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Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849.

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[Spaltenumbruch] striren wollen, man hat ihm seine eigene Ständeversammlung entzogen.
Der Tag der Erhebung Jütlands wird aber kommen.

Der Krieg Dänemarks gegen die Herzogthümer, richtiger Dänemarks
gegen Deutschland, ist eine Absurdität, und muß über kurz oder lang
gebüßt werden. Wie auch der nächste Frieden oder Versuch zum Frieden
ausfallen mag, die moralische Spaltung zwischen den Schleswig-Holstei-
nern und den Inseldänen ist fertig und unheilbar. Es ist möglich daß
die Polen verwandelt werden in Russen, die Elsässer in Franzosen, aber
unmöglich ist's daß die Schleswig-Holsteiner jemals Inseldänen werden.
Zurück zu Jütland. Offenbar ist jedem der die Karte ansieht daß für Jüt-
land wie für Schleswig das größte Bedürfniß ist: eine Längenbahn
durch die Halbinsel, eine Verlängerung der Altona-Kieler Bahn, vorbei
Schleswig und Flensburg bis an den Limsiord. Solche Bahn kann in
nordamerikanischer Weise auf dem Haiderücken der Halbinsel sehr wohl-
feil gebaut werden. Aber Kopenhagen haßt die Verbindung mit dem
deutschen Süden, die Jüten sollen nur nach Kopenhagen blicken. Jütland
setzt seine Producte nach dem Süden ab. Hilft nichts; die Bureaukratie
in Kopenhagen hat die jütische, die schleswig'sche Eisenbahn gehindert so
gut wie ehemals die Erfüllung des gerechten Wunsches: eine eigene Uni-
versität im Königreich Norwegen zu haben. Vielleicht wird es zu spät
seyn wenn man sich in Kopenhagen entschließt den Jütländern eigene
Ständeversammlung und Eisenbahn nach Süden zu gewähren. Wie
Norwegen sich entwickelt hat nach der Emancipation von Dänemark ist
bekannt. Jütland hat noch mehr Fähigkeit seinen Zustand zu verbessern
als Norwegen, aber die unerläßliche Bedingung ist Emancipation von der
Bureaukratie der Inseldänen. Immer doch ist für die Jüten ein Miß-
government in Kopenhagen ein nationales, aber für die Herzogthümer
ist es unerträglich geworden im Detail von Kopenhagen aus regiert zu
werden.



Savoyen.

Nichts gleicht der Bestürzung, dem Un-
willen und der Trauer in unserem Lande. Weil sich die savoyische Legion
von der ganzen sardinischen Armee am besten schlug und ihren alten Ruf
bewährte, so wurde sie schon im vorjährigen lombardischen Feldzug sehr
ausgesetzt und verlor fast zwei Drittheile ihrer Mannschaft. Darüber ent-
stand lautes Murren in dem überhaupt mit dem Krieg unzufriedenen
Land, ja es war darauf und daran keine neue savoyische Legion zu stellen.
Deßhalb wurde in Turin versprochen, in dem jetzigen Feldzug solle die
savoyische Legion entschieden geschont werden. Statt dessen stellte sie der
General Chrzanowski in der Schlacht bei Novara am 23 d. ins Vorder-
treffen, wo sie furchtbar durch die österreichische Artillerie und Cavallerie
litt. Sie können sich denken welcher Jammer darüber überall herrscht;
fast jede Familie des schon vorher gering bevölkerten Gebirgslandes zählt
einen Todten oder Verwundeten. Sie werden bereits von Mailand aus
genaue Nachrichten über diese merkwürdige, dem österreichischen Heer
ehrenvolle Schlacht erhalten haben. Wir wissen nur daß die piemonte-
sische Armee bedeutend stärker war als die österreichische, daß sie sich jedoch
schlecht hielt, unsere Legion im Stich ließ und daß viele sich sogar über
das Gebirg nach Wallis flüchteten. Die französische Alpenarmee steht ruhig
und hat ihre bisherigen Standquartiere nicht verändert.


Meine früher in diesen Blättern aus-
gesprochene Vermuthung ist eingetroffen: durch eine gegen Oesterreich ver-
lorene Schlacht hat Karl Albert sein Land vor der Republik und seine
Dynastie vor dem Verlust des Throns bewahrt. Er hat das freilich bei
seiner Zerknirschung und Beschämung nicht für sich benutzen wollen, son-
dern hat noch vor dem Frieden zu Biella seinem ältesten Sohn, dem Her-
zog Victor Emanuel, die Krone abgetreten. Er ließ sich durch die rühren-
den Bitten seiner Söhne nicht von diesem Entschluß abbringen. Gleich
nach seiner officiellen Erklärung verließ er, nur von zwei Bedienten be-
gleitet, seinen ehemaligen Staat, niemand weiß noch wo er jetzt ist, man
vermuthet in der Schweiz. In der Schlacht hat er mehrmals geäußert
und auch durch die That gezeigt daß er den Tod suche und ihn willkommen
heißen werde, mehrere Pferde wurden ihm unter dem Leib erschossen, eben-
so einige Officiere und ein General ganz in seiner Nähe; ein anderer Ge-
neral riß ihn mit aller Gewalt von einer sehr gefährlichen Stelle weg.
Auch der junge Herzog von Genua zeigte große Tapferkeit und Todes-
verachtung. Der neue König Victor Emanuel, dessen erste Proclamation
ans Volk bereits hier erschienen ist, und den wir alle Tage erwarten, hat
ein ganz conservatives Ministerium ernannt. So ist Sardinien, dem der
Sinn nach Eroberung und Besitz einer mächtigen norditälienischen Königs-
krone mit Mailand und Venedig stand, nach kurzem Erfolg und nach un-
geheuern Opfern und Ausgaben in seine natürliche Stellung als Alpen-
hüter und Macht zweiten Rangs zwischen Frankreich und Oesterreich zu-
[Spaltenumbruch] rückgetreten. Der eben in fünf Tagen beendigte Feldzug steht einzig in
der Kriegsgeschichte da, ein neuer Ruhm für die österreichischen Waffen,
dem bald die Wiedereinnahme Venedigs folgen dürfte.


Reisende die heute von Turin hier an-
kamen, wissen nicht genug von der Aufregung und Verwirrung zu sagen
die jetzt dort herrschend seyn soll. Auf der einen Seite Huldigung dem
König Victor Emanuel und seiner Gemahlin von den Truppen und dem
Volk, dagegen starke republicanische Gelüste in den Kammern, stürmi-
sche Sitzungen in denen heftig von Nichtanerkennung der Kronentsagung
Karl Alberts, des Waffenstillstands und des neuen conservativen Mini-
steriums unter Delaunay's Vorsitz die Rede ist; jedoch wagt die Partei bei
der bekannten Stimmung der Armee nicht ernstlich auf Wiederaufnahme
des Kriegs zu dringen. Die Leute in Turin sind nicht selten welche wissen
Radetzky möchte so bald als möglich einrücken und der drohenden Republik
ein Ende machen. Andere wünschen daß dieß von der piemontesischen Armee
geschehe mit sofortiger Auflösung der Kammern. Es ist unmöglich zu
bestimmen was aus diesem Treiben und Gegentreiben hervorgehen wird;
gewiß nicht die Republik.



Schweiz.

Es ist in schweizerischen und deutschen Blättern
zu viel Bedeutung gelegt worden auf die revolutionären und demokrati-
schen Umtriebe und Verschwörungen, die hier unter Anführung C. Hein-
zens gegen Ruhe, Frieden, gesellschaftliche Ordnung und Fürstenleben in
Deutschland in Arbeit seyn sollen. Darüber mag wohl mit Worten und
Phrasen viel verkehrt werden, wiewohl sich nichts näheres oder gar be-
stimmtes darüber anführen läßt. Wie wäre es auch anders möglich als
daß die in bedeutender Anzahl vorhandenen Ausländer, die deutschen, pol-
nischen und italienischen politischen Ausgewanderten oder Verwiesenen
sich vielfach hoffend, wünschend, Plane machend über die Umgestaltung in
ihren Ländern besprächen? Sie werden aber schwerlich zum Handeln kom-
men. Daß es anders bei ihnen werden müsse, darüber sind wohl alle ein-
verstanden; sie mögen auch in Paris und in ihren Ländern mit Gleichge-
sinnten Verbindungen und Correspondenzen unterhalten. Bestimmte Plane
und Verabredungen zu Revolutionen, Insurrectionen, zu Fürsten- und
Königsmord liegen aber schwerlich vor. Die Hoffnungen dieser Mißver-
gnügten auf Piemonts Kriegserfolge in Italien, auf die magyarische In-
surrection und die zwischen Oesterreich und Preußen drohenden Feindselig-
keiten sind in diesen Tagen durch Carl Alberts gänzliche Niederlage und
ähnliches in Deutschland sehr niedergeschlagen worden. Das eifrige Be-
mühen solchen Umtrieben in Beziehung auf sein Vaterland und seinen
König hier auf die Spur zu kommen, hat so eben die Ausweisung des
Hauptmanns v. R., Gouverneurs des Prinzen Alexander von Preußen, zur
unangenehmen Folge gehabt, eine Irrung die jedoch bald von Bern aus
beigelegt werden dürfte, zumal es nicht in der Art hiesiger Regierung liegt
ausgezeichneten -- Geld und Wohlthaten aller Art spendenden Fremden
den Aufenthalt in Genf unangenehm zu machen. Die oft wiederholte
Nachricht von jenen, besonders in diesem Augenblick der Schweiz gefähr-
lichen Umtrieben hat das unverbürgte Gerücht veranlaßt, die Bundes-
behörde werde nächstens einige Bataillone Bundestruppen in Genf ein-
rücken lassen.



Neuestes.

* Nach Briefen aus Berlin vom 3 April war die Frank-
furter Kaiserdeputation am 2 Abends gegen 6 Uhr in der preußi-
schen Hauptstadt angekommen mit einem Extrazug der Eisenbahn.
Stürmische Hoch der Volksmassen empfingen sie auf dem Potsda-
mer Bahnhof. Hr. Simson, der Präsident der Nationalversamm-
lung, dann der Vicepräsident der ersten preußischen Kammer und
der Vicepräsident der zweiten dortigen Kammer, v. Auerswald,
wechselten Reden, dann wurden die Deputirten in 17 Gallawagen
nach den drei für sie bestimmten Hotels geführt, umbraust von
dem Jubel des Volkes. Der König wollte sie am 3 April um 11
Uhr im Rittersaal des königl. Schlosses empfangen. Die Garde-
cuirassiere waren als Ehrenwache dazu befehligt. Man wollte
wissen daß Sachsen und Hannover bedingt zustimmende Erklärun-
gen eingesandt hätten. Von Vayern ging dasselbe, wohl falsche
Gerücht. Den Deputirten eine Serenade zu bringen, ihre Wohn-
häuser mit Fahnen zu zieren, soll das Ministerium erlaubt, Wrangel
verboten haben.

[Spaltenumbruch] ſtriren wollen, man hat ihm ſeine eigene Ständeverſammlung entzogen.
Der Tag der Erhebung Jütlands wird aber kommen.

Der Krieg Dänemarks gegen die Herzogthümer, richtiger Dänemarks
gegen Deutſchland, iſt eine Abſurdität, und muß über kurz oder lang
gebüßt werden. Wie auch der nächſte Frieden oder Verſuch zum Frieden
ausfallen mag, die moraliſche Spaltung zwiſchen den Schleswig-Holſtei-
nern und den Inſeldänen iſt fertig und unheilbar. Es iſt möglich daß
die Polen verwandelt werden in Ruſſen, die Elſäſſer in Franzoſen, aber
unmöglich iſt’s daß die Schleswig-Holſteiner jemals Inſeldänen werden.
Zurück zu Jütland. Offenbar iſt jedem der die Karte anſieht daß für Jüt-
land wie für Schleswig das größte Bedürfniß iſt: eine Längenbahn
durch die Halbinſel, eine Verlängerung der Altona-Kieler Bahn, vorbei
Schleswig und Flensburg bis an den Limſiord. Solche Bahn kann in
nordamerikaniſcher Weiſe auf dem Haiderücken der Halbinſel ſehr wohl-
feil gebaut werden. Aber Kopenhagen haßt die Verbindung mit dem
deutſchen Süden, die Jüten ſollen nur nach Kopenhagen blicken. Jütland
ſetzt ſeine Producte nach dem Süden ab. Hilft nichts; die Bureaukratie
in Kopenhagen hat die jütiſche, die ſchleswig’ſche Eiſenbahn gehindert ſo
gut wie ehemals die Erfüllung des gerechten Wunſches: eine eigene Uni-
verſität im Königreich Norwegen zu haben. Vielleicht wird es zu ſpät
ſeyn wenn man ſich in Kopenhagen entſchließt den Jütländern eigene
Ständeverſammlung und Eiſenbahn nach Süden zu gewähren. Wie
Norwegen ſich entwickelt hat nach der Emancipation von Dänemark iſt
bekannt. Jütland hat noch mehr Fähigkeit ſeinen Zuſtand zu verbeſſern
als Norwegen, aber die unerläßliche Bedingung iſt Emancipation von der
Bureaukratie der Inſeldänen. Immer doch iſt für die Jüten ein Miß-
government in Kopenhagen ein nationales, aber für die Herzogthümer
iſt es unerträglich geworden im Detail von Kopenhagen aus regiert zu
werden.



Savoyen.

Nichts gleicht der Beſtürzung, dem Un-
willen und der Trauer in unſerem Lande. Weil ſich die ſavoyiſche Legion
von der ganzen ſardiniſchen Armee am beſten ſchlug und ihren alten Ruf
bewährte, ſo wurde ſie ſchon im vorjährigen lombardiſchen Feldzug ſehr
ausgeſetzt und verlor faſt zwei Drittheile ihrer Mannſchaft. Darüber ent-
ſtand lautes Murren in dem überhaupt mit dem Krieg unzufriedenen
Land, ja es war darauf und daran keine neue ſavoyiſche Legion zu ſtellen.
Deßhalb wurde in Turin verſprochen, in dem jetzigen Feldzug ſolle die
ſavoyiſche Legion entſchieden geſchont werden. Statt deſſen ſtellte ſie der
General Chrzanowski in der Schlacht bei Novara am 23 d. ins Vorder-
treffen, wo ſie furchtbar durch die öſterreichiſche Artillerie und Cavallerie
litt. Sie können ſich denken welcher Jammer darüber überall herrſcht;
faſt jede Familie des ſchon vorher gering bevölkerten Gebirgslandes zählt
einen Todten oder Verwundeten. Sie werden bereits von Mailand aus
genaue Nachrichten über dieſe merkwürdige, dem öſterreichiſchen Heer
ehrenvolle Schlacht erhalten haben. Wir wiſſen nur daß die piemonte-
ſiſche Armee bedeutend ſtärker war als die öſterreichiſche, daß ſie ſich jedoch
ſchlecht hielt, unſere Legion im Stich ließ und daß viele ſich ſogar über
das Gebirg nach Wallis flüchteten. Die franzöſiſche Alpenarmee ſteht ruhig
und hat ihre bisherigen Standquartiere nicht verändert.


Meine früher in dieſen Blättern aus-
geſprochene Vermuthung iſt eingetroffen: durch eine gegen Oeſterreich ver-
lorene Schlacht hat Karl Albert ſein Land vor der Republik und ſeine
Dynaſtie vor dem Verluſt des Throns bewahrt. Er hat das freilich bei
ſeiner Zerknirſchung und Beſchämung nicht für ſich benutzen wollen, ſon-
dern hat noch vor dem Frieden zu Biella ſeinem älteſten Sohn, dem Her-
zog Victor Emanuel, die Krone abgetreten. Er ließ ſich durch die rühren-
den Bitten ſeiner Söhne nicht von dieſem Entſchluß abbringen. Gleich
nach ſeiner officiellen Erklärung verließ er, nur von zwei Bedienten be-
gleitet, ſeinen ehemaligen Staat, niemand weiß noch wo er jetzt iſt, man
vermuthet in der Schweiz. In der Schlacht hat er mehrmals geäußert
und auch durch die That gezeigt daß er den Tod ſuche und ihn willkommen
heißen werde, mehrere Pferde wurden ihm unter dem Leib erſchoſſen, eben-
ſo einige Officiere und ein General ganz in ſeiner Nähe; ein anderer Ge-
neral riß ihn mit aller Gewalt von einer ſehr gefährlichen Stelle weg.
Auch der junge Herzog von Genua zeigte große Tapferkeit und Todes-
verachtung. Der neue König Victor Emanuel, deſſen erſte Proclamation
ans Volk bereits hier erſchienen iſt, und den wir alle Tage erwarten, hat
ein ganz conſervatives Miniſterium ernannt. So iſt Sardinien, dem der
Sinn nach Eroberung und Beſitz einer mächtigen norditälieniſchen Königs-
krone mit Mailand und Venedig ſtand, nach kurzem Erfolg und nach un-
geheuern Opfern und Ausgaben in ſeine natürliche Stellung als Alpen-
hüter und Macht zweiten Rangs zwiſchen Frankreich und Oeſterreich zu-
[Spaltenumbruch] rückgetreten. Der eben in fünf Tagen beendigte Feldzug ſteht einzig in
der Kriegsgeſchichte da, ein neuer Ruhm für die öſterreichiſchen Waffen,
dem bald die Wiedereinnahme Venedigs folgen dürfte.


Reiſende die heute von Turin hier an-
kamen, wiſſen nicht genug von der Aufregung und Verwirrung zu ſagen
die jetzt dort herrſchend ſeyn ſoll. Auf der einen Seite Huldigung dem
König Victor Emanuel und ſeiner Gemahlin von den Truppen und dem
Volk, dagegen ſtarke republicaniſche Gelüſte in den Kammern, ſtürmi-
ſche Sitzungen in denen heftig von Nichtanerkennung der Kronentſagung
Karl Alberts, des Waffenſtillſtands und des neuen conſervativen Mini-
ſteriums unter Delaunay’s Vorſitz die Rede iſt; jedoch wagt die Partei bei
der bekannten Stimmung der Armee nicht ernſtlich auf Wiederaufnahme
des Kriegs zu dringen. Die Leute in Turin ſind nicht ſelten welche wiſſen
Radetzky möchte ſo bald als möglich einrücken und der drohenden Republik
ein Ende machen. Andere wünſchen daß dieß von der piemonteſiſchen Armee
geſchehe mit ſofortiger Auflöſung der Kammern. Es iſt unmöglich zu
beſtimmen was aus dieſem Treiben und Gegentreiben hervorgehen wird;
gewiß nicht die Republik.



Schweiz.

Es iſt in ſchweizeriſchen und deutſchen Blättern
zu viel Bedeutung gelegt worden auf die revolutionären und demokrati-
ſchen Umtriebe und Verſchwörungen, die hier unter Anführung C. Hein-
zens gegen Ruhe, Frieden, geſellſchaftliche Ordnung und Fürſtenleben in
Deutſchland in Arbeit ſeyn ſollen. Darüber mag wohl mit Worten und
Phraſen viel verkehrt werden, wiewohl ſich nichts näheres oder gar be-
ſtimmtes darüber anführen läßt. Wie wäre es auch anders möglich als
daß die in bedeutender Anzahl vorhandenen Ausländer, die deutſchen, pol-
niſchen und italieniſchen politiſchen Ausgewanderten oder Verwieſenen
ſich vielfach hoffend, wünſchend, Plane machend über die Umgeſtaltung in
ihren Ländern beſprächen? Sie werden aber ſchwerlich zum Handeln kom-
men. Daß es anders bei ihnen werden müſſe, darüber ſind wohl alle ein-
verſtanden; ſie mögen auch in Paris und in ihren Ländern mit Gleichge-
ſinnten Verbindungen und Correſpondenzen unterhalten. Beſtimmte Plane
und Verabredungen zu Revolutionen, Inſurrectionen, zu Fürſten- und
Königsmord liegen aber ſchwerlich vor. Die Hoffnungen dieſer Mißver-
gnügten auf Piemonts Kriegserfolge in Italien, auf die magyariſche In-
ſurrection und die zwiſchen Oeſterreich und Preußen drohenden Feindſelig-
keiten ſind in dieſen Tagen durch Carl Alberts gänzliche Niederlage und
ähnliches in Deutſchland ſehr niedergeſchlagen worden. Das eifrige Be-
mühen ſolchen Umtrieben in Beziehung auf ſein Vaterland und ſeinen
König hier auf die Spur zu kommen, hat ſo eben die Ausweiſung des
Hauptmanns v. R., Gouverneurs des Prinzen Alexander von Preußen, zur
unangenehmen Folge gehabt, eine Irrung die jedoch bald von Bern aus
beigelegt werden dürfte, zumal es nicht in der Art hieſiger Regierung liegt
ausgezeichneten — Geld und Wohlthaten aller Art ſpendenden Fremden
den Aufenthalt in Genf unangenehm zu machen. Die oft wiederholte
Nachricht von jenen, beſonders in dieſem Augenblick der Schweiz gefähr-
lichen Umtrieben hat das unverbürgte Gerücht veranlaßt, die Bundes-
behörde werde nächſtens einige Bataillone Bundestruppen in Genf ein-
rücken laſſen.



Neueſtes.

* Nach Briefen aus Berlin vom 3 April war die Frank-
furter Kaiſerdeputation am 2 Abends gegen 6 Uhr in der preußi-
ſchen Hauptſtadt angekommen mit einem Extrazug der Eiſenbahn.
Stürmiſche Hoch der Volksmaſſen empfingen ſie auf dem Potsda-
mer Bahnhof. Hr. Simſon, der Präſident der Nationalverſamm-
lung, dann der Vicepräſident der erſten preußiſchen Kammer und
der Vicepräſident der zweiten dortigen Kammer, v. Auerswald,
wechſelten Reden, dann wurden die Deputirten in 17 Gallawagen
nach den drei für ſie beſtimmten Hotels geführt, umbraust von
dem Jubel des Volkes. Der König wollte ſie am 3 April um 11
Uhr im Ritterſaal des königl. Schloſſes empfangen. Die Garde-
cuiraſſiere waren als Ehrenwache dazu befehligt. Man wollte
wiſſen daß Sachſen und Hannover bedingt zuſtimmende Erklärun-
gen eingeſandt hätten. Von Vayern ging dasſelbe, wohl falſche
Gerücht. Den Deputirten eine Serenade zu bringen, ihre Wohn-
häuſer mit Fahnen zu zieren, ſoll das Miniſterium erlaubt, Wrangel
verboten haben.

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[1477/0013] ſtriren wollen, man hat ihm ſeine eigene Ständeverſammlung entzogen. Der Tag der Erhebung Jütlands wird aber kommen. Der Krieg Dänemarks gegen die Herzogthümer, richtiger Dänemarks gegen Deutſchland, iſt eine Abſurdität, und muß über kurz oder lang gebüßt werden. Wie auch der nächſte Frieden oder Verſuch zum Frieden ausfallen mag, die moraliſche Spaltung zwiſchen den Schleswig-Holſtei- nern und den Inſeldänen iſt fertig und unheilbar. Es iſt möglich daß die Polen verwandelt werden in Ruſſen, die Elſäſſer in Franzoſen, aber unmöglich iſt’s daß die Schleswig-Holſteiner jemals Inſeldänen werden. Zurück zu Jütland. Offenbar iſt jedem der die Karte anſieht daß für Jüt- land wie für Schleswig das größte Bedürfniß iſt: eine Längenbahn durch die Halbinſel, eine Verlängerung der Altona-Kieler Bahn, vorbei Schleswig und Flensburg bis an den Limſiord. Solche Bahn kann in nordamerikaniſcher Weiſe auf dem Haiderücken der Halbinſel ſehr wohl- feil gebaut werden. Aber Kopenhagen haßt die Verbindung mit dem deutſchen Süden, die Jüten ſollen nur nach Kopenhagen blicken. Jütland ſetzt ſeine Producte nach dem Süden ab. Hilft nichts; die Bureaukratie in Kopenhagen hat die jütiſche, die ſchleswig’ſche Eiſenbahn gehindert ſo gut wie ehemals die Erfüllung des gerechten Wunſches: eine eigene Uni- verſität im Königreich Norwegen zu haben. Vielleicht wird es zu ſpät ſeyn wenn man ſich in Kopenhagen entſchließt den Jütländern eigene Ständeverſammlung und Eiſenbahn nach Süden zu gewähren. Wie Norwegen ſich entwickelt hat nach der Emancipation von Dänemark iſt bekannt. Jütland hat noch mehr Fähigkeit ſeinen Zuſtand zu verbeſſern als Norwegen, aber die unerläßliche Bedingung iſt Emancipation von der Bureaukratie der Inſeldänen. Immer doch iſt für die Jüten ein Miß- government in Kopenhagen ein nationales, aber für die Herzogthümer iſt es unerträglich geworden im Detail von Kopenhagen aus regiert zu werden. Savoyen. * Chambery, 27 März. Nichts gleicht der Beſtürzung, dem Un- willen und der Trauer in unſerem Lande. Weil ſich die ſavoyiſche Legion von der ganzen ſardiniſchen Armee am beſten ſchlug und ihren alten Ruf bewährte, ſo wurde ſie ſchon im vorjährigen lombardiſchen Feldzug ſehr ausgeſetzt und verlor faſt zwei Drittheile ihrer Mannſchaft. Darüber ent- ſtand lautes Murren in dem überhaupt mit dem Krieg unzufriedenen Land, ja es war darauf und daran keine neue ſavoyiſche Legion zu ſtellen. Deßhalb wurde in Turin verſprochen, in dem jetzigen Feldzug ſolle die ſavoyiſche Legion entſchieden geſchont werden. Statt deſſen ſtellte ſie der General Chrzanowski in der Schlacht bei Novara am 23 d. ins Vorder- treffen, wo ſie furchtbar durch die öſterreichiſche Artillerie und Cavallerie litt. Sie können ſich denken welcher Jammer darüber überall herrſcht; faſt jede Familie des ſchon vorher gering bevölkerten Gebirgslandes zählt einen Todten oder Verwundeten. Sie werden bereits von Mailand aus genaue Nachrichten über dieſe merkwürdige, dem öſterreichiſchen Heer ehrenvolle Schlacht erhalten haben. Wir wiſſen nur daß die piemonte- ſiſche Armee bedeutend ſtärker war als die öſterreichiſche, daß ſie ſich jedoch ſchlecht hielt, unſere Legion im Stich ließ und daß viele ſich ſogar über das Gebirg nach Wallis flüchteten. Die franzöſiſche Alpenarmee ſteht ruhig und hat ihre bisherigen Standquartiere nicht verändert. * Chambery, 29 März. Meine früher in dieſen Blättern aus- geſprochene Vermuthung iſt eingetroffen: durch eine gegen Oeſterreich ver- lorene Schlacht hat Karl Albert ſein Land vor der Republik und ſeine Dynaſtie vor dem Verluſt des Throns bewahrt. Er hat das freilich bei ſeiner Zerknirſchung und Beſchämung nicht für ſich benutzen wollen, ſon- dern hat noch vor dem Frieden zu Biella ſeinem älteſten Sohn, dem Her- zog Victor Emanuel, die Krone abgetreten. Er ließ ſich durch die rühren- den Bitten ſeiner Söhne nicht von dieſem Entſchluß abbringen. Gleich nach ſeiner officiellen Erklärung verließ er, nur von zwei Bedienten be- gleitet, ſeinen ehemaligen Staat, niemand weiß noch wo er jetzt iſt, man vermuthet in der Schweiz. In der Schlacht hat er mehrmals geäußert und auch durch die That gezeigt daß er den Tod ſuche und ihn willkommen heißen werde, mehrere Pferde wurden ihm unter dem Leib erſchoſſen, eben- ſo einige Officiere und ein General ganz in ſeiner Nähe; ein anderer Ge- neral riß ihn mit aller Gewalt von einer ſehr gefährlichen Stelle weg. Auch der junge Herzog von Genua zeigte große Tapferkeit und Todes- verachtung. Der neue König Victor Emanuel, deſſen erſte Proclamation ans Volk bereits hier erſchienen iſt, und den wir alle Tage erwarten, hat ein ganz conſervatives Miniſterium ernannt. So iſt Sardinien, dem der Sinn nach Eroberung und Beſitz einer mächtigen norditälieniſchen Königs- krone mit Mailand und Venedig ſtand, nach kurzem Erfolg und nach un- geheuern Opfern und Ausgaben in ſeine natürliche Stellung als Alpen- hüter und Macht zweiten Rangs zwiſchen Frankreich und Oeſterreich zu- rückgetreten. Der eben in fünf Tagen beendigte Feldzug ſteht einzig in der Kriegsgeſchichte da, ein neuer Ruhm für die öſterreichiſchen Waffen, dem bald die Wiedereinnahme Venedigs folgen dürfte. * Chambery, 30 März. Reiſende die heute von Turin hier an- kamen, wiſſen nicht genug von der Aufregung und Verwirrung zu ſagen die jetzt dort herrſchend ſeyn ſoll. Auf der einen Seite Huldigung dem König Victor Emanuel und ſeiner Gemahlin von den Truppen und dem Volk, dagegen ſtarke republicaniſche Gelüſte in den Kammern, ſtürmi- ſche Sitzungen in denen heftig von Nichtanerkennung der Kronentſagung Karl Alberts, des Waffenſtillſtands und des neuen conſervativen Mini- ſteriums unter Delaunay’s Vorſitz die Rede iſt; jedoch wagt die Partei bei der bekannten Stimmung der Armee nicht ernſtlich auf Wiederaufnahme des Kriegs zu dringen. Die Leute in Turin ſind nicht ſelten welche wiſſen Radetzky möchte ſo bald als möglich einrücken und der drohenden Republik ein Ende machen. Andere wünſchen daß dieß von der piemonteſiſchen Armee geſchehe mit ſofortiger Auflöſung der Kammern. Es iſt unmöglich zu beſtimmen was aus dieſem Treiben und Gegentreiben hervorgehen wird; gewiß nicht die Republik. Schweiz. ┼ Genf, 30 März. Es iſt in ſchweizeriſchen und deutſchen Blättern zu viel Bedeutung gelegt worden auf die revolutionären und demokrati- ſchen Umtriebe und Verſchwörungen, die hier unter Anführung C. Hein- zens gegen Ruhe, Frieden, geſellſchaftliche Ordnung und Fürſtenleben in Deutſchland in Arbeit ſeyn ſollen. Darüber mag wohl mit Worten und Phraſen viel verkehrt werden, wiewohl ſich nichts näheres oder gar be- ſtimmtes darüber anführen läßt. Wie wäre es auch anders möglich als daß die in bedeutender Anzahl vorhandenen Ausländer, die deutſchen, pol- niſchen und italieniſchen politiſchen Ausgewanderten oder Verwieſenen ſich vielfach hoffend, wünſchend, Plane machend über die Umgeſtaltung in ihren Ländern beſprächen? Sie werden aber ſchwerlich zum Handeln kom- men. Daß es anders bei ihnen werden müſſe, darüber ſind wohl alle ein- verſtanden; ſie mögen auch in Paris und in ihren Ländern mit Gleichge- ſinnten Verbindungen und Correſpondenzen unterhalten. Beſtimmte Plane und Verabredungen zu Revolutionen, Inſurrectionen, zu Fürſten- und Königsmord liegen aber ſchwerlich vor. Die Hoffnungen dieſer Mißver- gnügten auf Piemonts Kriegserfolge in Italien, auf die magyariſche In- ſurrection und die zwiſchen Oeſterreich und Preußen drohenden Feindſelig- keiten ſind in dieſen Tagen durch Carl Alberts gänzliche Niederlage und ähnliches in Deutſchland ſehr niedergeſchlagen worden. Das eifrige Be- mühen ſolchen Umtrieben in Beziehung auf ſein Vaterland und ſeinen König hier auf die Spur zu kommen, hat ſo eben die Ausweiſung des Hauptmanns v. R., Gouverneurs des Prinzen Alexander von Preußen, zur unangenehmen Folge gehabt, eine Irrung die jedoch bald von Bern aus beigelegt werden dürfte, zumal es nicht in der Art hieſiger Regierung liegt ausgezeichneten — Geld und Wohlthaten aller Art ſpendenden Fremden den Aufenthalt in Genf unangenehm zu machen. Die oft wiederholte Nachricht von jenen, beſonders in dieſem Augenblick der Schweiz gefähr- lichen Umtrieben hat das unverbürgte Gerücht veranlaßt, die Bundes- behörde werde nächſtens einige Bataillone Bundestruppen in Genf ein- rücken laſſen. Neueſtes. * Nach Briefen aus Berlin vom 3 April war die Frank- furter Kaiſerdeputation am 2 Abends gegen 6 Uhr in der preußi- ſchen Hauptſtadt angekommen mit einem Extrazug der Eiſenbahn. Stürmiſche Hoch der Volksmaſſen empfingen ſie auf dem Potsda- mer Bahnhof. Hr. Simſon, der Präſident der Nationalverſamm- lung, dann der Vicepräſident der erſten preußiſchen Kammer und der Vicepräſident der zweiten dortigen Kammer, v. Auerswald, wechſelten Reden, dann wurden die Deputirten in 17 Gallawagen nach den drei für ſie beſtimmten Hotels geführt, umbraust von dem Jubel des Volkes. Der König wollte ſie am 3 April um 11 Uhr im Ritterſaal des königl. Schloſſes empfangen. Die Garde- cuiraſſiere waren als Ehrenwache dazu befehligt. Man wollte wiſſen daß Sachſen und Hannover bedingt zuſtimmende Erklärun- gen eingeſandt hätten. Von Vayern ging dasſelbe, wohl falſche Gerücht. Den Deputirten eine Serenade zu bringen, ihre Wohn- häuſer mit Fahnen zu zieren, ſoll das Miniſterium erlaubt, Wrangel verboten haben.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849, S. 1477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine96_1849/13>, abgerufen am 21.11.2024.