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Badener Zeitung. Nr. 32, Baden (Niederösterreich), 20.04.1904.

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Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32.

[Spaltenumbruch]

als schmeichelhaft über die Tätigkeit Mayerhofer's
als Berichterstatter ausspricht und das übrigens auch
in unserem Blatte abgedruckt erschien. Der Verhandlung
wohnte ein zahlreiches Auditorium bei. Direktor
Heißiger schilderte dem Richter in längerer äußerst
sachlich gehaltener Rede das Kesseltreiben, das gegen
ihn veranstaltet wurde und zur Maßregelung zweier
Journalisten führte, darunter auch Mayerhofer, und
stellte seine Behauptungen unter Beweis. Er wider-
legte alle seinerzeit in den Wiener Blättern enthal-
tenen unrichtigen Berichte, wobei sich der Zuhörer
eine gewisse Erregung über diese Berichte bemächtigte.
Da Mayerhofer zugab, jene Berichte eingesendet zu
haben, jedoch die Einvernahme mehrerer von ihm
namhaft gemachter Zeugen begehrte, vertagte der
Richter die Verhandlung.

-- Ein gewalttätiger Dienstgeber.

Am
9. d. M., abends, wurde der bei dem Wirtschafts-
besitzer Karl Grandl in Alland bedienstete Kutscher
Wilhelm Berdonner von seinem Dienstgeber nach
einem kurzen Wortwechsel zu Boden geworfen, wobei
er eine Verrenkung des rechten Oberschenkels erlitt
und in das hiesige Spital trausportiert werden mußte.

-- Gewalttätige Burschen.

Der in
Trumau wohnhafte Taglöhner Mich. Schäffberger
wurde am 9. d. M., nachmittags, als er durch die
Ortschaft Münchendorf ging, von unbekannten Burschen
ohne Ursache überfallen, zu Boden geworfen und mit
Fußtritten regaliert, wobei er nebst anderen Ver-
letzungen einen Bruch der rechten 9. und 10. Rippe
erlitt. Er wurde in das hiesige Rath'sche Spital
transportiert und die Recherchen nach den Helden
eingeleitet.

-- Dürervereinsausflug.

Am Sonntag,
den 24. d. M., veranstaltet der Dürerverein seinen
ersten Ausflug nach Laxenburg. Abfahrt: 1 Uhr
nachmittags. Zusammenkunft: 12·50 Uhr am Bahn-
hofe. Gäste, welche sich bei Herrn Kürschnermeister
Rudolf Sigmund, Hauptplatz, melden wollen,
herzlichst willkommen.

-- Volkstümlicher Universitätsvor-
trag.

Nächsten Freitag findet der fünfte der volks-
tümlichen Universitätsvorträge statt. Der vortragende
Privatdozent Dr. Heinrich Kretschmayr wird über
Kaiser Friedrich Barbarossa, Lothar III., Konrad III.,
die Kreuzzüge und den durch sie zu verzeichnenden Um-
schwung der allgemeinen Weltauffassung, Friedrich I.
Barbarossa und die Wiederaufnahme der Weltpolitik
und das staufische System sprechen. Anfang des
Vortrages halb 8 Uhr, Ende halb 9 Uhr. Es ist
eigentümlich, daß der Besuch dieser Vorträge den
hiesigen Gymnasiasten verboten wurde, während anderer-
seits die Zöglinge der Militärakademie denselben
beiwohnen dürfen.

-- Durchfahrt des Deutschmeister-
Regimentes.

Samstag mittags passierten drei
[Spaltenumbruch] Bataillons des auf der Fahrt von Bosnien nach
Wien begriffenen Deutschmeister-Regimentes mit einem
Militär-Transportzug den Frachtenbahnhof Pfaff-
stätten und hielten dort eine etwa halbstündige Rast.
Begreiflicherweise sehnten sich die Regimentsangehörigen,
ihre Vaterstadt wiederzusehen, zumal nach so langer
Fahrt.

-- Geschäftsverkauf der Firma Rud.
Pötschner.

Der durch eine lange Reihe von Jahren
bei der Firma Franz Kresse in Kondition gewesene
Herr Reinsperger-Werner hat die seit dem
Jahre 1824 bestehende Spezerei- und Kolonialwaren-
handlung des Herrn Rudolf Pötschner (Weilburg-
straße 3) käuflich an sich gebracht und wird selbe in
Verbindung mit einer Delikatessen-Handlung ab
1. Mai 1904 weiterführen.




Von nah und fern.
Die Sparwut in der Postverwaltung.

Unser Handelsamt hat entschieden Pech. Sein erstes
größeres Debüt unter dem derzeitigem Chef, die
bekannte Verordnung über das Detailreisen, ist be-
kanntlich so unglücklich ausgefallen, daß Herr von
Call bemüssigt war, in einer Reihe weiterer Ver-
ordnungen den status quo so ziemlich wieder herzu-
stellen, wenngleich von seinem Auftreten als "Retter
des Gewerbes" immerhin für die Wäscheindustrie
noch sehr unangenehm fühlbare Spuren zurückgeblieben
sind. Ein zweiter Versuch des Handelsamtes, seine
Daseinsberechtigung zu dokumentieren, hat wenigstens
das für sich, daß dabei die gute Absicht des Chefs
desselben nicht angezweifelt werden kann. Freilich ist
den Interessenten mit der guten Absicht wenig gedient,
wenn ihre Verwirklichung nicht verbürgt ist. Wir
meinen die Aenderungen, welche mit 4. April d. J.
im Wiener Postverkehre eingeführt wurden und eine
Vereinfachung der Briefeinsammlung, eine möglichst
un[mittel]bare Ableitung des für den Fernverkehr auf-
gegebener Materials auf die von Wien abgehenden
Züge durch Adaptierung der sechs Bahnhofpostämter
für den Briefspeditionsdienst und eine Verbesserung
der Zuführung der in Wien aufgegebenen Pakete zu
den Fernbahnhöfen bezwecken. Es läßt sich nicht
leugnen, daß die erwähnten Neuerungen sich bei
zweckentsprechender Durchführung tatsächlich als Ver-
besserungen fühlbar machen könnten. An dieser Durch-
führung hat es aber die österreichische Halbheit gänzlich
fehlen lassen. Von allen Seiten kommen Klagen über
postalische Verzögerungen und Verstöße. Aehnliche
Beschwerden langen auch aus anderen Kronländern
ein. Die Geschäftswelt erleidet durch solche Verzö-
gerungen ganz kolossale, gar nicht berechenbare Ver-
luste. Um nur ein konkretes Beispiel zu nennen:
viele Firmen laufen Gefahr, daß ihnen die k. k.




[Spaltenumbruch]

Ich kam mir ungefähr vor, wie Karl XII. in
der Türkei. Wir waren in ein fremdes Land einge-
drungen, ein lächerlich kleiner Haufe gegen eine
erdrückende Uebermacht. Die Tibeter verhinderten uns,
dorthin zu gehen, wohin wir wollten, zugleich aber
war es ihnen darum zu tun, uns möglichst schnell
wieder loszuwerden. Wir waren gleichzeitig ihre Gäste
und ihre Gefangenen, und sichtlich war höherenorts
Befehl erteilt worden, daß wir mit größter Rücksicht
behandelt werden sollten und uns kein Leid zugefügt
werden dürfe. Nur der Lama war düster und schwer-
mütig. Er erinnerte sich ganz genau Kamba Bombos
von Nakktschu, der die mongolische Pilgerkarawane,
mit welcher der Lama nach Lhasa gereist war, so
gründlich untersucht hatte. Wenn Kamba Bombo ihn
wiedererkennen sollte, sei er verloren, und auch im
entgegengesetzten Falle sei sein Schicksal mehr als
ungewiß. Er erzählte von einem mongolischen Lama,
der durch irgend ein Versehen sein Recht, die heilige
Stadt zu besuchen, verwirkt habe und der, um sein
Vergehen abzubüßen, von Dakuren (Urga) nach Lhasa
-- in Gebetstellung, d. h. auf den Knien, gerutscht
sei. Er habe sich mit den Händen auf die Erde ge-
stützt, die Knie nachgezogen, die Hände weiter gesetzt,
und so habe er die ganze lange Reise gemacht, zu
der er sechs Jahre gebraucht habe! Und als er nur
noch eine Tagereise vom Stadttore entfernt gewesen
sei, habe ihm der Dalai-Lama das Betreten der
Stadt untersagt, und unverrichteter Dinge habe er
wieder umkehren müssen. Der Lama sagte noch, daß
der Mann seinen Bußgang auf den Knien, die
schließlich hart und hornig wie die Liegeschwielen
der Kamele geworden seien, noch zweimal wiederholt
habe, aber das Herz des Dalat-Lama doch nicht er-
weicht worden sei.

Ein paar hundert Meter südlich von uns wurde
heute ein Zelt aufgeschlagen, in welchem der Spion
[Spaltenumbruch] von gestern, Ben Nursu, wie er uns selbst offenherzig
mitgeteilt hatte, künftig residieren sollte, um uns
unter Augen zu haben.

Um die Mittagszeit sahen wir 15 Reiter nach
Süden sprengen; wir nahmen an, daß sie dem Kamba
Bombo, der wahrscheinlich nicht mehr sehr weit ent-
fernt sein konnte, entgegenritten.

Beständig tauchen neue, unbekannte, neugierige
Gesichter um uns herum auf. Der einzige wirkliche
Stammgast in unserem Zelte ist Ben Nursu, der
beinahe bei uns wohnt und mit uns ißt. Dafür muß
er sich aber auch nützlich machen; er muß Leben ins
Feuer blasen, wenn es regnet. Es kommt beinahe
nie vor, daß uns jemand besucht, ohne etwas Eßbares
mitzubringen. Sie nehmen sich unser mit rührender
Fürsorge an. Wie man sagt, geschieht dies auf be-
sonderen Befehl des Dalai-Lama. Die Behörden in
Lhasa erhalten ganz gewiß täglich Bericht aus unserem
Lager. Die Reiter, die aus jener Richtung kommen
und dorthin reiten, sind Kuriere und Eilboten. Wir
erfuhren auch, daß die Lebensmitteln, die wir von
den Nomaden erhalten, ihnen später aus Lhasa ersetzt
werden. Auf dieselbe Weise wird bei einer Mobil-
machung verfahren. Die Soldaten sind berechtigt,
sich alles, was sie wollen, von den Nomaden zu
nehmen, und diese erhalten dafür Entschädigung aus
der Hauptstadt. Wir hatten also durch unseren fried-
lichen Zug den Tibetern entsetzlich viele Mühe ge-
macht, und Dschallokk war gewissermaßen ein mili-
tärischer Knotenpunkt geworden. Es wimmelte hier
von Stafetten, Spionen, Kundschaftern und Kurieren.
Das Land erhob sich wie zur Verteidigung gegen
einen feindlichen Einfall ...




[Spaltenumbruch]

Staatsbahnen die Frachtenkredite kündigen, da die
durch die Postsparkasse ausgelegten Frachtenbelege
nicht rechtzeitig eintreffen. Daß durch die Unregel-
mäßigkeiten auch sonst im Offertenverkehr, im Verkehr
mit den Banken, wie überhaupt in den ganzen ge-
schäftlichen Gebarungen höchst unliebsame Verschie-
bungen eintreten, ist sonach klar und der Unwille und
das Mißtrauen begreiflich, mit welchem die diesmalige
gutgemeinte Reform überall aufgenommen wird. Man
hat eben maßgebendenorts das Unangenehme mit
dem Nützlichen verbunden und neben dem Lob über
die Verbesserungen auch ein hübsches Sparsümmchen
für die aufgelassenen Briefpostspeditionen und die
Stadtpostspedition des Hauptpostamtes einheimsen
wollen. Wir, die wir selbst durch das mangelhafte
Funktionieren der Brief- und Zeitungspost arg in
Mitleidenschaft gezogen wurden, haben es uns nicht
verdrießen lassen, bei sechzehn Postämtern uns über
die Ursachen der bedauerlichen Verschleppungen zu
erkundigen. Wir fanden unsere Vermutungen bestätigt.
Das Postpersonale steht der ihm gestellten Aufgabe
ohnmächtig gegenüber. Es fehlt an Arbeitskräften
und wo man für Aushilfe gesorgt hat, sind es un-
geschulte Leute, welche mehr schaden als helfen. Nun
ist die Reform elf Tage in Kraft und die Verstöße,
die sich noch immer zeigen, können nicht mehr als
Kinderkrankheiten entschuldigt werden. Bei solchen
einschneidenden Aenderungen heißt es die Sparwut
beiseite lassen und alle Vorkehrungen zu treffen, um die
normalen Funktionen des Verwaltungsmechanismus
nicht lange zu unterbinden. Andernfalls muß man
sich auch für gutgemeinte Neuerungen bedanken. So,
Herr von Call, reformiert man nicht!

Die erste evangelische Schule in Tirol.

Am 11. d. M. wurde in Untermais bei Meran eine
evangelische Schule eingeweiht, die erste in Tirol.

Parolebefehle aus der Zeit Fried-
rich's
II.

Da man sich augenblicklich mehr denn je
mit militärischen Dingen befaßt, ist es vielleicht nicht
ohne Interesse, von einigen Parolebefehlen aus der
Zeit Friedrich's des Großen zu hören, aus einer Zeit,
in der, wenn es an einem Tage nichts neues gab,
der Befehl erschien: "Alle alten Ordres wohl nach-
zulesen!" Einer Zusammenstellung der "Frankfurter
Zeitung" entnehmen wir folgende Befehle:

16. Oktober 1750. Die Kompagnien sollen darauf
sehen, daß die Leute nicht besoffen in die Parade
kommen.

13. November 1751. Es soll an der Weiberliste
hinten der Abgang angezeigt werden, ob sie ver-
heiratet oder gestorben seien, auch dabei das Quantum
angezeigt werden, was sie vorm Jahr bekommen haben.
Kinder von 14 Jahren bekommen nichts, als auch
die Weiber, die sich wieder verheiratet haben.

13. August 1753. Wenn Damen von Conditions
ein- und auspassieren, sollen sie dem Grafen Haak
gemeldet werden.

7. Juni 1780. Die Officiers sollen nicht nach
ihrem Belieben zu den Thoren herausgehen, sondern
sich jederzeit vorher bei ihren Commandeurs melden.

15. Oktober 1780. Der Ingenieur-Kupitän
Geger hat um eine monatliche Zulage ersucht. Vom
Regiment sind ihm per Compagnie 4 Sgr. monatlich
so lange accordiert, wenn er Stunde gibt.

21. März 1781. Wenn künftig ein Kerl im
Zuge nicht ordentlich marschiert, so kommt der Com-
mandeur
der Comp. in Arrest, dieweil er sorgen muß,
daß die Leute dressiert seien.

10. Januar 1781. Die Zöpfe sollen nicht zu
hoch und nicht zu niedrig gefaßt sein, auf die Frisur
soll besser gesehen werden, daß jeder Kerl drei ge-
hörige Locken hat, es sei denn, daß er zu wenig
Haare hat, so muß er doch zwei haben.

31. Dezember 1781. Ihre Majestät der König
lassen allen Herrn Officiers zum neuen Jahr gratulieren
und die nicht so sind, wie sie sein sollten,
möchten sich bessern.




Häuser-Schematismus

für den Kurrayon Baden, umfassend die
Gemeinden Baden u. Weikersdorf, ist in der
Buch- und Steindruckerei Joh. Wladarz,
Baden, Pfarrgasse 3, erschienen und nur
daselbst zu haben.

Preis: Kronen 5·50.


Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32.

[Spaltenumbruch]

als ſchmeichelhaft über die Tätigkeit Mayerhofer’s
als Berichterſtatter ausſpricht und das übrigens auch
in unſerem Blatte abgedruckt erſchien. Der Verhandlung
wohnte ein zahlreiches Auditorium bei. Direktor
Heißiger ſchilderte dem Richter in längerer äußerſt
ſachlich gehaltener Rede das Keſſeltreiben, das gegen
ihn veranſtaltet wurde und zur Maßregelung zweier
Journaliſten führte, darunter auch Mayerhofer, und
ſtellte ſeine Behauptungen unter Beweis. Er wider-
legte alle ſeinerzeit in den Wiener Blättern enthal-
tenen unrichtigen Berichte, wobei ſich der Zuhörer
eine gewiſſe Erregung über dieſe Berichte bemächtigte.
Da Mayerhofer zugab, jene Berichte eingeſendet zu
haben, jedoch die Einvernahme mehrerer von ihm
namhaft gemachter Zeugen begehrte, vertagte der
Richter die Verhandlung.

Ein gewalttätiger Dienſtgeber.

Am
9. d. M., abends, wurde der bei dem Wirtſchafts-
beſitzer Karl Grandl in Alland bedienſtete Kutſcher
Wilhelm Berdonner von ſeinem Dienſtgeber nach
einem kurzen Wortwechſel zu Boden geworfen, wobei
er eine Verrenkung des rechten Oberſchenkels erlitt
und in das hieſige Spital trausportiert werden mußte.

Gewalttätige Burſchen.

Der in
Trumau wohnhafte Taglöhner Mich. Schäffberger
wurde am 9. d. M., nachmittags, als er durch die
Ortſchaft Münchendorf ging, von unbekannten Burſchen
ohne Urſache überfallen, zu Boden geworfen und mit
Fußtritten regaliert, wobei er nebſt anderen Ver-
letzungen einen Bruch der rechten 9. und 10. Rippe
erlitt. Er wurde in das hieſige Rath’ſche Spital
transportiert und die Recherchen nach den Helden
eingeleitet.

Dürervereinsausflug.

Am Sonntag,
den 24. d. M., veranſtaltet der Dürerverein ſeinen
erſten Ausflug nach Laxenburg. Abfahrt: 1 Uhr
nachmittags. Zuſammenkunft: 12·50 Uhr am Bahn-
hofe. Gäſte, welche ſich bei Herrn Kürſchnermeiſter
Rudolf Sigmund, Hauptplatz, melden wollen,
herzlichſt willkommen.

Volkstümlicher Univerſitätsvor-
trag.

Nächſten Freitag findet der fünfte der volks-
tümlichen Univerſitätsvorträge ſtatt. Der vortragende
Privatdozent Dr. Heinrich Kretſchmayr wird über
Kaiſer Friedrich Barbaroſſa, Lothar III., Konrad III.,
die Kreuzzüge und den durch ſie zu verzeichnenden Um-
ſchwung der allgemeinen Weltauffaſſung, Friedrich I.
Barbaroſſa und die Wiederaufnahme der Weltpolitik
und das ſtaufiſche Syſtem ſprechen. Anfang des
Vortrages halb 8 Uhr, Ende halb 9 Uhr. Es iſt
eigentümlich, daß der Beſuch dieſer Vorträge den
hieſigen Gymnaſiaſten verboten wurde, während anderer-
ſeits die Zöglinge der Militärakademie denſelben
beiwohnen dürfen.

Durchfahrt des Deutſchmeiſter-
Regimentes.

Samstag mittags paſſierten drei
[Spaltenumbruch] Bataillons des auf der Fahrt von Bosnien nach
Wien begriffenen Deutſchmeiſter-Regimentes mit einem
Militär-Transportzug den Frachtenbahnhof Pfaff-
ſtätten und hielten dort eine etwa halbſtündige Raſt.
Begreiflicherweiſe ſehnten ſich die Regimentsangehörigen,
ihre Vaterſtadt wiederzuſehen, zumal nach ſo langer
Fahrt.

Geſchäftsverkauf der Firma Rud.
Pötſchner.

Der durch eine lange Reihe von Jahren
bei der Firma Franz Kreſſe in Kondition geweſene
Herr Reinsperger-Werner hat die ſeit dem
Jahre 1824 beſtehende Spezerei- und Kolonialwaren-
handlung des Herrn Rudolf Pötſchner (Weilburg-
ſtraße 3) käuflich an ſich gebracht und wird ſelbe in
Verbindung mit einer Delikateſſen-Handlung ab
1. Mai 1904 weiterführen.




Von nah und fern.
Die Sparwut in der Poſtverwaltung.

Unſer Handelsamt hat entſchieden Pech. Sein erſtes
größeres Debüt unter dem derzeitigem Chef, die
bekannte Verordnung über das Detailreiſen, iſt be-
kanntlich ſo unglücklich ausgefallen, daß Herr von
Call bemüſſigt war, in einer Reihe weiterer Ver-
ordnungen den status quo ſo ziemlich wieder herzu-
ſtellen, wenngleich von ſeinem Auftreten als „Retter
des Gewerbes“ immerhin für die Wäſcheinduſtrie
noch ſehr unangenehm fühlbare Spuren zurückgeblieben
ſind. Ein zweiter Verſuch des Handelsamtes, ſeine
Daſeinsberechtigung zu dokumentieren, hat wenigſtens
das für ſich, daß dabei die gute Abſicht des Chefs
desſelben nicht angezweifelt werden kann. Freilich iſt
den Intereſſenten mit der guten Abſicht wenig gedient,
wenn ihre Verwirklichung nicht verbürgt iſt. Wir
meinen die Aenderungen, welche mit 4. April d. J.
im Wiener Poſtverkehre eingeführt wurden und eine
Vereinfachung der Briefeinſammlung, eine möglichſt
un[mittel]bare Ableitung des für den Fernverkehr auf-
gegebener Materials auf die von Wien abgehenden
Züge durch Adaptierung der ſechs Bahnhofpoſtämter
für den Briefſpeditionsdienſt und eine Verbeſſerung
der Zuführung der in Wien aufgegebenen Pakete zu
den Fernbahnhöfen bezwecken. Es läßt ſich nicht
leugnen, daß die erwähnten Neuerungen ſich bei
zweckentſprechender Durchführung tatſächlich als Ver-
beſſerungen fühlbar machen könnten. An dieſer Durch-
führung hat es aber die öſterreichiſche Halbheit gänzlich
fehlen laſſen. Von allen Seiten kommen Klagen über
poſtaliſche Verzögerungen und Verſtöße. Aehnliche
Beſchwerden langen auch aus anderen Kronländern
ein. Die Geſchäftswelt erleidet durch ſolche Verzö-
gerungen ganz koloſſale, gar nicht berechenbare Ver-
luſte. Um nur ein konkretes Beiſpiel zu nennen:
viele Firmen laufen Gefahr, daß ihnen die k. k.




[Spaltenumbruch]

Ich kam mir ungefähr vor, wie Karl XII. in
der Türkei. Wir waren in ein fremdes Land einge-
drungen, ein lächerlich kleiner Haufe gegen eine
erdrückende Uebermacht. Die Tibeter verhinderten uns,
dorthin zu gehen, wohin wir wollten, zugleich aber
war es ihnen darum zu tun, uns möglichſt ſchnell
wieder loszuwerden. Wir waren gleichzeitig ihre Gäſte
und ihre Gefangenen, und ſichtlich war höherenorts
Befehl erteilt worden, daß wir mit größter Rückſicht
behandelt werden ſollten und uns kein Leid zugefügt
werden dürfe. Nur der Lama war düſter und ſchwer-
mütig. Er erinnerte ſich ganz genau Kamba Bombos
von Nakktſchu, der die mongoliſche Pilgerkarawane,
mit welcher der Lama nach Lhaſa gereiſt war, ſo
gründlich unterſucht hatte. Wenn Kamba Bombo ihn
wiedererkennen ſollte, ſei er verloren, und auch im
entgegengeſetzten Falle ſei ſein Schickſal mehr als
ungewiß. Er erzählte von einem mongoliſchen Lama,
der durch irgend ein Verſehen ſein Recht, die heilige
Stadt zu beſuchen, verwirkt habe und der, um ſein
Vergehen abzubüßen, von Dakuren (Urga) nach Lhaſa
— in Gebetſtellung, d. h. auf den Knien, gerutſcht
ſei. Er habe ſich mit den Händen auf die Erde ge-
ſtützt, die Knie nachgezogen, die Hände weiter geſetzt,
und ſo habe er die ganze lange Reiſe gemacht, zu
der er ſechs Jahre gebraucht habe! Und als er nur
noch eine Tagereiſe vom Stadttore entfernt geweſen
ſei, habe ihm der Dalai-Lama das Betreten der
Stadt unterſagt, und unverrichteter Dinge habe er
wieder umkehren müſſen. Der Lama ſagte noch, daß
der Mann ſeinen Bußgang auf den Knien, die
ſchließlich hart und hornig wie die Liegeſchwielen
der Kamele geworden ſeien, noch zweimal wiederholt
habe, aber das Herz des Dalat-Lama doch nicht er-
weicht worden ſei.

Ein paar hundert Meter ſüdlich von uns wurde
heute ein Zelt aufgeſchlagen, in welchem der Spion
[Spaltenumbruch] von geſtern, Ben Nurſu, wie er uns ſelbſt offenherzig
mitgeteilt hatte, künftig reſidieren ſollte, um uns
unter Augen zu haben.

Um die Mittagszeit ſahen wir 15 Reiter nach
Süden ſprengen; wir nahmen an, daß ſie dem Kamba
Bombo, der wahrſcheinlich nicht mehr ſehr weit ent-
fernt ſein konnte, entgegenritten.

Beſtändig tauchen neue, unbekannte, neugierige
Geſichter um uns herum auf. Der einzige wirkliche
Stammgaſt in unſerem Zelte iſt Ben Nurſu, der
beinahe bei uns wohnt und mit uns ißt. Dafür muß
er ſich aber auch nützlich machen; er muß Leben ins
Feuer blaſen, wenn es regnet. Es kommt beinahe
nie vor, daß uns jemand beſucht, ohne etwas Eßbares
mitzubringen. Sie nehmen ſich unſer mit rührender
Fürſorge an. Wie man ſagt, geſchieht dies auf be-
ſonderen Befehl des Dalai-Lama. Die Behörden in
Lhaſa erhalten ganz gewiß täglich Bericht aus unſerem
Lager. Die Reiter, die aus jener Richtung kommen
und dorthin reiten, ſind Kuriere und Eilboten. Wir
erfuhren auch, daß die Lebensmitteln, die wir von
den Nomaden erhalten, ihnen ſpäter aus Lhaſa erſetzt
werden. Auf dieſelbe Weiſe wird bei einer Mobil-
machung verfahren. Die Soldaten ſind berechtigt,
ſich alles, was ſie wollen, von den Nomaden zu
nehmen, und dieſe erhalten dafür Entſchädigung aus
der Hauptſtadt. Wir hatten alſo durch unſeren fried-
lichen Zug den Tibetern entſetzlich viele Mühe ge-
macht, und Dſchallokk war gewiſſermaßen ein mili-
täriſcher Knotenpunkt geworden. Es wimmelte hier
von Stafetten, Spionen, Kundſchaftern und Kurieren.
Das Land erhob ſich wie zur Verteidigung gegen
einen feindlichen Einfall ...




[Spaltenumbruch]

Staatsbahnen die Frachtenkredite kündigen, da die
durch die Poſtſparkaſſe ausgelegten Frachtenbelege
nicht rechtzeitig eintreffen. Daß durch die Unregel-
mäßigkeiten auch ſonſt im Offertenverkehr, im Verkehr
mit den Banken, wie überhaupt in den ganzen ge-
ſchäftlichen Gebarungen höchſt unliebſame Verſchie-
bungen eintreten, iſt ſonach klar und der Unwille und
das Mißtrauen begreiflich, mit welchem die diesmalige
gutgemeinte Reform überall aufgenommen wird. Man
hat eben maßgebendenorts das Unangenehme mit
dem Nützlichen verbunden und neben dem Lob über
die Verbeſſerungen auch ein hübſches Sparſümmchen
für die aufgelaſſenen Briefpoſtſpeditionen und die
Stadtpoſtſpedition des Hauptpoſtamtes einheimſen
wollen. Wir, die wir ſelbſt durch das mangelhafte
Funktionieren der Brief- und Zeitungspoſt arg in
Mitleidenſchaft gezogen wurden, haben es uns nicht
verdrießen laſſen, bei ſechzehn Poſtämtern uns über
die Urſachen der bedauerlichen Verſchleppungen zu
erkundigen. Wir fanden unſere Vermutungen beſtätigt.
Das Poſtperſonale ſteht der ihm geſtellten Aufgabe
ohnmächtig gegenüber. Es fehlt an Arbeitskräften
und wo man für Aushilfe geſorgt hat, ſind es un-
geſchulte Leute, welche mehr ſchaden als helfen. Nun
iſt die Reform elf Tage in Kraft und die Verſtöße,
die ſich noch immer zeigen, können nicht mehr als
Kinderkrankheiten entſchuldigt werden. Bei ſolchen
einſchneidenden Aenderungen heißt es die Sparwut
beiſeite laſſen und alle Vorkehrungen zu treffen, um die
normalen Funktionen des Verwaltungsmechanismus
nicht lange zu unterbinden. Andernfalls muß man
ſich auch für gutgemeinte Neuerungen bedanken. So,
Herr von Call, reformiert man nicht!

Die erſte evangeliſche Schule in Tirol.

Am 11. d. M. wurde in Untermais bei Meran eine
evangeliſche Schule eingeweiht, die erſte in Tirol.

Parolebefehle aus der Zeit Fried-
rich’s
II.

Da man ſich augenblicklich mehr denn je
mit militäriſchen Dingen befaßt, iſt es vielleicht nicht
ohne Intereſſe, von einigen Parolebefehlen aus der
Zeit Friedrich’s des Großen zu hören, aus einer Zeit,
in der, wenn es an einem Tage nichts neues gab,
der Befehl erſchien: „Alle alten Ordres wohl nach-
zuleſen!“ Einer Zuſammenſtellung der „Frankfurter
Zeitung“ entnehmen wir folgende Befehle:

16. Oktober 1750. Die Kompagnien ſollen darauf
ſehen, daß die Leute nicht beſoffen in die Parade
kommen.

13. November 1751. Es ſoll an der Weiberliſte
hinten der Abgang angezeigt werden, ob ſie ver-
heiratet oder geſtorben ſeien, auch dabei das Quantum
angezeigt werden, was ſie vorm Jahr bekommen haben.
Kinder von 14 Jahren bekommen nichts, als auch
die Weiber, die ſich wieder verheiratet haben.

13. Auguſt 1753. Wenn Damen von Conditions
ein- und auspaſſieren, ſollen ſie dem Grafen Haak
gemeldet werden.

7. Juni 1780. Die Officiers ſollen nicht nach
ihrem Belieben zu den Thoren herausgehen, ſondern
ſich jederzeit vorher bei ihren Commandeurs melden.

15. Oktober 1780. Der Ingenieur-Kupitän
Geger hat um eine monatliche Zulage erſucht. Vom
Regiment ſind ihm per Compagnie 4 Sgr. monatlich
ſo lange accordiert, wenn er Stunde gibt.

21. März 1781. Wenn künftig ein Kerl im
Zuge nicht ordentlich marſchiert, ſo kommt der Com-
mandeur
der Comp. in Arreſt, dieweil er ſorgen muß,
daß die Leute dressiert ſeien.

10. Januar 1781. Die Zöpfe ſollen nicht zu
hoch und nicht zu niedrig gefaßt ſein, auf die Friſur
ſoll beſſer geſehen werden, daß jeder Kerl drei ge-
hörige Locken hat, es ſei denn, daß er zu wenig
Haare hat, ſo muß er doch zwei haben.

31. Dezember 1781. Ihre Majeſtät der König
laſſen allen Herrn Officiers zum neuen Jahr gratulieren
und die nicht ſo ſind, wie ſie ſein ſollten,
möchten ſich beſſern.




Häuſer-Schematismus

für den Kurrayon Baden, umfaſſend die
Gemeinden Baden u. Weikersdorf, iſt in der
Buch- und Steindruckerei Joh. Wladarz,
Baden, Pfarrgaſſe 3, erſchienen und nur
daſelbſt zu haben.

Preis: Kronen 5·50.


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[4/0004] Mittwoch Badener Zeitung 20. April 1904. Nr. 32. als ſchmeichelhaft über die Tätigkeit Mayerhofer’s als Berichterſtatter ausſpricht und das übrigens auch in unſerem Blatte abgedruckt erſchien. Der Verhandlung wohnte ein zahlreiches Auditorium bei. Direktor Heißiger ſchilderte dem Richter in längerer äußerſt ſachlich gehaltener Rede das Keſſeltreiben, das gegen ihn veranſtaltet wurde und zur Maßregelung zweier Journaliſten führte, darunter auch Mayerhofer, und ſtellte ſeine Behauptungen unter Beweis. Er wider- legte alle ſeinerzeit in den Wiener Blättern enthal- tenen unrichtigen Berichte, wobei ſich der Zuhörer eine gewiſſe Erregung über dieſe Berichte bemächtigte. Da Mayerhofer zugab, jene Berichte eingeſendet zu haben, jedoch die Einvernahme mehrerer von ihm namhaft gemachter Zeugen begehrte, vertagte der Richter die Verhandlung. — Ein gewalttätiger Dienſtgeber. Am 9. d. M., abends, wurde der bei dem Wirtſchafts- beſitzer Karl Grandl in Alland bedienſtete Kutſcher Wilhelm Berdonner von ſeinem Dienſtgeber nach einem kurzen Wortwechſel zu Boden geworfen, wobei er eine Verrenkung des rechten Oberſchenkels erlitt und in das hieſige Spital trausportiert werden mußte. — Gewalttätige Burſchen. Der in Trumau wohnhafte Taglöhner Mich. Schäffberger wurde am 9. d. M., nachmittags, als er durch die Ortſchaft Münchendorf ging, von unbekannten Burſchen ohne Urſache überfallen, zu Boden geworfen und mit Fußtritten regaliert, wobei er nebſt anderen Ver- letzungen einen Bruch der rechten 9. und 10. Rippe erlitt. Er wurde in das hieſige Rath’ſche Spital transportiert und die Recherchen nach den Helden eingeleitet. — Dürervereinsausflug. Am Sonntag, den 24. d. M., veranſtaltet der Dürerverein ſeinen erſten Ausflug nach Laxenburg. Abfahrt: 1 Uhr nachmittags. Zuſammenkunft: 12·50 Uhr am Bahn- hofe. Gäſte, welche ſich bei Herrn Kürſchnermeiſter Rudolf Sigmund, Hauptplatz, melden wollen, herzlichſt willkommen. — Volkstümlicher Univerſitätsvor- trag. Nächſten Freitag findet der fünfte der volks- tümlichen Univerſitätsvorträge ſtatt. Der vortragende Privatdozent Dr. Heinrich Kretſchmayr wird über Kaiſer Friedrich Barbaroſſa, Lothar III., Konrad III., die Kreuzzüge und den durch ſie zu verzeichnenden Um- ſchwung der allgemeinen Weltauffaſſung, Friedrich I. Barbaroſſa und die Wiederaufnahme der Weltpolitik und das ſtaufiſche Syſtem ſprechen. Anfang des Vortrages halb 8 Uhr, Ende halb 9 Uhr. Es iſt eigentümlich, daß der Beſuch dieſer Vorträge den hieſigen Gymnaſiaſten verboten wurde, während anderer- ſeits die Zöglinge der Militärakademie denſelben beiwohnen dürfen. — Durchfahrt des Deutſchmeiſter- Regimentes. Samstag mittags paſſierten drei Bataillons des auf der Fahrt von Bosnien nach Wien begriffenen Deutſchmeiſter-Regimentes mit einem Militär-Transportzug den Frachtenbahnhof Pfaff- ſtätten und hielten dort eine etwa halbſtündige Raſt. Begreiflicherweiſe ſehnten ſich die Regimentsangehörigen, ihre Vaterſtadt wiederzuſehen, zumal nach ſo langer Fahrt. — Geſchäftsverkauf der Firma Rud. Pötſchner. Der durch eine lange Reihe von Jahren bei der Firma Franz Kreſſe in Kondition geweſene Herr Reinsperger-Werner hat die ſeit dem Jahre 1824 beſtehende Spezerei- und Kolonialwaren- handlung des Herrn Rudolf Pötſchner (Weilburg- ſtraße 3) käuflich an ſich gebracht und wird ſelbe in Verbindung mit einer Delikateſſen-Handlung ab 1. Mai 1904 weiterführen. Von nah und fern. Die Sparwut in der Poſtverwaltung. Unſer Handelsamt hat entſchieden Pech. Sein erſtes größeres Debüt unter dem derzeitigem Chef, die bekannte Verordnung über das Detailreiſen, iſt be- kanntlich ſo unglücklich ausgefallen, daß Herr von Call bemüſſigt war, in einer Reihe weiterer Ver- ordnungen den status quo ſo ziemlich wieder herzu- ſtellen, wenngleich von ſeinem Auftreten als „Retter des Gewerbes“ immerhin für die Wäſcheinduſtrie noch ſehr unangenehm fühlbare Spuren zurückgeblieben ſind. Ein zweiter Verſuch des Handelsamtes, ſeine Daſeinsberechtigung zu dokumentieren, hat wenigſtens das für ſich, daß dabei die gute Abſicht des Chefs desſelben nicht angezweifelt werden kann. Freilich iſt den Intereſſenten mit der guten Abſicht wenig gedient, wenn ihre Verwirklichung nicht verbürgt iſt. Wir meinen die Aenderungen, welche mit 4. April d. J. im Wiener Poſtverkehre eingeführt wurden und eine Vereinfachung der Briefeinſammlung, eine möglichſt unmittelbare Ableitung des für den Fernverkehr auf- gegebener Materials auf die von Wien abgehenden Züge durch Adaptierung der ſechs Bahnhofpoſtämter für den Briefſpeditionsdienſt und eine Verbeſſerung der Zuführung der in Wien aufgegebenen Pakete zu den Fernbahnhöfen bezwecken. Es läßt ſich nicht leugnen, daß die erwähnten Neuerungen ſich bei zweckentſprechender Durchführung tatſächlich als Ver- beſſerungen fühlbar machen könnten. An dieſer Durch- führung hat es aber die öſterreichiſche Halbheit gänzlich fehlen laſſen. Von allen Seiten kommen Klagen über poſtaliſche Verzögerungen und Verſtöße. Aehnliche Beſchwerden langen auch aus anderen Kronländern ein. Die Geſchäftswelt erleidet durch ſolche Verzö- gerungen ganz koloſſale, gar nicht berechenbare Ver- luſte. Um nur ein konkretes Beiſpiel zu nennen: viele Firmen laufen Gefahr, daß ihnen die k. k. Ich kam mir ungefähr vor, wie Karl XII. in der Türkei. Wir waren in ein fremdes Land einge- drungen, ein lächerlich kleiner Haufe gegen eine erdrückende Uebermacht. Die Tibeter verhinderten uns, dorthin zu gehen, wohin wir wollten, zugleich aber war es ihnen darum zu tun, uns möglichſt ſchnell wieder loszuwerden. Wir waren gleichzeitig ihre Gäſte und ihre Gefangenen, und ſichtlich war höherenorts Befehl erteilt worden, daß wir mit größter Rückſicht behandelt werden ſollten und uns kein Leid zugefügt werden dürfe. Nur der Lama war düſter und ſchwer- mütig. Er erinnerte ſich ganz genau Kamba Bombos von Nakktſchu, der die mongoliſche Pilgerkarawane, mit welcher der Lama nach Lhaſa gereiſt war, ſo gründlich unterſucht hatte. Wenn Kamba Bombo ihn wiedererkennen ſollte, ſei er verloren, und auch im entgegengeſetzten Falle ſei ſein Schickſal mehr als ungewiß. Er erzählte von einem mongoliſchen Lama, der durch irgend ein Verſehen ſein Recht, die heilige Stadt zu beſuchen, verwirkt habe und der, um ſein Vergehen abzubüßen, von Dakuren (Urga) nach Lhaſa — in Gebetſtellung, d. h. auf den Knien, gerutſcht ſei. Er habe ſich mit den Händen auf die Erde ge- ſtützt, die Knie nachgezogen, die Hände weiter geſetzt, und ſo habe er die ganze lange Reiſe gemacht, zu der er ſechs Jahre gebraucht habe! Und als er nur noch eine Tagereiſe vom Stadttore entfernt geweſen ſei, habe ihm der Dalai-Lama das Betreten der Stadt unterſagt, und unverrichteter Dinge habe er wieder umkehren müſſen. Der Lama ſagte noch, daß der Mann ſeinen Bußgang auf den Knien, die ſchließlich hart und hornig wie die Liegeſchwielen der Kamele geworden ſeien, noch zweimal wiederholt habe, aber das Herz des Dalat-Lama doch nicht er- weicht worden ſei. Ein paar hundert Meter ſüdlich von uns wurde heute ein Zelt aufgeſchlagen, in welchem der Spion von geſtern, Ben Nurſu, wie er uns ſelbſt offenherzig mitgeteilt hatte, künftig reſidieren ſollte, um uns unter Augen zu haben. Um die Mittagszeit ſahen wir 15 Reiter nach Süden ſprengen; wir nahmen an, daß ſie dem Kamba Bombo, der wahrſcheinlich nicht mehr ſehr weit ent- fernt ſein konnte, entgegenritten. Beſtändig tauchen neue, unbekannte, neugierige Geſichter um uns herum auf. Der einzige wirkliche Stammgaſt in unſerem Zelte iſt Ben Nurſu, der beinahe bei uns wohnt und mit uns ißt. Dafür muß er ſich aber auch nützlich machen; er muß Leben ins Feuer blaſen, wenn es regnet. Es kommt beinahe nie vor, daß uns jemand beſucht, ohne etwas Eßbares mitzubringen. Sie nehmen ſich unſer mit rührender Fürſorge an. Wie man ſagt, geſchieht dies auf be- ſonderen Befehl des Dalai-Lama. Die Behörden in Lhaſa erhalten ganz gewiß täglich Bericht aus unſerem Lager. Die Reiter, die aus jener Richtung kommen und dorthin reiten, ſind Kuriere und Eilboten. Wir erfuhren auch, daß die Lebensmitteln, die wir von den Nomaden erhalten, ihnen ſpäter aus Lhaſa erſetzt werden. Auf dieſelbe Weiſe wird bei einer Mobil- machung verfahren. Die Soldaten ſind berechtigt, ſich alles, was ſie wollen, von den Nomaden zu nehmen, und dieſe erhalten dafür Entſchädigung aus der Hauptſtadt. Wir hatten alſo durch unſeren fried- lichen Zug den Tibetern entſetzlich viele Mühe ge- macht, und Dſchallokk war gewiſſermaßen ein mili- täriſcher Knotenpunkt geworden. Es wimmelte hier von Stafetten, Spionen, Kundſchaftern und Kurieren. Das Land erhob ſich wie zur Verteidigung gegen einen feindlichen Einfall ... Staatsbahnen die Frachtenkredite kündigen, da die durch die Poſtſparkaſſe ausgelegten Frachtenbelege nicht rechtzeitig eintreffen. Daß durch die Unregel- mäßigkeiten auch ſonſt im Offertenverkehr, im Verkehr mit den Banken, wie überhaupt in den ganzen ge- ſchäftlichen Gebarungen höchſt unliebſame Verſchie- bungen eintreten, iſt ſonach klar und der Unwille und das Mißtrauen begreiflich, mit welchem die diesmalige gutgemeinte Reform überall aufgenommen wird. Man hat eben maßgebendenorts das Unangenehme mit dem Nützlichen verbunden und neben dem Lob über die Verbeſſerungen auch ein hübſches Sparſümmchen für die aufgelaſſenen Briefpoſtſpeditionen und die Stadtpoſtſpedition des Hauptpoſtamtes einheimſen wollen. Wir, die wir ſelbſt durch das mangelhafte Funktionieren der Brief- und Zeitungspoſt arg in Mitleidenſchaft gezogen wurden, haben es uns nicht verdrießen laſſen, bei ſechzehn Poſtämtern uns über die Urſachen der bedauerlichen Verſchleppungen zu erkundigen. Wir fanden unſere Vermutungen beſtätigt. Das Poſtperſonale ſteht der ihm geſtellten Aufgabe ohnmächtig gegenüber. Es fehlt an Arbeitskräften und wo man für Aushilfe geſorgt hat, ſind es un- geſchulte Leute, welche mehr ſchaden als helfen. Nun iſt die Reform elf Tage in Kraft und die Verſtöße, die ſich noch immer zeigen, können nicht mehr als Kinderkrankheiten entſchuldigt werden. Bei ſolchen einſchneidenden Aenderungen heißt es die Sparwut beiſeite laſſen und alle Vorkehrungen zu treffen, um die normalen Funktionen des Verwaltungsmechanismus nicht lange zu unterbinden. Andernfalls muß man ſich auch für gutgemeinte Neuerungen bedanken. So, Herr von Call, reformiert man nicht! Die erſte evangeliſche Schule in Tirol. Am 11. d. M. wurde in Untermais bei Meran eine evangeliſche Schule eingeweiht, die erſte in Tirol. Parolebefehle aus der Zeit Fried- rich’s II. Da man ſich augenblicklich mehr denn je mit militäriſchen Dingen befaßt, iſt es vielleicht nicht ohne Intereſſe, von einigen Parolebefehlen aus der Zeit Friedrich’s des Großen zu hören, aus einer Zeit, in der, wenn es an einem Tage nichts neues gab, der Befehl erſchien: „Alle alten Ordres wohl nach- zuleſen!“ Einer Zuſammenſtellung der „Frankfurter Zeitung“ entnehmen wir folgende Befehle: 16. Oktober 1750. Die Kompagnien ſollen darauf ſehen, daß die Leute nicht beſoffen in die Parade kommen. 13. November 1751. Es ſoll an der Weiberliſte hinten der Abgang angezeigt werden, ob ſie ver- heiratet oder geſtorben ſeien, auch dabei das Quantum angezeigt werden, was ſie vorm Jahr bekommen haben. Kinder von 14 Jahren bekommen nichts, als auch die Weiber, die ſich wieder verheiratet haben. 13. Auguſt 1753. Wenn Damen von Conditions ein- und auspaſſieren, ſollen ſie dem Grafen Haak gemeldet werden. 7. Juni 1780. Die Officiers ſollen nicht nach ihrem Belieben zu den Thoren herausgehen, ſondern ſich jederzeit vorher bei ihren Commandeurs melden. 15. Oktober 1780. Der Ingenieur-Kupitän Geger hat um eine monatliche Zulage erſucht. Vom Regiment ſind ihm per Compagnie 4 Sgr. monatlich ſo lange accordiert, wenn er Stunde gibt. 21. März 1781. Wenn künftig ein Kerl im Zuge nicht ordentlich marſchiert, ſo kommt der Com- mandeur der Comp. in Arreſt, dieweil er ſorgen muß, daß die Leute dressiert ſeien. 10. Januar 1781. Die Zöpfe ſollen nicht zu hoch und nicht zu niedrig gefaßt ſein, auf die Friſur ſoll beſſer geſehen werden, daß jeder Kerl drei ge- hörige Locken hat, es ſei denn, daß er zu wenig Haare hat, ſo muß er doch zwei haben. 31. Dezember 1781. Ihre Majeſtät der König laſſen allen Herrn Officiers zum neuen Jahr gratulieren und die nicht ſo ſind, wie ſie ſein ſollten, möchten ſich beſſern. Häuſer-Schematismus für den Kurrayon Baden, umfaſſend die Gemeinden Baden u. Weikersdorf, iſt in der Buch- und Steindruckerei Joh. Wladarz, Baden, Pfarrgaſſe 3, erſchienen und nur daſelbſt zu haben. Preis: Kronen 5·50.

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 32, Baden (Niederösterreich), 20.04.1904, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener032_1904/4>, abgerufen am 21.11.2024.