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Badener Zeitung. Nr. 67, Baden (Niederösterreich), 19.08.1908.

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[Nr. 67. Mittwoch Badener Zeitung 19. August 1908.]

[Spaltenumbruch]

die Kunde, daß man wiederholt italienische Torpedo-
jäger und ähnliche Fahrzeuge gesichtet habe, die es
sich angelegen sein ließen, außerhalb Schußweite
Messungen der Meerestiefe vorzunehmen und zu ver-
zeichnen. Das offizielle Italien weiß natürlich nichts
davon und wir müssen dessen Versicherungen glauben.

Auch die Demonstrationsfahrt der Lombarden
nach Triest ist eine harmlose Besuchserwiderung.
Wenn in Triest etwas Ungebührliches geschieht, so
sind ja die österreichischen Behörden da, demselben
zu wehren. Das sind interne Vorgänge Oesterreichs,
in die sich Italien beileibe nicht einmengen darf.
Und so dürften wir schon demnächst die beruhigendsten
Schilderungen der Triestiner Vorgänge zu lesen be-
kommen; nur schade, daß uns die ersten Berichte
stutzig machten.

Aber vorgeschaut ist besser als nachgesehen.




Anser Schwurgerichtsprozeß
gegen Waldheim.

Mit Bezug auf den in Nr. 51 unter obigem
Titel erschienenen Bericht sendet uns der "Schrift-
steller" Waldheim nachstehende Berichtigung:

"Es ist unwahr, daß ich, Gustav Waldheim,
Herausgeber der Badener und Vöslauer Kurgäste-
Zeitung und Präsident des Vereines der Kurgäste
und Sommerparteien Badens, vom Restaurateur
Gröger verlangte, er möge dem bei ihm eingemieteten
Friseur kündigen und mir das Lokal für einen
Zeitungskiosk abtreten; es ist unwahr, daß Gröger,
weil er sich weigerte, dies zu tun, nach einiger Zeit
darauf in meinem Blatte angegriffen wurde. Wahr
ist, daß ich an den Gröger niemals ein solches An-
suchen stellte; wahr ist, daß in meinem Blatte bloß
eine an mich eingelaufene Beschwerde wegen der
teuren und kleinen Speisen beantwortet wurde.

Es ist unwahr, daß ich beim Kaffeesieder Kam-
merzell erschienen bin und ihm, weil er das Blatt
nicht abonnierte, sagte: "Sie werden es zu bereuen
haben." Wahr ist, daß ich eine derartige Aeußerung
zu Kammerzell nie machte.

Es ist unwahr, daß der Zeuge Freudenfeld
einen Angriff in meinem Blatte darauf zurückführte,
daß er mein Blatt nicht abonnierte; wahr ist, daß
dieser Zeuge vor Gericht bestätigte, daß er niemals
zum Abonnement eingeladen wurde.

Es ist unwahr, daß gegen den Kaffeesieder
Frisch ein gänzlich ungerechtfertigter Angriff erschien,
weil derselbe mein Blatt abbestellte; wahr ist, daß
[Spaltenumbruch] dieser mein Blatt nicht abbestellt hatte, wahr ist, daß
in meinem Blatte nur Beschwerden, die von den
Gästen des Kaffeesieders bei mir erhoben wurden,
veröffentlicht wurden.

Es ist unwahr, daß ich jemals aus dem Grunde,
weil ich keine Freikarten zu einem Feste erhalten
habe, ein Plakat öffentlich anschlagen ließ, man möge
Beschwerden über das Fest und die Veranstalter bei
mir hinterlegen; wahr ist, daß dieses P[l]akat nur
deshalb angeschlagen wurde, weil bei mir tatsächlich
Beschwerden eingelaufen waren. Ebenso unwahr ist
es, daß der Zeuge Laschitz aus diesem Anlasse eine
Karte groben Inhaltes erhalten hat.

Es ist unwahr, daß ich von Direktor Schreiber
für das Nichterscheinen einer Broschüre K 250 er-
halten habe; wahr ist, daß der Zeuge Dr. Lantin
vor Gericht bestätigte, daß mir diese 250 K von
Direktor Schreiber für Drucksorten, welche ich für
ihn herstellen ließ, bezahlt wurden. Unwahr ist, daß
ich schriftlich erklären mußte, mich fortan jedes
weiteren Angriffes auf Schreiber zu enthalten; wahr
ist nur, daß sich Schreiber bei dieser Gelegenheit
mein Wohlwollen ihm gegenüber schriftlich erbat.

Es ist unwahr, daß an meinem Fenster anläßlich
der Dekorierung zu Kaisers Geburtstag eine Tafel
mit den Worten: "Lesen Sie die Badener Kurgäste-
zeitung" angebracht war; wahr ist, daß an diesem
Tage nur die gewöhnliche Firmatafel angebracht war.

Es ist ferner unwahr, daß ich einem Glaubens-
genossen von mir die Mitteilung machte, daß zur
Generalversammlung unseres Vereines von 700 Ein-
ladungsschreiben 400 zurückgesendet wurden; wahr
ist, daß ich einem Glaubensgenossen gegenüber nie-
mals eine solche Mitteilung machte.

Es ist unwahr, daß das Mitglied der Kur-
kommission Josef Klein in meinem Blatte ungerecht-
fertigt angegriffen wurde; wahr ist, daß in meinem
Blatte über denselben nur deshalb geschrieben wurde,
weil er die Interessen der Kurgäste in der Kommission
nicht energisch vertrat.

Es ist unwahr, daß der Zeuge Gall in meinem
Blatte deshalb wiederholt angegriffen wurde, weil er
der Urheber davon war, daß mir die Kurkommission
für mein Adreßbuch die Subvention verweigerte;
wahr ist, daß das Kurkommissionsmitglied Gall nur
deshalb angegriffen wurde, weil er gegen die bean-
tragte Statutenänderung, nach welcher die Kurgäste
sich ihre Vertreter selbst wählen sollen. Stellung
nahm und den Antrag stellte, es mögen die Kur-
kommissionsdiener beeidet werden, um als Amtsperson
gegenüber den Kurgästen auftreten zu können.

Es ist unwahr, daß ich beim Hotelier Gotts-




[Spaltenumbruch]

Eigenschaft, die ich, besonders wenn ich eine der
vielen unvermeidlichen "Gratulationen" hersagen sollte,
nicht zu unterdrücken im Stande war.

Eine meiner frühesten Beschäftigungen war das
Sammeln von allerlei Gegenständen, wozu die An-
regungen durch die vielen wissenschaftlichen und Kunst-
sammlungen meines Vaters, die er in einem Museum1)
zusammengestellt hatte, ganz natürlich gekommen war.
Meine Sammellust erstreckte sich auf alles; besonders
passioniert sammelte ich Pflanzen, Schmetterlinge,
Käfer, Mineralien, Münzen und Bilder; sogar aber
auch Siegel, Stoffmuster und Knöpfe. Auch Bücher
sammelte ich, unter welchen aber komischerweise den
damals acht- bis neunjährigen Knaben Theaterstücke
am wenigsten interessierten. Ich weiß noch sehr gut,
wie unnatürlich mir dies sonderbare gedruckte
Hin- und Herreden vorkam, obwohl es vielleicht
auch gehörig schauderhafte Ritterkomödien gewesen
sein mögen; so wie auch das erste Stück, welches ich
aufführen sah, die "Todtenglocke um Mitternacht"
im Badener Theater war, das nach meiner Erin-
nerung keinen imponierenden Eindruck auf mich ge-
macht. Bald aber gerieth ich in der Bibliothek meines
Vaters auf "Schillers Werke". Wie war ich da
gerade von den Theaterstücken, in denen mich natürlich
nur der mächtige Tonfall und das äußere Gewand
der Gedanken, die ich wohl noch nicht fassen konnte,
gewaltig ergriffen! Mit angehaltenem Athem konnte
ich auch lang der Erzählung des allbekannten Jugend-
freundes Schillers, Andreas Streichers, der als
alter Freund meines Vaters viele Sommer hindurch
in unserem Hause wohnte, lauschen, wenn er mich
an sich zog und mir, indem er mich auf sein Knie
setzte, etwas von Schiller mittheilte. Besonders
erinnere ich mich noch, wie lebhaft er mir in seiner
stark schwäbelnden Redeweise erzählte, daß Schiller
einmal, seinen "Fiesko" vorlesend, durch seinen
[Spaltenumbruch] schwäbischen Dialekt gänzlich Fiasko damit machte.
Ueberhaupt ist das schlicht liebenswürdige Wesen und
die große, knochige Gestalt des meist ganz in Grau
und mit ebensolchen Gamaschen und gleichfarbiger
Kappe bekleideten, ein schneeweißes Halstuch und
Brustkrause tragenden trefflichen alten Streicher eine
der lebendigsten Erinnerungen aus meiner Kindzeit.

Auch an Streichers vortreffliche Gattin -- die
Tochter des Klaviermachers Stein, von welcher der
"Musikus" Streicher erst den Klavierbau lernte --,
die eine gediegene Klavierspielerin und Musikkennerin
war und der ich gar oft stundenlang zuhörte, wenn
sie Kompositionen ihres Lieblings-Tondichters Beet-
hoven
spielte, knüpft sich eine interessante, mir un-
vergeßliche Erinnerung. Sie nahm mich öfter auf
einen ihrer täglichen Spaziergänge mit. Eines Tages
fanden wir nicht weit außerhalb unseres Gartenhauses
in der Bergstraße einen alten Mann, der im An-
schauen des Helenenthales versunken, mit entblößtem
Haupte dastand. Die grauen Haare schwangen sich in
der leicht bewegten Luft. Als wir dicht an ihn
herankamen, schaute ihm die sehr erregt gewordene
Frau, ohne ihn zu stören, ehrfurchtsvoll ins Antlitz
und verneigte sich. Kaum waren wir vorüber, faßte
sie mich hastig an der Hand und rief mit gedämpfter
Stimme aber in voller Bewegung: "Das ist Beet-
hoven!
" Ich schaute aus der Ferne lang nach ihm
wie in aufdämmernder Vorahnung einstiger bewußter
Verehrung. Beethoven ist mir auch neben dem eben-
falls aus dem Urstoff arbeitenden Shakespeare der
eine der zwei größten Menschengeister geworden, von
denen es irgendwo so treffend heißt: "Wenn Beet-
hovens Töne Worte wären, so hätte Deutschland
seinen Shakespeare."1)

(Fortsetzung folgt.)




[Spaltenumbruch]

bacher mehreremale wegen Abonnement und Inserate
erschien; wahr ist, daß ich Gottsbacher nur ein ein-
zigesmal gesprochen habe.

Es ist unwahr, daß ich bei Direktor Winkler
erschien und ihn zu Abonnement und Insertion be-
wegen wollte; wahr ist, daß ich seit zehn Jahren
das Haus des Direktor Winkler niemals betreten
habe. Unwahr ist es, daß ich zu Winkler gesagt habe:
"Wissen Sie aber auch, daß ich Ihnen schaden kann";
wahr ist, daß Direktor Winkler selbst als Zeuge vor
Gericht unter Eid erklärt hat, daß ich niemals zu
ihm auch nur etwas Aehnliches gesagt hätte.

Es ist unwahr, daß ich den Theaterdirektor
Reiff angegriffen habe, weil er mir sein Porträt nicht
zur Reproduktion übergab; wahr ist, daß Direktor
Reiff (Heißiger) in meinem Blatte auf Veranlassung
mehrerer Aristokraten und des Direktors Schreiber
selbst angegriffen wurde.

Es ist unwahr, daß der Zeuge Buchdruckerei-
besitzer Bergmann aus Wien mein Blatt deshalb
nicht weiter drucken wollte, weil ihm die Haltung
des Blattes nicht recht war. Unwahr ist es, daß ich
zu Bergmann jemals die Aeußerung gemacht habe,
ich wolle ein Blatt gegründet haben, das der Kur-
verwaltung unangenehm sei, um so leichter von ihr
etwas erlangen zu können; wahr ist, daß ich selbst
jede Beziehung zu Bergmann abbrach."




Wir wurden zur Aufnahme dieser "Berich-
tigung" durch einen richterlichen Spruch gezwungen
und haben selbstverständlich gegen dieses Urteil Be-
rufung eingelegt. Es wäre traurig mit unserer
Preßfreiheit bestellt, wenn eine Zeitung, die einen
wahrheitsgetreuen Bericht über eine Verhandlung
bringt, dazu verhalten werden kann, Zeugenaussagen,
die dem Kläger unangenehm sind, zu berichtigen. Das
ist in diesem Falle nach unserer Meinung der Kläger
an Ort und Stelle, d. h. im "Gerichtssaale" zu tun
verpflichtet. Jedes weitere Urteil über diese Art
Richtersprüche behalten wir uns für später vor.




Kommunal-Zeitung.



Kunstinstitut oder Spekulations-Objekt.

Die Vergebung des neuen Theaters ist ausge-
schrieben und am 15. d. endete der Einreichungs-
termin. Soweit wäre die Sache gut. Was uns aber
sonderbar anmutet, ist ein Passus unter den Verge-
bungsbedingungen, der da lautet: "Unter sonst
gleichen Umständen wird derjenige bevor-
zugt, der einen höheren Pacht als den vor-
geschriebenen bietet".

Wir können unmöglich glauben, daß es mit
diesem Passus ernst gemeint ist, denn sonst wäre
das neue Haus, ehe der erste Spatenstich getan, schon
seinem eigentlichen Zweck entzogen und wir, die wir
froh sind, den alten, lebensgefährlichen Kasten endlich
los zu sein, müßten trauernd unser Haupt verhüllen.

Wir zweifeln nicht, daß es genug "Direktoren"
unter den Bewerbern geben wird, die das doppelte
und dreifache bieten werden in Unkenntnis der Ver-
hältnisse -- aber dann "ade Kunstinstitut!" Hat man
denn in letzter Zeit nicht bemerkt, wohin die unersätt-
liche Geldmacherei hinführt und eine Lehre für die
Zukunft daraus gezogen? O, du "Hoftheater an der
Schwechat", wie bist du herabgekommen! Seit zwei
Jahren besitzen wir keine Vertreterin des Heroinen-
faches mehr -- nun fehlt uns auch noch die zweite
Liebhaberin, so daß man sich kürzlich zu einer Auf-
führung ein ehemaliges Mitglied "als Gast" ausleihen
mußte. Wir mußten es erleben, daß man einen
ganzen Winter hindurch ohne Komiker sich durch-
fretten konnte und sich diverse "Künstler" (weiß Gott
von wo?) von Fall zu Fall auslieh!

"Schön war es nicht -- es hat uns nicht ge-
freut!" Um das oben konstatierte ein wenig auszu-
gleichen, hatten wir im Winter keinen "Herren-Chor",
denn die drei oder vier, die da waren und auch bereits
durchgingen, waren so viel wie keiner. Man mußte
zu einer alten Operette eine Anleihe von vier oder
fünf Choristen bei einer reisenden Gesellschaft
machen, um dieselbe aufführen zu können! Auch sonst
scheint in unserem Theater jeder Ernst für die Sache
geschwunden zu sein, denn sonst könnte es nicht pas-
sieren, daß, wie jüngst bei einer Vorstellung, die
Musik so lange warten muß, bis dem Darsteller auf
der Bühne oben der Text seiner Strophe einfällt --
den schon das Publikum sogar kennt.

Für Nebenrollen besitzt das Theater nicht
einen
Vertreter -- sind die etwa ausgestorben?

1) Das jetzt, durch Schenkung der Erben Anton Franz
Rolletts an die Gemeinde Baden (1867), städtische Rollett-
Museum im Redoutengebände zu Baden.
1) Rollett faßte dieses Erlebnis, das auch Nohl ("Beet-
hoven", Leipzig, Reclam) erwähnt, in ein Gedicht zusammen:
"Im Helenenthal", 1825 ("Auswahl", Leipzig, 1865; S. 238).
[Nr. 67. Mittwoch Badener Zeitung 19. Auguſt 1908.]

[Spaltenumbruch]

die Kunde, daß man wiederholt italieniſche Torpedo-
jäger und ähnliche Fahrzeuge geſichtet habe, die es
ſich angelegen ſein ließen, außerhalb Schußweite
Meſſungen der Meerestiefe vorzunehmen und zu ver-
zeichnen. Das offizielle Italien weiß natürlich nichts
davon und wir müſſen deſſen Verſicherungen glauben.

Auch die Demonſtrationsfahrt der Lombarden
nach Trieſt iſt eine harmloſe Beſuchserwiderung.
Wenn in Trieſt etwas Ungebührliches geſchieht, ſo
ſind ja die öſterreichiſchen Behörden da, demſelben
zu wehren. Das ſind interne Vorgänge Oeſterreichs,
in die ſich Italien beileibe nicht einmengen darf.
Und ſo dürften wir ſchon demnächſt die beruhigendſten
Schilderungen der Trieſtiner Vorgänge zu leſen be-
kommen; nur ſchade, daß uns die erſten Berichte
ſtutzig machten.

Aber vorgeſchaut iſt beſſer als nachgeſehen.




Anſer Schwurgerichtsprozeß
gegen Waldheim.

Mit Bezug auf den in Nr. 51 unter obigem
Titel erſchienenen Bericht ſendet uns der „Schrift-
ſteller“ Waldheim nachſtehende Berichtigung:

„Es iſt unwahr, daß ich, Guſtav Waldheim,
Herausgeber der Badener und Vöslauer Kurgäſte-
Zeitung und Präſident des Vereines der Kurgäſte
und Sommerparteien Badens, vom Reſtaurateur
Gröger verlangte, er möge dem bei ihm eingemieteten
Friſeur kündigen und mir das Lokal für einen
Zeitungskiosk abtreten; es iſt unwahr, daß Gröger,
weil er ſich weigerte, dies zu tun, nach einiger Zeit
darauf in meinem Blatte angegriffen wurde. Wahr
iſt, daß ich an den Gröger niemals ein ſolches An-
ſuchen ſtellte; wahr iſt, daß in meinem Blatte bloß
eine an mich eingelaufene Beſchwerde wegen der
teuren und kleinen Speiſen beantwortet wurde.

Es iſt unwahr, daß ich beim Kaffeeſieder Kam-
merzell erſchienen bin und ihm, weil er das Blatt
nicht abonnierte, ſagte: „Sie werden es zu bereuen
haben.“ Wahr iſt, daß ich eine derartige Aeußerung
zu Kammerzell nie machte.

Es iſt unwahr, daß der Zeuge Freudenfeld
einen Angriff in meinem Blatte darauf zurückführte,
daß er mein Blatt nicht abonnierte; wahr iſt, daß
dieſer Zeuge vor Gericht beſtätigte, daß er niemals
zum Abonnement eingeladen wurde.

Es iſt unwahr, daß gegen den Kaffeeſieder
Friſch ein gänzlich ungerechtfertigter Angriff erſchien,
weil derſelbe mein Blatt abbeſtellte; wahr iſt, daß
[Spaltenumbruch] dieſer mein Blatt nicht abbeſtellt hatte, wahr iſt, daß
in meinem Blatte nur Beſchwerden, die von den
Gäſten des Kaffeeſieders bei mir erhoben wurden,
veröffentlicht wurden.

Es iſt unwahr, daß ich jemals aus dem Grunde,
weil ich keine Freikarten zu einem Feſte erhalten
habe, ein Plakat öffentlich anſchlagen ließ, man möge
Beſchwerden über das Feſt und die Veranſtalter bei
mir hinterlegen; wahr iſt, daß dieſes P[l]akat nur
deshalb angeſchlagen wurde, weil bei mir tatſächlich
Beſchwerden eingelaufen waren. Ebenſo unwahr iſt
es, daß der Zeuge Laſchitz aus dieſem Anlaſſe eine
Karte groben Inhaltes erhalten hat.

Es iſt unwahr, daß ich von Direktor Schreiber
für das Nichterſcheinen einer Broſchüre K 250 er-
halten habe; wahr iſt, daß der Zeuge Dr. Lantin
vor Gericht beſtätigte, daß mir dieſe 250 K von
Direktor Schreiber für Druckſorten, welche ich für
ihn herſtellen ließ, bezahlt wurden. Unwahr iſt, daß
ich ſchriftlich erklären mußte, mich fortan jedes
weiteren Angriffes auf Schreiber zu enthalten; wahr
iſt nur, daß ſich Schreiber bei dieſer Gelegenheit
mein Wohlwollen ihm gegenüber ſchriftlich erbat.

Es iſt unwahr, daß an meinem Fenſter anläßlich
der Dekorierung zu Kaiſers Geburtstag eine Tafel
mit den Worten: „Leſen Sie die Badener Kurgäſte-
zeitung“ angebracht war; wahr iſt, daß an dieſem
Tage nur die gewöhnliche Firmatafel angebracht war.

Es iſt ferner unwahr, daß ich einem Glaubens-
genoſſen von mir die Mitteilung machte, daß zur
Generalverſammlung unſeres Vereines von 700 Ein-
ladungsſchreiben 400 zurückgeſendet wurden; wahr
iſt, daß ich einem Glaubensgenoſſen gegenüber nie-
mals eine ſolche Mitteilung machte.

Es iſt unwahr, daß das Mitglied der Kur-
kommiſſion Joſef Klein in meinem Blatte ungerecht-
fertigt angegriffen wurde; wahr iſt, daß in meinem
Blatte über denſelben nur deshalb geſchrieben wurde,
weil er die Intereſſen der Kurgäſte in der Kommiſſion
nicht energiſch vertrat.

Es iſt unwahr, daß der Zeuge Gall in meinem
Blatte deshalb wiederholt angegriffen wurde, weil er
der Urheber davon war, daß mir die Kurkommiſſion
für mein Adreßbuch die Subvention verweigerte;
wahr iſt, daß das Kurkommiſſionsmitglied Gall nur
deshalb angegriffen wurde, weil er gegen die bean-
tragte Statutenänderung, nach welcher die Kurgäſte
ſich ihre Vertreter ſelbſt wählen ſollen. Stellung
nahm und den Antrag ſtellte, es mögen die Kur-
kommiſſionsdiener beeidet werden, um als Amtsperſon
gegenüber den Kurgäſten auftreten zu können.

Es iſt unwahr, daß ich beim Hotelier Gotts-




[Spaltenumbruch]

Eigenſchaft, die ich, beſonders wenn ich eine der
vielen unvermeidlichen „Gratulationen“ herſagen ſollte,
nicht zu unterdrücken im Stande war.

Eine meiner früheſten Beſchäftigungen war das
Sammeln von allerlei Gegenſtänden, wozu die An-
regungen durch die vielen wiſſenſchaftlichen und Kunſt-
ſammlungen meines Vaters, die er in einem Muſeum1)
zuſammengeſtellt hatte, ganz natürlich gekommen war.
Meine Sammelluſt erſtreckte ſich auf alles; beſonders
paſſioniert ſammelte ich Pflanzen, Schmetterlinge,
Käfer, Mineralien, Münzen und Bilder; ſogar aber
auch Siegel, Stoffmuſter und Knöpfe. Auch Bücher
ſammelte ich, unter welchen aber komiſcherweiſe den
damals acht- bis neunjährigen Knaben Theaterſtücke
am wenigſten intereſſierten. Ich weiß noch ſehr gut,
wie unnatürlich mir dies ſonderbare gedruckte
Hin- und Herreden vorkam, obwohl es vielleicht
auch gehörig ſchauderhafte Ritterkomödien geweſen
ſein mögen; ſo wie auch das erſte Stück, welches ich
aufführen ſah, die „Todtenglocke um Mitternacht“
im Badener Theater war, das nach meiner Erin-
nerung keinen imponierenden Eindruck auf mich ge-
macht. Bald aber gerieth ich in der Bibliothek meines
Vaters auf „Schillers Werke“. Wie war ich da
gerade von den Theaterſtücken, in denen mich natürlich
nur der mächtige Tonfall und das äußere Gewand
der Gedanken, die ich wohl noch nicht faſſen konnte,
gewaltig ergriffen! Mit angehaltenem Athem konnte
ich auch lang der Erzählung des allbekannten Jugend-
freundes Schillers, Andreas Streichers, der als
alter Freund meines Vaters viele Sommer hindurch
in unſerem Hauſe wohnte, lauſchen, wenn er mich
an ſich zog und mir, indem er mich auf ſein Knie
ſetzte, etwas von Schiller mittheilte. Beſonders
erinnere ich mich noch, wie lebhaft er mir in ſeiner
ſtark ſchwäbelnden Redeweiſe erzählte, daß Schiller
einmal, ſeinen „Fiesko“ vorleſend, durch ſeinen
[Spaltenumbruch] ſchwäbiſchen Dialekt gänzlich Fiasko damit machte.
Ueberhaupt iſt das ſchlicht liebenswürdige Weſen und
die große, knochige Geſtalt des meiſt ganz in Grau
und mit ebenſolchen Gamaſchen und gleichfarbiger
Kappe bekleideten, ein ſchneeweißes Halstuch und
Bruſtkrauſe tragenden trefflichen alten Streicher eine
der lebendigſten Erinnerungen aus meiner Kindzeit.

Auch an Streichers vortreffliche Gattin — die
Tochter des Klaviermachers Stein, von welcher der
„Muſikus“ Streicher erſt den Klavierbau lernte —,
die eine gediegene Klavierſpielerin und Muſikkennerin
war und der ich gar oft ſtundenlang zuhörte, wenn
ſie Kompoſitionen ihres Lieblings-Tondichters Beet-
hoven
ſpielte, knüpft ſich eine intereſſante, mir un-
vergeßliche Erinnerung. Sie nahm mich öfter auf
einen ihrer täglichen Spaziergänge mit. Eines Tages
fanden wir nicht weit außerhalb unſeres Gartenhauſes
in der Bergſtraße einen alten Mann, der im An-
ſchauen des Helenenthales verſunken, mit entblößtem
Haupte daſtand. Die grauen Haare ſchwangen ſich in
der leicht bewegten Luft. Als wir dicht an ihn
herankamen, ſchaute ihm die ſehr erregt gewordene
Frau, ohne ihn zu ſtören, ehrfurchtsvoll ins Antlitz
und verneigte ſich. Kaum waren wir vorüber, faßte
ſie mich haſtig an der Hand und rief mit gedämpfter
Stimme aber in voller Bewegung: „Das iſt Beet-
hoven!
“ Ich ſchaute aus der Ferne lang nach ihm
wie in aufdämmernder Vorahnung einſtiger bewußter
Verehrung. Beethoven iſt mir auch neben dem eben-
falls aus dem Urſtoff arbeitenden Shakeſpeare der
eine der zwei größten Menſchengeiſter geworden, von
denen es irgendwo ſo treffend heißt: „Wenn Beet-
hovens Töne Worte wären, ſo hätte Deutſchland
ſeinen Shakeſpeare.“1)

(Fortſetzung folgt.)




[Spaltenumbruch]

bacher mehreremale wegen Abonnement und Inſerate
erſchien; wahr iſt, daß ich Gottsbacher nur ein ein-
zigesmal geſprochen habe.

Es iſt unwahr, daß ich bei Direktor Winkler
erſchien und ihn zu Abonnement und Inſertion be-
wegen wollte; wahr iſt, daß ich ſeit zehn Jahren
das Haus des Direktor Winkler niemals betreten
habe. Unwahr iſt es, daß ich zu Winkler geſagt habe:
„Wiſſen Sie aber auch, daß ich Ihnen ſchaden kann“;
wahr iſt, daß Direktor Winkler ſelbſt als Zeuge vor
Gericht unter Eid erklärt hat, daß ich niemals zu
ihm auch nur etwas Aehnliches geſagt hätte.

Es iſt unwahr, daß ich den Theaterdirektor
Reiff angegriffen habe, weil er mir ſein Porträt nicht
zur Reproduktion übergab; wahr iſt, daß Direktor
Reiff (Heißiger) in meinem Blatte auf Veranlaſſung
mehrerer Ariſtokraten und des Direktors Schreiber
ſelbſt angegriffen wurde.

Es iſt unwahr, daß der Zeuge Buchdruckerei-
beſitzer Bergmann aus Wien mein Blatt deshalb
nicht weiter drucken wollte, weil ihm die Haltung
des Blattes nicht recht war. Unwahr iſt es, daß ich
zu Bergmann jemals die Aeußerung gemacht habe,
ich wolle ein Blatt gegründet haben, das der Kur-
verwaltung unangenehm ſei, um ſo leichter von ihr
etwas erlangen zu können; wahr iſt, daß ich ſelbſt
jede Beziehung zu Bergmann abbrach.“




Wir wurden zur Aufnahme dieſer „Berich-
tigung“ durch einen richterlichen Spruch gezwungen
und haben ſelbſtverſtändlich gegen dieſes Urteil Be-
rufung eingelegt. Es wäre traurig mit unſerer
Preßfreiheit beſtellt, wenn eine Zeitung, die einen
wahrheitsgetreuen Bericht über eine Verhandlung
bringt, dazu verhalten werden kann, Zeugenausſagen,
die dem Kläger unangenehm ſind, zu berichtigen. Das
iſt in dieſem Falle nach unſerer Meinung der Kläger
an Ort und Stelle, d. h. im „Gerichtsſaale“ zu tun
verpflichtet. Jedes weitere Urteil über dieſe Art
Richterſprüche behalten wir uns für ſpäter vor.




Kommunal-Zeitung.



Kunſtinſtitut oder Spekulations-Objekt.

Die Vergebung des neuen Theaters iſt ausge-
ſchrieben und am 15. d. endete der Einreichungs-
termin. Soweit wäre die Sache gut. Was uns aber
ſonderbar anmutet, iſt ein Paſſus unter den Verge-
bungsbedingungen, der da lautet: „Unter ſonſt
gleichen Umſtänden wird derjenige bevor-
zugt, der einen höheren Pacht als den vor-
geſchriebenen bietet“.

Wir können unmöglich glauben, daß es mit
dieſem Paſſus ernſt gemeint iſt, denn ſonſt wäre
das neue Haus, ehe der erſte Spatenſtich getan, ſchon
ſeinem eigentlichen Zweck entzogen und wir, die wir
froh ſind, den alten, lebensgefährlichen Kaſten endlich
los zu ſein, müßten trauernd unſer Haupt verhüllen.

Wir zweifeln nicht, daß es genug „Direktoren“
unter den Bewerbern geben wird, die das doppelte
und dreifache bieten werden in Unkenntnis der Ver-
hältniſſe — aber dann „ade Kunſtinſtitut!“ Hat man
denn in letzter Zeit nicht bemerkt, wohin die unerſätt-
liche Geldmacherei hinführt und eine Lehre für die
Zukunft daraus gezogen? O, du „Hoftheater an der
Schwechat“, wie biſt du herabgekommen! Seit zwei
Jahren beſitzen wir keine Vertreterin des Heroinen-
faches mehr — nun fehlt uns auch noch die zweite
Liebhaberin, ſo daß man ſich kürzlich zu einer Auf-
führung ein ehemaliges Mitglied „als Gaſt“ ausleihen
mußte. Wir mußten es erleben, daß man einen
ganzen Winter hindurch ohne Komiker ſich durch-
fretten konnte und ſich diverſe „Künſtler“ (weiß Gott
von wo?) von Fall zu Fall auslieh!

„Schön war es nicht — es hat uns nicht ge-
freut!“ Um das oben konſtatierte ein wenig auszu-
gleichen, hatten wir im Winter keinen „Herren-Chor“,
denn die drei oder vier, die da waren und auch bereits
durchgingen, waren ſo viel wie keiner. Man mußte
zu einer alten Operette eine Anleihe von vier oder
fünf Choriſten bei einer reiſenden Geſellſchaft
machen, um dieſelbe aufführen zu können! Auch ſonſt
ſcheint in unſerem Theater jeder Ernſt für die Sache
geſchwunden zu ſein, denn ſonſt könnte es nicht paſ-
ſieren, daß, wie jüngſt bei einer Vorſtellung, die
Muſik ſo lange warten muß, bis dem Darſteller auf
der Bühne oben der Text ſeiner Strophe einfällt —
den ſchon das Publikum ſogar kennt.

Für Nebenrollen beſitzt das Theater nicht
einen
Vertreter — ſind die etwa ausgeſtorben?

1) Das jetzt, durch Schenkung der Erben Anton Franz
Rolletts an die Gemeinde Baden (1867), ſtädtiſche Rollett-
Muſeum im Redoutengebände zu Baden.
1) Rollett faßte dieſes Erlebnis, das auch Nohl („Beet-
hoven“, Leipzig, Reclam) erwähnt, in ein Gedicht zuſammen:
„Im Helenenthal“, 1825 („Auswahl“, Leipzig, 1865; S. 238).
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[3/0003] Nr. 67. Mittwoch Badener Zeitung 19. Auguſt 1908. die Kunde, daß man wiederholt italieniſche Torpedo- jäger und ähnliche Fahrzeuge geſichtet habe, die es ſich angelegen ſein ließen, außerhalb Schußweite Meſſungen der Meerestiefe vorzunehmen und zu ver- zeichnen. Das offizielle Italien weiß natürlich nichts davon und wir müſſen deſſen Verſicherungen glauben. Auch die Demonſtrationsfahrt der Lombarden nach Trieſt iſt eine harmloſe Beſuchserwiderung. Wenn in Trieſt etwas Ungebührliches geſchieht, ſo ſind ja die öſterreichiſchen Behörden da, demſelben zu wehren. Das ſind interne Vorgänge Oeſterreichs, in die ſich Italien beileibe nicht einmengen darf. Und ſo dürften wir ſchon demnächſt die beruhigendſten Schilderungen der Trieſtiner Vorgänge zu leſen be- kommen; nur ſchade, daß uns die erſten Berichte ſtutzig machten. Aber vorgeſchaut iſt beſſer als nachgeſehen. Anſer Schwurgerichtsprozeß gegen Waldheim. Mit Bezug auf den in Nr. 51 unter obigem Titel erſchienenen Bericht ſendet uns der „Schrift- ſteller“ Waldheim nachſtehende Berichtigung: „Es iſt unwahr, daß ich, Guſtav Waldheim, Herausgeber der Badener und Vöslauer Kurgäſte- Zeitung und Präſident des Vereines der Kurgäſte und Sommerparteien Badens, vom Reſtaurateur Gröger verlangte, er möge dem bei ihm eingemieteten Friſeur kündigen und mir das Lokal für einen Zeitungskiosk abtreten; es iſt unwahr, daß Gröger, weil er ſich weigerte, dies zu tun, nach einiger Zeit darauf in meinem Blatte angegriffen wurde. Wahr iſt, daß ich an den Gröger niemals ein ſolches An- ſuchen ſtellte; wahr iſt, daß in meinem Blatte bloß eine an mich eingelaufene Beſchwerde wegen der teuren und kleinen Speiſen beantwortet wurde. Es iſt unwahr, daß ich beim Kaffeeſieder Kam- merzell erſchienen bin und ihm, weil er das Blatt nicht abonnierte, ſagte: „Sie werden es zu bereuen haben.“ Wahr iſt, daß ich eine derartige Aeußerung zu Kammerzell nie machte. Es iſt unwahr, daß der Zeuge Freudenfeld einen Angriff in meinem Blatte darauf zurückführte, daß er mein Blatt nicht abonnierte; wahr iſt, daß dieſer Zeuge vor Gericht beſtätigte, daß er niemals zum Abonnement eingeladen wurde. Es iſt unwahr, daß gegen den Kaffeeſieder Friſch ein gänzlich ungerechtfertigter Angriff erſchien, weil derſelbe mein Blatt abbeſtellte; wahr iſt, daß dieſer mein Blatt nicht abbeſtellt hatte, wahr iſt, daß in meinem Blatte nur Beſchwerden, die von den Gäſten des Kaffeeſieders bei mir erhoben wurden, veröffentlicht wurden. Es iſt unwahr, daß ich jemals aus dem Grunde, weil ich keine Freikarten zu einem Feſte erhalten habe, ein Plakat öffentlich anſchlagen ließ, man möge Beſchwerden über das Feſt und die Veranſtalter bei mir hinterlegen; wahr iſt, daß dieſes Plakat nur deshalb angeſchlagen wurde, weil bei mir tatſächlich Beſchwerden eingelaufen waren. Ebenſo unwahr iſt es, daß der Zeuge Laſchitz aus dieſem Anlaſſe eine Karte groben Inhaltes erhalten hat. Es iſt unwahr, daß ich von Direktor Schreiber für das Nichterſcheinen einer Broſchüre K 250 er- halten habe; wahr iſt, daß der Zeuge Dr. Lantin vor Gericht beſtätigte, daß mir dieſe 250 K von Direktor Schreiber für Druckſorten, welche ich für ihn herſtellen ließ, bezahlt wurden. Unwahr iſt, daß ich ſchriftlich erklären mußte, mich fortan jedes weiteren Angriffes auf Schreiber zu enthalten; wahr iſt nur, daß ſich Schreiber bei dieſer Gelegenheit mein Wohlwollen ihm gegenüber ſchriftlich erbat. Es iſt unwahr, daß an meinem Fenſter anläßlich der Dekorierung zu Kaiſers Geburtstag eine Tafel mit den Worten: „Leſen Sie die Badener Kurgäſte- zeitung“ angebracht war; wahr iſt, daß an dieſem Tage nur die gewöhnliche Firmatafel angebracht war. Es iſt ferner unwahr, daß ich einem Glaubens- genoſſen von mir die Mitteilung machte, daß zur Generalverſammlung unſeres Vereines von 700 Ein- ladungsſchreiben 400 zurückgeſendet wurden; wahr iſt, daß ich einem Glaubensgenoſſen gegenüber nie- mals eine ſolche Mitteilung machte. Es iſt unwahr, daß das Mitglied der Kur- kommiſſion Joſef Klein in meinem Blatte ungerecht- fertigt angegriffen wurde; wahr iſt, daß in meinem Blatte über denſelben nur deshalb geſchrieben wurde, weil er die Intereſſen der Kurgäſte in der Kommiſſion nicht energiſch vertrat. Es iſt unwahr, daß der Zeuge Gall in meinem Blatte deshalb wiederholt angegriffen wurde, weil er der Urheber davon war, daß mir die Kurkommiſſion für mein Adreßbuch die Subvention verweigerte; wahr iſt, daß das Kurkommiſſionsmitglied Gall nur deshalb angegriffen wurde, weil er gegen die bean- tragte Statutenänderung, nach welcher die Kurgäſte ſich ihre Vertreter ſelbſt wählen ſollen. Stellung nahm und den Antrag ſtellte, es mögen die Kur- kommiſſionsdiener beeidet werden, um als Amtsperſon gegenüber den Kurgäſten auftreten zu können. Es iſt unwahr, daß ich beim Hotelier Gotts- Eigenſchaft, die ich, beſonders wenn ich eine der vielen unvermeidlichen „Gratulationen“ herſagen ſollte, nicht zu unterdrücken im Stande war. Eine meiner früheſten Beſchäftigungen war das Sammeln von allerlei Gegenſtänden, wozu die An- regungen durch die vielen wiſſenſchaftlichen und Kunſt- ſammlungen meines Vaters, die er in einem Muſeum 1) zuſammengeſtellt hatte, ganz natürlich gekommen war. Meine Sammelluſt erſtreckte ſich auf alles; beſonders paſſioniert ſammelte ich Pflanzen, Schmetterlinge, Käfer, Mineralien, Münzen und Bilder; ſogar aber auch Siegel, Stoffmuſter und Knöpfe. Auch Bücher ſammelte ich, unter welchen aber komiſcherweiſe den damals acht- bis neunjährigen Knaben Theaterſtücke am wenigſten intereſſierten. Ich weiß noch ſehr gut, wie unnatürlich mir dies ſonderbare gedruckte Hin- und Herreden vorkam, obwohl es vielleicht auch gehörig ſchauderhafte Ritterkomödien geweſen ſein mögen; ſo wie auch das erſte Stück, welches ich aufführen ſah, die „Todtenglocke um Mitternacht“ im Badener Theater war, das nach meiner Erin- nerung keinen imponierenden Eindruck auf mich ge- macht. Bald aber gerieth ich in der Bibliothek meines Vaters auf „Schillers Werke“. Wie war ich da gerade von den Theaterſtücken, in denen mich natürlich nur der mächtige Tonfall und das äußere Gewand der Gedanken, die ich wohl noch nicht faſſen konnte, gewaltig ergriffen! Mit angehaltenem Athem konnte ich auch lang der Erzählung des allbekannten Jugend- freundes Schillers, Andreas Streichers, der als alter Freund meines Vaters viele Sommer hindurch in unſerem Hauſe wohnte, lauſchen, wenn er mich an ſich zog und mir, indem er mich auf ſein Knie ſetzte, etwas von Schiller mittheilte. Beſonders erinnere ich mich noch, wie lebhaft er mir in ſeiner ſtark ſchwäbelnden Redeweiſe erzählte, daß Schiller einmal, ſeinen „Fiesko“ vorleſend, durch ſeinen ſchwäbiſchen Dialekt gänzlich Fiasko damit machte. Ueberhaupt iſt das ſchlicht liebenswürdige Weſen und die große, knochige Geſtalt des meiſt ganz in Grau und mit ebenſolchen Gamaſchen und gleichfarbiger Kappe bekleideten, ein ſchneeweißes Halstuch und Bruſtkrauſe tragenden trefflichen alten Streicher eine der lebendigſten Erinnerungen aus meiner Kindzeit. Auch an Streichers vortreffliche Gattin — die Tochter des Klaviermachers Stein, von welcher der „Muſikus“ Streicher erſt den Klavierbau lernte —, die eine gediegene Klavierſpielerin und Muſikkennerin war und der ich gar oft ſtundenlang zuhörte, wenn ſie Kompoſitionen ihres Lieblings-Tondichters Beet- hoven ſpielte, knüpft ſich eine intereſſante, mir un- vergeßliche Erinnerung. Sie nahm mich öfter auf einen ihrer täglichen Spaziergänge mit. Eines Tages fanden wir nicht weit außerhalb unſeres Gartenhauſes in der Bergſtraße einen alten Mann, der im An- ſchauen des Helenenthales verſunken, mit entblößtem Haupte daſtand. Die grauen Haare ſchwangen ſich in der leicht bewegten Luft. Als wir dicht an ihn herankamen, ſchaute ihm die ſehr erregt gewordene Frau, ohne ihn zu ſtören, ehrfurchtsvoll ins Antlitz und verneigte ſich. Kaum waren wir vorüber, faßte ſie mich haſtig an der Hand und rief mit gedämpfter Stimme aber in voller Bewegung: „Das iſt Beet- hoven!“ Ich ſchaute aus der Ferne lang nach ihm wie in aufdämmernder Vorahnung einſtiger bewußter Verehrung. Beethoven iſt mir auch neben dem eben- falls aus dem Urſtoff arbeitenden Shakeſpeare der eine der zwei größten Menſchengeiſter geworden, von denen es irgendwo ſo treffend heißt: „Wenn Beet- hovens Töne Worte wären, ſo hätte Deutſchland ſeinen Shakeſpeare.“ 1) (Fortſetzung folgt.) bacher mehreremale wegen Abonnement und Inſerate erſchien; wahr iſt, daß ich Gottsbacher nur ein ein- zigesmal geſprochen habe. Es iſt unwahr, daß ich bei Direktor Winkler erſchien und ihn zu Abonnement und Inſertion be- wegen wollte; wahr iſt, daß ich ſeit zehn Jahren das Haus des Direktor Winkler niemals betreten habe. Unwahr iſt es, daß ich zu Winkler geſagt habe: „Wiſſen Sie aber auch, daß ich Ihnen ſchaden kann“; wahr iſt, daß Direktor Winkler ſelbſt als Zeuge vor Gericht unter Eid erklärt hat, daß ich niemals zu ihm auch nur etwas Aehnliches geſagt hätte. Es iſt unwahr, daß ich den Theaterdirektor Reiff angegriffen habe, weil er mir ſein Porträt nicht zur Reproduktion übergab; wahr iſt, daß Direktor Reiff (Heißiger) in meinem Blatte auf Veranlaſſung mehrerer Ariſtokraten und des Direktors Schreiber ſelbſt angegriffen wurde. Es iſt unwahr, daß der Zeuge Buchdruckerei- beſitzer Bergmann aus Wien mein Blatt deshalb nicht weiter drucken wollte, weil ihm die Haltung des Blattes nicht recht war. Unwahr iſt es, daß ich zu Bergmann jemals die Aeußerung gemacht habe, ich wolle ein Blatt gegründet haben, das der Kur- verwaltung unangenehm ſei, um ſo leichter von ihr etwas erlangen zu können; wahr iſt, daß ich ſelbſt jede Beziehung zu Bergmann abbrach.“ Wir wurden zur Aufnahme dieſer „Berich- tigung“ durch einen richterlichen Spruch gezwungen und haben ſelbſtverſtändlich gegen dieſes Urteil Be- rufung eingelegt. Es wäre traurig mit unſerer Preßfreiheit beſtellt, wenn eine Zeitung, die einen wahrheitsgetreuen Bericht über eine Verhandlung bringt, dazu verhalten werden kann, Zeugenausſagen, die dem Kläger unangenehm ſind, zu berichtigen. Das iſt in dieſem Falle nach unſerer Meinung der Kläger an Ort und Stelle, d. h. im „Gerichtsſaale“ zu tun verpflichtet. Jedes weitere Urteil über dieſe Art Richterſprüche behalten wir uns für ſpäter vor. Kommunal-Zeitung. Kunſtinſtitut oder Spekulations-Objekt. Die Vergebung des neuen Theaters iſt ausge- ſchrieben und am 15. d. endete der Einreichungs- termin. Soweit wäre die Sache gut. Was uns aber ſonderbar anmutet, iſt ein Paſſus unter den Verge- bungsbedingungen, der da lautet: „Unter ſonſt gleichen Umſtänden wird derjenige bevor- zugt, der einen höheren Pacht als den vor- geſchriebenen bietet“. Wir können unmöglich glauben, daß es mit dieſem Paſſus ernſt gemeint iſt, denn ſonſt wäre das neue Haus, ehe der erſte Spatenſtich getan, ſchon ſeinem eigentlichen Zweck entzogen und wir, die wir froh ſind, den alten, lebensgefährlichen Kaſten endlich los zu ſein, müßten trauernd unſer Haupt verhüllen. Wir zweifeln nicht, daß es genug „Direktoren“ unter den Bewerbern geben wird, die das doppelte und dreifache bieten werden in Unkenntnis der Ver- hältniſſe — aber dann „ade Kunſtinſtitut!“ Hat man denn in letzter Zeit nicht bemerkt, wohin die unerſätt- liche Geldmacherei hinführt und eine Lehre für die Zukunft daraus gezogen? O, du „Hoftheater an der Schwechat“, wie biſt du herabgekommen! Seit zwei Jahren beſitzen wir keine Vertreterin des Heroinen- faches mehr — nun fehlt uns auch noch die zweite Liebhaberin, ſo daß man ſich kürzlich zu einer Auf- führung ein ehemaliges Mitglied „als Gaſt“ ausleihen mußte. Wir mußten es erleben, daß man einen ganzen Winter hindurch ohne Komiker ſich durch- fretten konnte und ſich diverſe „Künſtler“ (weiß Gott von wo?) von Fall zu Fall auslieh! „Schön war es nicht — es hat uns nicht ge- freut!“ Um das oben konſtatierte ein wenig auszu- gleichen, hatten wir im Winter keinen „Herren-Chor“, denn die drei oder vier, die da waren und auch bereits durchgingen, waren ſo viel wie keiner. Man mußte zu einer alten Operette eine Anleihe von vier oder fünf Choriſten bei einer reiſenden Geſellſchaft machen, um dieſelbe aufführen zu können! Auch ſonſt ſcheint in unſerem Theater jeder Ernſt für die Sache geſchwunden zu ſein, denn ſonſt könnte es nicht paſ- ſieren, daß, wie jüngſt bei einer Vorſtellung, die Muſik ſo lange warten muß, bis dem Darſteller auf der Bühne oben der Text ſeiner Strophe einfällt — den ſchon das Publikum ſogar kennt. Für Nebenrollen beſitzt das Theater nicht einen Vertreter — ſind die etwa ausgeſtorben? 1) Das jetzt, durch Schenkung der Erben Anton Franz Rolletts an die Gemeinde Baden (1867), ſtädtiſche Rollett- Muſeum im Redoutengebände zu Baden. 1) Rollett faßte dieſes Erlebnis, das auch Nohl („Beet- hoven“, Leipzig, Reclam) erwähnt, in ein Gedicht zuſammen: „Im Helenenthal“, 1825 („Auswahl“, Leipzig, 1865; S. 238).

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Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat). (2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung. (2018-01-26T13:38:42Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 67, Baden (Niederösterreich), 19.08.1908, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener067_1908/3>, abgerufen am 03.12.2024.