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Badener Zeitung. Nr. 21, Baden (Niederösterreich), 14.03.1906.

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Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14 März 1906.

[Spaltenumbruch]
Mödling.
(Begräbnis.)

Am 9. d. M. fand das
Leichenbegängnis der Witwe des Ober-In[g]enieurs Novak, Frau
Antonie Novak, statt. An der Trauerfeier beteiligten sich
zahlreiche Angehörige sowie Freunde der Familie.

(Der Streik)

unter der Kaiser'schen Arbeiterschaft
dauert weiter an. Nachdem in den letzten Tagen die soge-
nannten Streikposten wieder abgeschafft worden waren, sand
am 10. d. M. unter dem Vorsitze Korineks wieder eine
Versammlung statt, in welcher J. Frankl unter großem
Beifall über den derzeitigen Stand des Streikes sprach, worauf
Korinek die Anwesenden aufforderte, im Ausstand zu verbleiben.

(Die Ortsgruppe Mödling)

des Vereines "Die
Naturfreunde in Wien" macht bekannt, daß sie von nun ab
an jedem Sonn- und Feiertage Ausflüge in die reizende Um-
gebung Mödlings veraustalten wird. Am 24. d. M. veranstaltet
diese Ortsgruppe hier ihr erstes Touristenkränzchen.

(Die freiw. Feuerwehr)

hat ihren Jahresbericht
vorgelegt, dem wir folgendes entnehmen: Der Verein hat be-
reits eine 38jährige Tätigkeit hinter sich. Die im vorigen
Jahre durch Resignation des Herrn Leopold Mayer freige-
wordene Stelle eines Hauptmann-Stellvertreters ist bis nun
unbesetzt geblieben. Der Verein zählt bis heute 94 aktive Mit-
glieder, u. zw. 30 Steiger, 43 Spritzenmänner und 21 Schutz-
rottenmitglieder, weiters 14 Ehren- und 650 beitragende Mit-
glieder. An Stelle des Gebäudes der Verpflegsstation in der
Neusiedlerstraße soll ein zwei Stock hohes Requisitenhaus samt
Wohnungen erbaut werden. Die Feuerwehr besitzt in Mödling
8 Telephonstellen, ferner 23 bei Mitgliedern angebrachte
Alarm-Signalglocken, so daß im ganzen 31 Alarm-Signale
bestehen. Die Feuerwehr mußte im vergangenen Jahre neun-
mal ausrücken. Der Verein besitzt dermalen 20 Mitglieder,
welche dem Vereine 25 Jahre angehören. Die Einnahmen des
Vereines betrugen im abgelaufenen Jahre 5409.89 Kr., die
Ausgaben 5149·15 Kr. Die bedeutendste Einnahmepost betrugen
die Jahresbeiträge der unterstützenden Mitglieder per 2553.80 Kr.,
die größte Ausgabepost 3014·12 Kr. für gelieferte Geräte durch
die Firma Knauft. -- Für heuer wurde die Aufchaffung einer
22 Meter hohen Schiebleiter um den Betrag von 7000 Kr.
beschlossen. Derzeit ist F. Nacke Hauptmann und Leopold
Deisenhofer dessen Stellvertreter.

(Die 37. Vollversammlung des Schützenver-
eines
)

findet am 22. d. M., um 5 Uhr nachmittags, im
Hotel Nitsch statt.

(Vortrag.)

Am 19. d. M wird Herr Dr. Westreiter
aus Wien im Hotel "[K]aiser von Oesterreich" einen Vortrag
über Kaltwasserbehandlung nach Kneipp'schem System abhalten.

(Zu Ehren des Dichters Stefan Milow),

der
seit Jahren in Mödling wohnt und hier auch vor wenigen
Tagen seinen 70. Geburtstag feierte, sind von vielen Seiten
Drahtgrüße und Blumenspenden eingelangt. Unter den Gratu-
lanten befanden sich auch Exzellenz v. Bienerth, Ferdinand
von Saar und viele andere. Es wurde, da sich so zahlreiche
Glückwünsche aus nah und fern gemeldet hatten, dieser 70.
Geburtstag somit zu einem denkwürdigen Tage für den Ju-
bilar. -- Milows Werke zeichnen sich, wie bekannt, nicht bloß
durch Gedankenreichtum, sondern auch durch die schöne Form
und reine Sprache aus.

(Witternngswechsel.)

Am Samstag, dem kalender-
mäßigen Tage der "vierzig Märtyrer", trat hier ein gewaltiger
Schneesturm ein, der trotz seiner nur halbstündigen Dauer
alles in Weiß hüllte. Die Temperatur kühlte sich merklich ab,
nnd an einzelnen Stellen blieb der Schnee auch liegen. Später
trat wieder die Sonne ihre Herrschaft an, allein die Luft blieb
raub und nachts tobte neuerdings ein gewaltiger Sturm. Gegen
10 Uhr ab[e]nds wurden infolge des Windes die vor einem
Hause postierten Pferde eines Fiakerwagens plötzlich scheu und
rasten mit dem Fahrzeug durch die ganze Hauptstraße, ohne
glücklicherweise jemanden zu verletzen. Es wurden auch von
mehreren Seiten durch beherzte Männer Versuche gemacht, die
Tiere in ihrem rasenden Laufe aufzuhalten. Jedoch vergebens.
Was die scheuen Pferde auf ihrem weiten Weg etwa niederge-
stürmt haben, ist noch nicht bekannt. -- Der Sonntag brachte
wieder milderes Wetter und einen Massenbesuch aus Wien, der
sich an dem raschen Fortschreiten der Frühlingsvegetation er-
götzte. Alles kehrte, mit Küchenschellen reichlich versehen, heim,
und die Umgebung des Anningers gewährte wieder ein äußerst
lebhaftes Bild.

Vöslau.
(Generalversammlung des deutschen
Schulvereines, Ortsgruppe Vöslau.)

Die am
10. d. M. in Witzmanns Hotel stattgefundene Versammlung
war nicht zahlreich besucht, da gleichzeitig andere Veranstal-
tungen eine Anzahl Mitglieder ferne hielten. Der Schriftführer
Herr Malik brachte den Jahresbericht zur Verlesung, der
gleichzeitig das Wirken des Gesamtvereines in den Hauptzügen
wiedergab, und sprach nicht nur der Gemei[n]devertretung mit
Herrn Bürgermeister Reiter, sondern auch dem Turn- und
Gesangvereine für deren tatkräftige Unterstützung anläßlich des
25jährigen Inbelfestes den Dank des Vereines aus. Aus dem
Kassaberichte des Herrn Iskat ist die besonders wichtige Tat-
sache festzusetzen, daß die Ortsgruppe Vöslau im abgelaufeneu
Vereinsjahre 532·78 K an die Hauptkasse abgeführt hat, welche
Summe sich [t]eils aus Mitgliederbeiträgen, teils aus dem
Reinerträgnisse des Festes (211 K) und einer Spende der Ge-
meinde (100 K) zusammensetzt. Dem Kassier wurde, nachdem
die Herren Feichtinger und Hausenberger den Bericht
geprüft und in vollster Ordnung befunden hatten, die Ent-
lastung erteilt und ihm von dem Obmanne des Vereines, Herrn
Bürgermeister Reiter, für seine unermüdliche Tätigkeit der
Dank der Versammlung ausgesprochen, da es hauptsächlich
sein Verdienst sei, wenn die Ortsgruppe au Zahl der Mitglieder
stets vorwärtsschreite. Schließlich wurde die frühere Vereins-
leitung wiedergewählt.

(Protest.)

Die hiesige Gemeindevertretung hat laut
Sitzungsbeschluß vom 8. d. M. einen energischen Protest gegen
die neue Wahlkreiseinteilung an die Regierung geleitet.

Leobersdorf.
(Abschiedsabend.)

Zu Ehren des
Herrn Oberförsters J. Schicho, bei Freiherrn Nathaniel von
Rothschild in Enzesfelg, der nun in den wohlverdienten Ruhe-
stand getreten, wurde von den Jagdgästen in der Bahuhofre-
stauration in Leobersdorf ein feuchtfröhlicher Abend veranstaltet,
bei welchem es hoch herging. Die Herren Zagler, Cachee
uud Ritter v. Löthi hielten zum Teile sehr launige Reden,
in welchen der Gefeierte als echter und rechter Weidmann und
als trefflicher Schütze geseiert wurde. An diesem Abende wurde
Herrn Schicho eine von den Jagdgästen gespendete, sehr fein
ausgearbeitete Hubertus-Statuette aus Bronze als Ehrengabe
überreicht. Von der vorzüglichen Küche und dem guten Tropfen,
[Spaltenumbruch] beziehw. "Litern" des Restaurateurs Köller waren alle
Gäste hoch entzückt; daber herrschte eine fröhliche Stimmung,
so daß die Letzten erst beim Morgengrauen heimwärts gingen.




Theater.
Stadttheater in Baden.

Freitag, den 9. d. M., Wohltätigkeits-Vorstellung
zugunsten des Kaiserin Elisabeth-Künstlerheimes unter
gefälliger Mitwirkung der Frau Klementine Sukfüll
(Rafael): "Die Kreuzelschreiber".

Dank der Liebenswürdigkeit der Frau Klemen-
tine Sukfüll-Rafael, welche bereitwilligst in
Anbetracht des edlen Zweckes ihre Mitwirkung zu-
gesagt und sich dadurch, wie vorauszusehen, wieder
als bedeutende Zugkraft erwiesen, dürfte der Ver-
waltung des Künstlerheimes ein ganz nettes Sümmchen
zugeführt werden, umsomehr, als trotz der erhöhten
Preise im ganzen Hause nicht ein leeres Plätzchen
aufzutreiben gewesen wäre. Die liebenswürdige Gastin,
die kein Geringerer als Anzengruber selbst als eine
der besten Interpretin seiner Typen bezeichnete, gab
die resolute Bäuerin Sepherl vom gelben Hof mit
solcher natürlicher Anmut und Humor, daß das Haus,
das heute völlig einem theatre paree glich, in Ent-
zücken geriet und der Schauspielerin und Sängerin
anhaltenden stürmischen Beifall zollte. Speziell das
Lied im zweiten Akte trug sie geradezu herrlich vor;
schade, daß wir diese Stimmittel so selten zu hören
Gelegenheit haben.

Zahlreiche prächtige Blumenspenden lieferten den
Beweis, wie viele Sympathien sich die geschätzte Dame
hier erhalten und wie sehr man sich freute, die
seinerzeit so gefeierte Künstlerin auf den ihr noch
immer vertrauten Brettern wieder einmal zu be-
gegnen. Unter den Anwesenden bemerkte man u. a.
auch den gefeierten Hofschauspieler Baumeister,
der sich sichtlich an der Darstellung der Künstlerin
weidete.

Dicht neben dem Gaste muß natürlich der Stein-
klopferhans des Direktors Schreiber genannt
werden. Mit wahrem Vergnügen sieht man diese
verwetterte Gestalt, die charakteristischen Züge und
den sonnigen Humor das tiefe Gemüt dieser Anzen-
gruber'schen Gestalt fand durch den Mund des
vorzüglichen Charakterdarstellers Schreiber ihren
Weg zur dankbaren Zuhörerschaft, dort stark wirkende
und bleibende Eindrücke zurücklassend.

Eine prächtige Type schuf auch Herr Exl als
alter Brenninger. Herrn Gregor fehlt der richtige
Zug, der passende Ton für den Gelbhofbauer. An-
zengruber zu spielen ist eben nicht jedermanns Sache,
das konnte man mehrmals an diesem Abende be-
merken.

Samstag, den 10. d. M., zum ersten Male:
"Der Schusterbub". Posse mit Gesang in 4 Akten
von Bernhard Buchbinder. Musik von Rudolf Rai-
mann.

Es ist kaum zu glauben, mit was für Erzeug-
nissen die Großstadtbühnen mitunter arbeiten. Da
werden zwei Lieblingen des Publikums Rollen an
den Leib geschrieben, aller Witz, alle guten Einfälle
älteren oder neueren Datums, was dem Autor eben
gerade zur Verfügung steht, über diese Rollen ge-
gossen und nun um das Ganze eine sogenannte
Handlung, die leider nach einer veralteten Institution
noch immer zum Inventar einer Komödie gehört, ge-
woben. So ähnlich ist auch die Buchbinder'sche Posse
beschaffen. Er und sie, ein flotter Sollizitator und
eine fesche Zuckerbäckerswitwe, stehen im Mittelpunkt.
Er ist ein Findelkind, sie desgleichen. Er sucht ihren
Vater und findet zufälligerweise seinen, einen ehr-
samen Meister der Schuhmacherzunft. Daher auch der
Titel "Der Schusterbub". Bis das aber geschieht
und dem vorher gehen ungefähr drei und dreiviertel
Akte, streiten er und sie bei jeder Gelegenheit nach
Leibeskräften, wenn sie nicht gerade mit Singen oder
Tanzen beschäftigt sind. Saftige Grobheiten fliegen
in jeden Winkel der Bühne und was die übliche
pikante Würze anbetrifft, pikant ist dafür eigentlich
ein zu zahmer Ausdruck, so überholt sie das bisher
Gebotene reichlich um einen guten Teil.

Von der Raimann'schen Musik läßt sich auch
nichts besonderes bemerken. Dafür werden im dritten
Akt in einer Art Quodlibet populäre Melodien, wie
"Geh, mach' dei Fensterl auf", Radetzky-Marsch,
Toreadorlied, "D' Schönbrunner", die Barcarolle
u. a. benützt.

Die beiden Hauptrollen lagen in den Händen
von Frau Herma und Herrn Gerhardt. Sie war
[Spaltenumbruch] eine schneidige Zuckerbäckerin voll Temperament, und
Laune, die sich auch des nicht sehr dankbaren ge-
sanglichen Teiles ihrer Aufgabe mit gewohnter Prä-
zision annahm. Brillant gelang ihr der schwierigen
jodlerähnliche, in der Offenbach'schen Barcarolle ein-
geflochtene Koloraturpart.

Als Sollizitator Spangl entwickelte Herr Ger-
hardt
ziemlich viel Leben und Humor, doch hätte
dem flotten Schwadroneur ein wenig mehr textliche
Flottheit nicht geschadet.

Von den übrigen mehr oder weniger belanglosen
Personen der Posse soll noch die gelungene Ehever-
mittlerin Sali Rosenblüte der Frau Baer genannt
werden.

Sonntag, den 11. d. M.: "Der Schuster-
bub".
Wiederholung. Ausverkauftes Haus.

Montag, den 12. d. M., zum zweitenmale:
"Die Strecke". Annehmbarer Besuch.




Gerichtssaal.
Kassier und Feuerwehrhauptmann.

Am
21. Jänner d. J. erregte in Teesdorf das plötzliche
Verschwinden des dortigen Feuerwehrhauptmannes und
Kassiers der Spargesellschaft, Anton Lorenz, großes
Aufsehen, umsomehr als an jenem Tage die General-
versammlung dieser Spargesellschaft hätte stattfinden
sollen und Lorenz als Kassier die Revision der Kasse
zu gewärtigen hatte. Eine Skontrierung des Vereins-
vermögens stellte einen Abgang von 1200 Kr. fest.
Lorenz hatte sich an dem genannten Tage von Tees-
dorf nach Baden gegeben, kaufte sich daselbst einen
Revolver samt Patronen und irrte einen Tag im
Eichwalde umher, mit der Absicht, sich zu erschießen.
Er flüchtete sich gegen Wr.-Neustadt, wo er sich einen
Streifschuß an der rechten Kopfseite beibrachte. Mon-
tag stand Lorenz wegen des Verbrechens der Ver-
untreuung vor einem Erkenntnissenate des Kreisge-
richtes angeklagt und legte ein umfassendes Ge-
ständnis ab. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu sechs
Monaten schweren Kerkers.

Ein teurer Häring.

Am 30. Dezember v. J.
wurde der im Sauerhofe disloszierte Sanitätssoldat
Isak Rosenberg von einem Feldwebel zu der Ge-
mischtwarenhändlerin Frau Josefa Eichberger um
Briefmarken gesendet. Rosenberg kaufte sich bei dieser
Gelegenheit auch einen Häring, dessen Geruch und
Aussehen den Feldwebel veranlaßte, die Anzeige zu
erstatten. Der Gemeindearzt gab das Gutachten ab,
daß der Hering mit Schimmel behaftet und der Ge-
sundheit des Menschen schädlich sei. Deshalb hatte
sich Frau Josefa Eichberger am 12. d. M. vor dem
Kreisgerichte Wiener-Neustadt wegen des Vergehens
des Lebensmittelgesetzes im Sinne des § 18 des
Strafgesetzes zu verantworten und wurde zu vierzehn
Tagen strengen Arrest und 200 Kronen Geldstrafe,
sowie zum Kostenersatz des Strafverfahrens ver-
urteilt.




Briefkasten.

Herrn E. Kainz, Vöslau, Auch Ihre zweite uns
gesandte Berichtigung eutspricht nicht den Bedingungen des
Preßgesetzes und kann deshalb keine Aufnahme finden.





Wer den verderblichen Einfluß konfessionell po-
litischer Tendenzen in unseren Schulen
brechen, will

Wer den Wert eines vorurteilslosen Unterrichtes
erkannt hat,

Wer die Jugend zu freien, sittlichen Menschen
erzogen wissen will,

Wer in Oesterreichs Schulen dem Geiste der
Duldung wieder Geltung verschaffen will,

Wer den Staatsgrundgesetzen in der Schule zur
Durchführung verhelfen will,

Wer die Aufrechterhaltung der Grundsätze des
Reichsvolksschulgesetzes vom Jahre 1869
für notwendig hält,

Wer will, daß jeder klerikale Uebergriff auf dem
Gebiete der Schule zurückgewiesen wird,

der trete dem Vereine "Freie Schule" (Ortsgruppe
Baden) bei. Mitglieder-Anmeldungen übernimmt die
Schriftleitung unseres Blattes (Pfarrgasse 3) mündlich
und schriftlich.




Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14 März 1906.

[Spaltenumbruch]
Mödling.
(Begräbnis.)

Am 9. d. M. fand das
Leichenbegängnis der Witwe des Ober-In[g]enieurs Novak, Frau
Antonie Novak, ſtatt. An der Trauerfeier beteiligten ſich
zahlreiche Angehörige ſowie Freunde der Familie.

(Der Streik)

unter der Kaiſer’ſchen Arbeiterſchaft
dauert weiter an. Nachdem in den letzten Tagen die ſoge-
nannten Streikpoſten wieder abgeſchafft worden waren, ſand
am 10. d. M. unter dem Vorſitze Korineks wieder eine
Verſammlung ſtatt, in welcher J. Frankl unter großem
Beifall über den derzeitigen Stand des Streikes ſprach, worauf
Korinek die Anweſenden aufforderte, im Ausſtand zu verbleiben.

(Die Ortsgruppe Mödling)

des Vereines „Die
Naturfreunde in Wien“ macht bekannt, daß ſie von nun ab
an jedem Sonn- und Feiertage Ausflüge in die reizende Um-
gebung Mödlings verauſtalten wird. Am 24. d. M. veranſtaltet
dieſe Ortsgruppe hier ihr erſtes Touriſtenkränzchen.

(Die freiw. Feuerwehr)

hat ihren Jahresbericht
vorgelegt, dem wir folgendes entnehmen: Der Verein hat be-
reits eine 38jährige Tätigkeit hinter ſich. Die im vorigen
Jahre durch Reſignation des Herrn Leopold Mayer freige-
wordene Stelle eines Hauptmann-Stellvertreters iſt bis nun
unbeſetzt geblieben. Der Verein zählt bis heute 94 aktive Mit-
glieder, u. zw. 30 Steiger, 43 Spritzenmänner und 21 Schutz-
rottenmitglieder, weiters 14 Ehren- und 650 beitragende Mit-
glieder. An Stelle des Gebäudes der Verpflegsſtation in der
Neuſiedlerſtraße ſoll ein zwei Stock hohes Requiſitenhaus ſamt
Wohnungen erbaut werden. Die Feuerwehr beſitzt in Mödling
8 Telephonſtellen, ferner 23 bei Mitgliedern angebrachte
Alarm-Signalglocken, ſo daß im ganzen 31 Alarm-Signale
beſtehen. Die Feuerwehr mußte im vergangenen Jahre neun-
mal ausrücken. Der Verein beſitzt dermalen 20 Mitglieder,
welche dem Vereine 25 Jahre angehören. Die Einnahmen des
Vereines betrugen im abgelaufenen Jahre 5409.89 Kr., die
Ausgaben 5149·15 Kr. Die bedeutendſte Einnahmepoſt betrugen
die Jahresbeiträge der unterſtützenden Mitglieder per 2553.80 Kr.,
die größte Ausgabepoſt 3014·12 Kr. für gelieferte Geräte durch
die Firma Knauft. — Für heuer wurde die Aufchaffung einer
22 Meter hohen Schiebleiter um den Betrag von 7000 Kr.
beſchloſſen. Derzeit iſt F. Nacke Hauptmann und Leopold
Deiſenhofer deſſen Stellvertreter.

(Die 37. Vollverſammlung des Schützenver-
eines
)

findet am 22. d. M., um 5 Uhr nachmittags, im
Hotel Nitſch ſtatt.

(Vortrag.)

Am 19. d. M wird Herr Dr. Weſtreiter
aus Wien im Hotel „[K]aiſer von Oeſterreich“ einen Vortrag
über Kaltwaſſerbehandlung nach Kneipp’ſchem Syſtem abhalten.

(Zu Ehren des Dichters Stefan Milow),

der
ſeit Jahren in Mödling wohnt und hier auch vor wenigen
Tagen ſeinen 70. Geburtstag feierte, ſind von vielen Seiten
Drahtgrüße und Blumenſpenden eingelangt. Unter den Gratu-
lanten befanden ſich auch Exzellenz v. Bienerth, Ferdinand
von Saar und viele andere. Es wurde, da ſich ſo zahlreiche
Glückwünſche aus nah und fern gemeldet hatten, dieſer 70.
Geburtstag ſomit zu einem denkwürdigen Tage für den Ju-
bilar. — Milows Werke zeichnen ſich, wie bekannt, nicht bloß
durch Gedankenreichtum, ſondern auch durch die ſchöne Form
und reine Sprache aus.

(Witternngswechſel.)

Am Samstag, dem kalender-
mäßigen Tage der „vierzig Märtyrer“, trat hier ein gewaltiger
Schneeſturm ein, der trotz ſeiner nur halbſtündigen Dauer
alles in Weiß hüllte. Die Temperatur kühlte ſich merklich ab,
nnd an einzelnen Stellen blieb der Schnee auch liegen. Später
trat wieder die Sonne ihre Herrſchaft an, allein die Luft blieb
raub und nachts tobte neuerdings ein gewaltiger Sturm. Gegen
10 Uhr ab[e]nds wurden infolge des Windes die vor einem
Hauſe poſtierten Pferde eines Fiakerwagens plötzlich ſcheu und
raſten mit dem Fahrzeug durch die ganze Hauptſtraße, ohne
glücklicherweiſe jemanden zu verletzen. Es wurden auch von
mehreren Seiten durch beherzte Männer Verſuche gemacht, die
Tiere in ihrem raſenden Laufe aufzuhalten. Jedoch vergebens.
Was die ſcheuen Pferde auf ihrem weiten Weg etwa niederge-
ſtürmt haben, iſt noch nicht bekannt. — Der Sonntag brachte
wieder milderes Wetter und einen Maſſenbeſuch aus Wien, der
ſich an dem raſchen Fortſchreiten der Frühlingsvegetation er-
götzte. Alles kehrte, mit Küchenſchellen reichlich verſehen, heim,
und die Umgebung des Anningers gewährte wieder ein äußerſt
lebhaftes Bild.

Vöslau.
(Generalverſammlung des deutſchen
Schulvereines, Ortsgruppe Vöslau.)

Die am
10. d. M. in Witzmanns Hotel ſtattgefundene Verſammlung
war nicht zahlreich beſucht, da gleichzeitig andere Veranſtal-
tungen eine Anzahl Mitglieder ferne hielten. Der Schriftführer
Herr Malik brachte den Jahresbericht zur Verleſung, der
gleichzeitig das Wirken des Geſamtvereines in den Hauptzügen
wiedergab, und ſprach nicht nur der Gemei[n]devertretung mit
Herrn Bürgermeiſter Reiter, ſondern auch dem Turn- und
Geſangvereine für deren tatkräftige Unterſtützung anläßlich des
25jährigen Inbelfeſtes den Dank des Vereines aus. Aus dem
Kaſſaberichte des Herrn Iskat iſt die beſonders wichtige Tat-
ſache feſtzuſetzen, daß die Ortsgruppe Vöslau im abgelaufeneu
Vereinsjahre 532·78 K an die Hauptkaſſe abgeführt hat, welche
Summe ſich [t]eils aus Mitgliederbeiträgen, teils aus dem
Reinerträgniſſe des Feſtes (211 K) und einer Spende der Ge-
meinde (100 K) zuſammenſetzt. Dem Kaſſier wurde, nachdem
die Herren Feichtinger und Hauſenberger den Bericht
geprüft und in vollſter Ordnung befunden hatten, die Ent-
laſtung erteilt und ihm von dem Obmanne des Vereines, Herrn
Bürgermeiſter Reiter, für ſeine unermüdliche Tätigkeit der
Dank der Verſammlung ausgeſprochen, da es hauptſächlich
ſein Verdienſt ſei, wenn die Ortsgruppe au Zahl der Mitglieder
ſtets vorwärtsſchreite. Schließlich wurde die frühere Vereins-
leitung wiedergewählt.

(Proteſt.)

Die hieſige Gemeindevertretung hat laut
Sitzungsbeſchluß vom 8. d. M. einen energiſchen Proteſt gegen
die neue Wahlkreiseinteilung an die Regierung geleitet.

Leobersdorf.
(Abſchiedsabend.)

Zu Ehren des
Herrn Oberförſters J. Schicho, bei Freiherrn Nathaniel von
Rothſchild in Enzesfelg, der nun in den wohlverdienten Ruhe-
ſtand getreten, wurde von den Jagdgäſten in der Bahuhofre-
ſtauration in Leobersdorf ein feuchtfröhlicher Abend veranſtaltet,
bei welchem es hoch herging. Die Herren Zagler, Cachee
uud Ritter v. Löthi hielten zum Teile ſehr launige Reden,
in welchen der Gefeierte als echter und rechter Weidmann und
als trefflicher Schütze geſeiert wurde. An dieſem Abende wurde
Herrn Schicho eine von den Jagdgäſten geſpendete, ſehr fein
ausgearbeitete Hubertus-Statuette aus Bronze als Ehrengabe
überreicht. Von der vorzüglichen Küche und dem guten Tropfen,
[Spaltenumbruch] beziehw. „Litern“ des Reſtaurateurs Köller waren alle
Gäſte hoch entzückt; daber herrſchte eine fröhliche Stimmung,
ſo daß die Letzten erſt beim Morgengrauen heimwärts gingen.




Theater.
Stadttheater in Baden.

Freitag, den 9. d. M., Wohltätigkeits-Vorſtellung
zugunſten des Kaiſerin Eliſabeth-Künſtlerheimes unter
gefälliger Mitwirkung der Frau Klementine Sukfüll
(Rafael): „Die Kreuzelſchreiber“.

Dank der Liebenswürdigkeit der Frau Klemen-
tine Sukfüll-Rafael, welche bereitwilligſt in
Anbetracht des edlen Zweckes ihre Mitwirkung zu-
geſagt und ſich dadurch, wie vorauszuſehen, wieder
als bedeutende Zugkraft erwieſen, dürfte der Ver-
waltung des Künſtlerheimes ein ganz nettes Sümmchen
zugeführt werden, umſomehr, als trotz der erhöhten
Preiſe im ganzen Hauſe nicht ein leeres Plätzchen
aufzutreiben geweſen wäre. Die liebenswürdige Gaſtin,
die kein Geringerer als Anzengruber ſelbſt als eine
der beſten Interpretin ſeiner Typen bezeichnete, gab
die reſolute Bäuerin Sepherl vom gelben Hof mit
ſolcher natürlicher Anmut und Humor, daß das Haus,
das heute völlig einem theatre parée glich, in Ent-
zücken geriet und der Schauſpielerin und Sängerin
anhaltenden ſtürmiſchen Beifall zollte. Speziell das
Lied im zweiten Akte trug ſie geradezu herrlich vor;
ſchade, daß wir dieſe Stimmittel ſo ſelten zu hören
Gelegenheit haben.

Zahlreiche prächtige Blumenſpenden lieferten den
Beweis, wie viele Sympathien ſich die geſchätzte Dame
hier erhalten und wie ſehr man ſich freute, die
ſeinerzeit ſo gefeierte Künſtlerin auf den ihr noch
immer vertrauten Brettern wieder einmal zu be-
gegnen. Unter den Anweſenden bemerkte man u. a.
auch den gefeierten Hofſchauſpieler Baumeiſter,
der ſich ſichtlich an der Darſtellung der Künſtlerin
weidete.

Dicht neben dem Gaſte muß natürlich der Stein-
klopferhans des Direktors Schreiber genannt
werden. Mit wahrem Vergnügen ſieht man dieſe
verwetterte Geſtalt, die charakteriſtiſchen Züge und
den ſonnigen Humor das tiefe Gemüt dieſer Anzen-
gruber’ſchen Geſtalt fand durch den Mund des
vorzüglichen Charakterdarſtellers Schreiber ihren
Weg zur dankbaren Zuhörerſchaft, dort ſtark wirkende
und bleibende Eindrücke zurücklaſſend.

Eine prächtige Type ſchuf auch Herr Exl als
alter Brenninger. Herrn Gregor fehlt der richtige
Zug, der paſſende Ton für den Gelbhofbauer. An-
zengruber zu ſpielen iſt eben nicht jedermanns Sache,
das konnte man mehrmals an dieſem Abende be-
merken.

Samstag, den 10. d. M., zum erſten Male:
„Der Schuſterbub“. Poſſe mit Geſang in 4 Akten
von Bernhard Buchbinder. Muſik von Rudolf Rai-
mann.

Es iſt kaum zu glauben, mit was für Erzeug-
niſſen die Großſtadtbühnen mitunter arbeiten. Da
werden zwei Lieblingen des Publikums Rollen an
den Leib geſchrieben, aller Witz, alle guten Einfälle
älteren oder neueren Datums, was dem Autor eben
gerade zur Verfügung ſteht, über dieſe Rollen ge-
goſſen und nun um das Ganze eine ſogenannte
Handlung, die leider nach einer veralteten Inſtitution
noch immer zum Inventar einer Komödie gehört, ge-
woben. So ähnlich iſt auch die Buchbinder’ſche Poſſe
beſchaffen. Er und ſie, ein flotter Sollizitator und
eine feſche Zuckerbäckerswitwe, ſtehen im Mittelpunkt.
Er iſt ein Findelkind, ſie desgleichen. Er ſucht ihren
Vater und findet zufälligerweiſe ſeinen, einen ehr-
ſamen Meiſter der Schuhmacherzunft. Daher auch der
Titel „Der Schuſterbub“. Bis das aber geſchieht
und dem vorher gehen ungefähr drei und dreiviertel
Akte, ſtreiten er und ſie bei jeder Gelegenheit nach
Leibeskräften, wenn ſie nicht gerade mit Singen oder
Tanzen beſchäftigt ſind. Saftige Grobheiten fliegen
in jeden Winkel der Bühne und was die übliche
pikante Würze anbetrifft, pikant iſt dafür eigentlich
ein zu zahmer Ausdruck, ſo überholt ſie das bisher
Gebotene reichlich um einen guten Teil.

Von der Raimann’ſchen Muſik läßt ſich auch
nichts beſonderes bemerken. Dafür werden im dritten
Akt in einer Art Quodlibet populäre Melodien, wie
„Geh, mach’ dei Fenſterl auf“, Radetzky-Marſch,
Toreadorlied, „D’ Schönbrunner“, die Barcarolle
u. a. benützt.

Die beiden Hauptrollen lagen in den Händen
von Frau Herma und Herrn Gerhardt. Sie war
[Spaltenumbruch] eine ſchneidige Zuckerbäckerin voll Temperament, und
Laune, die ſich auch des nicht ſehr dankbaren ge-
ſanglichen Teiles ihrer Aufgabe mit gewohnter Prä-
ziſion annahm. Brillant gelang ihr der ſchwierigen
jodlerähnliche, in der Offenbach’ſchen Barcarolle ein-
geflochtene Koloraturpart.

Als Sollizitator Spangl entwickelte Herr Ger-
hardt
ziemlich viel Leben und Humor, doch hätte
dem flotten Schwadroneur ein wenig mehr textliche
Flottheit nicht geſchadet.

Von den übrigen mehr oder weniger belangloſen
Perſonen der Poſſe ſoll noch die gelungene Ehever-
mittlerin Sali Roſenblüte der Frau Baer genannt
werden.

Sonntag, den 11. d. M.: „Der Schuſter-
bub“.
Wiederholung. Ausverkauftes Haus.

Montag, den 12. d. M., zum zweitenmale:
„Die Strecke“. Annehmbarer Beſuch.




Gerichtsſaal.
Kaſſier und Feuerwehrhauptmann.

Am
21. Jänner d. J. erregte in Teesdorf das plötzliche
Verſchwinden des dortigen Feuerwehrhauptmannes und
Kaſſiers der Spargeſellſchaft, Anton Lorenz, großes
Aufſehen, umſomehr als an jenem Tage die General-
verſammlung dieſer Spargeſellſchaft hätte ſtattfinden
ſollen und Lorenz als Kaſſier die Reviſion der Kaſſe
zu gewärtigen hatte. Eine Skontrierung des Vereins-
vermögens ſtellte einen Abgang von 1200 Kr. feſt.
Lorenz hatte ſich an dem genannten Tage von Tees-
dorf nach Baden gegeben, kaufte ſich daſelbſt einen
Revolver ſamt Patronen und irrte einen Tag im
Eichwalde umher, mit der Abſicht, ſich zu erſchießen.
Er flüchtete ſich gegen Wr.-Neuſtadt, wo er ſich einen
Streifſchuß an der rechten Kopfſeite beibrachte. Mon-
tag ſtand Lorenz wegen des Verbrechens der Ver-
untreuung vor einem Erkenntnisſenate des Kreisge-
richtes angeklagt und legte ein umfaſſendes Ge-
ſtändnis ab. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu ſechs
Monaten ſchweren Kerkers.

Ein teurer Häring.

Am 30. Dezember v. J.
wurde der im Sauerhofe disloszierte Sanitätsſoldat
Iſak Roſenberg von einem Feldwebel zu der Ge-
miſchtwarenhändlerin Frau Joſefa Eichberger um
Briefmarken geſendet. Roſenberg kaufte ſich bei dieſer
Gelegenheit auch einen Häring, deſſen Geruch und
Ausſehen den Feldwebel veranlaßte, die Anzeige zu
erſtatten. Der Gemeindearzt gab das Gutachten ab,
daß der Hering mit Schimmel behaftet und der Ge-
ſundheit des Menſchen ſchädlich ſei. Deshalb hatte
ſich Frau Joſefa Eichberger am 12. d. M. vor dem
Kreisgerichte Wiener-Neuſtadt wegen des Vergehens
des Lebensmittelgeſetzes im Sinne des § 18 des
Strafgeſetzes zu verantworten und wurde zu vierzehn
Tagen ſtrengen Arreſt und 200 Kronen Geldſtrafe,
ſowie zum Koſtenerſatz des Strafverfahrens ver-
urteilt.




Briefkaſten.

Herrn E. Kainz, Vöslau, Auch Ihre zweite uns
geſandte Berichtigung eutſpricht nicht den Bedingungen des
Preßgeſetzes und kann deshalb keine Aufnahme finden.





Wer den verderblichen Einfluß konfeſſionell po-
litiſcher Tendenzen in unſeren Schulen
brechen, will

Wer den Wert eines vorurteilsloſen Unterrichtes
erkannt hat,

Wer die Jugend zu freien, ſittlichen Menſchen
erzogen wiſſen will,

Wer in Oeſterreichs Schulen dem Geiſte der
Duldung wieder Geltung verſchaffen will,

Wer den Staatsgrundgeſetzen in der Schule zur
Durchführung verhelfen will,

Wer die Aufrechterhaltung der Grundſätze des
Reichsvolksſchulgeſetzes vom Jahre 1869
für notwendig hält,

Wer will, daß jeder klerikale Uebergriff auf dem
Gebiete der Schule zurückgewieſen wird,

der trete dem Vereine „Freie Schule“ (Ortsgruppe
Baden) bei. Mitglieder-Anmeldungen übernimmt die
Schriftleitung unſeres Blattes (Pfarrgaſſe 3) mündlich
und ſchriftlich.




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[5/0005] Nr. 21. Mittwoch Badener Zeitung 14 März 1906. Mödling. (Begräbnis.) Am 9. d. M. fand das Leichenbegängnis der Witwe des Ober-Ingenieurs Novak, Frau Antonie Novak, ſtatt. An der Trauerfeier beteiligten ſich zahlreiche Angehörige ſowie Freunde der Familie. (Der Streik) unter der Kaiſer’ſchen Arbeiterſchaft dauert weiter an. Nachdem in den letzten Tagen die ſoge- nannten Streikpoſten wieder abgeſchafft worden waren, ſand am 10. d. M. unter dem Vorſitze Korineks wieder eine Verſammlung ſtatt, in welcher J. Frankl unter großem Beifall über den derzeitigen Stand des Streikes ſprach, worauf Korinek die Anweſenden aufforderte, im Ausſtand zu verbleiben. (Die Ortsgruppe Mödling) des Vereines „Die Naturfreunde in Wien“ macht bekannt, daß ſie von nun ab an jedem Sonn- und Feiertage Ausflüge in die reizende Um- gebung Mödlings verauſtalten wird. Am 24. d. M. veranſtaltet dieſe Ortsgruppe hier ihr erſtes Touriſtenkränzchen. (Die freiw. Feuerwehr) hat ihren Jahresbericht vorgelegt, dem wir folgendes entnehmen: Der Verein hat be- reits eine 38jährige Tätigkeit hinter ſich. Die im vorigen Jahre durch Reſignation des Herrn Leopold Mayer freige- wordene Stelle eines Hauptmann-Stellvertreters iſt bis nun unbeſetzt geblieben. Der Verein zählt bis heute 94 aktive Mit- glieder, u. zw. 30 Steiger, 43 Spritzenmänner und 21 Schutz- rottenmitglieder, weiters 14 Ehren- und 650 beitragende Mit- glieder. An Stelle des Gebäudes der Verpflegsſtation in der Neuſiedlerſtraße ſoll ein zwei Stock hohes Requiſitenhaus ſamt Wohnungen erbaut werden. Die Feuerwehr beſitzt in Mödling 8 Telephonſtellen, ferner 23 bei Mitgliedern angebrachte Alarm-Signalglocken, ſo daß im ganzen 31 Alarm-Signale beſtehen. Die Feuerwehr mußte im vergangenen Jahre neun- mal ausrücken. Der Verein beſitzt dermalen 20 Mitglieder, welche dem Vereine 25 Jahre angehören. Die Einnahmen des Vereines betrugen im abgelaufenen Jahre 5409.89 Kr., die Ausgaben 5149·15 Kr. Die bedeutendſte Einnahmepoſt betrugen die Jahresbeiträge der unterſtützenden Mitglieder per 2553.80 Kr., die größte Ausgabepoſt 3014·12 Kr. für gelieferte Geräte durch die Firma Knauft. — Für heuer wurde die Aufchaffung einer 22 Meter hohen Schiebleiter um den Betrag von 7000 Kr. beſchloſſen. Derzeit iſt F. Nacke Hauptmann und Leopold Deiſenhofer deſſen Stellvertreter. (Die 37. Vollverſammlung des Schützenver- eines) findet am 22. d. M., um 5 Uhr nachmittags, im Hotel Nitſch ſtatt. (Vortrag.) Am 19. d. M wird Herr Dr. Weſtreiter aus Wien im Hotel „Kaiſer von Oeſterreich“ einen Vortrag über Kaltwaſſerbehandlung nach Kneipp’ſchem Syſtem abhalten. (Zu Ehren des Dichters Stefan Milow), der ſeit Jahren in Mödling wohnt und hier auch vor wenigen Tagen ſeinen 70. Geburtstag feierte, ſind von vielen Seiten Drahtgrüße und Blumenſpenden eingelangt. Unter den Gratu- lanten befanden ſich auch Exzellenz v. Bienerth, Ferdinand von Saar und viele andere. Es wurde, da ſich ſo zahlreiche Glückwünſche aus nah und fern gemeldet hatten, dieſer 70. Geburtstag ſomit zu einem denkwürdigen Tage für den Ju- bilar. — Milows Werke zeichnen ſich, wie bekannt, nicht bloß durch Gedankenreichtum, ſondern auch durch die ſchöne Form und reine Sprache aus. (Witternngswechſel.) Am Samstag, dem kalender- mäßigen Tage der „vierzig Märtyrer“, trat hier ein gewaltiger Schneeſturm ein, der trotz ſeiner nur halbſtündigen Dauer alles in Weiß hüllte. Die Temperatur kühlte ſich merklich ab, nnd an einzelnen Stellen blieb der Schnee auch liegen. Später trat wieder die Sonne ihre Herrſchaft an, allein die Luft blieb raub und nachts tobte neuerdings ein gewaltiger Sturm. Gegen 10 Uhr abends wurden infolge des Windes die vor einem Hauſe poſtierten Pferde eines Fiakerwagens plötzlich ſcheu und raſten mit dem Fahrzeug durch die ganze Hauptſtraße, ohne glücklicherweiſe jemanden zu verletzen. Es wurden auch von mehreren Seiten durch beherzte Männer Verſuche gemacht, die Tiere in ihrem raſenden Laufe aufzuhalten. Jedoch vergebens. Was die ſcheuen Pferde auf ihrem weiten Weg etwa niederge- ſtürmt haben, iſt noch nicht bekannt. — Der Sonntag brachte wieder milderes Wetter und einen Maſſenbeſuch aus Wien, der ſich an dem raſchen Fortſchreiten der Frühlingsvegetation er- götzte. Alles kehrte, mit Küchenſchellen reichlich verſehen, heim, und die Umgebung des Anningers gewährte wieder ein äußerſt lebhaftes Bild. Vöslau. (Generalverſammlung des deutſchen Schulvereines, Ortsgruppe Vöslau.) Die am 10. d. M. in Witzmanns Hotel ſtattgefundene Verſammlung war nicht zahlreich beſucht, da gleichzeitig andere Veranſtal- tungen eine Anzahl Mitglieder ferne hielten. Der Schriftführer Herr Malik brachte den Jahresbericht zur Verleſung, der gleichzeitig das Wirken des Geſamtvereines in den Hauptzügen wiedergab, und ſprach nicht nur der Gemeindevertretung mit Herrn Bürgermeiſter Reiter, ſondern auch dem Turn- und Geſangvereine für deren tatkräftige Unterſtützung anläßlich des 25jährigen Inbelfeſtes den Dank des Vereines aus. Aus dem Kaſſaberichte des Herrn Iskat iſt die beſonders wichtige Tat- ſache feſtzuſetzen, daß die Ortsgruppe Vöslau im abgelaufeneu Vereinsjahre 532·78 K an die Hauptkaſſe abgeführt hat, welche Summe ſich teils aus Mitgliederbeiträgen, teils aus dem Reinerträgniſſe des Feſtes (211 K) und einer Spende der Ge- meinde (100 K) zuſammenſetzt. Dem Kaſſier wurde, nachdem die Herren Feichtinger und Hauſenberger den Bericht geprüft und in vollſter Ordnung befunden hatten, die Ent- laſtung erteilt und ihm von dem Obmanne des Vereines, Herrn Bürgermeiſter Reiter, für ſeine unermüdliche Tätigkeit der Dank der Verſammlung ausgeſprochen, da es hauptſächlich ſein Verdienſt ſei, wenn die Ortsgruppe au Zahl der Mitglieder ſtets vorwärtsſchreite. Schließlich wurde die frühere Vereins- leitung wiedergewählt. (Proteſt.) Die hieſige Gemeindevertretung hat laut Sitzungsbeſchluß vom 8. d. M. einen energiſchen Proteſt gegen die neue Wahlkreiseinteilung an die Regierung geleitet. Leobersdorf. (Abſchiedsabend.) Zu Ehren des Herrn Oberförſters J. Schicho, bei Freiherrn Nathaniel von Rothſchild in Enzesfelg, der nun in den wohlverdienten Ruhe- ſtand getreten, wurde von den Jagdgäſten in der Bahuhofre- ſtauration in Leobersdorf ein feuchtfröhlicher Abend veranſtaltet, bei welchem es hoch herging. Die Herren Zagler, Cachee uud Ritter v. Löthi hielten zum Teile ſehr launige Reden, in welchen der Gefeierte als echter und rechter Weidmann und als trefflicher Schütze geſeiert wurde. An dieſem Abende wurde Herrn Schicho eine von den Jagdgäſten geſpendete, ſehr fein ausgearbeitete Hubertus-Statuette aus Bronze als Ehrengabe überreicht. Von der vorzüglichen Küche und dem guten Tropfen, beziehw. „Litern“ des Reſtaurateurs Köller waren alle Gäſte hoch entzückt; daber herrſchte eine fröhliche Stimmung, ſo daß die Letzten erſt beim Morgengrauen heimwärts gingen. Theater. Stadttheater in Baden. Freitag, den 9. d. M., Wohltätigkeits-Vorſtellung zugunſten des Kaiſerin Eliſabeth-Künſtlerheimes unter gefälliger Mitwirkung der Frau Klementine Sukfüll (Rafael): „Die Kreuzelſchreiber“. Dank der Liebenswürdigkeit der Frau Klemen- tine Sukfüll-Rafael, welche bereitwilligſt in Anbetracht des edlen Zweckes ihre Mitwirkung zu- geſagt und ſich dadurch, wie vorauszuſehen, wieder als bedeutende Zugkraft erwieſen, dürfte der Ver- waltung des Künſtlerheimes ein ganz nettes Sümmchen zugeführt werden, umſomehr, als trotz der erhöhten Preiſe im ganzen Hauſe nicht ein leeres Plätzchen aufzutreiben geweſen wäre. Die liebenswürdige Gaſtin, die kein Geringerer als Anzengruber ſelbſt als eine der beſten Interpretin ſeiner Typen bezeichnete, gab die reſolute Bäuerin Sepherl vom gelben Hof mit ſolcher natürlicher Anmut und Humor, daß das Haus, das heute völlig einem theatre parée glich, in Ent- zücken geriet und der Schauſpielerin und Sängerin anhaltenden ſtürmiſchen Beifall zollte. Speziell das Lied im zweiten Akte trug ſie geradezu herrlich vor; ſchade, daß wir dieſe Stimmittel ſo ſelten zu hören Gelegenheit haben. Zahlreiche prächtige Blumenſpenden lieferten den Beweis, wie viele Sympathien ſich die geſchätzte Dame hier erhalten und wie ſehr man ſich freute, die ſeinerzeit ſo gefeierte Künſtlerin auf den ihr noch immer vertrauten Brettern wieder einmal zu be- gegnen. Unter den Anweſenden bemerkte man u. a. auch den gefeierten Hofſchauſpieler Baumeiſter, der ſich ſichtlich an der Darſtellung der Künſtlerin weidete. Dicht neben dem Gaſte muß natürlich der Stein- klopferhans des Direktors Schreiber genannt werden. Mit wahrem Vergnügen ſieht man dieſe verwetterte Geſtalt, die charakteriſtiſchen Züge und den ſonnigen Humor das tiefe Gemüt dieſer Anzen- gruber’ſchen Geſtalt fand durch den Mund des vorzüglichen Charakterdarſtellers Schreiber ihren Weg zur dankbaren Zuhörerſchaft, dort ſtark wirkende und bleibende Eindrücke zurücklaſſend. Eine prächtige Type ſchuf auch Herr Exl als alter Brenninger. Herrn Gregor fehlt der richtige Zug, der paſſende Ton für den Gelbhofbauer. An- zengruber zu ſpielen iſt eben nicht jedermanns Sache, das konnte man mehrmals an dieſem Abende be- merken. Samstag, den 10. d. M., zum erſten Male: „Der Schuſterbub“. Poſſe mit Geſang in 4 Akten von Bernhard Buchbinder. Muſik von Rudolf Rai- mann. Es iſt kaum zu glauben, mit was für Erzeug- niſſen die Großſtadtbühnen mitunter arbeiten. Da werden zwei Lieblingen des Publikums Rollen an den Leib geſchrieben, aller Witz, alle guten Einfälle älteren oder neueren Datums, was dem Autor eben gerade zur Verfügung ſteht, über dieſe Rollen ge- goſſen und nun um das Ganze eine ſogenannte Handlung, die leider nach einer veralteten Inſtitution noch immer zum Inventar einer Komödie gehört, ge- woben. So ähnlich iſt auch die Buchbinder’ſche Poſſe beſchaffen. Er und ſie, ein flotter Sollizitator und eine feſche Zuckerbäckerswitwe, ſtehen im Mittelpunkt. Er iſt ein Findelkind, ſie desgleichen. Er ſucht ihren Vater und findet zufälligerweiſe ſeinen, einen ehr- ſamen Meiſter der Schuhmacherzunft. Daher auch der Titel „Der Schuſterbub“. Bis das aber geſchieht und dem vorher gehen ungefähr drei und dreiviertel Akte, ſtreiten er und ſie bei jeder Gelegenheit nach Leibeskräften, wenn ſie nicht gerade mit Singen oder Tanzen beſchäftigt ſind. Saftige Grobheiten fliegen in jeden Winkel der Bühne und was die übliche pikante Würze anbetrifft, pikant iſt dafür eigentlich ein zu zahmer Ausdruck, ſo überholt ſie das bisher Gebotene reichlich um einen guten Teil. Von der Raimann’ſchen Muſik läßt ſich auch nichts beſonderes bemerken. Dafür werden im dritten Akt in einer Art Quodlibet populäre Melodien, wie „Geh, mach’ dei Fenſterl auf“, Radetzky-Marſch, Toreadorlied, „D’ Schönbrunner“, die Barcarolle u. a. benützt. Die beiden Hauptrollen lagen in den Händen von Frau Herma und Herrn Gerhardt. Sie war eine ſchneidige Zuckerbäckerin voll Temperament, und Laune, die ſich auch des nicht ſehr dankbaren ge- ſanglichen Teiles ihrer Aufgabe mit gewohnter Prä- ziſion annahm. Brillant gelang ihr der ſchwierigen jodlerähnliche, in der Offenbach’ſchen Barcarolle ein- geflochtene Koloraturpart. Als Sollizitator Spangl entwickelte Herr Ger- hardt ziemlich viel Leben und Humor, doch hätte dem flotten Schwadroneur ein wenig mehr textliche Flottheit nicht geſchadet. Von den übrigen mehr oder weniger belangloſen Perſonen der Poſſe ſoll noch die gelungene Ehever- mittlerin Sali Roſenblüte der Frau Baer genannt werden. Sonntag, den 11. d. M.: „Der Schuſter- bub“. Wiederholung. Ausverkauftes Haus. Montag, den 12. d. M., zum zweitenmale: „Die Strecke“. Annehmbarer Beſuch. Guſtav Calliano. Gerichtsſaal. Kaſſier und Feuerwehrhauptmann. Am 21. Jänner d. J. erregte in Teesdorf das plötzliche Verſchwinden des dortigen Feuerwehrhauptmannes und Kaſſiers der Spargeſellſchaft, Anton Lorenz, großes Aufſehen, umſomehr als an jenem Tage die General- verſammlung dieſer Spargeſellſchaft hätte ſtattfinden ſollen und Lorenz als Kaſſier die Reviſion der Kaſſe zu gewärtigen hatte. Eine Skontrierung des Vereins- vermögens ſtellte einen Abgang von 1200 Kr. feſt. Lorenz hatte ſich an dem genannten Tage von Tees- dorf nach Baden gegeben, kaufte ſich daſelbſt einen Revolver ſamt Patronen und irrte einen Tag im Eichwalde umher, mit der Abſicht, ſich zu erſchießen. Er flüchtete ſich gegen Wr.-Neuſtadt, wo er ſich einen Streifſchuß an der rechten Kopfſeite beibrachte. Mon- tag ſtand Lorenz wegen des Verbrechens der Ver- untreuung vor einem Erkenntnisſenate des Kreisge- richtes angeklagt und legte ein umfaſſendes Ge- ſtändnis ab. Der Gerichtshof verurteilte ihn zu ſechs Monaten ſchweren Kerkers. Ein teurer Häring. Am 30. Dezember v. J. wurde der im Sauerhofe disloszierte Sanitätsſoldat Iſak Roſenberg von einem Feldwebel zu der Ge- miſchtwarenhändlerin Frau Joſefa Eichberger um Briefmarken geſendet. Roſenberg kaufte ſich bei dieſer Gelegenheit auch einen Häring, deſſen Geruch und Ausſehen den Feldwebel veranlaßte, die Anzeige zu erſtatten. Der Gemeindearzt gab das Gutachten ab, daß der Hering mit Schimmel behaftet und der Ge- ſundheit des Menſchen ſchädlich ſei. Deshalb hatte ſich Frau Joſefa Eichberger am 12. d. M. vor dem Kreisgerichte Wiener-Neuſtadt wegen des Vergehens des Lebensmittelgeſetzes im Sinne des § 18 des Strafgeſetzes zu verantworten und wurde zu vierzehn Tagen ſtrengen Arreſt und 200 Kronen Geldſtrafe, ſowie zum Koſtenerſatz des Strafverfahrens ver- urteilt. Briefkaſten. Herrn E. Kainz, Vöslau, Auch Ihre zweite uns geſandte Berichtigung eutſpricht nicht den Bedingungen des Preßgeſetzes und kann deshalb keine Aufnahme finden. Wer den verderblichen Einfluß konfeſſionell po- litiſcher Tendenzen in unſeren Schulen brechen, will Wer den Wert eines vorurteilsloſen Unterrichtes erkannt hat, Wer die Jugend zu freien, ſittlichen Menſchen erzogen wiſſen will, Wer in Oeſterreichs Schulen dem Geiſte der Duldung wieder Geltung verſchaffen will, Wer den Staatsgrundgeſetzen in der Schule zur Durchführung verhelfen will, Wer die Aufrechterhaltung der Grundſätze des Reichsvolksſchulgeſetzes vom Jahre 1869 für notwendig hält, Wer will, daß jeder klerikale Uebergriff auf dem Gebiete der Schule zurückgewieſen wird, der trete dem Vereine „Freie Schule“ (Ortsgruppe Baden) bei. Mitglieder-Anmeldungen übernimmt die Schriftleitung unſeres Blattes (Pfarrgaſſe 3) mündlich und ſchriftlich.

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 21, Baden (Niederösterreich), 14.03.1906, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener021_1906/5>, abgerufen am 23.11.2024.