Badener Zeitung. Nr. 7, Baden (Niederösterreich), 24.01.1900. Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5.--, ganzjährig K 10.--. Mit Zustellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3.--, halbjährig K 6.--, Nr. 7. Mittwoch, den 24. Jänner 1900. 20. Jahrg. [Spaltenumbruch] Das neue Ministerium. Die "Wiener Zeitung" vom Samstag ver- Damit ist die lange vorher angekündigte Das neue Ministerium ist infolgedessen nicht "Die durch das Vertrauen Sr. Majestät be- Mit der politischen Action des Ministeriums [Spaltenumbruch]
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Feuilleton
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Der dänische Gesandte. (Nachdruck verboten.) Zu den zahlreichen Freunden, welche sich mein Eines Morgens, als mein Vater in seiner [Spaltenumbruch] Mein Vater versprach, sich die Sache zu über- Zwei Tage später spazierte mein Vater sehr "Heute bringe ich eine Neuigkeit, welche Sie, "Und das wäre?" Mienel's Neugier war zu entschuldigen, denn "Im "braunen Hirsch" ist der dänische Ge- "Das will ich mir erst überlegen", sagte Berg Nachdem sie noch eine Stunde geplaudert hatten, Am nächsten Vormittag um elf Uhr gieng Berg Mienel gieng unterdessen ungeduldig im Zimmer "Lass mich nur erst ins Haus treten, dann Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5.—, ganzjährig K 10.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3.—, halbjährig K 6.—, Nr. 7. Mittwoch, den 24. Jänner 1900. 20. Jahrg. [Spaltenumbruch] Das neue Miniſterium. Die „Wiener Zeitung“ vom Samstag ver- Damit iſt die lange vorher angekündigte Das neue Miniſterium iſt infolgedeſſen nicht „Die durch das Vertrauen Sr. Majeſtät be- Mit der politiſchen Action des Miniſteriums [Spaltenumbruch]
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Feuilleton
[Abbildung]
Der däniſche Geſandte. (Nachdruck verboten.) Zu den zahlreichen Freunden, welche ſich mein Eines Morgens, als mein Vater in ſeiner [Spaltenumbruch] Mein Vater verſprach, ſich die Sache zu über- Zwei Tage ſpäter ſpazierte mein Vater ſehr „Heute bringe ich eine Neuigkeit, welche Sie, „Und das wäre?“ Mienel’s Neugier war zu entſchuldigen, denn „Im „braunen Hirſch“ iſt der däniſche Ge- „Das will ich mir erſt überlegen“, ſagte Berg Nachdem ſie noch eine Stunde geplaudert hatten, Am nächſten Vormittag um elf Uhr gieng Berg Mienel gieng unterdeſſen ungeduldig im Zimmer „Laſs mich nur erſt ins Haus treten, dann <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Badener Zeitung</hi><lb/> (vormals Badener Bezirks-Blatt).</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Abonnement Baden:</hi> Zum Abholen vierteljährig <hi rendition="#aq">K</hi> 2·50, halbjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 5.—, ganzjährig <hi rendition="#aq">K</hi> 10.—. 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Er war ein geborener Däne<lb/> und hatte ſich durch Fleiß und Sparſamkeit in ver-<lb/> hältnismäßig kurzer Zeit ein Vermögen erworben;<lb/> ſeine Frau war eine Bürgerstochter aus wohl-<lb/> habender Familie; ſie war klein, dick, kurzſichtig und<lb/> hieß Mienel.</p><lb/> <p>Eines Morgens, als mein Vater in ſeiner<lb/> Werkſtatt beſchäftigt war, trat Berg herein. Sein<lb/> Geſicht trug den ärgerlichen Ausdruck, und er fragte<lb/> meinen Vater, ob er Zeit hätte, eine Flaſche Wein<lb/> mit ihm zu trinken. Mein Vater erwiderte: „Ich nehme<lb/> mir welche“, und ſie giengen in die auf derſelben<lb/> Straße gelegene Weinſtube. Wein löst bekanntlich<lb/> die Herzen und die Zungen, und ſo erzählte denn<lb/> Berg bei der zweiten Flaſche, daſs er großen Ärger<lb/> im Hauſe habe, ſeine Frau koche ſo ſchlecht und ſo<lb/> knapp, daſs er ſich vor ſeinen Geſellen und Lehr-<lb/> jungen ſchämen müſſe. „Wozu ſpart ſie denn“, fuhr<lb/> er fort, „wir haben ein bezahltes Grundſtück nebſt<lb/> Geſchäft mit großen Außenſtänden und keine Kinder.<lb/> Wenn ich ihr einmal einen rechten Streich ſpielen<lb/> könnte! Du haſt immer ſo gute Einfälle; denke ein<lb/> wenig darüber nach; nur eines ſage ich Dir: Geld<lb/> muſs es koſten“.</p><lb/> <cb/> <p>Mein Vater verſprach, ſich die Sache zu über-<lb/> legen, und beide ſchieden mit Händedruck.</p><lb/> <p>Zwei Tage ſpäter ſpazierte mein Vater ſehr<lb/> vergnügt zu Bergs hinunter. Letztere wohnten außer-<lb/> halb der Stadt; ſie ſaßen bei Ankunft meines<lb/> Vaters gerade in einem auf einer kleinen Anhöhe<lb/> erbauten Sommerhäuschen und grüßten ihn ſchon<lb/> von weitem mit einem herzlichen „Guten Morgen,<lb/> Herr Gevatter“. Nachdem die zweite Begrüßung vor-<lb/> über und er platzgenommen hatte, fragte Mienel:<lb/> „Was giebt’s Neues in der Stadt?“</p><lb/> <p>„Heute bringe ich eine Neuigkeit, welche Sie,<lb/> beſonders aber den Jens, intereſſieren wird.“</p><lb/> <p>„Und das wäre?“</p><lb/> <p>Mienel’s Neugier war zu entſchuldigen, denn<lb/> damals hatte die Stadt noch keine Eiſenbahn, und<lb/> ſelten wurde die Eintönigkeit des Alltagslebens durch<lb/> ungewöhnliche Vorfälle unterbrochen.</p><lb/> <p>„Im „braunen Hirſch“ iſt der däniſche Ge-<lb/> ſandte angemeldet“, erwiderte mein Vater auf die<lb/> Frage Mienels, „der Herr Bürgermeiſter ſagte es<lb/> mir im Vorbeigehen und meinte, es wäre doch<lb/> ſchicklich, wenn Jens, als der einzige hier lebende<lb/> Däne, ihm ſeine Aufwartung machte.“</p><lb/> <p>„Das will ich mir erſt überlegen“, ſagte Berg<lb/> trocken, aber Mienel erwiderte hochmüthig: „Wenn<lb/> es der Herr Bürgermeiſter wünſcht, wirſt Du gehen“.</p><lb/> <p>Nachdem ſie noch eine Stunde geplaudert hatten,<lb/> gieng mein Vater wieder nach Hauſe. Am nächſten<lb/> Tage erhielt Berg vom Bürgermeiſter ein Schreiben,<lb/> in welchem ihm dieſer mittheilte, daſs morgen,<lb/> Donnerstag, der däniſche Geſandte im „braunen<lb/> Hirſch“ eintreffen würde und die Höflichkeit es er-<lb/> fordere, daſs er, Berg, als einziger in der Stadt<lb/> lebender Däne, den hohen Würdenträger bewill-<lb/><cb/> kommne. Als Berg das Schreiben geleſen hatte, ſagte<lb/> er ärgerlich zu Mienel: „Da muſs ich allerdings<lb/> gehen, obgleich mir gar nichts daran liegt; mache<lb/> mir meinen Frack, die ſchwarzen Beinkleider und<lb/> weiße Weſte zurecht und beſorge ein neues, hell-<lb/> ſeidenes Halstuch.“ Mienel war ganz ſtolz, holte<lb/> ſogleich die Kleidungsſtücke, unterſuchte mit peinlicher<lb/> Genauigkeit die Taſchen, Aufhänger und Knöpfe, und,<lb/> als das beendet, gieng ſie zur Stadt und kaufte ein<lb/> pfirſichblütenfarbenes ſeidenes Halstuch. Die Be-<lb/> kannten, welche ſie auf ihrem Wege traf, fertigte ſie<lb/> kurz ab mit dem Hinweiſe, daſs ſie in einer äußerſt<lb/> wichtigen, internationalen Miſſion zur Stadt ge-<lb/> kommen und daſs die Einwohner derſelben in einigen<lb/> Tagen beſſer wiſſen würden, wer ſie, Mienel Berg,<lb/> ſei. Die Leute ſchüttelten den Kopf und wunderten<lb/> ſich über das hochtrabende Gebahren der Gerber-<lb/> meiſterin.</p><lb/> <p>Am nächſten Vormittag um elf Uhr gieng Berg<lb/> zur Staatsviſite in die Werkſtatt meines Vaters.<lb/> „Was nun?“ fragte er lachend. „Werde es Dir<lb/> beim Frühſchoppen erzählen.“</p><lb/> <p>Mienel gieng unterdeſſen ungeduldig im Zimmer<lb/> auf und ab; zuweilen ſtellte ſie ſich an die Haus-<lb/> thüre, um zu ſehen, ob ihr Mann noch nicht komme;<lb/> das Eſſen ließ ſie total verbrennen. Endlich kam<lb/> Berg an und ſofort gieng ſie ihm entgegen, um zu<lb/> erfahren, was der Geſandte geſagt hatte.</p><lb/> <p>„Laſs mich nur erſt ins Haus treten, dann<lb/> ſollſt Du alles erfahren.“ Mienel’s Neugier erreichte<lb/> den höchſten Grad. „Erzähle doch endlich“, bat ſie.<lb/> „Nun“, begann Berg, „der Geſandte war ſehr<lb/> erfreut, einen Dänen hier zu finden; ich ſagte ihm,<lb/> daſs es mir ſehr gut gehe, ſchönes Wohnhaus, aus-<lb/> gedehnten Garten und gut gehende Gerberei beſitze,</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Badener Zeitung
(vormals Badener Bezirks-Blatt).
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5.—, ganzjährig K 10.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3.—, halbjährig K 6.—,
ganzjährig K 12 —. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3.30, halbjährig K 6.50, ganzjährig K 13.—. Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h., Samstag-Nummer
16 h. — Anſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Ueber-
einkommen und können auch durch die beſtehenden Annoncen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mittheilungen, Notizen und Correſpon-
denzen werden nach Uebereinkunft bonoriert. Mannſcripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaction und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.
[Abbildung]
Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
[Abbildung]
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.)
Nr. 7. Mittwoch, den 24. Jänner 1900. 20. Jahrg.
Das neue Miniſterium.
Die „Wiener Zeitung“ vom Samstag ver-
öffentlicht die Demmiſſion des Miniſteriums Wittek
und zugleich die Liſte des neuen vom Kaiſer über
Vorſchlag des bisherigen Miniſters des Inneren,
Dr. v. Körber, ernannten Cabinettes. Nach dieſer
Verlautbarung übernimmt Dr. v. Körber abermals
das Reſſort des Inneren und bekleidet gleichzeitig
die Stelle des Miniſterpräſidenten; ebenſo werden
Graf Welſersheimb als Landesvertheidigungs-
miniſter und Dr. v. Wittek als Eiſenbahnminiſter
in ihren bisherigen Stellungen belaſſen und neu
erannnt: Dr. R. Böhm v. Bawerk zum Finanz-
miniſter, Alois Feiherr v. Spens-Boden zum
Juſtizminiſter, Dr. Wilhelm R. v. Hartel zum
Miniſter für Cultus und Unterricht, Guido
Freiherr v. Call zu Roſenburg und Culmbach
zum Handelsminiſter, Karl Freiherr v. Giovanelli
zum Ackerbauminiſter, Sectionschef Dr. Anton
Rezek und Hofrath Dr. Leopold Pientak zum
Landsmannminiſter für Böhmen und Galizien.
Damit iſt die lange vorher angekündigte
Ära der Verſtändigungsaction und der Wieder-
herſtellung geſunder Verhältniſſe in Öſterreich
gebrochen. Thatſächlich ſoll die Verſtändigungs-
action ſelbſt auch ſofort beginnen, nachdem es
Dr. v. Körber angeblich gelungen iſt, in den der
Neubildung des Cabinettes vorausgegangenen
mehrwöchentlichen Verhandlungen mit den czechi-
ſchen und deutſchen Parteiführern den Boden für
eine ſolche Action genügend vorzubereiten. Die
in Ausſicht genommene Conferenz czechiſcher und
deutſcher Vertrauensmänner ſoll ſo lange tagen,
bis ein greifbares Reſultat, ſei es im poſitiven
oder negativen Sinne, erzielt worden iſt. Erſt in
erſterem Falle ſoll dann der Reichsrath wieder
zuſammentreten und man hofft, daſs dies gegen
den 20. Februar zu wird geſchehen können.
Das neue Miniſterium iſt infolgedeſſen nicht
in der Lage, ſich ſofort nach ſeiner Conſtituierung
in üblicher Weiſe dem Parlament vorzuſtellen
und dort ſein Programm zu entwickeln. Um dieſe
Lücke auszufüllen, wurde abermals das amtliche
Organ in Anſpruch genommen und es enthält
die „Wiener Abendpoſt“ vom Samstag die fol-
gende officielle Erklärung der neuen Regierung:
„Die durch das Vertrauen Sr. Majeſtät be-
rufene neue Regierung erblickt ihre wichtigſte
politiſche Aufgabe in der einverſtändlichen Bei-
legung des nationalen Streites, ihre culturelle
und wirtſchaftliche Miſſion in der Zuſammen-
faſſung aller Kräfte zum Gedeihen des Staates.
Die nationalen Kämpfe, ſchon an ſich, beſonders
aber durch ihre lange Dauer ſo bedauernswert,
haben die Geiſter zur einſeitigen politiſchen
Leidenſchaft gedrängt, die Energie des Volkes,
die auf zahlreichen Gebieten poſitive, ſegens-
reiche Arbeit hätte verrichten ſollen, unterbunden,
den ſocialen Verkehr geſchädigt und ſelbſt Inte-
reſſen in den Hintergrund gedrängt, die allen
Volksſtämmen gemeinſam ſind. Die Erkenntnis
dieſer ſchweren Schäden hat in allen ernſten
Kreiſen der Überzeugung Bahn gebrochen, daſs
es unerläſslich iſt, den nationalen Kampf zu be-
endigen oder doch weſentlich zu mildern und
unſere öffentlichen Einrichtungen vor weiteren
Erſchütterungen zu bewahren. Die Erfahrungen
der letzten Jahre haben gezeigt, daſs in nationalen
Fragen nur das ſich zu behaupten vermag, was
aus dem übereinſtimmenden Willen der Be-
theiligten hervorgeht. Allſeitige Mäßigung und
eine durch die Exiſtenzbedingungen des Staates
gebotene Opferwilligkeit können einen redlichen
Vergleich über die nationalen Streitpunkte er-
möglichen. Die Regierung iſt der Anſicht, es
werde zur Aufhebung und Entwirrung der Ver-
hältniſſe viel beitragen, wenn die ſtrittigen
Fragen ſofort auf das Gebiet praktiſcher Vor-
ſchläge geleitet werden. Die Regierung wird
daher ſchon in den nächſten Tagen die betheiligten
Parteien einladen, Vertrauensmänner zu einer
Conferenz nach Wien zu entſenden, denen ſie
unter eigener activer Theilnahme an der Be-
rathung eine Reihe von concreten Vorſchlägen
zur Beilegung der beſtehenden Gegenſätze unter-
breiten wird. Eine der erſten Aufgaben des dann
einzuberufenden Reichsrathes wird es ſein, inner-
halb ſeines Wirkungskreiſes auf Grund des Er-
gebniſſes dieſer Verhandlungen über die hier in
Betracht kommenden Fragen Beſchluſs zu faſſen.
Mit der politiſchen Action des Miniſteriums
ſoll eine rege Initiative auf allen anderen Ge-
bieten Hand in Hand gehen. Der nachdrücklichſten
Fürſorge bedürfen beſonders die wirtſchaftlichen
Verhältniſſe. Trotz aller in ſo reichem Maße
gegebenen Vorausſetzungen iſt die Entwicklung
unſerer productiven Thätigkeit arg gehemmt und
leidet ſchwer unter den Folgen des nationalen
Zwiſtes. In einem Augenblicke, wo die induſtrielle
Weltconjunctur zu geſteigerter Arbeit und zur
Vereinigung aller Kräfte drängt, ſind dieſe bei
uns gelähmt und gebunden durch den nationalen
Kampf. Sie freizumachen und in den Dienſt der
Wohlfahrt und des ſocialen Fortſchrittes der
[Abbildung]
Feuilleton
[Abbildung]
Der däniſche Geſandte.
Von Marie Peper.
(Nachdruck verboten.)
Zu den zahlreichen Freunden, welche ſich mein
Vater als Bürger und Meiſter der Stadt G. er-
worben hatte, gehörte auch ein reicher Gerbermeiſter
namens Jens Berg. Er war ein geborener Däne
und hatte ſich durch Fleiß und Sparſamkeit in ver-
hältnismäßig kurzer Zeit ein Vermögen erworben;
ſeine Frau war eine Bürgerstochter aus wohl-
habender Familie; ſie war klein, dick, kurzſichtig und
hieß Mienel.
Eines Morgens, als mein Vater in ſeiner
Werkſtatt beſchäftigt war, trat Berg herein. Sein
Geſicht trug den ärgerlichen Ausdruck, und er fragte
meinen Vater, ob er Zeit hätte, eine Flaſche Wein
mit ihm zu trinken. Mein Vater erwiderte: „Ich nehme
mir welche“, und ſie giengen in die auf derſelben
Straße gelegene Weinſtube. Wein löst bekanntlich
die Herzen und die Zungen, und ſo erzählte denn
Berg bei der zweiten Flaſche, daſs er großen Ärger
im Hauſe habe, ſeine Frau koche ſo ſchlecht und ſo
knapp, daſs er ſich vor ſeinen Geſellen und Lehr-
jungen ſchämen müſſe. „Wozu ſpart ſie denn“, fuhr
er fort, „wir haben ein bezahltes Grundſtück nebſt
Geſchäft mit großen Außenſtänden und keine Kinder.
Wenn ich ihr einmal einen rechten Streich ſpielen
könnte! Du haſt immer ſo gute Einfälle; denke ein
wenig darüber nach; nur eines ſage ich Dir: Geld
muſs es koſten“.
Mein Vater verſprach, ſich die Sache zu über-
legen, und beide ſchieden mit Händedruck.
Zwei Tage ſpäter ſpazierte mein Vater ſehr
vergnügt zu Bergs hinunter. Letztere wohnten außer-
halb der Stadt; ſie ſaßen bei Ankunft meines
Vaters gerade in einem auf einer kleinen Anhöhe
erbauten Sommerhäuschen und grüßten ihn ſchon
von weitem mit einem herzlichen „Guten Morgen,
Herr Gevatter“. Nachdem die zweite Begrüßung vor-
über und er platzgenommen hatte, fragte Mienel:
„Was giebt’s Neues in der Stadt?“
„Heute bringe ich eine Neuigkeit, welche Sie,
beſonders aber den Jens, intereſſieren wird.“
„Und das wäre?“
Mienel’s Neugier war zu entſchuldigen, denn
damals hatte die Stadt noch keine Eiſenbahn, und
ſelten wurde die Eintönigkeit des Alltagslebens durch
ungewöhnliche Vorfälle unterbrochen.
„Im „braunen Hirſch“ iſt der däniſche Ge-
ſandte angemeldet“, erwiderte mein Vater auf die
Frage Mienels, „der Herr Bürgermeiſter ſagte es
mir im Vorbeigehen und meinte, es wäre doch
ſchicklich, wenn Jens, als der einzige hier lebende
Däne, ihm ſeine Aufwartung machte.“
„Das will ich mir erſt überlegen“, ſagte Berg
trocken, aber Mienel erwiderte hochmüthig: „Wenn
es der Herr Bürgermeiſter wünſcht, wirſt Du gehen“.
Nachdem ſie noch eine Stunde geplaudert hatten,
gieng mein Vater wieder nach Hauſe. Am nächſten
Tage erhielt Berg vom Bürgermeiſter ein Schreiben,
in welchem ihm dieſer mittheilte, daſs morgen,
Donnerstag, der däniſche Geſandte im „braunen
Hirſch“ eintreffen würde und die Höflichkeit es er-
fordere, daſs er, Berg, als einziger in der Stadt
lebender Däne, den hohen Würdenträger bewill-
kommne. Als Berg das Schreiben geleſen hatte, ſagte
er ärgerlich zu Mienel: „Da muſs ich allerdings
gehen, obgleich mir gar nichts daran liegt; mache
mir meinen Frack, die ſchwarzen Beinkleider und
weiße Weſte zurecht und beſorge ein neues, hell-
ſeidenes Halstuch.“ Mienel war ganz ſtolz, holte
ſogleich die Kleidungsſtücke, unterſuchte mit peinlicher
Genauigkeit die Taſchen, Aufhänger und Knöpfe, und,
als das beendet, gieng ſie zur Stadt und kaufte ein
pfirſichblütenfarbenes ſeidenes Halstuch. Die Be-
kannten, welche ſie auf ihrem Wege traf, fertigte ſie
kurz ab mit dem Hinweiſe, daſs ſie in einer äußerſt
wichtigen, internationalen Miſſion zur Stadt ge-
kommen und daſs die Einwohner derſelben in einigen
Tagen beſſer wiſſen würden, wer ſie, Mienel Berg,
ſei. Die Leute ſchüttelten den Kopf und wunderten
ſich über das hochtrabende Gebahren der Gerber-
meiſterin.
Am nächſten Vormittag um elf Uhr gieng Berg
zur Staatsviſite in die Werkſtatt meines Vaters.
„Was nun?“ fragte er lachend. „Werde es Dir
beim Frühſchoppen erzählen.“
Mienel gieng unterdeſſen ungeduldig im Zimmer
auf und ab; zuweilen ſtellte ſie ſich an die Haus-
thüre, um zu ſehen, ob ihr Mann noch nicht komme;
das Eſſen ließ ſie total verbrennen. Endlich kam
Berg an und ſofort gieng ſie ihm entgegen, um zu
erfahren, was der Geſandte geſagt hatte.
„Laſs mich nur erſt ins Haus treten, dann
ſollſt Du alles erfahren.“ Mienel’s Neugier erreichte
den höchſten Grad. „Erzähle doch endlich“, bat ſie.
„Nun“, begann Berg, „der Geſandte war ſehr
erfreut, einen Dänen hier zu finden; ich ſagte ihm,
daſs es mir ſehr gut gehe, ſchönes Wohnhaus, aus-
gedehnten Garten und gut gehende Gerberei beſitze,
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(2018-01-26T13:38:42Z)
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(2018-01-26T13:38:42Z)
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