Badener Zeitung. Nr. 14, Baden (Niederösterreich), 16.02.1898. Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.--. Mit Zustellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.--, Nr. 14. Mittwoch den 16. Februar 1898. 18. Jahrg. [Spaltenumbruch] Zweitheilung Böhmens. Am 10. Februar haben namens der Deutschen Alle diese Anträge kommen den Czechen [Spaltenumbruch] Lüge und Heuchelei ist alles Geschwätz von [Spaltenumbruch] Feuilleton. Eine zufällige Begegnung. Unbefugter Nachdruck nicht gestattet. Sie war jung und hübsch und trug jedes Stück Es wäre nutzlos, zu versichern, dass ein durchaus Mary war durchaus "nett", aber sie kam aus Eine ihrer Mitschülerinnen, ein Mädchen ohne Die Tage vergingen. Sie arbeitete mit immer Er lebte augenscheinlich in den besten Ver- Es dauerte nicht lange, so wurde aus dem Als sie sich am nächsten Tage begegneten, war Die ernste Wirklichkeit des Lebens nahm mit Badener Zeitung (vormals Badener Bezirks-Blatt). Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.—, Nr. 14. Mittwoch den 16. Februar 1898. 18. Jahrg. [Spaltenumbruch] Zweitheilung Böhmens. Am 10. Februar haben namens der Deutſchen Alle dieſe Anträge kommen den Czechen [Spaltenumbruch] Lüge und Heuchelei iſt alles Geſchwätz von [Spaltenumbruch] Feuilleton. Eine zufällige Begegnung. Unbefugter Nachdruck nicht geſtattet. Sie war jung und hübſch und trug jedes Stück Es wäre nutzlos, zu verſichern, daſs ein durchaus Mary war durchaus „nett“, aber ſie kam aus Eine ihrer Mitſchülerinnen, ein Mädchen ohne Die Tage vergingen. Sie arbeitete mit immer Er lebte augenſcheinlich in den beſten Ver- Es dauerte nicht lange, ſo wurde aus dem Als ſie ſich am nächſten Tage begegneten, war Die ernſte Wirklichkeit des Lebens nahm mit <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Badener Zeitung</hi><lb/> (vormals Badener Bezirks-Blatt).</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Abonnement Baden:</hi> Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.—. 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Sie aber, die die Blumen liebte, als<lb/> ſeien es lebende Weſen, machte eine ſchnelle Be-<lb/> wegung, als wolle ſie ſich bücken, um ſie aufzuheben,<lb/> ebenſo raſch aber kam ihr die Beſinnung und ſie<lb/> erröthete unter dem Blick ſcheinbaren Einverſtänd-<lb/> niſſes, der ſie aus ſeinen Augen traf.</p><lb/> <p>Als ſie ſich am nächſten Tage begegneten, war<lb/> ſie zufällig allein und er trug in der Hand einen<lb/> großen Strauß ſüß duftender Veilchen. Er lächelte,<lb/> grüßte — und die Veilchen waren für ſie. Er bot<lb/> ſie freundlich und höflich an — und ſie, obgleich ſie<lb/> wuſste, daſs ſie eigentlich etwas Ungehöriges that,<lb/> nahm ſie voll zitternder Freude an. Dann gingen<lb/> beide in entgegengeſetzter Richtung ihren Zielen zu.</p><lb/> <p>Die ernſte Wirklichkeit des Lebens nahm mit<lb/> den Tagen ihren Fortgang. Sie hatte alle Prüfungen<lb/> gut beſtanden. 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Badener Zeitung
(vormals Badener Bezirks-Blatt).
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig fl 1·25, halbjährig fl. 2.50, ganzjährig fl. 5.—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig fl. 1.50, halbjährig fl. 3.—,
ganzjährig fl. 6·—. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig fl. 1.65, halbjährig fl. 3.25, ganzjährig fl. 6.50. Einzelne Mittwoch-Nummer 6 kr., Samstag-Nummer
8 kr. — Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 8 kr. für die erſte, und mit 7 kr. für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Ueber-
einkommen und können auch durch die beſtehenden Annoncen-Bureaux an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mittheilungen, Notizen und Correſpon-
denzen werden nach Uebereinkunft honorirt. Mannſcripte werden nicht zurückgeſtellt.
[Abbildung]
Erſcheint Mittwoch und Samstag früh.
[Abbildung]
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtrirtes Unterhaltungsblatt“.)
Nr. 14. Mittwoch den 16. Februar 1898. 18. Jahrg.
Zweitheilung Böhmens.
Am 10. Februar haben namens der Deutſchen
im Prager Landtage die Abgeordneten Dr. Lippert
und Dr. Pergelt einen Antrag in zwei Theilen
eingebracht, deren erſter die ſofortige Wiederauf-
nahme der in den Ausgleichsvereinbarungen vom
19. Jänner 1890 feſtgeſetzten Commiſſionsarbeiten
zur nationalen Abgrenzung der Gerichtsſprengel
fordert, der zweite Theil die Neuordnung der
geſammten Landesverwaltung im Intereſſe des
Friedens unter Feſthaltung des Grundſatzes ver-
langt, daſs den Ämtern und behördlichen Organen
nur Amtsſprengel zugewieſen werden, welche
Gemeinden und Ortſchaften möglichſt ein und
derſelben Nationalität umfaſſen. Als Folgeantrag,
welcher ſich aus den oberwähnten Anträgen er-
gibt, wurde weiters die endliche Errichtung des
gleichfalls vereinbarten deutſchen Kreisgerichtes zu
Trautenau in Antrag gebracht. Dazu begründete der
Abgeordnete Nitſche ſeinen Antrag auf Beſtellung
eines Dolmetſches im Landtage, welcher das
Verſtändnis der czechiſchen Reden und Bekannt-
machungen den deutſchen Abgeordneten, die nicht
czechiſch verſtehen, zu vermitteln hätte.
Alle dieſe Anträge kommen den Czechen
höchlich unbequem, weil ſie ſich gegen die von
ihnen beliebte Methode wenden, die Deutſchen
ſelbſt als Böhmen zu betrachten, worunter ſie
eigentlich nur ſich ſelbſt, das iſt, nur die Czechen
verſtehen. Es handelt ſich den Czechen darum,
das Daſein der Deutſchen politiſch zu unter-
ſchlagen und nur eine einzige politiſche Nation
in Böhmen gelten zu laſſen, nämlich ſich ſelber.
Sie confiscieren die Deutſchen und das ge-
ſchloſſene deuſche Sprachgebiet, wie die Polen in
Galizien die Ruthenen confiscieren und die Ma-
gyaren in Ungarn die übrigen Nationalitäten
unter den Geſammtbegriff „ungariſches Volk“
verſtecken möchten. Indem die Czechen auf dieſe
Weiſe das Deutſchthum in Böhmen wie die
Taſchenſpieler die Eier, die ſie in den Mund
ſtecken, verſchwinden laſſen möchten, bemühen ſie
ſich, die Wirklichkeit gewaltſam an die Stelle
des bloßen Scheins zu ſetzen und wollen zu
dieſem Zwecke die Deutſchen in Böhmen auf alle
Weiſe nöthigen, czechiſch zu lernen und ihre
Mutterſprache aufzugeben. Daher der Sprachen-
zwang, den ſie unter der falſchen Flagge der
Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der beiden
Sprachen in Böhmen den Deutſchen aufnöthigen
wollen, daher die Verſuche, die geſammte Ver-
waltung und das geſammte Gerichtsweſen, die
kaiſerlichen und die Landesbehörden zweiſprachig
zu geſtalten und die Beamten und Richter zu
zwingen, in beiderlei Sprachen zu amtieren und
Recht zu pflegen; daher die Leugnung eines ge-
ſchloſſenen deutſchen Sprachgebietes und die
krampfhaften Verſuche, es zu durchbrechen. Daher
die Anſtrengungen, alles kaiſerliche, alles öſter-
reichiſche in Böhmen durch königlich böhmiſch zu
erſetzen, wie ſogar die Grenzzeichen des Landes
im Sinne dieſer Anſtrengungen abgeändert wurden.
Daher das Staatsrecht, welches den letzten Ein-
fluß des öſterreichiſchen Staates auf die inneren
Verhältniſſe in Böhmen vernichten ſoll, damit
dann mit Gewalt, Kerker und Landesaustreibung
der letzte Reſt des Deutſchthumes im Lande zu
Paaren getrieben werden könnte, der ſich nicht
gutwillig dem ſchon jetzt eingeführten Zwange
unterworfen hätte.
Lüge und Heuchelei iſt alles Geſchwätz von
Gleichberechtigung, von dem berühmten weißen
Blatte, welches den Deutſchen hingehalten werden
ſoll, um ihre Wünſche darauf zu ſchreiben,
wenn ſie das Staatsrecht anerkennen. Lüge und
Heuchelei iſt die ganze nationale Politik des
Czechenthums und ſeiner feudalen Gönnerſchaft
gegen die Deutſchen in Böhmen, Lüge und
Heuchelei alle Redensarten, von der Rückſicht-
nahme auf den Geſammtſtaat Öſterreich. Soweit
es ihnen möglich iſt, gehen die Staatsrechtler
jetzt ſchon gewaltſam gegen die Deutſchen vor
und ihr letztes Ziel iſt Gewalt, Gewalt und
wieder Gewalt wider die Deutſchen. Wo ihnen
dieſe nicht durch Zwangsverordnungen möglich
iſt, welche ſie der Wiener Regierung abpreſſen,
ſuchen ſie ihre Majorität und das Vertretungs-
weſen auszunützen, um dem Deutſchthum den Athem
zu benehmen. Wenn die Deutſchen im Landes-
ausſchuſſe, in allen Landesanſtalten zurückgeſetzt
ſind, im Landtage an die Wand gedrückt werden,
ſo verſchanzen ſich die Czechen und ihre Gönner
hinter die parlamentariſche Majorität im Land-
tage. Da gilt ihnen die Gleichberechtigung und
die Gleichwertigkeit nichts mehr. Wie der Teufel
die Bibel citiert, ſo nützen die Czechen alle
Schlagworte aus, um ihre Herrſchgelüſte zu ver-
bergen und ihnen trotzdem zu fröhnen. Wo bleibt
die Gleichberechtigung des deutſchen Volkes in
Böhmen, wenn es der czechiſchen Majorität aus-
geliefert iſt, welche dafür ebenſo viel Verſtändnis
zeigt, wie der Wilde für die Menſchenrechte,
wenn er ſeinen Feind vernichten kann? Der
czechiſche Grundbeſitz verſteht nicht einmal ſeinen
verfaſſungstreuen Standesgenoſſen Gerechtigkeit
widerfahren zu laſſen; wie wäre von ihm eine
Feuilleton.
Eine zufällige Begegnung.
Nach dem Amerikaniſchen von A. Eck.
Unbefugter Nachdruck nicht geſtattet.
Sie war jung und hübſch und trug jedes Stück
ihres ſtets tadellos ſitzenden Anzuges mit jener
Grazie, die ſie von ihrer franzöſiſchen Großmutter
geerbt hatte, der ſie auch die ſüßen braunen Augen
zu verdanken hatte und die langen dunklen Wimpern,
hinter deren Schleier, Marie ſelbſt unbewuſst, die
Augen oft ſo verführeriſch glänzten. Er war jung,
groß und ſchön, und ſein Äußeres hatte jene ver-
trauenerweckende Leichtigkeit und Gewandtheit, die
nur denen eigen zu ſein pflegt, die auf der Sonnen-
ſeite des Lebens ſtehen Sie ging täglich genau um
dieſelbe Stunde von ihrem Mittageſſen zurück in die
Handelsſchule, wo ſie Stenographie erlernte, wenn er
ſein Bureau verließ, um in einem Reſtaurant in der
Nähe ein Gabelfrühſtück einzunehmen. Sie begegneten
ſich an derſelben Ecke derſelben Straße faſt täglich
um genau dieſelbe Zeit; daher kannten ſie ſich bald
und fingen an, ſich auf die Begegnung zu freuen.
Es wäre nutzlos, zu verſichern, daſs ein durchaus
„nettes“ Mädchen dergleichen nicht gethan haben
würde. Jede junge Dame wird bereit ſein, dies mit
überzeugender Wärme zu verſichern, beſonders
in Gegenwart von Herren. Und doch — wenn ſie
es bequem und angenehm finden, werden ſie alle
es ſelbſt thun.
Mary war durchaus „nett“, aber ſie kam aus
einem kleinen Dorfe, die älteſte Tochter eines kinder-
reichen Pfarrhauſes. Sie war weder reich noch kokett.
Es erſchreckte ſie, als ſie zum erſtenmale die unver-
hohlene Bewunderung in ſeinen Augen las, aber
der Schreck war nicht gerade unangenehm.
Eine ihrer Mitſchülerinnen, ein Mädchen ohne
jeden äußeren Reiz, die täglich die Schulwege mit
ihr ging, neckte ſie bald nicht ohne Neid mit ihrer
„Eroberung“. Die anderen führten den Scherz weiter
und ſo ward manche Pauſe zwiſchen den Unterrichts-
ſtunden mit dieſen Neckereien ausgefüllt, und auch in
dem Hauſe, in dem beide in Penſion waren, war
die Sache bald kein Geheimnis mehr. Was er dazu
geſagt haben würde, hätte er dies ahnen können —
ſie hätte es gern gewuſst.
Die Tage vergingen. Sie arbeitete mit immer
größerem Fleiße, je näher der Tag der Prüfung
kam. Es hing ja ſo viel davon ab, ob ſie ein gutes
Abgangszeugnis und eine gute erſte Stelle bekommen
würde. Daheim war ſo wenig Geld und ſo viele
Anforderungen daran. Sie ſehnte ſich danach, auf
eigenen Füßen zu ſtehen, den jüngeren Geſchwiſtern
zu helfen. Wie friſch, wie heiter ſie auch anderen
erſcheinen mochte, innerlich fühlte ſie ſich ängſtlich
müde und einſam. Der freundliche Blick, den ſie
täglich aus ſeinen ſchönen blauen Augen auf ſich
gerichtet fühlte, war wie ein erfriſchender Trunk
nach ermüdender Wanderung.
Er lebte augenſcheinlich in den beſten Ver-
hältniſſen. Sein Anzug zeigte das, wie auch die
friſche Blume, die ſie täglich in ſeinem Knopfloch
gewahrte. Dieſe Blume war es ja eigentlich, die
ihre Aufmerkſamkeit zuerſt auf ihn gelenkt hatte. Sie
vermiſste den elterlichen Garten ſo ſehr in dieſer
großen Stadt, wo ſie nie eine andere Blume ſah
als jene, welche in den Schaufenſtern der Blumen-
läden prangten, die ſie nur mit ſehnſüchtigen Blicken
betrachten konnte.
Es dauerte nicht lange, ſo wurde aus dem
Blick gegenſeitigen Erkennens ein Lächeln, aus dem
Lächeln ein Gruß. Ihre Schüchternheit verbot ihr
erſt, den Gruß zu erwidern, doch überwog die
Furcht vor dem Spott ihrer Begleiterin — eine
graziöſe Verneigung erwiderte das achtungsvolle
Lüften des Hutes. Da geſchah es eines Tages, daſs
die Veilchen, die er im Knopfloch trug, auf das
Straßenpflaſter fielen, er ging achtlos weiter und
trat darauf. Sie aber, die die Blumen liebte, als
ſeien es lebende Weſen, machte eine ſchnelle Be-
wegung, als wolle ſie ſich bücken, um ſie aufzuheben,
ebenſo raſch aber kam ihr die Beſinnung und ſie
erröthete unter dem Blick ſcheinbaren Einverſtänd-
niſſes, der ſie aus ſeinen Augen traf.
Als ſie ſich am nächſten Tage begegneten, war
ſie zufällig allein und er trug in der Hand einen
großen Strauß ſüß duftender Veilchen. Er lächelte,
grüßte — und die Veilchen waren für ſie. Er bot
ſie freundlich und höflich an — und ſie, obgleich ſie
wuſste, daſs ſie eigentlich etwas Ungehöriges that,
nahm ſie voll zitternder Freude an. Dann gingen
beide in entgegengeſetzter Richtung ihren Zielen zu.
Die ernſte Wirklichkeit des Lebens nahm mit
den Tagen ihren Fortgang. Sie hatte alle Prüfungen
gut beſtanden. Jetzt drehte ſich die Unterhaltung in
der Penſion hauptſächlich um die Möglichkeit und
Wahrſcheinlichkeit des baldigen Eintrittes in eine
gute Stellung. Mary hatte ſich bereits um eine ſolche
beworben.
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