Allgemeine Zeitung, Nr. 96, 6. April 1849.[Spaltenumbruch]
Generale Puchner, Gedeon, Pfersmann und Schurtier mußten sich in die Der Lloyd bestätigt die Nachricht daß sämmtliche Länderchefs an- L Wien, 3 April. Gestern find sämmtliche hier anwesende Minister Die slavischen Centralblätter geben im Auszug einige Paragraphen Oesterreichische Monarchie. Agram, 23 März. Es circulirten durch deutsche wie österreichische Spanien. Unser * Correspondent schreibt d. d. Madrid 26 März, daß man Großbritannien. Nicht Sir George Napier, sondern Hr. Henry George Ward, der- [Spaltenumbruch]
Generale Puchner, Gedeon, Pfersmann und Schurtier mußten ſich in die Der Lloyd beſtätigt die Nachricht daß ſämmtliche Länderchefs an- L Wien, 3 April. Geſtern find ſämmtliche hier anweſende Miniſter Die ſlaviſchen Centralblätter geben im Auszug einige Paragraphen Oeſterreichiſche Monarchie. Agram, 23 März. Es circulirten durch deutſche wie öſterreichiſche Spanien. Unſer • Correſpondent ſchreibt d. d. Madrid 26 März, daß man Großbritannien. Nicht Sir George Napier, ſondern Hr. Henry George Ward, der- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jComment" n="4"> <p><pb facs="#f0006" n="1470"/><cb/> Generale Puchner, Gedeon, Pfersmann und Schurtier mußten ſich in die<lb/> Walachei zurückziehen; Kronſtadt, der letzte Ort wo noch die kaiſerliche<lb/> Fahne wehte, wurde von Bem beſetzt, ja dieſer drohte ſelbſt in die Wala-<lb/> chei einzufallen und nach Buchareſt zu kommen, um auch von dort ſeine<lb/> Todfeinde, die Ruſſen, zu vertreiben, wobei er wohl auf die Romanen<lb/> (Walachen), vielleicht ſelbſt auf die Hülfe der gegen die ruſſiſche Occupa-<lb/> tion erbitterten Türken rechnete. So verſichern uns heute im weſentlichen<lb/> übereinſtimmende Briefe aus Wien vom 2 April und aus Galacz vom 22<lb/> März. Wir müſſen — gedrängt von der Enge des Raums — das nähere<lb/> auf morgen verſchieben. Zum Beweis aber daß auch in den Wiener Blät-<lb/> tern der Stand der Dinge nicht mehr verborgen wird, mag folgender Ar-<lb/> tikel der neueſten <hi rendition="#g">Preſſe</hi> dienen: „So eben erhalten wir aus zuverläſſiger<lb/> Quelle die verzweiflungsvolle Nachricht daß alle Berichte vom Einrücken<lb/> der Ruſſen, von Vernichtung Bems und ſeiner Horden erfunden waren.<lb/> Puchner, 15 Stunden zu ſpät vor dem brennenden Hermannſtadt anlan-<lb/> gend, wendete ſich ſogleich mit ſeinem Corps nach Kronſtadt, der letzten<lb/> noch von den Rebellen unbeſetzten ſächſiſchen Stadt. Abgeſchnitten von<lb/> den großen Munitionsvorräthen in Hermannſtadt, körperlich krank und er-<lb/> ſchöpft, geiſtig niedergebeugt durch die erſchütternde Hülfsloſigkeit ſeiner<lb/> Lage, hat Puchner das Commando niedergelegt und ſich in die Walachei<lb/> begeben. Die Feldmarſchalllieutenante Pfersmann und Gedeon und Ge-<lb/> neralmajor Schurtter hatten ſich in die Walachei zurückgezogen, bei der<lb/> Truppe ſelbſt war nur Generalmajor Kalliani. Die Ruſſen in Kronſtadt<lb/> hatten nur Munition auf einen Tag, und erklärten dieſe gegen den Feind<lb/> verſchießen, dann aber ſich in die Walachei zurückziehen zu wollen. Ihre<lb/> Bagagen waren bereits dahin abgegangen. Bem hatte alſo ſchon faſt das<lb/> ganze Land im Beſitz, und ſchickte ſich eben an Kronſtadt zu beſetzen, den<lb/> letzten Ort wo die kaiſerliche Fahne weht! Wir müſſen gefaßt ſeyn auch<lb/> über dieſe reiche und blühende Stadt, von faſt 30,000 Einwohnern, dieſel-<lb/> ben Gräuel vandaliſcher Nachbarn wiederholt zu ſehen welche wir bei Her-<lb/> mannſtadt beweinen! Und ſeit vier Monaten war das vorauszuſehen!“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Lloyd</hi> beſtätigt die Nachricht daß ſämmtliche Länderchefs an-<lb/> gewieſen find die im Zuge befindlichen Wahlen zur deutſchen Nationalver-<lb/> ſammlung einzuſtellen, und die in jüngſter Zeit gewählten Abgeordneten<lb/> welche noch nicht abgereist ſind, aufzufordern die Reiſe nach Frankfurt<lb/> nicht anzutreten. Als nächſte Conſequenz dürfe man für gewiß annehmen<lb/> daß die zu Frankfurt befindlichen Abgeordneten von der Regierung abberu-<lb/> fen werden. Zugleich lege der Erzherzog-Reichsverweſer ſeine Würde<lb/> nieder, und ſomit <hi rendition="#g">ziehe Oeſterreich ſich von Frankfurt zurück,<lb/> nicht von Deutſchland</hi>. Die Nationalverſammlung habe, alle poli-<lb/> tiſche Macht für ſich allein in Anſpruch nehmend, nicht allein die Fürſten,<lb/> ſondern auch die Staaten unberückſichtigt gelaſſen. Es ſeyen aber Zeichen<lb/> vorhanden welche darauf ſchließen laſſen daß die Verſammlung einen<lb/> Fehlſchuß gethan. Wenn die größeren deutſchen Regierungen Oeſterreichs<lb/> Beiſpiel folgten, ſo dürfte es den einzelnen Staaten gelingen durch eine<lb/> allgemeine Einigung, welche Autorität mit ſich führen würde und Macht<lb/> entwickeln könnte, das Band zu knüpfen welches Deutſchland einheitlich<lb/> umſchließen ſoll. Die <hi rendition="#g">Oft deutſche Poſt</hi> fragt: „Ein Deutſchland ohne<lb/> die Berge, ein Deutſchland ohne die Donau, iſt dieß auch wirklich Deutſch-<lb/> land? Können wahre deutſche Patrioten eine ſo forcirte Wahl, eine<lb/> Majorität von 45 Stimmen, gegenüber der ſchweigenden Proteſtation von<lb/> 248 Deputirten, Deutſchlands würdig finden? Können ſie darin wirk-<lb/> lich eine Bürgſchaft für die Ordnung und die Wohlfahrt deutſcher Zu-<lb/> kunft ſehen, wenn die eine Hälfte Deutſchlands der unerwarteten uner-<lb/> wünſchten Wahl den Rücken kehrt? Wenn Fürſten und Völker, deren<lb/> Stammesſympathien, deren hiſtoriſche Traditionen, deren materielle In-<lb/> tereſſen ſogar einem preußiſchen Erbkaiſer entgegen ſind, zu nichtdeutſchen<lb/> Allianzen gewiſſermaßen hingedrängt werden?“ Die <hi rendition="#g">Preſſe</hi> urtheilt:<lb/> „Intriguen auf der einen Seite, Leidenſchaften auf der andern, die Beſorg-<lb/> niß vor einer nahen Auflöſung der Verſammlung, hervorgerufen durch die<lb/> unvorſichtigen Aeußerungen von Staatsmännern welche eine von außen<lb/> herbeigeführte Sprengung des Parlaments und eine durch die Fürſten zu<lb/> verleihende Verfaſſung in Ausſicht ſtellten, trieben zur Entſcheidung. Jetzt<lb/> galt es zum wenigſten die Ehre zu retten, um den deutſchen Namen nicht<lb/> für alle Zeiten gebrandmarkt zu ſehen. Man muß das Verfaſſungswerk<lb/> um jeden Preis zu Ende bringen. Das Verhalten der Cabinette hatte<lb/> leider zu gegründetem Mißtrauen Anlaß gegeben. Oeſterreichs Erklä-<lb/> rung, ſo vorſichtig ſie auch abgefaßt war, und obgleich ſie das Einlenken<lb/> zu einer Politik welche den Wünſchen der deutſchen Völker entſprach, mög-<lb/> lich machte, mußte doch viele die durch eine offene und unzweideutige<lb/> Sprache gewonnen werden konnten, in ihrem Vertrauen zu einer Regie-<lb/> rung erſchüttern welche die Vertretung durch ein Volkshaus verweigern<lb/> zu wollen ſchien. Welches aber auch das Schickſal dieſes Beſchluſſes der<lb/> deutſchen Nationalverſammlung ſeyn möge, für die Politik Oeſterreichs iſt<lb/> der Weg ſo beſtimmt und unabweichlich vorgezeichnet daß jeder neue Fehl-<lb/><cb/> tritt ernſte Complicationen berbeiführen kann.... Die große Bewegung<lb/> der Geiſter, welche im März ganz Deutſchland ergriffen hatte, macht es<lb/> den Cabinetten zur Pflicht den Wünſchen der Völker Deutſchlands Rech-<lb/> nung zu tragen. Daß aber dieſe den alten Bundesſtaat ſich nicht mehr<lb/> aufdringen laſſen werden, darüber kann man kaum im Zweifel ſeyn.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#aq">L</hi><hi rendition="#b">Wien</hi>, 3 April.</dateline><lb/> <p>Geſtern find ſämmtliche hier anweſende Miniſter<lb/> zu einer Conferenz nach Olmütz beſchieden worden, an welcher auch der<lb/> Fürſt Windiſch Grätz und unſer Civil- und Militärgouverneur Welden<lb/> theilnehmen ſollen. Feldzeugmeiſter Welden, welcher eben von Comorn<lb/> hieher zurückgekehrt iſt, hat ſich auch ſogleich nach Olmütz begeben. Fürſt<lb/> Windiſch-Grätz hingegen war dem Vernehmen nach durch Unwohlſeyn<lb/> verhindert Ofen zu verlaſſen. Görgey ſoll mit ſeinem Corps noch bei Lo-<lb/> ſonz ſtehen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p>Die ſlaviſchen Centralblätter geben im Auszug einige Paragraphen<lb/> der böhmiſchen Landesverfaſſung. Danach bliebe Prag die Hauptſtadt des<lb/> Königreichs. Tſchechen und Deutſche find „gleichberechtigt.“ Dieß äu-<lb/> ßert ſich rechtlich hauptſächlich darin daß der „Statthalter“ des Königreichs<lb/> wie jeder neu anzuſtellende Beamte in den Bezirken gemiſchter Bevolke-<lb/> rung beider Sprachen mächtig ſeyn muß. Die Autonomie der Provinz iſt<lb/> allerdings in enge Gränzen gewieſen, und der Landtag der mit dem Kaiſer<lb/> und König die geſetzgebende Gewalt theilt iſt eigentlich nur in ökonomi-<lb/> ſchen Angelegenheiten der Provinz competent. Zuſammengeſetzt wird er<lb/> aus 240 Deputirten, wovon 60 von den Höchſtbeſteuerten der Wahlbe-<lb/> zirke (wahrſcheinlich nach Analogie des Modus zur öſterreichiſchen erſten<lb/> Kammer), 80 von den Städten und Ortſchaften, 100 von der übrigen<lb/> Bevölkerung gewählt werden.</p> </div> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreichiſche Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Agram,</hi> 23 März.</dateline><lb/> <p>Es circulirten durch deutſche wie öſterreichiſche<lb/> Blätter vielfach Gerüchte als ſey Ban Jellachich bei den Croaten unpopu-<lb/> lär geworden, weil er bei den öſterreichiſchen Miniſtern den nationalen<lb/> Beſtrebungen ſeiner Landsleute keine Conceſſionen bewirkt hätte. Was auch<lb/> daran geweſen ſeyn mag, ſo zeugen nenere Vorgänge von dem Gegentheil.<lb/> Am 20 März feierte man, und nicht bloß in Agram, ſondern ſelbſt in den<lb/> kleinſten Marktflecken, den Jahrestag an welchem Jellachich als Ban vom<lb/> Kaiſer beſtätigt worden. Ueberall im Lande Illumination, Muſik, Böller-<lb/> knallen, Jubel und Zivios.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Spanien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Unſer • Correſpondent ſchreibt <hi rendition="#aq">d. d.</hi> <hi rendition="#b">Madrid</hi> 26 März, daß man<lb/> auf dieſen Tag, als den Jahrestag des vorjährigen blutigen Aufſtands, den<lb/> Ausbruch neuer Unruhen fürchtete, und daß die Regierung deßhalb Vor-<lb/> kehrungsmaßregeln ergriffen hatte; indeß halte er dieſe Beſorgniſſe für<lb/> grundlos. Dieſe Anſicht war die richtige; denn die Madrider Journale,<lb/> welche vom 27 und 28 vor uns liegen, liefern den Beweis daß der gefürch-<lb/> tete Tag ganz ruhig vorübergegangen war. Unſer Correſpondent berich-<lb/> tet ferner: „Der Congreß (die Deputirtenkammer) hat die Bank-Bill erle-<lb/> digt. Die Verhandlung darüber war lang und ſehr lebhaſt; aber, wie ge-<lb/> wöhnlich, widerſetzte ſich die Regierung mit Erfolg jedem Berſuch an dem<lb/> von ihr eingebrachten Geſetzvorſchlag etwas weſentliches zu ändern. Die<lb/> Bank wird auf 200 Millionen Realen Capital beſchränkt bleiben, bloß<lb/> für 100 Millionen Scheine ausgeben, zu deren Discontirung ſie 33 Mil-<lb/> lionen in baarer Münze oder in Barren aufbewahrt; ſie wird auf öffent-<lb/> liche Effecten, ja auf ihre eigenen Actien kein Geld ausleihen, hingegen<lb/> Verträge mit der Regierung ſchließen, Depoſiten und laufende Rechnun-<lb/> gen halten, Wechſelbriefe, Zahlungsanweiſungen (<hi rendition="#aq">pagarés</hi>) ꝛc. discontiren<lb/> können. Fortan alſo wird die Bank gegen Riſikos geſicherter daſtehen,<lb/> aber auch weniger Gewinn machen. Böſe Zungen behaupten: man habe<lb/> der Bank die Ermächtigung auf Staatspapiere und ihre Actien Geld zu<lb/> leihen darum entzogen, um dieſen Gewinn der Geldariſtokratie, den großen<lb/> Capitaliſten zuzuwenden; und in der That, bei der Lage worin ſich Ma-<lb/> drid befindet, iſt in dieſer Art von Geldgeſchäft das meiſte zu profitiren.<lb/> Im Senat glaubt man werde dieſer Geſetzvorſchlag hitzige Angriffe erlei-<lb/> den; aber ich glaube daß die Regierung auch da triumphiren wird.“ Der<lb/> Miniſter der Gnade und Juſtiz hatte dem Senat einen Geſetzvorſchlag zu<lb/> einer umfaſſenden Reorganiſation des ganzen Klerus, vorbehaltlich der Zu-<lb/> ſtimmung des Papſtes, vorgelegt. Die Deputirtenkammer hatte die Dis-<lb/> cuſſion der Bill über die außerordentliche Staaatsanleihe von 100 Millio-<lb/> nen R. begonnen. — Der Kaiſer von Oeſterreich hat der Königin Iſabelle<lb/> den Maria Thereſia-Orden überſandt.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Nicht Sir George Napier, ſondern Hr. Henry George <hi rendition="#g">Ward</hi>, der-<lb/> malen Admiralitätsſecretär und Parlamentsglied für Sheffield, iſt zum<lb/> Lord. Obercommiſſär der joniſchen Inſeln beſtimmt, und Hr. <hi rendition="#g">Tufnell</hi>,<lb/> einer von den Secretarien des Schatzamtes und P. M. für Devonport,<lb/> wird Hrn. Ward in der Admiralität nachfolgen. Um den Sitz für Shef-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1470/0006]
Generale Puchner, Gedeon, Pfersmann und Schurtier mußten ſich in die
Walachei zurückziehen; Kronſtadt, der letzte Ort wo noch die kaiſerliche
Fahne wehte, wurde von Bem beſetzt, ja dieſer drohte ſelbſt in die Wala-
chei einzufallen und nach Buchareſt zu kommen, um auch von dort ſeine
Todfeinde, die Ruſſen, zu vertreiben, wobei er wohl auf die Romanen
(Walachen), vielleicht ſelbſt auf die Hülfe der gegen die ruſſiſche Occupa-
tion erbitterten Türken rechnete. So verſichern uns heute im weſentlichen
übereinſtimmende Briefe aus Wien vom 2 April und aus Galacz vom 22
März. Wir müſſen — gedrängt von der Enge des Raums — das nähere
auf morgen verſchieben. Zum Beweis aber daß auch in den Wiener Blät-
tern der Stand der Dinge nicht mehr verborgen wird, mag folgender Ar-
tikel der neueſten Preſſe dienen: „So eben erhalten wir aus zuverläſſiger
Quelle die verzweiflungsvolle Nachricht daß alle Berichte vom Einrücken
der Ruſſen, von Vernichtung Bems und ſeiner Horden erfunden waren.
Puchner, 15 Stunden zu ſpät vor dem brennenden Hermannſtadt anlan-
gend, wendete ſich ſogleich mit ſeinem Corps nach Kronſtadt, der letzten
noch von den Rebellen unbeſetzten ſächſiſchen Stadt. Abgeſchnitten von
den großen Munitionsvorräthen in Hermannſtadt, körperlich krank und er-
ſchöpft, geiſtig niedergebeugt durch die erſchütternde Hülfsloſigkeit ſeiner
Lage, hat Puchner das Commando niedergelegt und ſich in die Walachei
begeben. Die Feldmarſchalllieutenante Pfersmann und Gedeon und Ge-
neralmajor Schurtter hatten ſich in die Walachei zurückgezogen, bei der
Truppe ſelbſt war nur Generalmajor Kalliani. Die Ruſſen in Kronſtadt
hatten nur Munition auf einen Tag, und erklärten dieſe gegen den Feind
verſchießen, dann aber ſich in die Walachei zurückziehen zu wollen. Ihre
Bagagen waren bereits dahin abgegangen. Bem hatte alſo ſchon faſt das
ganze Land im Beſitz, und ſchickte ſich eben an Kronſtadt zu beſetzen, den
letzten Ort wo die kaiſerliche Fahne weht! Wir müſſen gefaßt ſeyn auch
über dieſe reiche und blühende Stadt, von faſt 30,000 Einwohnern, dieſel-
ben Gräuel vandaliſcher Nachbarn wiederholt zu ſehen welche wir bei Her-
mannſtadt beweinen! Und ſeit vier Monaten war das vorauszuſehen!“
Der Lloyd beſtätigt die Nachricht daß ſämmtliche Länderchefs an-
gewieſen find die im Zuge befindlichen Wahlen zur deutſchen Nationalver-
ſammlung einzuſtellen, und die in jüngſter Zeit gewählten Abgeordneten
welche noch nicht abgereist ſind, aufzufordern die Reiſe nach Frankfurt
nicht anzutreten. Als nächſte Conſequenz dürfe man für gewiß annehmen
daß die zu Frankfurt befindlichen Abgeordneten von der Regierung abberu-
fen werden. Zugleich lege der Erzherzog-Reichsverweſer ſeine Würde
nieder, und ſomit ziehe Oeſterreich ſich von Frankfurt zurück,
nicht von Deutſchland. Die Nationalverſammlung habe, alle poli-
tiſche Macht für ſich allein in Anſpruch nehmend, nicht allein die Fürſten,
ſondern auch die Staaten unberückſichtigt gelaſſen. Es ſeyen aber Zeichen
vorhanden welche darauf ſchließen laſſen daß die Verſammlung einen
Fehlſchuß gethan. Wenn die größeren deutſchen Regierungen Oeſterreichs
Beiſpiel folgten, ſo dürfte es den einzelnen Staaten gelingen durch eine
allgemeine Einigung, welche Autorität mit ſich führen würde und Macht
entwickeln könnte, das Band zu knüpfen welches Deutſchland einheitlich
umſchließen ſoll. Die Oft deutſche Poſt fragt: „Ein Deutſchland ohne
die Berge, ein Deutſchland ohne die Donau, iſt dieß auch wirklich Deutſch-
land? Können wahre deutſche Patrioten eine ſo forcirte Wahl, eine
Majorität von 45 Stimmen, gegenüber der ſchweigenden Proteſtation von
248 Deputirten, Deutſchlands würdig finden? Können ſie darin wirk-
lich eine Bürgſchaft für die Ordnung und die Wohlfahrt deutſcher Zu-
kunft ſehen, wenn die eine Hälfte Deutſchlands der unerwarteten uner-
wünſchten Wahl den Rücken kehrt? Wenn Fürſten und Völker, deren
Stammesſympathien, deren hiſtoriſche Traditionen, deren materielle In-
tereſſen ſogar einem preußiſchen Erbkaiſer entgegen ſind, zu nichtdeutſchen
Allianzen gewiſſermaßen hingedrängt werden?“ Die Preſſe urtheilt:
„Intriguen auf der einen Seite, Leidenſchaften auf der andern, die Beſorg-
niß vor einer nahen Auflöſung der Verſammlung, hervorgerufen durch die
unvorſichtigen Aeußerungen von Staatsmännern welche eine von außen
herbeigeführte Sprengung des Parlaments und eine durch die Fürſten zu
verleihende Verfaſſung in Ausſicht ſtellten, trieben zur Entſcheidung. Jetzt
galt es zum wenigſten die Ehre zu retten, um den deutſchen Namen nicht
für alle Zeiten gebrandmarkt zu ſehen. Man muß das Verfaſſungswerk
um jeden Preis zu Ende bringen. Das Verhalten der Cabinette hatte
leider zu gegründetem Mißtrauen Anlaß gegeben. Oeſterreichs Erklä-
rung, ſo vorſichtig ſie auch abgefaßt war, und obgleich ſie das Einlenken
zu einer Politik welche den Wünſchen der deutſchen Völker entſprach, mög-
lich machte, mußte doch viele die durch eine offene und unzweideutige
Sprache gewonnen werden konnten, in ihrem Vertrauen zu einer Regie-
rung erſchüttern welche die Vertretung durch ein Volkshaus verweigern
zu wollen ſchien. Welches aber auch das Schickſal dieſes Beſchluſſes der
deutſchen Nationalverſammlung ſeyn möge, für die Politik Oeſterreichs iſt
der Weg ſo beſtimmt und unabweichlich vorgezeichnet daß jeder neue Fehl-
tritt ernſte Complicationen berbeiführen kann.... Die große Bewegung
der Geiſter, welche im März ganz Deutſchland ergriffen hatte, macht es
den Cabinetten zur Pflicht den Wünſchen der Völker Deutſchlands Rech-
nung zu tragen. Daß aber dieſe den alten Bundesſtaat ſich nicht mehr
aufdringen laſſen werden, darüber kann man kaum im Zweifel ſeyn.“
L Wien, 3 April.
Geſtern find ſämmtliche hier anweſende Miniſter
zu einer Conferenz nach Olmütz beſchieden worden, an welcher auch der
Fürſt Windiſch Grätz und unſer Civil- und Militärgouverneur Welden
theilnehmen ſollen. Feldzeugmeiſter Welden, welcher eben von Comorn
hieher zurückgekehrt iſt, hat ſich auch ſogleich nach Olmütz begeben. Fürſt
Windiſch-Grätz hingegen war dem Vernehmen nach durch Unwohlſeyn
verhindert Ofen zu verlaſſen. Görgey ſoll mit ſeinem Corps noch bei Lo-
ſonz ſtehen.
Die ſlaviſchen Centralblätter geben im Auszug einige Paragraphen
der böhmiſchen Landesverfaſſung. Danach bliebe Prag die Hauptſtadt des
Königreichs. Tſchechen und Deutſche find „gleichberechtigt.“ Dieß äu-
ßert ſich rechtlich hauptſächlich darin daß der „Statthalter“ des Königreichs
wie jeder neu anzuſtellende Beamte in den Bezirken gemiſchter Bevolke-
rung beider Sprachen mächtig ſeyn muß. Die Autonomie der Provinz iſt
allerdings in enge Gränzen gewieſen, und der Landtag der mit dem Kaiſer
und König die geſetzgebende Gewalt theilt iſt eigentlich nur in ökonomi-
ſchen Angelegenheiten der Provinz competent. Zuſammengeſetzt wird er
aus 240 Deputirten, wovon 60 von den Höchſtbeſteuerten der Wahlbe-
zirke (wahrſcheinlich nach Analogie des Modus zur öſterreichiſchen erſten
Kammer), 80 von den Städten und Ortſchaften, 100 von der übrigen
Bevölkerung gewählt werden.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Agram, 23 März.
Es circulirten durch deutſche wie öſterreichiſche
Blätter vielfach Gerüchte als ſey Ban Jellachich bei den Croaten unpopu-
lär geworden, weil er bei den öſterreichiſchen Miniſtern den nationalen
Beſtrebungen ſeiner Landsleute keine Conceſſionen bewirkt hätte. Was auch
daran geweſen ſeyn mag, ſo zeugen nenere Vorgänge von dem Gegentheil.
Am 20 März feierte man, und nicht bloß in Agram, ſondern ſelbſt in den
kleinſten Marktflecken, den Jahrestag an welchem Jellachich als Ban vom
Kaiſer beſtätigt worden. Ueberall im Lande Illumination, Muſik, Böller-
knallen, Jubel und Zivios.
Spanien.
Unſer • Correſpondent ſchreibt d. d. Madrid 26 März, daß man
auf dieſen Tag, als den Jahrestag des vorjährigen blutigen Aufſtands, den
Ausbruch neuer Unruhen fürchtete, und daß die Regierung deßhalb Vor-
kehrungsmaßregeln ergriffen hatte; indeß halte er dieſe Beſorgniſſe für
grundlos. Dieſe Anſicht war die richtige; denn die Madrider Journale,
welche vom 27 und 28 vor uns liegen, liefern den Beweis daß der gefürch-
tete Tag ganz ruhig vorübergegangen war. Unſer Correſpondent berich-
tet ferner: „Der Congreß (die Deputirtenkammer) hat die Bank-Bill erle-
digt. Die Verhandlung darüber war lang und ſehr lebhaſt; aber, wie ge-
wöhnlich, widerſetzte ſich die Regierung mit Erfolg jedem Berſuch an dem
von ihr eingebrachten Geſetzvorſchlag etwas weſentliches zu ändern. Die
Bank wird auf 200 Millionen Realen Capital beſchränkt bleiben, bloß
für 100 Millionen Scheine ausgeben, zu deren Discontirung ſie 33 Mil-
lionen in baarer Münze oder in Barren aufbewahrt; ſie wird auf öffent-
liche Effecten, ja auf ihre eigenen Actien kein Geld ausleihen, hingegen
Verträge mit der Regierung ſchließen, Depoſiten und laufende Rechnun-
gen halten, Wechſelbriefe, Zahlungsanweiſungen (pagarés) ꝛc. discontiren
können. Fortan alſo wird die Bank gegen Riſikos geſicherter daſtehen,
aber auch weniger Gewinn machen. Böſe Zungen behaupten: man habe
der Bank die Ermächtigung auf Staatspapiere und ihre Actien Geld zu
leihen darum entzogen, um dieſen Gewinn der Geldariſtokratie, den großen
Capitaliſten zuzuwenden; und in der That, bei der Lage worin ſich Ma-
drid befindet, iſt in dieſer Art von Geldgeſchäft das meiſte zu profitiren.
Im Senat glaubt man werde dieſer Geſetzvorſchlag hitzige Angriffe erlei-
den; aber ich glaube daß die Regierung auch da triumphiren wird.“ Der
Miniſter der Gnade und Juſtiz hatte dem Senat einen Geſetzvorſchlag zu
einer umfaſſenden Reorganiſation des ganzen Klerus, vorbehaltlich der Zu-
ſtimmung des Papſtes, vorgelegt. Die Deputirtenkammer hatte die Dis-
cuſſion der Bill über die außerordentliche Staaatsanleihe von 100 Millio-
nen R. begonnen. — Der Kaiſer von Oeſterreich hat der Königin Iſabelle
den Maria Thereſia-Orden überſandt.
Großbritannien.
Nicht Sir George Napier, ſondern Hr. Henry George Ward, der-
malen Admiralitätsſecretär und Parlamentsglied für Sheffield, iſt zum
Lord. Obercommiſſär der joniſchen Inſeln beſtimmt, und Hr. Tufnell,
einer von den Secretarien des Schatzamtes und P. M. für Devonport,
wird Hrn. Ward in der Admiralität nachfolgen. Um den Sitz für Shef-
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(2022-09-09T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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