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Der Arbeitgeber. Nr. 671. Frankfurt a. M., 11. März 1870.

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[Spaltenumbruch] Unserer Ansicht nach bedarf dies keiner Widerlegung. Auch die Klippe,
materielles Eigenthum ist ewig Eigenthum, geistiges soll es nur auf
gewisse Zeit sein, existirt für uns nicht, wie wir dies schon öfter in
d. Bl. auseinandergesetzt. So lange nämlich der Schriftsteller sein
Werk im Manuskript hat, ist es sein Eigenthum und bleibt ihm
ewig; allein als solches nützt es ihm nichts, er muß es verkaufen
und zwar an das Publikum verkaufen, dieses thut er, und der Preis,
den ihm das Publikum bezahlt, ist die Zeit, während welcher es sein
Werk vor Nachdruck schützt; ist diese Zeit abgelaufen, dann ist der
bedungene Kaufpreis bis auf die letzte Minute, den letzten Pfennig
bezahlt, und das Publikum wird nun Eigenthümer des Werkes auf
ewige Zeiten, gerade wie bei materiellem Eigenthum. Das Publikum
ist indeß ein gar vielköpfiges Geschöpf, und es geht nicht an, daß der
Schriftsteller in jedem einzelnen Fall mit ihm besonders verhandelt.
Es ist vielmehr nicht anders thunlich, als daß zwischen Schriftsteller und
Volk ein Preis festgesetzt wird, der für alle Produkte scheinbar gleich
ist, allein die Korrektur doch in sich trägt, so daß das Schlechte nicht
so gut bezahlt wird wie das Gute. Diese Preisbestimmung, oder
wenn man will dieses Marktgesetz nennt man das Gesetz über den
Nachdruck.

   
Ueber Errichtung von Ackerbau=Genossenschaften.* )

^ Die Lage des Kleinbauern ist eine gedrückte, er müht sich ab,
aus spärlichem Grundbesitz seinen Unterhalt zu gewinnen. Die
Feldstücke, die er besitzt, wurden ihm entweder zu hohem Preis
angeschlagen, oder er hat sie zu solchem erkauft. Die Kaufsumme
entspricht nicht dem Kapitalwerth der Ertragsfähigkeit. Auch die
Schulden, welche der Kleinbauer gegen Verpfändung seiner Liegen-
schaften aufnimmt, muß derselbe höher verzinsen, als dies bei größeren
Hypotheken der Fall ist. Jn erster Linie zehrt die Differenz zwischen
den hohen Kapitalzinsen und den niederen Erträgnissen aus der
Schüssel des Bauern. Selten ist es diesem möglich, die vortheihaften
Verbesserungen in der Art des Landbaus auszunützen. Seit seiner
Knabenzeit ist er an schwere Arbeit gewöhnt worden, allein die gei-
stige Ausbildung blieb in dem engsten Rahmen. Besäße aber so ein
Kleinbauer auch einen freien Blick, wäre er befähigt, das wahrhaft
Lohnende unter dem vielfach Angeprießenen herauszufinden, so ist
doch das Feld seiner Thätigkeit, auch wörtlich genommen, viel zu
klein zu solchen Verbesserungen. An eine Erleichterung seiner Arbeit
durch Maschinen ist meistens gar nicht zu denken, diese wird ihm
noch dadurch erschwert, daß seine Aecker und Wiesen oft in großen
Räumen zerstreut liegen. Zum Verkauf seiner Erträgnisse legt er
oft einen weiten Weg zurück, obschon der Werth der zu verkaufenden
Feldfrüchte in gar keinem Verhältniß zu dem hierzu nothwendigen
Zeitaufwand steht. Dazu kömmt, daß -- so angestrengt ein Bauer
mit den Mitgliedern seiner Familie zu gewissen Zeiten auch arbeiten
muß -- die Bewirthschaftung kleinerer Güter deren ganze Thätigkeit
doch nicht Jahr aus Jahr ein in Anspruch nimmt, diese müßigen
Tage sind anderweitig nicht auszufüllen ( ? ) und schmälern die Durch-
schnittsbeträge des Gewinns.

Alle diese nur angedeuteten Mißstände sind in ihren Erschei-
nungen verschieden, wie die Größe der Güter verschieden ist.

Durch Zusammenlegung der Güterstücke wird wenigstens einer
der Mißstände gehoben, auch haben sich Vereine von Grundbesitzern
hie und da gebildet, welche sich Maschinen, insbesondere Dreschma-
schinen, erworben, die abwechselnd jedem Einzelnen dienen.

Durch diese anerkennungswerthen Einrichtungen wird jedoch nur
ein geringer Vortheil geschaffen, aber sie zeigen den Weg, auf wel-
chem umfassendere und glänzendere Ergebnisse zu erzielen sind.

Es kann dies allein durch die Bildung von Ackerbau=Genossen-
schaften geschehen, durch das nämliche Hilfsmittel, das den kleineren
Gewerbtreibenden ermöglicht, mit großen Fabriken zu konkurriren.
Eine solche Genossenschaft -- wie wir sie meinen -- bestände, wenn
die Eigenthümer neben einander liegender Grundstücke diese in dem
Umfange vereinigten, daß der Gesammtbesitz ein geschlossenes Gut
bilde, groß genug, eine großartige Wirthschaft zu betreiben; wenn
jeder Einzelne sich der Verwaltung zu Gunsten der Gesammtheit be-
[Spaltenumbruch] gäbe, diese aber die Leitung den Befähigsten anvertraute, und wenn
eine gleichmäßige Arbeitstheilung stattfände.

Ueber die Möglichkeit der Ausführung dieses Plans wollen wir
unsere Anschauung darlegen. Zunächst müßte eine solche Genossen-
schaft es zu erringen suchen, daß ihr Korporationsrechte von der Re-
gierungsgewalt verliehen würden. Gewiß wird jede einsichtsvolle
Regierung bereitwilligst solches Ansuchen gewähren, sobald vernünftige
Satzungen von der Genossenschaft vorgelegt werden. Jeder Einzelne
verkauft ( oder verpachtet ) dann an die Gesammtheit sein Grundeigen-
thum, mit Ausnahme von Gebäulichkeiten und etwa der Hausgarten.
Die Preise müssen dem wahren Werth der Güter durchaus entsprechen
und in jedem Falle bei allen Ankäufen gleiche Grundsätze bewahrt
werden. Die Schulden, welche durch Liegenschaften hypothekarisch ge-
sichert sind, werden von der Gemeinschaft übernommen. Der hiernach
bei jedem Einzelnen verbleibende Rest seiner Kaufgeldsforderung bildet
das Kapital, mit welchem er an der Gesammtheit betheiligt ist. Diese
Kapitaleinlage ist unaufkündbar, so lange die Genossenschaft überhaupt
besteht, die Berechtigung der einzelnen Theilhaber ihren Antheil zu
verkaufen, bleibt natürlich unverkürzt, doch ist die Genossenschaft be-
rechtigt, aber nicht verpflichtet, den Baarbetrag der Einlage für sich
zu erwerben, welches Recht überhaupt da besteht, wo ein Theilhaber
( der dies durch Kauf, Beschlagnahme oder Erbschaft geworden ) nicht
in der Lage ist, sich den weiteren Pflichten, die Bebauung des Guts
in Gemeinschaft mit den übrigen Genossen, zu unterziehen.

Größere Schwierigkeit hat die Feststellung der Stimmenantheile,
in Wirklichkeit wird aber zweifellos der reichere Theilhaber sich auch
dem besseren Rath eines erfahrenen Genossen unterwerfen, wenn dieser
gleichwohl nur mit Wenigem an der Gesammtheit betheiligt ist.

Dem Ganzen steht ein Güterpfleger vor, welcher den Betriebs-
plan aufstellt, und für dessen Ausführung sorgt, der den Verkauf der
Ernte bewirkt und die Arbeit vertheilt. Die Bebauung des Guts,
die Verpflegung des Viehs, die Bewahrung der Vorräthe -- Alles
dies wird unter die Genossen vertheilt und hierfür werden entspre-
chende Vergütungen geleistet. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die
Vertheilung aller dieser Leistungen, welche zugleich Einnahmequellen
bilden, gleichmäßig stattfindet, doch ist dies nicht so schwer, als es
scheinen mag. Sobald man die nach dem Betriebsplan nothwendigen
Arbeiten in geeigneter Weise abgränzt, und deren Ausführung unter
die Mitglieder zur Versteigerung bringt, ist die Aufgabe gelöst; es ist
ja ganz leicht möglich, dabei Vorkehrungen zu treffen, daß nicht Einer
oder Einige alle weitere Konkurrenz ausschließen; etwa die Vorschrift,
daß der, welcher schon ein Loos ersteigt, so lange von der Bethei-
ligung ausgeschlossen bleibe, bis Alle wieder gleich stehen, liefert das
gewünschte Resultat.

Es ist keine Frage, daß alle möglichen Fälle sich gedacht und
die Art des Handelns in der jeweiligen Lage zum Voraus klar be-
stimmt werden muß; dazu gehört auch die Abgabe der Erträgnisse zu
eigenem Bedarf an die Mitglieder, die Vergütung für Benutzung von
Gebäulichkeiten zum Aufbewahren der Vorräthe, die Verpflegung des
Viehs, die Erwerbung neuer Liegenschaften, oder die Uebernahme solcher
durch Pacht, endlich die Vertheilung der Gewinnantheile -- aber es
ist nicht zu bezweifeln, daß füe Alles dies ausreichende Bestimmungen
vereinbart werden können.

Wir unterschätzen keineswegs die großen Hindernisse, welche sich
der Ausführung eines solchen Plans entgegenstellen werden. Auch
möchten wohl viele Jahre verlaufen, bis eine solche Jdee praktische
Verwerthung fände; allein wir zweifeln nicht an deren Verwirk-
lung, da die außerordentliche Tragweile solcher Einrichtungen und
deren große Vortheile unverkennbar sind.

* Zur Bevölkerungsstatistik in Preußen. Jm 16. Heft der
"preußischen Statistik" sind die speziellen Tabellen über die Volks-
zählung in Preußen am 3. Dezemb. 1867 veröffentlicht. Darnach
stellen sich für den ganzen Staat folgende Resultate heraus. Die
Gesammtbevölkerung betrug 23,970,941 Einwohner ( 11,870,433
männliche, 12,100,508 weibliche ) . 37 pCt. davon waren Kinder;
37 pCt. der erwachsenen Bevölkerung ( oder 23,4 pCt. der Gesammt-
bevölkerung ) waren unverheirathet; 33,4 pCt. der Gesammtbevölke-
rung waren verheirathet; 5,6 pCt. waren verwittwet und 0,2 pCt.
geschieden. 65 pCt. sind Protestanten, 33 pCt. Katholiken; 0,3 pCt.
gehören anderen christlichen Religionsgesellschaften an; 313,156 sind

* ) Wir geben dieser Einsendung mit dem Bemerken Raum, daß wir
uns wohl im Allgemeinen mit den Ansichten des Verfassers für einverstanden
erklären, nicht jedoch in seinen Detailausführungen.   D. R.

[Spaltenumbruch] Unserer Ansicht nach bedarf dies keiner Widerlegung. Auch die Klippe,
materielles Eigenthum ist ewig Eigenthum, geistiges soll es nur auf
gewisse Zeit sein, existirt für uns nicht, wie wir dies schon öfter in
d. Bl. auseinandergesetzt. So lange nämlich der Schriftsteller sein
Werk im Manuskript hat, ist es sein Eigenthum und bleibt ihm
ewig; allein als solches nützt es ihm nichts, er muß es verkaufen
und zwar an das Publikum verkaufen, dieses thut er, und der Preis,
den ihm das Publikum bezahlt, ist die Zeit, während welcher es sein
Werk vor Nachdruck schützt; ist diese Zeit abgelaufen, dann ist der
bedungene Kaufpreis bis auf die letzte Minute, den letzten Pfennig
bezahlt, und das Publikum wird nun Eigenthümer des Werkes auf
ewige Zeiten, gerade wie bei materiellem Eigenthum. Das Publikum
ist indeß ein gar vielköpfiges Geschöpf, und es geht nicht an, daß der
Schriftsteller in jedem einzelnen Fall mit ihm besonders verhandelt.
Es ist vielmehr nicht anders thunlich, als daß zwischen Schriftsteller und
Volk ein Preis festgesetzt wird, der für alle Produkte scheinbar gleich
ist, allein die Korrektur doch in sich trägt, so daß das Schlechte nicht
so gut bezahlt wird wie das Gute. Diese Preisbestimmung, oder
wenn man will dieses Marktgesetz nennt man das Gesetz über den
Nachdruck.

   
Ueber Errichtung von Ackerbau=Genossenschaften.* )

△ Die Lage des Kleinbauern ist eine gedrückte, er müht sich ab,
aus spärlichem Grundbesitz seinen Unterhalt zu gewinnen. Die
Feldstücke, die er besitzt, wurden ihm entweder zu hohem Preis
angeschlagen, oder er hat sie zu solchem erkauft. Die Kaufsumme
entspricht nicht dem Kapitalwerth der Ertragsfähigkeit. Auch die
Schulden, welche der Kleinbauer gegen Verpfändung seiner Liegen-
schaften aufnimmt, muß derselbe höher verzinsen, als dies bei größeren
Hypotheken der Fall ist. Jn erster Linie zehrt die Differenz zwischen
den hohen Kapitalzinsen und den niederen Erträgnissen aus der
Schüssel des Bauern. Selten ist es diesem möglich, die vortheihaften
Verbesserungen in der Art des Landbaus auszunützen. Seit seiner
Knabenzeit ist er an schwere Arbeit gewöhnt worden, allein die gei-
stige Ausbildung blieb in dem engsten Rahmen. Besäße aber so ein
Kleinbauer auch einen freien Blick, wäre er befähigt, das wahrhaft
Lohnende unter dem vielfach Angeprießenen herauszufinden, so ist
doch das Feld seiner Thätigkeit, auch wörtlich genommen, viel zu
klein zu solchen Verbesserungen. An eine Erleichterung seiner Arbeit
durch Maschinen ist meistens gar nicht zu denken, diese wird ihm
noch dadurch erschwert, daß seine Aecker und Wiesen oft in großen
Räumen zerstreut liegen. Zum Verkauf seiner Erträgnisse legt er
oft einen weiten Weg zurück, obschon der Werth der zu verkaufenden
Feldfrüchte in gar keinem Verhältniß zu dem hierzu nothwendigen
Zeitaufwand steht. Dazu kömmt, daß -- so angestrengt ein Bauer
mit den Mitgliedern seiner Familie zu gewissen Zeiten auch arbeiten
muß -- die Bewirthschaftung kleinerer Güter deren ganze Thätigkeit
doch nicht Jahr aus Jahr ein in Anspruch nimmt, diese müßigen
Tage sind anderweitig nicht auszufüllen ( ? ) und schmälern die Durch-
schnittsbeträge des Gewinns.

Alle diese nur angedeuteten Mißstände sind in ihren Erschei-
nungen verschieden, wie die Größe der Güter verschieden ist.

Durch Zusammenlegung der Güterstücke wird wenigstens einer
der Mißstände gehoben, auch haben sich Vereine von Grundbesitzern
hie und da gebildet, welche sich Maschinen, insbesondere Dreschma-
schinen, erworben, die abwechselnd jedem Einzelnen dienen.

Durch diese anerkennungswerthen Einrichtungen wird jedoch nur
ein geringer Vortheil geschaffen, aber sie zeigen den Weg, auf wel-
chem umfassendere und glänzendere Ergebnisse zu erzielen sind.

Es kann dies allein durch die Bildung von Ackerbau=Genossen-
schaften geschehen, durch das nämliche Hilfsmittel, das den kleineren
Gewerbtreibenden ermöglicht, mit großen Fabriken zu konkurriren.
Eine solche Genossenschaft -- wie wir sie meinen -- bestände, wenn
die Eigenthümer neben einander liegender Grundstücke diese in dem
Umfange vereinigten, daß der Gesammtbesitz ein geschlossenes Gut
bilde, groß genug, eine großartige Wirthschaft zu betreiben; wenn
jeder Einzelne sich der Verwaltung zu Gunsten der Gesammtheit be-
[Spaltenumbruch] gäbe, diese aber die Leitung den Befähigsten anvertraute, und wenn
eine gleichmäßige Arbeitstheilung stattfände.

Ueber die Möglichkeit der Ausführung dieses Plans wollen wir
unsere Anschauung darlegen. Zunächst müßte eine solche Genossen-
schaft es zu erringen suchen, daß ihr Korporationsrechte von der Re-
gierungsgewalt verliehen würden. Gewiß wird jede einsichtsvolle
Regierung bereitwilligst solches Ansuchen gewähren, sobald vernünftige
Satzungen von der Genossenschaft vorgelegt werden. Jeder Einzelne
verkauft ( oder verpachtet ) dann an die Gesammtheit sein Grundeigen-
thum, mit Ausnahme von Gebäulichkeiten und etwa der Hausgarten.
Die Preise müssen dem wahren Werth der Güter durchaus entsprechen
und in jedem Falle bei allen Ankäufen gleiche Grundsätze bewahrt
werden. Die Schulden, welche durch Liegenschaften hypothekarisch ge-
sichert sind, werden von der Gemeinschaft übernommen. Der hiernach
bei jedem Einzelnen verbleibende Rest seiner Kaufgeldsforderung bildet
das Kapital, mit welchem er an der Gesammtheit betheiligt ist. Diese
Kapitaleinlage ist unaufkündbar, so lange die Genossenschaft überhaupt
besteht, die Berechtigung der einzelnen Theilhaber ihren Antheil zu
verkaufen, bleibt natürlich unverkürzt, doch ist die Genossenschaft be-
rechtigt, aber nicht verpflichtet, den Baarbetrag der Einlage für sich
zu erwerben, welches Recht überhaupt da besteht, wo ein Theilhaber
( der dies durch Kauf, Beschlagnahme oder Erbschaft geworden ) nicht
in der Lage ist, sich den weiteren Pflichten, die Bebauung des Guts
in Gemeinschaft mit den übrigen Genossen, zu unterziehen.

Größere Schwierigkeit hat die Feststellung der Stimmenantheile,
in Wirklichkeit wird aber zweifellos der reichere Theilhaber sich auch
dem besseren Rath eines erfahrenen Genossen unterwerfen, wenn dieser
gleichwohl nur mit Wenigem an der Gesammtheit betheiligt ist.

Dem Ganzen steht ein Güterpfleger vor, welcher den Betriebs-
plan aufstellt, und für dessen Ausführung sorgt, der den Verkauf der
Ernte bewirkt und die Arbeit vertheilt. Die Bebauung des Guts,
die Verpflegung des Viehs, die Bewahrung der Vorräthe -- Alles
dies wird unter die Genossen vertheilt und hierfür werden entspre-
chende Vergütungen geleistet. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die
Vertheilung aller dieser Leistungen, welche zugleich Einnahmequellen
bilden, gleichmäßig stattfindet, doch ist dies nicht so schwer, als es
scheinen mag. Sobald man die nach dem Betriebsplan nothwendigen
Arbeiten in geeigneter Weise abgränzt, und deren Ausführung unter
die Mitglieder zur Versteigerung bringt, ist die Aufgabe gelöst; es ist
ja ganz leicht möglich, dabei Vorkehrungen zu treffen, daß nicht Einer
oder Einige alle weitere Konkurrenz ausschließen; etwa die Vorschrift,
daß der, welcher schon ein Loos ersteigt, so lange von der Bethei-
ligung ausgeschlossen bleibe, bis Alle wieder gleich stehen, liefert das
gewünschte Resultat.

Es ist keine Frage, daß alle möglichen Fälle sich gedacht und
die Art des Handelns in der jeweiligen Lage zum Voraus klar be-
stimmt werden muß; dazu gehört auch die Abgabe der Erträgnisse zu
eigenem Bedarf an die Mitglieder, die Vergütung für Benutzung von
Gebäulichkeiten zum Aufbewahren der Vorräthe, die Verpflegung des
Viehs, die Erwerbung neuer Liegenschaften, oder die Uebernahme solcher
durch Pacht, endlich die Vertheilung der Gewinnantheile -- aber es
ist nicht zu bezweifeln, daß füe Alles dies ausreichende Bestimmungen
vereinbart werden können.

Wir unterschätzen keineswegs die großen Hindernisse, welche sich
der Ausführung eines solchen Plans entgegenstellen werden. Auch
möchten wohl viele Jahre verlaufen, bis eine solche Jdee praktische
Verwerthung fände; allein wir zweifeln nicht an deren Verwirk-
lung, da die außerordentliche Tragweile solcher Einrichtungen und
deren große Vortheile unverkennbar sind.

* Zur Bevölkerungsstatistik in Preußen. Jm 16. Heft der
„preußischen Statistik“ sind die speziellen Tabellen über die Volks-
zählung in Preußen am 3. Dezemb. 1867 veröffentlicht. Darnach
stellen sich für den ganzen Staat folgende Resultate heraus. Die
Gesammtbevölkerung betrug 23,970,941 Einwohner ( 11,870,433
männliche, 12,100,508 weibliche ) . 37 pCt. davon waren Kinder;
37 pCt. der erwachsenen Bevölkerung ( oder 23,4 pCt. der Gesammt-
bevölkerung ) waren unverheirathet; 33,4 pCt. der Gesammtbevölke-
rung waren verheirathet; 5,6 pCt. waren verwittwet und 0,2 pCt.
geschieden. 65 pCt. sind Protestanten, 33 pCt. Katholiken; 0,3 pCt.
gehören anderen christlichen Religionsgesellschaften an; 313,156 sind

* ) Wir geben dieser Einsendung mit dem Bemerken Raum, daß wir
uns wohl im Allgemeinen mit den Ansichten des Verfassers für einverstanden
erklären, nicht jedoch in seinen Detailausführungen.   D. R.
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[0002] Unserer Ansicht nach bedarf dies keiner Widerlegung. Auch die Klippe, materielles Eigenthum ist ewig Eigenthum, geistiges soll es nur auf gewisse Zeit sein, existirt für uns nicht, wie wir dies schon öfter in d. Bl. auseinandergesetzt. So lange nämlich der Schriftsteller sein Werk im Manuskript hat, ist es sein Eigenthum und bleibt ihm ewig; allein als solches nützt es ihm nichts, er muß es verkaufen und zwar an das Publikum verkaufen, dieses thut er, und der Preis, den ihm das Publikum bezahlt, ist die Zeit, während welcher es sein Werk vor Nachdruck schützt; ist diese Zeit abgelaufen, dann ist der bedungene Kaufpreis bis auf die letzte Minute, den letzten Pfennig bezahlt, und das Publikum wird nun Eigenthümer des Werkes auf ewige Zeiten, gerade wie bei materiellem Eigenthum. Das Publikum ist indeß ein gar vielköpfiges Geschöpf, und es geht nicht an, daß der Schriftsteller in jedem einzelnen Fall mit ihm besonders verhandelt. Es ist vielmehr nicht anders thunlich, als daß zwischen Schriftsteller und Volk ein Preis festgesetzt wird, der für alle Produkte scheinbar gleich ist, allein die Korrektur doch in sich trägt, so daß das Schlechte nicht so gut bezahlt wird wie das Gute. Diese Preisbestimmung, oder wenn man will dieses Marktgesetz nennt man das Gesetz über den Nachdruck. P. B. Ueber Errichtung von Ackerbau=Genossenschaften. * ) △ Die Lage des Kleinbauern ist eine gedrückte, er müht sich ab, aus spärlichem Grundbesitz seinen Unterhalt zu gewinnen. Die Feldstücke, die er besitzt, wurden ihm entweder zu hohem Preis angeschlagen, oder er hat sie zu solchem erkauft. Die Kaufsumme entspricht nicht dem Kapitalwerth der Ertragsfähigkeit. Auch die Schulden, welche der Kleinbauer gegen Verpfändung seiner Liegen- schaften aufnimmt, muß derselbe höher verzinsen, als dies bei größeren Hypotheken der Fall ist. Jn erster Linie zehrt die Differenz zwischen den hohen Kapitalzinsen und den niederen Erträgnissen aus der Schüssel des Bauern. Selten ist es diesem möglich, die vortheihaften Verbesserungen in der Art des Landbaus auszunützen. Seit seiner Knabenzeit ist er an schwere Arbeit gewöhnt worden, allein die gei- stige Ausbildung blieb in dem engsten Rahmen. Besäße aber so ein Kleinbauer auch einen freien Blick, wäre er befähigt, das wahrhaft Lohnende unter dem vielfach Angeprießenen herauszufinden, so ist doch das Feld seiner Thätigkeit, auch wörtlich genommen, viel zu klein zu solchen Verbesserungen. An eine Erleichterung seiner Arbeit durch Maschinen ist meistens gar nicht zu denken, diese wird ihm noch dadurch erschwert, daß seine Aecker und Wiesen oft in großen Räumen zerstreut liegen. Zum Verkauf seiner Erträgnisse legt er oft einen weiten Weg zurück, obschon der Werth der zu verkaufenden Feldfrüchte in gar keinem Verhältniß zu dem hierzu nothwendigen Zeitaufwand steht. Dazu kömmt, daß -- so angestrengt ein Bauer mit den Mitgliedern seiner Familie zu gewissen Zeiten auch arbeiten muß -- die Bewirthschaftung kleinerer Güter deren ganze Thätigkeit doch nicht Jahr aus Jahr ein in Anspruch nimmt, diese müßigen Tage sind anderweitig nicht auszufüllen ( ? ) und schmälern die Durch- schnittsbeträge des Gewinns. Alle diese nur angedeuteten Mißstände sind in ihren Erschei- nungen verschieden, wie die Größe der Güter verschieden ist. Durch Zusammenlegung der Güterstücke wird wenigstens einer der Mißstände gehoben, auch haben sich Vereine von Grundbesitzern hie und da gebildet, welche sich Maschinen, insbesondere Dreschma- schinen, erworben, die abwechselnd jedem Einzelnen dienen. Durch diese anerkennungswerthen Einrichtungen wird jedoch nur ein geringer Vortheil geschaffen, aber sie zeigen den Weg, auf wel- chem umfassendere und glänzendere Ergebnisse zu erzielen sind. Es kann dies allein durch die Bildung von Ackerbau=Genossen- schaften geschehen, durch das nämliche Hilfsmittel, das den kleineren Gewerbtreibenden ermöglicht, mit großen Fabriken zu konkurriren. Eine solche Genossenschaft -- wie wir sie meinen -- bestände, wenn die Eigenthümer neben einander liegender Grundstücke diese in dem Umfange vereinigten, daß der Gesammtbesitz ein geschlossenes Gut bilde, groß genug, eine großartige Wirthschaft zu betreiben; wenn jeder Einzelne sich der Verwaltung zu Gunsten der Gesammtheit be- gäbe, diese aber die Leitung den Befähigsten anvertraute, und wenn eine gleichmäßige Arbeitstheilung stattfände. Ueber die Möglichkeit der Ausführung dieses Plans wollen wir unsere Anschauung darlegen. Zunächst müßte eine solche Genossen- schaft es zu erringen suchen, daß ihr Korporationsrechte von der Re- gierungsgewalt verliehen würden. Gewiß wird jede einsichtsvolle Regierung bereitwilligst solches Ansuchen gewähren, sobald vernünftige Satzungen von der Genossenschaft vorgelegt werden. Jeder Einzelne verkauft ( oder verpachtet ) dann an die Gesammtheit sein Grundeigen- thum, mit Ausnahme von Gebäulichkeiten und etwa der Hausgarten. Die Preise müssen dem wahren Werth der Güter durchaus entsprechen und in jedem Falle bei allen Ankäufen gleiche Grundsätze bewahrt werden. Die Schulden, welche durch Liegenschaften hypothekarisch ge- sichert sind, werden von der Gemeinschaft übernommen. Der hiernach bei jedem Einzelnen verbleibende Rest seiner Kaufgeldsforderung bildet das Kapital, mit welchem er an der Gesammtheit betheiligt ist. Diese Kapitaleinlage ist unaufkündbar, so lange die Genossenschaft überhaupt besteht, die Berechtigung der einzelnen Theilhaber ihren Antheil zu verkaufen, bleibt natürlich unverkürzt, doch ist die Genossenschaft be- rechtigt, aber nicht verpflichtet, den Baarbetrag der Einlage für sich zu erwerben, welches Recht überhaupt da besteht, wo ein Theilhaber ( der dies durch Kauf, Beschlagnahme oder Erbschaft geworden ) nicht in der Lage ist, sich den weiteren Pflichten, die Bebauung des Guts in Gemeinschaft mit den übrigen Genossen, zu unterziehen. Größere Schwierigkeit hat die Feststellung der Stimmenantheile, in Wirklichkeit wird aber zweifellos der reichere Theilhaber sich auch dem besseren Rath eines erfahrenen Genossen unterwerfen, wenn dieser gleichwohl nur mit Wenigem an der Gesammtheit betheiligt ist. Dem Ganzen steht ein Güterpfleger vor, welcher den Betriebs- plan aufstellt, und für dessen Ausführung sorgt, der den Verkauf der Ernte bewirkt und die Arbeit vertheilt. Die Bebauung des Guts, die Verpflegung des Viehs, die Bewahrung der Vorräthe -- Alles dies wird unter die Genossen vertheilt und hierfür werden entspre- chende Vergütungen geleistet. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die Vertheilung aller dieser Leistungen, welche zugleich Einnahmequellen bilden, gleichmäßig stattfindet, doch ist dies nicht so schwer, als es scheinen mag. Sobald man die nach dem Betriebsplan nothwendigen Arbeiten in geeigneter Weise abgränzt, und deren Ausführung unter die Mitglieder zur Versteigerung bringt, ist die Aufgabe gelöst; es ist ja ganz leicht möglich, dabei Vorkehrungen zu treffen, daß nicht Einer oder Einige alle weitere Konkurrenz ausschließen; etwa die Vorschrift, daß der, welcher schon ein Loos ersteigt, so lange von der Bethei- ligung ausgeschlossen bleibe, bis Alle wieder gleich stehen, liefert das gewünschte Resultat. Es ist keine Frage, daß alle möglichen Fälle sich gedacht und die Art des Handelns in der jeweiligen Lage zum Voraus klar be- stimmt werden muß; dazu gehört auch die Abgabe der Erträgnisse zu eigenem Bedarf an die Mitglieder, die Vergütung für Benutzung von Gebäulichkeiten zum Aufbewahren der Vorräthe, die Verpflegung des Viehs, die Erwerbung neuer Liegenschaften, oder die Uebernahme solcher durch Pacht, endlich die Vertheilung der Gewinnantheile -- aber es ist nicht zu bezweifeln, daß füe Alles dies ausreichende Bestimmungen vereinbart werden können. Wir unterschätzen keineswegs die großen Hindernisse, welche sich der Ausführung eines solchen Plans entgegenstellen werden. Auch möchten wohl viele Jahre verlaufen, bis eine solche Jdee praktische Verwerthung fände; allein wir zweifeln nicht an deren Verwirk- lung, da die außerordentliche Tragweile solcher Einrichtungen und deren große Vortheile unverkennbar sind. * Zur Bevölkerungsstatistik in Preußen. Jm 16. Heft der „preußischen Statistik“ sind die speziellen Tabellen über die Volks- zählung in Preußen am 3. Dezemb. 1867 veröffentlicht. Darnach stellen sich für den ganzen Staat folgende Resultate heraus. Die Gesammtbevölkerung betrug 23,970,941 Einwohner ( 11,870,433 männliche, 12,100,508 weibliche ) . 37 pCt. davon waren Kinder; 37 pCt. der erwachsenen Bevölkerung ( oder 23,4 pCt. der Gesammt- bevölkerung ) waren unverheirathet; 33,4 pCt. der Gesammtbevölke- rung waren verheirathet; 5,6 pCt. waren verwittwet und 0,2 pCt. geschieden. 65 pCt. sind Protestanten, 33 pCt. Katholiken; 0,3 pCt. gehören anderen christlichen Religionsgesellschaften an; 313,156 sind * ) Wir geben dieser Einsendung mit dem Bemerken Raum, daß wir uns wohl im Allgemeinen mit den Ansichten des Verfassers für einverstanden erklären, nicht jedoch in seinen Detailausführungen. D. R.

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 671. Frankfurt a. M., 11. März 1870, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber0671_1870/2>, abgerufen am 21.11.2024.