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[N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852.

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daß das Alles an sich nur Nebenfragen sind, daß es überall
nur auf den guten Gebrauch ankomme, welcher von den
Rechten, von der Macht, von den gesetzlichen Formen ge-
macht wird, und daß dieser gute Gebrauch sich durch for-
melle Bestimmungen gar nicht erzwingen läßt.

Und auch jetzt, nachdem die Nothwendigkeit uns klar
geworden ist, den äußersten Gefahren mit vereinter
Kraft
entgegen zu treten, können wir es trotz aller Be-
rathungen und Vereinbarungen zu keiner Einigkeit bringen,
vielmehr bleiben wir überall in den formellen Vorfragen
stecken, oder wenn wir diese Schwierigkeiten einmal über-
wunden glauben, so taucht bei jedem Schritte, in welchem
es sich um die Anwendung der vereinbarten Sätze auf einen
bestimmten Fall handelt, sogleich der alte Zwiespalt wieder
auf. Wenn das so fortgeht, so kann das Schicksal, welches
uns durch die Anarchie bereitet werden wird, nicht zweifel-
haft sein.

Unter diesen Umständen liegt wohl der Gedanke nahe
genug, daß unsere Unfähigkeit, uns zu einem ernstlichen
und ausreichenden Widerstande gegen die Anarchie zu ver-
einigen, einen tiefer liegenden Grund haben müsse, dessen
Erkenntniß uns nützlich werden kann. Diesen tiefer liegenden
Grund aufzufinden, ist wahrlich jetzt nicht mehr schwer, seit-
dem die letzten Jahre ein so grelles Licht auf unsere Zu-
stände geworfen haben. Wer das Ziel betrachtet, auf welches
uns die offenen und die verkappten Freunde der Anarchie
mit aller Gewalt hindrängen, der wird keinen Augenblick
darüber in Zweifel sein können, daß die Erreichung dieses
Zieles gleichbedeutend sein würde mit der Vernichtung aller
staatlichen Ordnung und mit der Auflösung aller sittlichen

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daß das Alles an ſich nur Nebenfragen ſind, daß es überall
nur auf den guten Gebrauch ankomme, welcher von den
Rechten, von der Macht, von den geſetzlichen Formen ge-
macht wird, und daß dieſer gute Gebrauch ſich durch for-
melle Beſtimmungen gar nicht erzwingen läßt.

Und auch jetzt, nachdem die Nothwendigkeit uns klar
geworden iſt, den äußerſten Gefahren mit vereinter
Kraft
entgegen zu treten, können wir es trotz aller Be-
rathungen und Vereinbarungen zu keiner Einigkeit bringen,
vielmehr bleiben wir überall in den formellen Vorfragen
ſtecken, oder wenn wir dieſe Schwierigkeiten einmal über-
wunden glauben, ſo taucht bei jedem Schritte, in welchem
es ſich um die Anwendung der vereinbarten Sätze auf einen
beſtimmten Fall handelt, ſogleich der alte Zwieſpalt wieder
auf. Wenn das ſo fortgeht, ſo kann das Schickſal, welches
uns durch die Anarchie bereitet werden wird, nicht zweifel-
haft ſein.

Unter dieſen Umſtänden liegt wohl der Gedanke nahe
genug, daß unſere Unfähigkeit, uns zu einem ernſtlichen
und ausreichenden Widerſtande gegen die Anarchie zu ver-
einigen, einen tiefer liegenden Grund haben müſſe, deſſen
Erkenntniß uns nützlich werden kann. Dieſen tiefer liegenden
Grund aufzufinden, iſt wahrlich jetzt nicht mehr ſchwer, ſeit-
dem die letzten Jahre ein ſo grelles Licht auf unſere Zu-
ſtände geworfen haben. Wer das Ziel betrachtet, auf welches
uns die offenen und die verkappten Freunde der Anarchie
mit aller Gewalt hindrängen, der wird keinen Augenblick
darüber in Zweifel ſein können, daß die Erreichung dieſes
Zieles gleichbedeutend ſein würde mit der Vernichtung aller
ſtaatlichen Ordnung und mit der Auflöſung aller ſittlichen

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[3/0009] daß das Alles an ſich nur Nebenfragen ſind, daß es überall nur auf den guten Gebrauch ankomme, welcher von den Rechten, von der Macht, von den geſetzlichen Formen ge- macht wird, und daß dieſer gute Gebrauch ſich durch for- melle Beſtimmungen gar nicht erzwingen läßt. Und auch jetzt, nachdem die Nothwendigkeit uns klar geworden iſt, den äußerſten Gefahren mit vereinter Kraft entgegen zu treten, können wir es trotz aller Be- rathungen und Vereinbarungen zu keiner Einigkeit bringen, vielmehr bleiben wir überall in den formellen Vorfragen ſtecken, oder wenn wir dieſe Schwierigkeiten einmal über- wunden glauben, ſo taucht bei jedem Schritte, in welchem es ſich um die Anwendung der vereinbarten Sätze auf einen beſtimmten Fall handelt, ſogleich der alte Zwieſpalt wieder auf. Wenn das ſo fortgeht, ſo kann das Schickſal, welches uns durch die Anarchie bereitet werden wird, nicht zweifel- haft ſein. Unter dieſen Umſtänden liegt wohl der Gedanke nahe genug, daß unſere Unfähigkeit, uns zu einem ernſtlichen und ausreichenden Widerſtande gegen die Anarchie zu ver- einigen, einen tiefer liegenden Grund haben müſſe, deſſen Erkenntniß uns nützlich werden kann. Dieſen tiefer liegenden Grund aufzufinden, iſt wahrlich jetzt nicht mehr ſchwer, ſeit- dem die letzten Jahre ein ſo grelles Licht auf unſere Zu- ſtände geworfen haben. Wer das Ziel betrachtet, auf welches uns die offenen und die verkappten Freunde der Anarchie mit aller Gewalt hindrängen, der wird keinen Augenblick darüber in Zweifel ſein können, daß die Erreichung dieſes Zieles gleichbedeutend ſein würde mit der Vernichtung aller ſtaatlichen Ordnung und mit der Auflöſung aller ſittlichen 1*

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Zitationshilfe: [N. N.]: Unsere moderne Bildung im Bunde mit der Anarchie. Stuttgart, 1852, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_anarchie_1852/9>, abgerufen am 23.11.2024.