.

Abg. Dr. Heim (Centr.) referirt über die Rechnungs-
nachweiſungen zum Etat der Aerarialrente von der
kgl. Bank in Nürnberg für die Jahre
1896/97.

Den Nachweiſungen wird ohne Debatte die Anerken-
nung ertheilt.

Zum Etat der Aerarialrente von der kgl. Bank
in Nürnberg für die XXV. Finanzperiode
führen in
der Generaldiskuſſion aus:

Abg. Aichbichler (Centr.) wünſcht eine Filiale der
kgl. Bank in Ingolſtadt.

Abg. Reeb (Centr.) wünſcht eine ſolche in Pirmaſenz.

Abg. Conrad (lib.):

Es gibt in der Pfalz noch andere
und wichtigere Städte als gerade Pirmaſenz. Vor allem
wäre Kaiſerslautern zu berückſichtigen. Aber man braucht
überhaupt nicht zu ängſtlich vorzugehen; wie die Bayeriſche
Notenbank ſollte es auch die kgl. Bank machen und nicht die
eine oder die andere, ſondern die eine und die andere be-
rückſichtigen.

Abg. Gerſtenberger (Centr.) will eine Filiale in
Aſchaffenburg.

Miniſter Dr. Frhr. v. Riedel:

Die Bank wurde
ſeinerzeit für die fränkiſchen Kreiſe gegründet. Die Gerichts-
depoſiten wurden ihr überwieſen. Es iſt die Abſicht der
Regierung, durch allmähliche Verſtärkung der Mittel und durch
Ausdehnung der Bank überhaupt den Wirkungskreis der
[Spaltenumbruch] Bank zu erweitern. Wenn es gelingt, die Verſtärkung der
Bank, wie geplant, fortzuführen, werden Filialen gegründet
werden. Aber zum Filialengründen gehört Geld, wie zum
Ausheirathen der Kinder. Es ſoll alſo heute noch nicht von
den Städten geſprochen werden, die Filialen bekommen ſollen;
das wäre ein Sackrennen.

Die Aerarialrente von der kgl. Bank zu Nürnberg iſt
für ein Jahr der XXV. Finanzperiode auf 700,000 M. feſt-
geſetzt. Der Antrag des Ausſchuſſes, dieſem Etatanſatz
und dem Etat ſelbſt die Zuſtimmung zu ertheilen, wird vom
Hauſe ohne weitere Debatte angenommen.

Ferner beſchließt das Haus, dem Ausſchußantrag gemäß:

„Es ſei die Staatsregierung zu erſuchen, in Bälde auf zweck-
dienliche Weiſe das Betriebskapital der kgl. Bank zu
Nürnberg beträchtlich zu erhöhen
und zu dieſem Zweck
zunächſt das Einverſtändniß damit zu erklären, daß der
kgl. Bank die Aerarialrente für die XXV. Finanzperiode zur
Verſtärkung ihrer Betriebsmittel gegen mäßige Verzinſung
inſolange belaſſen werde, als die ſonſtigen im Budget zur
Verfügung geſtellten Einnahmen zur Beſtreitung der budget-
mäßigen Ausgaben zureichen.“

Abg. Burger (Centr.) referirt ſodann über die Rech-
nungsnachweiſungen zum Etat der Penſionen, Suſten-
tationen und Unterſtützungen für die Staats-
diener,
Staatsbedienſteten und ihre Hinterbliebenen für die
Jahre 1896 und 1897, ſowie über den Etat ſelbſt für die
XXV. Finanzperiode. Den Nachweiſungen wird ohne Debatte
die Anerkennung ertheilt.

Abg. Wagner (lib.) führt, nachdem der Referent den
Fall Lipps erwähnt hatte, aus: Es ſei nicht genau kon-
ſtatirt, was eigentlich Prof. Lipps im Wortlaut geſagt habe;
jedenfalls liege kein Grund vor, den Richterſtand anzugreifen,
aber jeder Staatsbürger, auch der Beamte, müſſe das Recht
haben, ſeine Meinung öffentlich zu ſagen.

Abg. v. Vollmar (Soz.):

Profeſſor Lipps hat nichts
gethan, außer er hat die Meinung ausgeſprochen, die in ſeinen
Kreiſen herrſcht. Es wird der Univerſitätsprofeſſor zwar zu
Unrecht als Beamter erklärt; aber auch wenn er Beamter
wäre, müßte er ſeine Meinung ſagen dürfen. Es iſt nicht zu
rechtfertigen, daß der Fall im Ausſchuß des Landtags zur
Sprache kam. Der Ausſchuß iſt das zuſtändige Forum nicht,
und das Vorgehen kann den Schein erwecken, als ob man
irgendwie gegen Prof. Lipps hetzen wolle.

Abg. Geiger (Centr.):

Wenn zwei dasſelbe thun, iſt es
nicht dasſelbe. Prof. Lipps hat als Autorität geſprochen.
Was darüber berichtet wurde, iſt nicht widerlegt, beſteht alſo.
Die Ausſprache: „Die Unbeſtechlichkeit der Richter iſt Legende“,
iſt unrecht und geht das Land an. Wir haben alſo die Pflicht,
darauf zu kommen.

Abg. Dr. Caſſelmann (lib.):

Die Nürnberger Geſchichte
mit dem Evangeliſchen Bund hat bewieſen, wie ſehr vor-
ſichtig Zeitungsberichte aufgefaßt werden müſſen. Ich muß
deßhalb dagegen proteſtiren, daß der Zeitungsbericht als die
Thatſache wiedergebend bezeichnet wird; denn dann wäre der
Proteſt dagegen berechtigt. Wo darüber geſprochen hätte werden
ſollen, da wurde die Beſprechung verhindert. Aber aufge-
ſchoben, iſt nicht aufgehoben.

Abg. Dr. Daller (Centr.):

Der vom Vorredner beregte
Fall konnte ohne den Juſtizminiſter nicht beſprochen werden,
denn es handelte ſich um ein Strafgeſetz. Daß ein Profeſſor
ſagen konnte, „die Unbeſtechlichkeit der Richter ſei Legende“,
mußte beſprochen werden, oder ſie mußte aufgeklärt werden.
Lipps, ein Profeſſor, von Norden kommend, iſt ſchuldig, uns
zu ſagen, was er eigentlich gemeint hat.

Miniſter Dr. Frhr. v. Leonrod:

Prof. Dr. Lipps muß
erſt gehört werden. Er hat Worte geſprochen, die ich im
Ausſchuß ſchon bedauert habe. Jedenfalls muß aber mit
Rückſicht auf den Wortlaut Prof. Dr. Lipps ſelbſt gehört
werden. Dies ſoll durch den Reſſortminiſter geſchehen. Prof.
Lipps iſt aber jetzt noch nicht hier. Er konnte noch nicht
gehört werden.

Abg. Dr. Heim (Centr.):

Dr. Caſſelmann hat ſich
über einen Artikel des „Oſſervatore Romano“ ſeinerzeit auf-
gehalten. Der päpſtliche Stuhl hätte die Sache klarſtellen
ſollen, hat Dr. Caſſelmann damals verlangt. Wir verlangen
das Gleiche heute von Prof. Lipps. Zudem hat nicht ein
ultramontaner Berichterſtatter dort in der Verſammlung ge-
ſeſſen, der tendenziös gefärbt hätte. Die „Augsb. Abdztg.“
hat den Ausdruck gebracht, wie ihn Dr. Geiger citirte, und
hat wiederholt die Richtigkeit ihres Berichts verbürgt. Warum
hat Dr. Lipps ſich nicht öffentlich erklärt? Warum hat den
Dr. Lipps nicht der Staatsanwalt bekommen, ſondern der Kultus-
miniſter? Warum dieſer Modus? Entweder iſt der Mann
„hinreichend verdächtig“, dann hat der Staatsanwalt einzu-
greifen, oder er iſt es nicht, dann hat auch der Kultusminiſter
nichts damit zu thun. Ich bekomme davon ein Gefühl einer
zwiefachen Rechtſprechung, bezw. Behandlung von ſtrafbaren
Dingen. Es bürgert ſich ſo eine gefährliche Klaſſenjuſtiz ein.
Beamte ſollen unabhängig ſein in ihrer Meinungsäußerung.
Die Praxis beim Miniſterium iſt aber anders. Wenn es ſich
um einen Centrumsangehörigen handeln würde, dann wäre
Ihre Entrüſtung (nach links) nicht ſo ſtark. Abg. Wagner
hätte ſeinen Satz nicht ſo ohne Einſchränkung machen dürfen,
wo es ſich um einen von der Anſicht ſeiner Kreiſe beeinflußten
Richter handelte. Sonſt müßte ich als Katholik vor einem
proteſtantiſchen Richter mich fürchten. (Abg. Wagner lächelt.)
Ihr Lächeln, Hr. Abg. Wagner, iſt nicht das Lächeln der
Weisheit! (Glocke des Präſidenten.)

Miniſter Dr. Frhr. v. Leonrod:

Es ſteht im Belieben
der Staatsanwaltſchaft, wie ſie die Perſonen vernehmen laſſen
will. Zum Ermittlungsverfahren kann die Staatsanwaltſchaft
alle Behörden verwenden. Die Staatsanwaltſchaft konnte den
Prof. Dr. Lipps in ſeiner Abweſenheit nicht hören. Warum
ſollte übrigens der Kultusminiſter die Ermittlungen nicht
pflegen? Prof. Lipps iſt übrigens auch Beamter und wird
dem ihm vorgeſetzten Miniſter Rede ſtehen. Der Ausſpruch
Dr. Lipps’ wäre in der gebrachten Form beleidigend für den
ganzen Richterſtand. Prof. Lipps muß aber darüber noch
gehört werden. Er hätte nicht ſo ſchnell abreiſen ſollen, er
hätte auch indeſſen eine Erklärung öffentlich abgeben können.

Miniſter Dr. v. Landmann trägt keine Bedenken, das
Ermittelungsverfahren zu übernehmen.

Abg. Dr. Hammerſchmidt:

Dr. Lipps konnte nicht
wiſſen, daß die Sache ſolchen Umfang annehme, ſonſt wäre
er nicht abgereist. Er meinte aber auch nicht eine Beſtechlich-
keit durch Geld. Jedenfalls war der Ausdruck unvorſichtig,
wie die Auffaſſung zeigt. Der Angriff Dr. Heims gegen den
Abgeordneten Wagner iſt nicht gerechtfertigt. Er ſelbſt hat
ja zugeſtanden, daß Anſichten einen Einfluß auf den
Richter üben. Daß wir einen Centrumsangehörigen nicht
[Spaltenumbruch] in Schutz genommen hätten, iſt ein unberechtigter Vor-
wurf der Parteilichkeit gegen uns. Jedenfalls muß jedem
Bürger, auch dem Beamten, ein freies öffentliches Wort
geſtattet ſein. Was das Vorgehen Dr. Dallers bezüglich der
lex Heinze betrifft, ſo handelte es ſich um eine Sache, die die
Kunſt unmittelbar betrifft und bezüglich der eine Petition vor-
liegt. Das Vorgehen Dr Dallers iſt alſo nicht gerechtfertigt.

Abg. Segitz (Soz.):

Dr Lipps hat nichts Anderes ge-
ſagt, als was die Meinung der Richter ſelbſt zum großen
Theil iſt. Die Miniſter ſind ja nicht allzu freiſinnig; es hätte
alſo der Aufregung und der Aneiferung der Miniſter gegen
Dr. Lipps nicht bedurft.

Abg. Dr. Daller (Centr.):

Eine Petition zur lex Heinze
liegt uns nicht vor. Mein Vorgehen im Ausſchuß war alſo
nach der Geſchäftsordnung gerechtfertigt.

Zum Etat der Penſionen und Suftentationen für die
Staatsdiener und Staatsbedienſteten ſind eine Reihe von
Petitionen einſchlägig, die durch Uebergang zur Tagesordnung
erledigt werden. Die Petition des Komitees der nicht-
pragmatiſchen Staatsbeamten
und Staatsbedienſteten
in München um Schaffung einer obligatoriſchen Relikten-
verſorgungskaſſe
wird durch die Erklärung der Staats-
regierung als erledigt erachtet, es müſſe den Petenten über-
laſſen bleiben, die Vorarbeiten zu machen, bevor die Staats-
regierung ſelbſt eingreifen könne. Der Etat wird mit einem
Geſammtumſatz von 17,911,848 M. (1,908,256 M. mehr als
in der XXIV. Finanzperiode) genehmigt.

Schluß der Sitzung 12½ Uhr. Nächſte Sitzung morgen,
vormittags 9 Uhr. Tagesordnung: Abänderung des Polizei-
ſtrafgeſetzbuches, Rückäußerung der Reichsrathskammer zum
Pferdeverſicherungsgeſetz.



Bayeriſche Chronik.

* Hof- und Perſonalnachrichten.

Se. kgl. Hoh.
der Prinz-Regent wohnte geſtern Morgen dem Gottes-
dienſte in der Allerheiligen-Hofkirche an, beſuchte darauf die
Wochenausſtellung des Kunſtvereins und fuhr dann im Wittels-
bacher-Palais vor, um dem Prinzen Karl zu ſeinem Geburts-
feſte zu gratuliren. In Audienz wurden geſtern vom
Regenten empfangen: Dr. Helferich, Generalarzt à l. s.
des Sanitätskorps; Max v. Klenze, Hauptmann a. D.;
Landgerichtsrath Dr. Guggenheimer; Thiermaler Otto
Grashey; die Oberbauräthe Eduard Reuter und Hugo
Höfl; Dr. Dorffmeiſter kgl. Regierungs- und Kreis-
medizinalrath in Regensburg; Wilhelm v. Berchem, Leutnant
im 1 Fuß-Art.-Regt.; Karl v. Berchem, Bezirksamts-
aſſeſſor in Kemnath. Zur Tafel waren geſtern geladen:
Prof. Franz v. Lenbach; Ferdinand v. Miller, Bildhauer
und Erzgießer; Prof. Haus Peterſen, Kunſtmaler; Prof. Gabr.
Seidl, Architekt; Prof. Emanuel Seidl, Architekt; Kunſt-
maler Richard Groß und Maler Franz Schmid-Breitenbach.
Heute Vormittag beglückwünſchte der Regent den Prinzen
Georg zu ſeinem heutigen Geburtstag. Auch die übrigen
Mitglieder des königlichen Hauſes gratulirten den beiden
Prinzen. In die im Wittelsbacher- und Prinz Leopold-Palais
aufliegenden Gratulationsliſten zeichneten ſich die Mitglieder
der Hofgeſellſchaft ein. — Se. kgl. Hoheit der Prinz-Regent
überbrachte geſtern Mittag ſeiner Enkelin, der Prinzeſſin
Mathilde, einen koſtbaren, aus Brillanten und Perlen be-
ſtehenden Halsſchmuck als Hochzeitsgeſchenk. Die Mutter der
Prinzeſſin Ludwig, Erzherzogin Eliſabeth von Oeſterreich, hat
ihrer Enkelin als Hochzeitsgeſchenk einen ſehr werthvollen,
aus Brillanten, Rubinen und Smaragden zuſammengeſetzten
Haarſchmuck überſchickt. — Prinzeſſin Ludwig und ihre
Töchter, Prinzeſſinnen Mathilde und Hildegard, die
Prinzen Rupprecht und Franz, Prinzeſſin Ludwig
Ferdinand
Prinz und Prinzeſſin Alfons und Prinzeſſin
Clara erſchienen geſtern Abend zu der muſikaliſchen Soiree
bei dem Reichsrath Frhrn. v. Cramer-Klett. — Prinz Max
von Baden,
der Verlobte der Prinzeſſin Marie Luiſe von
Cumberland, paſſirte am Samſtag auf der Durchreiſe von
Wien nach Karlsruhe den hieſigen Zentralbahnhof. — Fürſt
Albert von Thurn und Taxis trifft morgen zur Theil-
nahme an der Plenarſitzung der Kammer der Reichsräthe
hier ein. — Wie uns berichtigend mitgetheilt wird, hat ſich
Frl. Lina Schmidt, die Tochter des kgl. Profeſſors und
Baumeiſters Albert Schmidt hier, nicht mit Hrn. Profeſſor
Kunſtmaler Anderſen-Lundby, ſondern mit Hrn. Architekt
Heinrich Anderſen in Nürnberg vermählt. — Geſtorben iſt
in München der Hoſkaſſier im Privatdienſt Sr. kgl. Hoh. des
Prinz-Regenten, Hr. Karl Reicherzer. Er war über 30 Jahre
in ſeiner Stellung thätig.

* Todesfall.

Geſtern verſchied hier Frau Laura
v. Schauß, die Wittwe des ehemaligen Direktors der Süd-
deutſchen Bodenkreditbank und Führers der Liberalen, Friedrich
v. Schauß. Die Verblichene hatte ſich während des Feldzugs
1870/71 hervorragend an der heimiſchen Liebesthätigkeit be-
theiligt; ihr Haus bildete auch nach dem Tode ihres Gatten
den Mittelpunkt eines ſchöngeiſtigen Kreiſes.

* Beerdigung.

Am Samſtag Nachmittag fand im
nördlichen Friedhofe das Begräbniß der verſtorbenen Ober-
hofmeiſterin der Prinzeſſin Leopold, Freifrau Clementine
v. Limpöck,
ſtatt. Den Trauerzug eröffneten Flambeaux
tragende Lakaien. Dem reichbekränzten und mit dem Familien-
wappen der Verſtorbenen geſchmückten Sarge folgten die
Prinzen Leopold, Georg und Konrad, Graf Drechſel,
Graf Seinsheim, Kriegsminiſter Frhr. v. Aſch, die Adju-
tanten Frhr. v. Perfall, Frhr. v. Reitzenſtein, zahlreiche
Beamte u. A. m Freifrau v. Limpöck war 1832 zu Sünching
geboren; mit ihr ſtirbt das bereits im Mannesſtamme er-
loſchene Geſchlecht (Adel ſeit 1636) aus. Der Geiſtliche hob
mit Recht in ſeiner Grabrede ihre ſeltene Treue und Anhäng-
lichkeit an das königliche Haus hervor: Prinzeſſin Leopold
beklagt in der Dahingeſchiedenen den Tod ihrer treueſten und
vertrauteſten Begleiterin. Seit 27 Jahren war Freifrau
v. Limpöck Hofdame der Prinzeſſin, vor zwei Jahren bei der
ſilbernen Hochzeit des prinzlichen Paares wurde ſie mit dem
Titel Excellenz ausgezeichnet. Auch der Kaiſer von Oeſter-
reich wußte der Verblichenen innigen Dank für die ſeiner
Tochter erwieſenen Dienſte. Was ſie aber dem Hauſe des
Prinzen Leopold an Treue leiſtete, das leiſtete ſie der be-
drängten Mitwelt an Wohlthätigkeit. Für Arme hatte ſie
ſtets eine offene Hand. Mit dem Kirchengebete fand die ernſte
Trauerfeier ihren Abſchluß. Am Grabe waren prächtige
Kranzſpenden niedergelegt worden.

Miniſterialrath Ritter v. Ganghofer †.

Ein
ebenſo zahlreiches wie illuſtres Trauergefolge, beſtehend aus

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[0005] Montag, Zweites Blatt Nr. 90 der Allgemeinen Zeitung. 2. April 1900. Der Krieg in Südafrika. * London, 2. April.Tel. Die in Thabanchu garniſonirende, aus Kavallerie, Artillerie und berittener Infanterie beſtehende eng- liſche Truppe mußte vor einer heranrückenden großen Burenſtreitmacht zurückgehen und gerieth in einen Hinterhalt. Das ganze Detachement mit ſechs Geſchützen wurde von den Buren ge- fangen genommen. * London, 2. April.Tel. Aus Bloemfontein wird über die Niederlage bei Buſchmanskop gemeldet: Eine von dem Oberſten Broadwood befehligte, aus Kavallerie, zwei Batterien Artillerie und der unter dem Befehl des Oberſten Pilcher ſtehenden berittenen In- fanterie zuſammengeſetzte Truppe, die in Thaba-Ntſchu garniſonirte, mußte ſich in der letzten Nacht, 30. März, zurückziehen, da eine große Streitmacht ſich näherte. Die Truppe marſchirte nach den Waſſerwerken von Bloemſontein, ſüdlich vom Modder-Fluß, woſelbſt ſie um 4 Uhr früh ein Lager bezog, welches bei Tagesanbruch von rückwärts mit Granaten beſchoſſen wurde. Broadwood ſchickte den Convoi und die Batterien fort, während der Reſt der Truppe als Rückendeckung zurückblieb. Der Zug gelangte in ein tiefes Flußthal, woſelbſt ſich die Buren verſteckt hielten. So gerieth die ganze Abtheilung in einen Hinterhalt und wurde mit Einſchluß von ſechs Geſchützen gefangen ge- nommen. Der Verluſt an Menſchenleben iſt nicht groß, da die meiſten Mannſchaften in den Hinterhalt geriethen, bevor ein Schuß abgegeben war. General Colville’s Diviſion, die heute früh Bloemſontein verlaſſen hatte, traf um 12 Uhr ein und hat das Granatfeuer auf den Feind begonnen. * London, 2. April.Tel. General Smuts griff am 29. März die Engländer bei Mafelkop ſüdlich von Brand- fontein an und hielt ſie ſechs Stunden lang in Schach. Die Buren fochten ſehr gut. Die Verluſte ſind unbekannt. * London, 2. April.Tel. Ein Meldereiter aus Kimberley berichtet, die Buren lagern in der Nähe von dem früheren Lager Cronje’s bei Paardeberg. Herum- ſtreifende Abtheilungen ſuchten von den Gehöften in der Nachbarſchaft die Pferde wegzutreiben, welche als untauglich von den Engländern laufen gelaſſen waren. — Lord Roberts fandte eine Depeſche an Präſident Krüger, in welcher er ihm anläßlich Jouberts Tod ſein Beileid ausdrückt und die ritterliche Haltung wie den perſönlichen Muth des Dahin- geſchiedenen rühmend hervorhebt. * London, 2. April.Tel. Nach einer Depeſche der Abendblätter aus der Kapſtadt ſind die Vorbereitungen zum Vormarſch der Truppen des Feldmarſchalts Lord Roberts ſo weit gefördert, daß der Vormarſch in der nächſten Woche beginnen dürfte. — Einer Depeſche aus Warrenton zufolge wurde dort den ganzen Freitag über gekämpft. * London, 2. April.Tel. Einem Telegramm aus Pretoria zufolge hat Präſident Krüger bei Jouberts Begräbniß angekündigt, daß General Botha der Nach- folger Jouberts als Generalkommandant der Trans- vaal-Armee ſein werde. * London, 2. April.Tel. Präſident Steijn ſoll, wie berichtet wird, ſich nach Ladybrand begeben haben, um die Buren zu erneutem Widerſtande anzuſpornen. Eine Anzahl von Aufrufen und ähnlichen Kundgebungen der Buren ſind im Umlaufe. * Kapſtadt, 2. April.Tel. Ein Armeebefehl er- klärt die Bezeichnung Freiſtaatbahn für erloſchen und erſetzt dieſelbe durch die Bezeichnung Reichsmilitärbahn. (Die Maßregel erſcheint etwas verfrüht. England iſt noch nicht im Beſitze des Oranje-Freiſtaats. Die Red.) * Kapſtadt, 2. April.Tel. Typhus und Maſern, woran die gefangenen Buren auf den Transportſchiffen leiden, zogen ſie ſich in den Verſchanzungen bei Paarde- berg zu. (?) Die Gefangenen erheben keine Klage betr. Nahrung und Waſſer. Sie erhalten dasſelbe Waſſer wie die Bemannung des engliſchen Geſchwaders. Der Admiral und der oberſte Militärarzt beſichtigten die Transportſchiffe und ertheilten den Befehl, daß alle transportfähigen Kranken in ein beſonderes Hoſpital gebracht werden. Es wird Vorſorge getragen, daß keine Ueberfüllung ſtattfindet. (Dieſe Meldung läßt ſehr deutlich zwiſchen den Zeilen leſen, daß bisher faſt keine Fürſorge für die Gefangenen getroffen wurde. — D. Red.) * Kapſtadt, 2. April.Tel. Die Abfahrt der Trans- portſchiffe mit den nach St. Helena beſtimmten ge- fangenen Buren wurde infolge zunehmenden Krankenſtandes verſchoben. Heute ſind drei Buren geſtorben, im ganzen in dieſer Woche 12. Morgen werden weitere 200 Gefangene hier erwartet. Bayeriſcher Landtag. 114. Plenarſitzung der Kammer der Abgeordneten. (Nachdruck verboten.) &#x1F70D; München, 2. April.Am Miniſtertiſch Dr. Frhr. v. Riedel; ſpäter Dr. Frhr. v. Leonrod, Dr. Frhr. v. Feilitzſch und Dr. v. Landmann. Abg. Dr. Heim (Centr.) referirt über die Rechnungs- nachweiſungen zum Etat der Aerarialrente von der kgl. Bank in Nürnberg für die Jahre 1896/97. Den Nachweiſungen wird ohne Debatte die Anerken- nung ertheilt. Zum Etat der Aerarialrente von der kgl. Bank in Nürnberg für die XXV. Finanzperiode führen in der Generaldiskuſſion aus: Abg. Aichbichler (Centr.) wünſcht eine Filiale der kgl. Bank in Ingolſtadt. Abg. Reeb (Centr.) wünſcht eine ſolche in Pirmaſenz. Abg. Conrad (lib.): Es gibt in der Pfalz noch andere und wichtigere Städte als gerade Pirmaſenz. Vor allem wäre Kaiſerslautern zu berückſichtigen. Aber man braucht überhaupt nicht zu ängſtlich vorzugehen; wie die Bayeriſche Notenbank ſollte es auch die kgl. Bank machen und nicht die eine oder die andere, ſondern die eine und die andere be- rückſichtigen. Abg. Gerſtenberger (Centr.) will eine Filiale in Aſchaffenburg. Miniſter Dr. Frhr. v. Riedel: Die Bank wurde ſeinerzeit für die fränkiſchen Kreiſe gegründet. Die Gerichts- depoſiten wurden ihr überwieſen. Es iſt die Abſicht der Regierung, durch allmähliche Verſtärkung der Mittel und durch Ausdehnung der Bank überhaupt den Wirkungskreis der Bank zu erweitern. Wenn es gelingt, die Verſtärkung der Bank, wie geplant, fortzuführen, werden Filialen gegründet werden. Aber zum Filialengründen gehört Geld, wie zum Ausheirathen der Kinder. Es ſoll alſo heute noch nicht von den Städten geſprochen werden, die Filialen bekommen ſollen; das wäre ein Sackrennen. Die Aerarialrente von der kgl. Bank zu Nürnberg iſt für ein Jahr der XXV. Finanzperiode auf 700,000 M. feſt- geſetzt. Der Antrag des Ausſchuſſes, dieſem Etatanſatz und dem Etat ſelbſt die Zuſtimmung zu ertheilen, wird vom Hauſe ohne weitere Debatte angenommen. Ferner beſchließt das Haus, dem Ausſchußantrag gemäß: „Es ſei die Staatsregierung zu erſuchen, in Bälde auf zweck- dienliche Weiſe das Betriebskapital der kgl. Bank zu Nürnberg beträchtlich zu erhöhen und zu dieſem Zweck zunächſt das Einverſtändniß damit zu erklären, daß der kgl. Bank die Aerarialrente für die XXV. Finanzperiode zur Verſtärkung ihrer Betriebsmittel gegen mäßige Verzinſung inſolange belaſſen werde, als die ſonſtigen im Budget zur Verfügung geſtellten Einnahmen zur Beſtreitung der budget- mäßigen Ausgaben zureichen.“ Abg. Burger (Centr.) referirt ſodann über die Rech- nungsnachweiſungen zum Etat der Penſionen, Suſten- tationen und Unterſtützungen für die Staats- diener, Staatsbedienſteten und ihre Hinterbliebenen für die Jahre 1896 und 1897, ſowie über den Etat ſelbſt für die XXV. Finanzperiode. Den Nachweiſungen wird ohne Debatte die Anerkennung ertheilt. Abg. Wagner (lib.) führt, nachdem der Referent den Fall Lipps erwähnt hatte, aus: Es ſei nicht genau kon- ſtatirt, was eigentlich Prof. Lipps im Wortlaut geſagt habe; jedenfalls liege kein Grund vor, den Richterſtand anzugreifen, aber jeder Staatsbürger, auch der Beamte, müſſe das Recht haben, ſeine Meinung öffentlich zu ſagen. Abg. v. Vollmar (Soz.): Profeſſor Lipps hat nichts gethan, außer er hat die Meinung ausgeſprochen, die in ſeinen Kreiſen herrſcht. Es wird der Univerſitätsprofeſſor zwar zu Unrecht als Beamter erklärt; aber auch wenn er Beamter wäre, müßte er ſeine Meinung ſagen dürfen. Es iſt nicht zu rechtfertigen, daß der Fall im Ausſchuß des Landtags zur Sprache kam. Der Ausſchuß iſt das zuſtändige Forum nicht, und das Vorgehen kann den Schein erwecken, als ob man irgendwie gegen Prof. Lipps hetzen wolle. Abg. Geiger (Centr.): Wenn zwei dasſelbe thun, iſt es nicht dasſelbe. Prof. Lipps hat als Autorität geſprochen. Was darüber berichtet wurde, iſt nicht widerlegt, beſteht alſo. Die Ausſprache: „Die Unbeſtechlichkeit der Richter iſt Legende“, iſt unrecht und geht das Land an. Wir haben alſo die Pflicht, darauf zu kommen. Abg. Dr. Caſſelmann (lib.): Die Nürnberger Geſchichte mit dem Evangeliſchen Bund hat bewieſen, wie ſehr vor- ſichtig Zeitungsberichte aufgefaßt werden müſſen. Ich muß deßhalb dagegen proteſtiren, daß der Zeitungsbericht als die Thatſache wiedergebend bezeichnet wird; denn dann wäre der Proteſt dagegen berechtigt. Wo darüber geſprochen hätte werden ſollen, da wurde die Beſprechung verhindert. Aber aufge- ſchoben, iſt nicht aufgehoben. Abg. Dr. Daller (Centr.): Der vom Vorredner beregte Fall konnte ohne den Juſtizminiſter nicht beſprochen werden, denn es handelte ſich um ein Strafgeſetz. Daß ein Profeſſor ſagen konnte, „die Unbeſtechlichkeit der Richter ſei Legende“, mußte beſprochen werden, oder ſie mußte aufgeklärt werden. Lipps, ein Profeſſor, von Norden kommend, iſt ſchuldig, uns zu ſagen, was er eigentlich gemeint hat. Miniſter Dr. Frhr. v. Leonrod: Prof. Dr. Lipps muß erſt gehört werden. Er hat Worte geſprochen, die ich im Ausſchuß ſchon bedauert habe. Jedenfalls muß aber mit Rückſicht auf den Wortlaut Prof. Dr. Lipps ſelbſt gehört werden. Dies ſoll durch den Reſſortminiſter geſchehen. Prof. Lipps iſt aber jetzt noch nicht hier. Er konnte noch nicht gehört werden. Abg. Dr. Heim (Centr.): Dr. Caſſelmann hat ſich über einen Artikel des „Oſſervatore Romano“ ſeinerzeit auf- gehalten. Der päpſtliche Stuhl hätte die Sache klarſtellen ſollen, hat Dr. Caſſelmann damals verlangt. Wir verlangen das Gleiche heute von Prof. Lipps. Zudem hat nicht ein ultramontaner Berichterſtatter dort in der Verſammlung ge- ſeſſen, der tendenziös gefärbt hätte. Die „Augsb. Abdztg.“ hat den Ausdruck gebracht, wie ihn Dr. Geiger citirte, und hat wiederholt die Richtigkeit ihres Berichts verbürgt. Warum hat Dr. Lipps ſich nicht öffentlich erklärt? Warum hat den Dr. Lipps nicht der Staatsanwalt bekommen, ſondern der Kultus- miniſter? Warum dieſer Modus? Entweder iſt der Mann „hinreichend verdächtig“, dann hat der Staatsanwalt einzu- greifen, oder er iſt es nicht, dann hat auch der Kultusminiſter nichts damit zu thun. Ich bekomme davon ein Gefühl einer zwiefachen Rechtſprechung, bezw. Behandlung von ſtrafbaren Dingen. Es bürgert ſich ſo eine gefährliche Klaſſenjuſtiz ein. Beamte ſollen unabhängig ſein in ihrer Meinungsäußerung. Die Praxis beim Miniſterium iſt aber anders. Wenn es ſich um einen Centrumsangehörigen handeln würde, dann wäre Ihre Entrüſtung (nach links) nicht ſo ſtark. Abg. Wagner hätte ſeinen Satz nicht ſo ohne Einſchränkung machen dürfen, wo es ſich um einen von der Anſicht ſeiner Kreiſe beeinflußten Richter handelte. Sonſt müßte ich als Katholik vor einem proteſtantiſchen Richter mich fürchten. (Abg. Wagner lächelt.) Ihr Lächeln, Hr. Abg. Wagner, iſt nicht das Lächeln der Weisheit! (Glocke des Präſidenten.) Miniſter Dr. Frhr. v. Leonrod: Es ſteht im Belieben der Staatsanwaltſchaft, wie ſie die Perſonen vernehmen laſſen will. Zum Ermittlungsverfahren kann die Staatsanwaltſchaft alle Behörden verwenden. Die Staatsanwaltſchaft konnte den Prof. Dr. Lipps in ſeiner Abweſenheit nicht hören. Warum ſollte übrigens der Kultusminiſter die Ermittlungen nicht pflegen? Prof. Lipps iſt übrigens auch Beamter und wird dem ihm vorgeſetzten Miniſter Rede ſtehen. Der Ausſpruch Dr. Lipps’ wäre in der gebrachten Form beleidigend für den ganzen Richterſtand. Prof. Lipps muß aber darüber noch gehört werden. Er hätte nicht ſo ſchnell abreiſen ſollen, er hätte auch indeſſen eine Erklärung öffentlich abgeben können. Miniſter Dr. v. Landmann trägt keine Bedenken, das Ermittelungsverfahren zu übernehmen. Abg. Dr. Hammerſchmidt: Dr. Lipps konnte nicht wiſſen, daß die Sache ſolchen Umfang annehme, ſonſt wäre er nicht abgereist. Er meinte aber auch nicht eine Beſtechlich- keit durch Geld. Jedenfalls war der Ausdruck unvorſichtig, wie die Auffaſſung zeigt. Der Angriff Dr. Heims gegen den Abgeordneten Wagner iſt nicht gerechtfertigt. Er ſelbſt hat ja zugeſtanden, daß Anſichten einen Einfluß auf den Richter üben. Daß wir einen Centrumsangehörigen nicht in Schutz genommen hätten, iſt ein unberechtigter Vor- wurf der Parteilichkeit gegen uns. Jedenfalls muß jedem Bürger, auch dem Beamten, ein freies öffentliches Wort geſtattet ſein. Was das Vorgehen Dr. Dallers bezüglich der lex Heinze betrifft, ſo handelte es ſich um eine Sache, die die Kunſt unmittelbar betrifft und bezüglich der eine Petition vor- liegt. Das Vorgehen Dr Dallers iſt alſo nicht gerechtfertigt. Abg. Segitz (Soz.): Dr Lipps hat nichts Anderes ge- ſagt, als was die Meinung der Richter ſelbſt zum großen Theil iſt. Die Miniſter ſind ja nicht allzu freiſinnig; es hätte alſo der Aufregung und der Aneiferung der Miniſter gegen Dr. Lipps nicht bedurft. Abg. Dr. Daller (Centr.): Eine Petition zur lex Heinze liegt uns nicht vor. Mein Vorgehen im Ausſchuß war alſo nach der Geſchäftsordnung gerechtfertigt. Zum Etat der Penſionen und Suftentationen für die Staatsdiener und Staatsbedienſteten ſind eine Reihe von Petitionen einſchlägig, die durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt werden. Die Petition des Komitees der nicht- pragmatiſchen Staatsbeamten und Staatsbedienſteten in München um Schaffung einer obligatoriſchen Relikten- verſorgungskaſſe wird durch die Erklärung der Staats- regierung als erledigt erachtet, es müſſe den Petenten über- laſſen bleiben, die Vorarbeiten zu machen, bevor die Staats- regierung ſelbſt eingreifen könne. Der Etat wird mit einem Geſammtumſatz von 17,911,848 M. (1,908,256 M. mehr als in der XXIV. Finanzperiode) genehmigt. Schluß der Sitzung 12½ Uhr. Nächſte Sitzung morgen, vormittags 9 Uhr. Tagesordnung: Abänderung des Polizei- ſtrafgeſetzbuches, Rückäußerung der Reichsrathskammer zum Pferdeverſicherungsgeſetz. Bayeriſche Chronik. München, 2. April. * Hof- und Perſonalnachrichten.Se. kgl. Hoh. der Prinz-Regent wohnte geſtern Morgen dem Gottes- dienſte in der Allerheiligen-Hofkirche an, beſuchte darauf die Wochenausſtellung des Kunſtvereins und fuhr dann im Wittels- bacher-Palais vor, um dem Prinzen Karl zu ſeinem Geburts- feſte zu gratuliren. In Audienz wurden geſtern vom Regenten empfangen: Dr. Helferich, Generalarzt à l. s. des Sanitätskorps; Max v. Klenze, Hauptmann a. D.; Landgerichtsrath Dr. Guggenheimer; Thiermaler Otto Grashey; die Oberbauräthe Eduard Reuter und Hugo Höfl; Dr. Dorffmeiſter kgl. Regierungs- und Kreis- medizinalrath in Regensburg; Wilhelm v. Berchem, Leutnant im 1 Fuß-Art.-Regt.; Karl v. Berchem, Bezirksamts- aſſeſſor in Kemnath. Zur Tafel waren geſtern geladen: Prof. Franz v. Lenbach; Ferdinand v. Miller, Bildhauer und Erzgießer; Prof. Haus Peterſen, Kunſtmaler; Prof. Gabr. Seidl, Architekt; Prof. Emanuel Seidl, Architekt; Kunſt- maler Richard Groß und Maler Franz Schmid-Breitenbach. Heute Vormittag beglückwünſchte der Regent den Prinzen Georg zu ſeinem heutigen Geburtstag. Auch die übrigen Mitglieder des königlichen Hauſes gratulirten den beiden Prinzen. In die im Wittelsbacher- und Prinz Leopold-Palais aufliegenden Gratulationsliſten zeichneten ſich die Mitglieder der Hofgeſellſchaft ein. — Se. kgl. Hoheit der Prinz-Regent überbrachte geſtern Mittag ſeiner Enkelin, der Prinzeſſin Mathilde, einen koſtbaren, aus Brillanten und Perlen be- ſtehenden Halsſchmuck als Hochzeitsgeſchenk. Die Mutter der Prinzeſſin Ludwig, Erzherzogin Eliſabeth von Oeſterreich, hat ihrer Enkelin als Hochzeitsgeſchenk einen ſehr werthvollen, aus Brillanten, Rubinen und Smaragden zuſammengeſetzten Haarſchmuck überſchickt. — Prinzeſſin Ludwig und ihre Töchter, Prinzeſſinnen Mathilde und Hildegard, die Prinzen Rupprecht und Franz, Prinzeſſin Ludwig Ferdinand Prinz und Prinzeſſin Alfons und Prinzeſſin Clara erſchienen geſtern Abend zu der muſikaliſchen Soiree bei dem Reichsrath Frhrn. v. Cramer-Klett. — Prinz Max von Baden, der Verlobte der Prinzeſſin Marie Luiſe von Cumberland, paſſirte am Samſtag auf der Durchreiſe von Wien nach Karlsruhe den hieſigen Zentralbahnhof. — Fürſt Albert von Thurn und Taxis trifft morgen zur Theil- nahme an der Plenarſitzung der Kammer der Reichsräthe hier ein. — Wie uns berichtigend mitgetheilt wird, hat ſich Frl. Lina Schmidt, die Tochter des kgl. Profeſſors und Baumeiſters Albert Schmidt hier, nicht mit Hrn. Profeſſor Kunſtmaler Anderſen-Lundby, ſondern mit Hrn. Architekt Heinrich Anderſen in Nürnberg vermählt. — Geſtorben iſt in München der Hoſkaſſier im Privatdienſt Sr. kgl. Hoh. des Prinz-Regenten, Hr. Karl Reicherzer. Er war über 30 Jahre in ſeiner Stellung thätig. * Todesfall.Geſtern verſchied hier Frau Laura v. Schauß, die Wittwe des ehemaligen Direktors der Süd- deutſchen Bodenkreditbank und Führers der Liberalen, Friedrich v. Schauß. Die Verblichene hatte ſich während des Feldzugs 1870/71 hervorragend an der heimiſchen Liebesthätigkeit be- theiligt; ihr Haus bildete auch nach dem Tode ihres Gatten den Mittelpunkt eines ſchöngeiſtigen Kreiſes. * Beerdigung.Am Samſtag Nachmittag fand im nördlichen Friedhofe das Begräbniß der verſtorbenen Ober- hofmeiſterin der Prinzeſſin Leopold, Freifrau Clementine v. Limpöck, ſtatt. Den Trauerzug eröffneten Flambeaux tragende Lakaien. Dem reichbekränzten und mit dem Familien- wappen der Verſtorbenen geſchmückten Sarge folgten die Prinzen Leopold, Georg und Konrad, Graf Drechſel, Graf Seinsheim, Kriegsminiſter Frhr. v. Aſch, die Adju- tanten Frhr. v. Perfall, Frhr. v. Reitzenſtein, zahlreiche Beamte u. A. m Freifrau v. Limpöck war 1832 zu Sünching geboren; mit ihr ſtirbt das bereits im Mannesſtamme er- loſchene Geſchlecht (Adel ſeit 1636) aus. Der Geiſtliche hob mit Recht in ſeiner Grabrede ihre ſeltene Treue und Anhäng- lichkeit an das königliche Haus hervor: Prinzeſſin Leopold beklagt in der Dahingeſchiedenen den Tod ihrer treueſten und vertrauteſten Begleiterin. Seit 27 Jahren war Freifrau v. Limpöck Hofdame der Prinzeſſin, vor zwei Jahren bei der ſilbernen Hochzeit des prinzlichen Paares wurde ſie mit dem Titel Excellenz ausgezeichnet. Auch der Kaiſer von Oeſter- reich wußte der Verblichenen innigen Dank für die ſeiner Tochter erwieſenen Dienſte. Was ſie aber dem Hauſe des Prinzen Leopold an Treue leiſtete, das leiſtete ſie der be- drängten Mitwelt an Wohlthätigkeit. Für Arme hatte ſie ſtets eine offene Hand. Mit dem Kirchengebete fand die ernſte Trauerfeier ihren Abſchluß. Am Grabe waren prächtige Kranzſpenden niedergelegt worden. ∆ Miniſterialrath Ritter v. Ganghofer †.Ein ebenſo zahlreiches wie illuſtres Trauergefolge, beſtehend aus

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2020-10-02T09:49:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 90, 2. April 1900, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine90_1900/5>, abgerufen am 23.11.2024.