Allgemeine Zeitung. Nr. 62. Augsburg (Bayern), 3. März 1871.[Spaltenumbruch]
Postztg." nächster Tage vor dem Schwurgericht für Schwaben sich zu ver- : München, 1 März. Hr. v. Arnim, dessen Gesandtschaftsposten in Berlin, 28 Febr. Die Militärconvention welche mit Braunschweig ( -- ) Berlin, 28 Febr. Der gestrige Tag hat in der That die Be- Oesterreichisch=ungarische Monarchie. sym13 Wien, 1 März. Bekanntlich hat die rumänische Regierung # Graz, 27 Febr. Die Regierung hatte schon vor längerer Zeit Schweiz. Bern, 27 Febr. Jm Ständerathssaal versammelte sich heute die [Spaltenumbruch]
Postztg.“ nächster Tage vor dem Schwurgericht für Schwaben sich zu ver- : München, 1 März. Hr. v. Arnim, dessen Gesandtschaftsposten in Berlin, 28 Febr. Die Militärconvention welche mit Braunschweig ( -- ) Berlin, 28 Febr. Der gestrige Tag hat in der That die Be- Oesterreichisch=ungarische Monarchie. sym13 Wien, 1 März. Bekanntlich hat die rumänische Regierung # Graz, 27 Febr. Die Regierung hatte schon vor längerer Zeit Schweiz. Bern, 27 Febr. Jm Ständerathssaal versammelte sich heute die <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0005" n="1045"/><cb/> Postztg.“ nächster Tage vor dem Schwurgericht für Schwaben sich zu ver-<lb/> antworten. -- Der „Nbg. Korr.“ versichert „auf Grund zuverlässiger Jn-<lb/> formation “ daß die Verlegung des mittelfränkischen Appellgerichts von<lb/> Eichstädt nach Nürnberg schon am 1 Aug. d. J. vollendete Thatsache sein<lb/> werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>: München, 1 März. Hr. v. Arnim, dessen Gesandtschaftsposten in<lb/> Rom wohl auf längere Zeit der Graf Tauffkirchen versieht, setzte nach kurzem<lb/> Aufenthalt seine Reise nach Versailles von hier gestern wieder fort. --<lb/> Kaufmann Georg Müller und <hi rendition="#aq">stud. theol</hi>. Hermann Blaul aus Speyer,<lb/> welche sich als Mitglieder der in Frankreich äußerst thätig gewesenen Richt-<lb/> hofen 'schen Colonne auszeichneten, haben das Eiserne Kreuz <hi rendition="#aq">II</hi>. Classe<lb/> erhalten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>Berlin, 28 Febr. Die Militärconvention welche mit Braunschweig<lb/> abgeschlossen, ist analog derjenigen welche zwischen Oldenburg, den thüringi-<lb/> schen Staaten und Preußen besteht. Das braunschweigische Contingent<lb/> geht in die Verwaltung Preußens über, die Officiere erhalten den Charak-<lb/> ter als preußische Officiere, werden wie diese versetzt und befördert. --<lb/> Auf die bekannte Entgegnung der Berliner Akademie an den Cultusmini-<lb/> ster, in welcher die Akademie in entschiedener Form ihr Recht wahrte und<lb/> Zurücknahme der eigenmächtigen Eingriffe des Cultusministeriums forderte,<lb/> ist nunmehr von Seiten des Cultusministers eine Antwort erfolgt, und<lb/> zwar eine doppelte. Jn dem ersten Schreiben fordert Hr. v. Mühler „ihm<lb/> denjenigen namhaft zu machen welcher den Brief der Akademie in die Zei-<lb/> tungen gebracht;“ in dem zweiten Schreiben verbietet er der Akademie<lb/> diese Angelegenheit weiter zu besprechen. Man darf wohl erwarten daß die<lb/> Akademie auch diese beiden Actenstücke der Oeffentlichkeit übergeben wird. --<lb/> Am letzten Mittwoch Abends las Bauernfeld im Salon des Hrn. v. Dingel-<lb/> stedt im Kreise einiger geladenen Damen und Herren sein neuestes Stück vor.<lb/> Dasselbe soll den Zuhörern sehr gefallen haben. Der Autor hatte dem Kinde<lb/> noch keinen Namen gegeben, die Gesellschaft taufte es: „Ausgleich.“ --<lb/> Die Feldpolizei der deutschen Armee hat aus Versailles die Nachricht her-<lb/> gesandt daß dort einem deutschen Armeelieferanten 63 Stück französischer<lb/> Bankbillets <hi rendition="#aq">à</hi> 1000 Fr. gestohlen worden sind.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p>( -- ) Berlin, 28 Febr. Der gestrige Tag hat in der That die Be-<lb/> sorgnisse zerstreut in welche die lange Ungewißheit der Lage einen nicht<lb/> geringen Theil unserer Bevölkerung versetzt hatte. Um die Mittagsstunde<lb/> bedeckten sich die Anschlagssäulen mit riesigen Placaten, durch welche das<lb/> Polizeipräsidium der Bevölkerung das Friedenstelegramm des Kaisers an<lb/> seine Gemahlin mittheilte. Diese rothberänderten Placate waren auf den<lb/> Ecken mit Adlern geschmückt die ihre Schwingen weit ausbreiteten, und in<lb/> der Mitte mit einem ovalgeformten Lorbeerkranze. Gleich darauf wurden<lb/> auch an derselben Stelle die wesentlichsten Punkte der Friedensprälimina-<lb/> rien verkündigt. Allmählich ward es in den Straßen lebendiger, während<lb/> von den Dächern zahlreicher Häuser Flaggen herabwehten, theils in den<lb/> deutschen, theils in preußischen Farben. Jm ganzen jedoch zeigte die Be-<lb/> völkerung eine fast befremdend ruhige Stimmung. Wie der Flaggen = und<lb/> Fahnenschmuck der Häuser, so war auch am Abend die Beleuchtung eine<lb/> sehr sporadische; dagegen erhielt das Leben und Treiben in den Straßen<lb/> mit dem Eintritt der Dunkelheit einen stellenweise wüsten Anstrich. Am bun-<lb/> testen gieng es, wie immer bei solchen Gelegenheiten, unter den Linden in der<lb/> Nähe des kaiserlichen Palais her. Dort wogte es bis in die tiefe Nacht auf<lb/> und ab, und das Rufen nach der Kaiserin, die auch mehreremal auf dem<lb/> Balcon erschien, wollte gar kein Ende nehmen. Selbstverständlich fehlte<lb/> es auch nicht an grobem Unfug, der von jenen Burschen verübt wurde<lb/> welche in hundertköpfigen Banden unter Vorantragung schmutziger Fahnen<lb/> und kreischendem Gesange durch die Straßen strömten, und in jugend-<lb/> lichem Uebermuth mit allem was ihnen in den Wurf kam ihr schnödes<lb/> Spiel trieben. Besonders arg war der Lärm auch in der Umgebung des<lb/> Rathhauses, welches die Massen erleuchtet wähnten, und dann, als sie sich ge-<lb/> täuscht sahen, nicht eher wieder verlassen wollten als bis illuminirt worden.<lb/> Hiezu wird es jedoch erst am Tage der Rückkehr des Kaisers kommen,<lb/> welchen der Oberbürgermeister und der Vorsteher der Stadtverordneten im<lb/> Namen der Stadt am Bahnhof empfangen und welchem die städtischen Be-<lb/> hörden später <hi rendition="#aq">in corpore</hi> eine Glückwunschadresse überreichen werden. Was<lb/> die Friedenspräliminarien anlangt, so billigt der urtheilsfähige Theil<lb/> unserer Bevölkerung vollkommen diese Abmachung, welche den Charakter<lb/> weiser Mäßigung nicht verläugnet, gleichwohl aber Frankreich auf viele<lb/> Jahre hin die Möglichkeit benimmt eine Politik der Wiedervergeltung in<lb/> Scene zu setzen. Für das Aufgeben Belforts, auf dessen Erwerbung und<lb/> Festhaltung man vom politischen wie vom strategischen Standpunkt aus<lb/> großen Werth gelegt hatte, tröstet man sich jetzt mit der Erwägung daß<lb/> dort durchaus französischer Geist und französische Sprache herrschen, und<lb/> daß sich in der Errichtung eines befestigten Lagers bei Altkirch genügender<lb/> Ersatz werde finden lassen. Die auf 5 Milliarden herabgesetzte Kriegskosten-<lb/> Entschädigung schließt zugleich den Ersatz für den Schaden in sich welcher<lb/> der deutschen Handelsmarine aus der Aufbringung von Schiffen und den<lb/><cb/> ausgewiesenen Deutschen aus ihrer brutalen Vertreibung erwachsen ist.<lb/> Dagegen werden hiebei die schon geleisteten Contributionen nicht in An-<lb/> rechnung gebracht. Von einer Schleifung der Pariser Festungswerke, welche<lb/> die „Kreuzztg.“ wiederholt in Correspondenzen und Leitartikeln befürwortet<lb/> hatte, ist in den Stipulationen keine Rede. Auch wird in gutunterrichteten<lb/> Kreisen die Angabe der „Köln. Ztg.“ bestritten daß der Abschluß der Frie-<lb/> denspräliminarien durch die Einmischungsgelüste Englands verzögert<lb/> worden sei, welche sich bei diesen Verhandlungen gar nicht bemerkbar ge-<lb/> macht hätten. -- Vorgestern ist der österreichische Gesandte, Graf Wimpffen,<lb/> nach Wien abgereist, angeblich in Privatangelegenheiten. Es ist indeß<lb/> kaum anzunehmen daß Graf Wimpffen so unmittelbar vor der Rückkehr des<lb/> Kaisers und des Bundeskanzlers seinen Posten verlassen haben sollte um<lb/> bloß Privatsachen zu erledigen. Hier legt man denn auch seiner Reise, die<lb/> übrigens nur von kurzer Dauer sein wird, einen entschieden politischen<lb/> Charakter bei.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Oesterreichisch=ungarische Monarchie.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle"> <p><abbr>sym13</abbr> Wien, 1 März. Bekanntlich hat die rumänische Regierung<lb/> schon vor längerer Zeit die Umwandlung des in der Convention vom<lb/> 19 Aug. 1858 festgestellten Titels „Vereinigte Fürstenthümer der Moldau<lb/> und Walachei“ auch für die internationalen Beziehungen in den bei<lb/> Acten der inneren Verwaltung und im nichtdiplomatischen Verkehr allge-<lb/> mein üblichen Titel „Fürstenthum Rumänien“ angeregt, und die günstige<lb/> Erledigung dieses speciell von Oesterreich unterstützten Wunsches wurde<lb/> nur durch den die Pforte herausfordernden Zwischenfall hinausgeschoben<lb/> daß die rumänische Regierung Münzen prägen ließ welche, entgegen der<lb/> bestimmten Clausel der mit der Pforte ausgetauschten Erklärungen, kein<lb/> Zeichen der Oberherrlichkeit der Pforte trugen. Die Angelegenheit ist<lb/> dem Vernehmen nach jetzt beglichen, und es werden die zur Conferenz in<lb/> London versammelten Bevollmächtigten der Pariser Vertragsmächte ein<lb/> Protokoll unterzeichnen welches, gegen Erneuerung der in den gedachten<lb/> Erklärungen bezüglich der Ausübung des Münzrechts begründeten Ver-<lb/> pflichtung, den Art. 1 der Convention von 1858 abändert und die Donau-<lb/> fürstenthümer officiell als „Fürstenthum Rumänien“ in das europäische<lb/> Recht einführt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <p># Graz, 27 Febr. Die Regierung hatte schon vor längerer Zeit<lb/> den Entschluß gefaßt in Graz ein neues Universitätsgebäude zu errichten,<lb/> was um so dringender war als die jetzige Localität schon lange nicht mehr<lb/> den an sie gestellten Anforderungen genügt; 1,200,000 fl. waren für das<lb/> Gebäude in Anschlag gebracht. Nun ist aber zwischen der Gemeinde und<lb/> der Regierung ein Streit über den Platz ausgebrochen auf welchem die<lb/> Universität zu stehen kommen soll. Die von der Regierung gewählte Stelle<lb/> sagte der Gemeinde nicht zu, weil der Neubau, würde er hier errichtet,<lb/> einen großen Theil des erst neu geschaffenen Stadtparks beeinträchtigte;<lb/> die Regierung aber wollte wieder auf die von der Gemeinde in Vor-<lb/> schlag gebrachten Plätze nicht eingehen. Der Streit hatte einen so ge-<lb/> reizten Charakter angenommen, daß die Regierung schon erklärte sie werde<lb/> gar kein neues Gebäude herstellen; ja noch mehr, sie werde die Grazer<lb/> Universität nach Salzburg verlegen, wenn man auf ihren Plan nicht ein-<lb/> gehe. Schon wurden die schlimmsten Befürchtungen rege, als endlich doch<lb/> noch in letzter Stunde ein Compromiß erzielt wurde. Gestern fanden näm-<lb/> lich Conferenzen zwischen dem Gemeinderath und einem vom Unterrichts-<lb/> ministerium delegirten Sectionsrathe statt, und man einigte sich dahin die<lb/> Universität zwar auf dem von der Regierung vorgeschlagenen Platz, aber<lb/> so anzulegen daß nur ein ganz unbedeutender Theil des Stadtparks ge-<lb/> opfert werden muß. Der Bau wird schon im Frühjahre begonnen und in<lb/> italienischem Renaissancestyl mit weitläufigen Höfen und Arcaden auf-<lb/> geführt werden.</p> </div> </div><lb/> <div type="jPoliticalNews"> <head> <hi rendition="#b #c">Schweiz.</hi> </head><lb/> <p>Bern, 27 Febr. Jm Ständerathssaal versammelte sich heute die<lb/> vom Nationalrath zur Vorberathung der Bundesverfassungsrevision auf-<lb/> gestellte Commission. Die Commission hatte sich zu Ende vorigen Jahrs<lb/> in vier Sectionen getheilt. Da nun nur die staatswirthschaftliche Com-<lb/> mission ihre Anträge motivirt hatte, wurde auf den Antrag von <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Escher<lb/> die politische Commission, die Militärcommission und die Rechtscommission<lb/> eingeladen ihre Anträge ebenfalls zu motiviren, und soll diese Motivirung<lb/> auf den Antrag Stämpfli's gedruckt ausgetheilt worden sein. Nationalraths-<lb/> präsident Anderwerth beantragte mit Art. 1 der Verfassung die Berathung<lb/> zu beginnen, wo dann bei jedem Paragraphen die betreffende Section ihre<lb/> Einwendungen machen könne. Die Berichterstatter der letzten drei Sec-<lb/> tionen erklärten hierauf daß sie sämmtlich willens seien Bericht zu erstatten,<lb/> und keineswegs ihre Anträge unmotivirt vorzulegen gesonnen gewesen seien,<lb/> sich aber zur Vereinfachung auf mündliche Berichterstattung beschränken zu<lb/> können glaubten. Für die Militärsection berichteten die Obersten Sche-<lb/> rer aus Zürich und Stehlin von Basel. Wir entnehmen diesem Bericht<lb/> vorderhand nur daß die Mehrheit dieser Section vor einer gänzlichen<lb/> Centralisation des Militärwesens aus politischen Gründen abrathet, in-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1045/0005]
Postztg.“ nächster Tage vor dem Schwurgericht für Schwaben sich zu ver-
antworten. -- Der „Nbg. Korr.“ versichert „auf Grund zuverlässiger Jn-
formation “ daß die Verlegung des mittelfränkischen Appellgerichts von
Eichstädt nach Nürnberg schon am 1 Aug. d. J. vollendete Thatsache sein
werde.
: München, 1 März. Hr. v. Arnim, dessen Gesandtschaftsposten in
Rom wohl auf längere Zeit der Graf Tauffkirchen versieht, setzte nach kurzem
Aufenthalt seine Reise nach Versailles von hier gestern wieder fort. --
Kaufmann Georg Müller und stud. theol. Hermann Blaul aus Speyer,
welche sich als Mitglieder der in Frankreich äußerst thätig gewesenen Richt-
hofen 'schen Colonne auszeichneten, haben das Eiserne Kreuz II. Classe
erhalten.
Berlin, 28 Febr. Die Militärconvention welche mit Braunschweig
abgeschlossen, ist analog derjenigen welche zwischen Oldenburg, den thüringi-
schen Staaten und Preußen besteht. Das braunschweigische Contingent
geht in die Verwaltung Preußens über, die Officiere erhalten den Charak-
ter als preußische Officiere, werden wie diese versetzt und befördert. --
Auf die bekannte Entgegnung der Berliner Akademie an den Cultusmini-
ster, in welcher die Akademie in entschiedener Form ihr Recht wahrte und
Zurücknahme der eigenmächtigen Eingriffe des Cultusministeriums forderte,
ist nunmehr von Seiten des Cultusministers eine Antwort erfolgt, und
zwar eine doppelte. Jn dem ersten Schreiben fordert Hr. v. Mühler „ihm
denjenigen namhaft zu machen welcher den Brief der Akademie in die Zei-
tungen gebracht;“ in dem zweiten Schreiben verbietet er der Akademie
diese Angelegenheit weiter zu besprechen. Man darf wohl erwarten daß die
Akademie auch diese beiden Actenstücke der Oeffentlichkeit übergeben wird. --
Am letzten Mittwoch Abends las Bauernfeld im Salon des Hrn. v. Dingel-
stedt im Kreise einiger geladenen Damen und Herren sein neuestes Stück vor.
Dasselbe soll den Zuhörern sehr gefallen haben. Der Autor hatte dem Kinde
noch keinen Namen gegeben, die Gesellschaft taufte es: „Ausgleich.“ --
Die Feldpolizei der deutschen Armee hat aus Versailles die Nachricht her-
gesandt daß dort einem deutschen Armeelieferanten 63 Stück französischer
Bankbillets à 1000 Fr. gestohlen worden sind.
( -- ) Berlin, 28 Febr. Der gestrige Tag hat in der That die Be-
sorgnisse zerstreut in welche die lange Ungewißheit der Lage einen nicht
geringen Theil unserer Bevölkerung versetzt hatte. Um die Mittagsstunde
bedeckten sich die Anschlagssäulen mit riesigen Placaten, durch welche das
Polizeipräsidium der Bevölkerung das Friedenstelegramm des Kaisers an
seine Gemahlin mittheilte. Diese rothberänderten Placate waren auf den
Ecken mit Adlern geschmückt die ihre Schwingen weit ausbreiteten, und in
der Mitte mit einem ovalgeformten Lorbeerkranze. Gleich darauf wurden
auch an derselben Stelle die wesentlichsten Punkte der Friedensprälimina-
rien verkündigt. Allmählich ward es in den Straßen lebendiger, während
von den Dächern zahlreicher Häuser Flaggen herabwehten, theils in den
deutschen, theils in preußischen Farben. Jm ganzen jedoch zeigte die Be-
völkerung eine fast befremdend ruhige Stimmung. Wie der Flaggen = und
Fahnenschmuck der Häuser, so war auch am Abend die Beleuchtung eine
sehr sporadische; dagegen erhielt das Leben und Treiben in den Straßen
mit dem Eintritt der Dunkelheit einen stellenweise wüsten Anstrich. Am bun-
testen gieng es, wie immer bei solchen Gelegenheiten, unter den Linden in der
Nähe des kaiserlichen Palais her. Dort wogte es bis in die tiefe Nacht auf
und ab, und das Rufen nach der Kaiserin, die auch mehreremal auf dem
Balcon erschien, wollte gar kein Ende nehmen. Selbstverständlich fehlte
es auch nicht an grobem Unfug, der von jenen Burschen verübt wurde
welche in hundertköpfigen Banden unter Vorantragung schmutziger Fahnen
und kreischendem Gesange durch die Straßen strömten, und in jugend-
lichem Uebermuth mit allem was ihnen in den Wurf kam ihr schnödes
Spiel trieben. Besonders arg war der Lärm auch in der Umgebung des
Rathhauses, welches die Massen erleuchtet wähnten, und dann, als sie sich ge-
täuscht sahen, nicht eher wieder verlassen wollten als bis illuminirt worden.
Hiezu wird es jedoch erst am Tage der Rückkehr des Kaisers kommen,
welchen der Oberbürgermeister und der Vorsteher der Stadtverordneten im
Namen der Stadt am Bahnhof empfangen und welchem die städtischen Be-
hörden später in corpore eine Glückwunschadresse überreichen werden. Was
die Friedenspräliminarien anlangt, so billigt der urtheilsfähige Theil
unserer Bevölkerung vollkommen diese Abmachung, welche den Charakter
weiser Mäßigung nicht verläugnet, gleichwohl aber Frankreich auf viele
Jahre hin die Möglichkeit benimmt eine Politik der Wiedervergeltung in
Scene zu setzen. Für das Aufgeben Belforts, auf dessen Erwerbung und
Festhaltung man vom politischen wie vom strategischen Standpunkt aus
großen Werth gelegt hatte, tröstet man sich jetzt mit der Erwägung daß
dort durchaus französischer Geist und französische Sprache herrschen, und
daß sich in der Errichtung eines befestigten Lagers bei Altkirch genügender
Ersatz werde finden lassen. Die auf 5 Milliarden herabgesetzte Kriegskosten-
Entschädigung schließt zugleich den Ersatz für den Schaden in sich welcher
der deutschen Handelsmarine aus der Aufbringung von Schiffen und den
ausgewiesenen Deutschen aus ihrer brutalen Vertreibung erwachsen ist.
Dagegen werden hiebei die schon geleisteten Contributionen nicht in An-
rechnung gebracht. Von einer Schleifung der Pariser Festungswerke, welche
die „Kreuzztg.“ wiederholt in Correspondenzen und Leitartikeln befürwortet
hatte, ist in den Stipulationen keine Rede. Auch wird in gutunterrichteten
Kreisen die Angabe der „Köln. Ztg.“ bestritten daß der Abschluß der Frie-
denspräliminarien durch die Einmischungsgelüste Englands verzögert
worden sei, welche sich bei diesen Verhandlungen gar nicht bemerkbar ge-
macht hätten. -- Vorgestern ist der österreichische Gesandte, Graf Wimpffen,
nach Wien abgereist, angeblich in Privatangelegenheiten. Es ist indeß
kaum anzunehmen daß Graf Wimpffen so unmittelbar vor der Rückkehr des
Kaisers und des Bundeskanzlers seinen Posten verlassen haben sollte um
bloß Privatsachen zu erledigen. Hier legt man denn auch seiner Reise, die
übrigens nur von kurzer Dauer sein wird, einen entschieden politischen
Charakter bei.
Oesterreichisch=ungarische Monarchie.
sym13 Wien, 1 März. Bekanntlich hat die rumänische Regierung
schon vor längerer Zeit die Umwandlung des in der Convention vom
19 Aug. 1858 festgestellten Titels „Vereinigte Fürstenthümer der Moldau
und Walachei“ auch für die internationalen Beziehungen in den bei
Acten der inneren Verwaltung und im nichtdiplomatischen Verkehr allge-
mein üblichen Titel „Fürstenthum Rumänien“ angeregt, und die günstige
Erledigung dieses speciell von Oesterreich unterstützten Wunsches wurde
nur durch den die Pforte herausfordernden Zwischenfall hinausgeschoben
daß die rumänische Regierung Münzen prägen ließ welche, entgegen der
bestimmten Clausel der mit der Pforte ausgetauschten Erklärungen, kein
Zeichen der Oberherrlichkeit der Pforte trugen. Die Angelegenheit ist
dem Vernehmen nach jetzt beglichen, und es werden die zur Conferenz in
London versammelten Bevollmächtigten der Pariser Vertragsmächte ein
Protokoll unterzeichnen welches, gegen Erneuerung der in den gedachten
Erklärungen bezüglich der Ausübung des Münzrechts begründeten Ver-
pflichtung, den Art. 1 der Convention von 1858 abändert und die Donau-
fürstenthümer officiell als „Fürstenthum Rumänien“ in das europäische
Recht einführt.
# Graz, 27 Febr. Die Regierung hatte schon vor längerer Zeit
den Entschluß gefaßt in Graz ein neues Universitätsgebäude zu errichten,
was um so dringender war als die jetzige Localität schon lange nicht mehr
den an sie gestellten Anforderungen genügt; 1,200,000 fl. waren für das
Gebäude in Anschlag gebracht. Nun ist aber zwischen der Gemeinde und
der Regierung ein Streit über den Platz ausgebrochen auf welchem die
Universität zu stehen kommen soll. Die von der Regierung gewählte Stelle
sagte der Gemeinde nicht zu, weil der Neubau, würde er hier errichtet,
einen großen Theil des erst neu geschaffenen Stadtparks beeinträchtigte;
die Regierung aber wollte wieder auf die von der Gemeinde in Vor-
schlag gebrachten Plätze nicht eingehen. Der Streit hatte einen so ge-
reizten Charakter angenommen, daß die Regierung schon erklärte sie werde
gar kein neues Gebäude herstellen; ja noch mehr, sie werde die Grazer
Universität nach Salzburg verlegen, wenn man auf ihren Plan nicht ein-
gehe. Schon wurden die schlimmsten Befürchtungen rege, als endlich doch
noch in letzter Stunde ein Compromiß erzielt wurde. Gestern fanden näm-
lich Conferenzen zwischen dem Gemeinderath und einem vom Unterrichts-
ministerium delegirten Sectionsrathe statt, und man einigte sich dahin die
Universität zwar auf dem von der Regierung vorgeschlagenen Platz, aber
so anzulegen daß nur ein ganz unbedeutender Theil des Stadtparks ge-
opfert werden muß. Der Bau wird schon im Frühjahre begonnen und in
italienischem Renaissancestyl mit weitläufigen Höfen und Arcaden auf-
geführt werden.
Schweiz.
Bern, 27 Febr. Jm Ständerathssaal versammelte sich heute die
vom Nationalrath zur Vorberathung der Bundesverfassungsrevision auf-
gestellte Commission. Die Commission hatte sich zu Ende vorigen Jahrs
in vier Sectionen getheilt. Da nun nur die staatswirthschaftliche Com-
mission ihre Anträge motivirt hatte, wurde auf den Antrag von Dr. Escher
die politische Commission, die Militärcommission und die Rechtscommission
eingeladen ihre Anträge ebenfalls zu motiviren, und soll diese Motivirung
auf den Antrag Stämpfli's gedruckt ausgetheilt worden sein. Nationalraths-
präsident Anderwerth beantragte mit Art. 1 der Verfassung die Berathung
zu beginnen, wo dann bei jedem Paragraphen die betreffende Section ihre
Einwendungen machen könne. Die Berichterstatter der letzten drei Sec-
tionen erklärten hierauf daß sie sämmtlich willens seien Bericht zu erstatten,
und keineswegs ihre Anträge unmotivirt vorzulegen gesonnen gewesen seien,
sich aber zur Vereinfachung auf mündliche Berichterstattung beschränken zu
können glaubten. Für die Militärsection berichteten die Obersten Sche-
rer aus Zürich und Stehlin von Basel. Wir entnehmen diesem Bericht
vorderhand nur daß die Mehrheit dieser Section vor einer gänzlichen
Centralisation des Militärwesens aus politischen Gründen abrathet, in-
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