Badener Zeitung. Nr. 88, Baden (Niederösterreich), 02.11.1904.Mittwoch Badener Zeitung 2. November 1904. Nr. 88. [Spaltenumbruch] versität seinen Hörern ins Stammbuch schreiben. Die politische Organisation der Vereinigten Staaten von Nordamerika. *) Die Regierung des Gesammtstaates Was die Funktionen der verschiedenen Regierungs- Die gesetzgebende Gewalt für die gemeinsamen Die Bundesgerichtshöfe, denen die Hand- Die Regierung der Einzelstaaten besteht Die Hauptgründe für das nordamerikanische Was die sogenannten Territorien betifft, Noch mehr als in der Unionsverfassung und in [Spaltenumbruch] fertig der Toni und der Franzl an einem der langen Als der Tanz begonnen hatte, führte der Toni Als sie sich wieder an der Seite ihres Mannes "No?" Die Leitnerin streckte den Hals und sah "I han net jo und net na g'sagt". "I sag aber -- na!" sagte mit großem Nach- [Spaltenumbruch] "I denk mer, so dumm war die G'schicht just "Armselige Wirtschaft?" sagte der Bauer ganz Hier wurde der Disput unterbrochen. Der junge "Dös g'freut mi, Leit'nbäuerin, daß ös amol mit Die Bäuerin lächelte vergnügt über den Gesell- Der Toni ließ sie reden und sagte nichts, nur mit "Der Brünnlbauern-Peter gibt mer scho gar koa Bei dem Gehörten, da fuhr der Toni über "Halt ja! Dös sag' i a! Ba vaner Heirat is Der Toni ergriff nach diesen Worten mit der "Allemal, Toni! Zan niada Stund!" sagte die Der Toni goß aus seiner Weinflasche zwei *) Wir entnehmen obige Darstellung dem soeben er-
schienenen Werke: E. Deckert, Nordamerika, 2. Auflage. Mit 130 Abbildungen im Text, 12 Kartenbeilagen und 21 Tafeln in Holzschnitt, Aetzung und Farbendruck. 4. Band der von Prof. Dr. W. Sievers in 2. Auflage herausgegebenen "Allgemeinen Länderkunde". In Halbleder gebunden 16 Mark. (Verlag des Bibliographischen Instituts in Leipzig und Wien.) Mittwoch Badener Zeitung 2. November 1904. Nr. 88. [Spaltenumbruch] verſität ſeinen Hörern ins Stammbuch ſchreiben. Die politiſche Organiſation der Vereinigten Staaten von Nordamerika. *) Die Regierung des Geſammtſtaates Was die Funktionen der verſchiedenen Regierungs- Die geſetzgebende Gewalt für die gemeinſamen Die Bundesgerichtshöfe, denen die Hand- Die Regierung der Einzelſtaaten beſteht Die Hauptgründe für das nordamerikaniſche Was die ſogenannten Territorien betifft, Noch mehr als in der Unionsverfaſſung und in [Spaltenumbruch] fertig der Toni und der Franzl an einem der langen Als der Tanz begonnen hatte, führte der Toni Als ſie ſich wieder an der Seite ihres Mannes „No?“ Die Leitnerin ſtreckte den Hals und ſah „I han net jo und net na g’ſagt“. „I ſag aber — na!“ ſagte mit großem Nach- [Spaltenumbruch] „I denk mer, ſo dumm war die G’ſchicht juſt „Armſelige Wirtſchaft?“ ſagte der Bauer ganz Hier wurde der Disput unterbrochen. Der junge „Dös g’freut mi, Leit’nbäuerin, daß ös amol mit Die Bäuerin lächelte vergnügt über den Geſell- Der Toni ließ ſie reden und ſagte nichts, nur mit „Der Brünnlbauern-Peter gibt mer ſcho gar koa Bei dem Gehörten, da fuhr der Toni über „Halt ja! Dös ſag’ i a! Ba vaner Heirat is Der Toni ergriff nach dieſen Worten mit der „Allemal, Toni! Zan niada Stund!“ ſagte die Der Toni goß aus ſeiner Weinflaſche zwei *) Wir entnehmen obige Darſtellung dem ſoeben er-
ſchienenen Werke: E. Deckert, Nordamerika, 2. Auflage. Mit 130 Abbildungen im Text, 12 Kartenbeilagen und 21 Tafeln in Holzſchnitt, Aetzung und Farbendruck. 4. Band der von Prof. Dr. W. Sievers in 2. Auflage herausgegebenen „Allgemeinen Länderkunde“. In Halbleder gebunden 16 Mark. (Verlag des Bibliographiſchen Inſtituts in Leipzig und Wien.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">Mittwoch Badener Zeitung 2. November 1904. Nr. 88.</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="grundlage2" prev="#grundlage1" type="jArticle" n="2"> <p>verſität ſeinen Hörern ins Stammbuch ſchreiben.<lb/> So haben wir es wie bei den Tſchechen mit der<lb/> alten Poſtulatenpolitik, bei der Regierung mit<lb/> der alten Politik der Belohnung eigenſinniger<lb/> Störrigkeit und der Schlichtung aller Verlegen-<lb/> heiten durch Gefährdung der nächſten und ent-<lb/> fernteren Zukunft zu tun. Auf dieſe Art iſt den<lb/> Tſchechen ihre Poſtulaten-, Etappen- und Broſamen-<lb/> politik nicht abzugewöhnen. Anſtatt das mit eiſerner<lb/> Folgerichtigkeit durchzuſetzen, indem den Tſchechen<lb/> gezeigt wird, was ſie zu verlieren haben und<lb/> durch ihre Halsſtarrigkeit, welche alle ſchädigt,<lb/> gefährden, erhalten ſie durch den Landsmann-<lb/> miniſter die bündige Verſicherung, daß ihnen<lb/> nichts geſchehen wird, ſie mögen obſtruieren oder<lb/> nicht oder ſonſt tun und laſſen, was ihnen be-<lb/> liebt. Und das ſoll die Tſchechen zur Nachgiebig-<lb/> keit ſtimmen?</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="nordamerika1" next="#nordamerika2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die politiſche Organiſation der Vereinigten<lb/> Staaten von Nordamerika.</hi> <note place="foot" n="*)">Wir entnehmen obige Darſtellung dem ſoeben er-<lb/> ſchienenen Werke: E. <hi rendition="#g">Deckert, Nordamerika,</hi> 2. Auflage.<lb/> Mit 130 Abbildungen im Text, 12 Kartenbeilagen und<lb/> 21 Tafeln in Holzſchnitt, Aetzung und Farbendruck. 4. Band<lb/> der von Prof. Dr. W. Sievers in 2. Auflage herausgegebenen<lb/> „Allgemeinen Länderkunde“. In Halbleder gebunden 16 Mark.<lb/> (Verlag des Bibliographiſchen Inſtituts in Leipzig und Wien.)</note> </head><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Regierung</hi> des <hi rendition="#g">Geſammtſtaates</hi><lb/> liegt in den Händen eines Präſidenten und eines<lb/> Kongreſſes, der aus einem Senat und einem Reprä-<lb/> ſentantenhauſe beſteht. Der Präſident ſowie ſein<lb/> Vertreter, der Vizepräſident, wird auf vier Jahre<lb/> gewählt, dergeſtalt, daß die über 21 Jahre alte<lb/> männliche Bevölkerung der einzelnen Staaten eine<lb/> der Größe derſelben entſprechende Anzahl Wahlmänner<lb/> aufſtellt, die den Präſidenten und Vizepräſidenten<lb/> ernennen. Die Mitglieder des Senates erhalten ihr<lb/> Mandat von den geſetzgebend<supplied>e</supplied>n Körperſchaften der<lb/> einzelnen Staaten auf ſechs Jahre, und zwar ſo, daß<lb/> aller zwei Jahre ein Drittel der Senatoren ausſcheidet<lb/> und durch Nenwahlen erſetzt wird. Da jeder Staat,<lb/> gleichviel ob groß oder klein, zwei Senatoren zu<lb/> entſenden hat, ſo beträgt die Zahl derſelben insgeſamt<lb/> 90. Das Repräſentantenhaus endlich geht aus allge-<lb/> meinen und direkten Wahlen hervoe, die innerhalb<lb/> der einzelnen Staaten aller zwei Jahre ſtattfinden,<lb/> und bei denen jeder Staat eine ſeiner Bevölkerungs-<lb/> zahl entſprechende Abgeordnetenzahl zu ernennen hat.<lb/> Die Geſamtzahl der Mitglieder des Repräſentanten-<lb/> hauſes betrug gemäß dem Zenſus von 1900: 386.<lb/> Wählbar zum Präſidenten iſt nur ein geborener<lb/> Unionsbürger, wählbar zum Senat unr ein Einwohner<lb/> des betreffenden Staates, der das 30. Jahr zurück-<lb/> gelegt hat und ſeit neun Jahren Unionsbürger iſt,<lb/> und wählbar in das Repräſentantenhaus nur ein<lb/> 25 Jahre alter, ſiebenjähriger Unionsbürger. Im<lb/><cb/> übrigen unterliegt die Wahlberechtigung gewiſſen<lb/> Abänderungen von Staat zu Staat, und in Califor-<lb/> nien, Oregon und Idaho ſind Chineſen, in Montana<lb/> und anderweit Indianer davon ausgeſchloſſen, während<lb/> ſie in Wyoming, Colorado, Idaho und Utah auch<lb/> auf die Frauen ausgedehnt iſt. Die Tagungen finden<lb/> im Kapitol zu Waſhington ſtatt.</p><lb/> <p>Was die Funktionen der verſchiedenen Regierungs-<lb/> organe betrifft, ſo liegt dem Präſidenten vvr allen<lb/> Dingen die ausübende Staatsgewalt ob: der Ober-<lb/> befehl über Heer und Flotte, die Befugnis, Verträge<lb/> mit anderen Staaten zu ſchießen, Geſandte und<lb/> Koſuln ſowie die anderen hohen Beamten des Geſamt-<lb/> ſtaates zu ernennen und abzuſetzen, in den beiden<lb/> letzten Beziehungen iſt er aber an die Zuſtimmung<lb/> des Senates gebunden. Das Recht der Kriegserklärung<lb/> hat er nicht und ebenſowenig das Recht, Geſetzentwürfe<lb/> einzubringen. Bei der Geſetzgebung ſteht ihm aber<lb/> ein beſchränktes Vetorecht zu, indem ein von ihm<lb/> nicht unterſchriebenes Geſetz nur in Wirkſamkeit tritt,<lb/> wenn es bei nochmaliger Beratung von einer Zwei-<lb/> drittelmehrheit der beiden Häuſer des Kongreſſes<lb/> genehmigt wird. Außerdem hat er die Verpflichtung,<lb/> über die richtige Handhabung der Geſetze zu wachen.<lb/> Als Vorſtände der oberſten Unionsämter ſtehen ihm<lb/> acht <hi rendition="#g">Miniſter</hi> <hi rendition="#aq">(secretaries)</hi> zur Seite: der Staats-<lb/> ſekretär, dem die Leitung der äußeren Angelegenheiten<lb/> obliegt; der Schatzamtsſekretär, dem das Finanz-,<lb/> Münz- und Zollweſen unterſteht; der Inlandamts-<lb/> tekretär, dem die Verwaltung und Vergebung der<lb/> ausgedehnten öffentlichen Ländereien, die Indianer-<lb/> angelegenheiten, das Patentweſen, das Penſionsweſen,<lb/> der Zenſus u. ſ. w. zufallen; der Kriegsamtsſekretär,<lb/> der Marineamtsſekretär, der Juſtizamtsſekretär, der<lb/> Ackerbauamtsſekretär und der Poſtamtsſekretär. Dieſe<lb/> Miniſter werden von dem Präſidenten ernannt und<lb/> entlaſſen und ſind ihm allein verantwortlich, während<lb/> er ſelbſt für alle Handlungen der Exekutive dem<lb/> ſouveränen Volke veranwortlich iſt, vom Repräſentan-<lb/> tenhauſe unter Anklage geſtellt und vom Senat ver-<lb/> hört und gerichtet werden kann.</p><lb/> <p>Die geſetzgebende Gewalt für die gemeinſamen<lb/> Angelegenheiten der Föderativrepublik hat der <hi rendition="#g">Kon-<lb/> greß,</hi> derart, daß jeder Geſetzentwurf <hi rendition="#aq">(bill)</hi> der<lb/> Zuſtimmung beider Häuſer bedarf, ehe er Geſetz <hi rendition="#aq">(law)</hi><lb/> wird, natürlich unter Vorausſetzung der Unterſchrift<lb/> des Präſidenten oder unter Rückſichtnahme auf deſſen<lb/> Vetorecht. Außerdem hat allein der Kongreß das Recht<lb/> der Kriegserklärung, und ebenſo wie den Präſidenten,<lb/> kann das Repräſentantenhaus auch alle anderen Zivil-<lb/> beamten des Geſamtſtaates unter Anklage ſtellen,<lb/> während dann der Senat als oberſter Staatsgerichtshof<lb/> auftritt. Dem Repräſentantenhauſe ſteht ferner das<lb/> Recht der Präſidentenwahl zu, ſobald dieſelbe in der<lb/> oben angegebenen Weiſe nicht zuſtande kommt, weil<lb/> keiner der Kandidaten eine abſolute Stimmenmehrheit<lb/> erhält. Steuergeſetze können ausſchließlich durch Vor-<lb/> ſchläge aus dem Repräſentantenhauſe zur Beratung<lb/><cb/> gelangen, und der Senat kann nur an der Umgeſtal-<lb/> tung derſelben mitwirken.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Bundesgerichtshöfe,</hi> denen die Hand-<lb/> habung der für den Geſamtſtaat geltenden Geſetze<lb/> obliegt, die aber zu den Gerichtshöfen der einzelnen<lb/> Staaten in keinerlei Beziehungen ſtehen, zerfallen in<lb/> einen oberſten Bundesgerichtshof, neun Kreisgerichts-<lb/> höfe und 55 Unterkreisgerichtshöfe. Die Richter<lb/> ernennt der Präſident unter Zuſtimmung des Senates.<lb/> Bei der Einteilung des Staatsgebietes in Gerichts-<lb/> bezirke iſt natürlich in erſter Linie die Verteilung der<lb/> Bevölkerung maßgebend geweſen, und ſo entfallen<lb/> auf die appalachiſche Landeshälfte ſieben, auf die<lb/> cordilleriſche nur zwei von den Kreisgerichtsbezirken.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Regierung der Einzelſtaaten</hi> beſteht<lb/> ans einem Governor, dem ein ſtellvertretender Governor<lb/> zur Seite ſteht, und aus einer nach dem Zweikammer-<lb/> ſyſtem eingerichteten Geſetzgebenden Verſammlung,<lb/> deren Befugniſſe in ähnlicher Weiſe gegeneinander<lb/> abgegrenzt ſind wie in dem Geſamtſtaate. Die Er-<lb/> wählung dieſer Behörden erfolgt aber in den ver-<lb/> ſchiedenen Staaten in verſchiedener Weiſe, und die<lb/> Wahlberechtigung iſt nicht in allen Staaten die gleiche.<lb/> Nur ſeinen erſten Miniſter ernennt der Governor,<lb/> die übrigen gehen ebenfalls aus Volkswahlen hervor,<lb/> und die Zahl ſowie die Aufgabe und Benennung<lb/> derſelben iſt je nach der Größe und Eigenart des<lb/> Staates verſchieden. Uebrigens iſt der Kreis der<lb/> Angelegenheiten, welche der Geſetzgebung und der<lb/> Exekutive der Einzelſtaaten untertiegen, ſehr groß,<lb/> und namentlich fällt in ihn faſt das geſamte bürger-<lb/> liche Recht, das Munizipalrecht, ein großer Teil des<lb/> Finanzweſen, die öffentlichen Arbeiten, das Unter-<lb/> richtsweſen u. ſ. w.</p><lb/> <p>Die Hauptgründe für das nordamerikaniſche<lb/> Föderativſyſtem ſucht J. Bryce ganz richtig vor allem<lb/> in der hiſtoriſchen Tatſache, daß die Bildung des<lb/> Staatsweſens von getrennt beſtehenden Kolonien ihren<lb/> Anfang nahm, ſodann in der Ueberzeugung der Be-<lb/> völkerung, daß eine lokaliſierte Regierung die beſte<lb/> Bürgſchaft politiſcher Freiheit ſei, und endlich in der<lb/> Erkenntnis der Schwierigkeit, ein ſo großes Land und<lb/> Volk von <hi rendition="#g">einem</hi> Mittelpunkte aus und durch <hi rendition="#g">eine</hi><lb/> Regierung zu verwalten.</p><lb/> <p>Was die ſogenannten <hi rendition="#g">Territorien</hi> betifft,<lb/> deren es zurzeit (abgeſehen von Hawai und Puerto<lb/> Rico) fünf gibt, ſo ſind dieſelben ſozuſagen unfertige<lb/> Staaten, denen es vor allen noch an einer genügenden<lb/> Bevölkerungszahl fehlt. Ihre Regierungsform iſt<lb/> äußerlich derjenigen der Einzelſtaaten ähnlich, ihre<lb/> Verfaſſung iſt ihnen aber von der Zentralregierung<lb/> vorgeſchrieben, und ihren Governor ſowie ihre Richter<lb/> ernennt der Bundespräſident.</p><lb/> <p>Noch mehr als in der Unionsverfaſſung und in<lb/> der Verfaſſung der Einzelſtaaten kommt der demokra-<lb/> tiſche Geiſt, der das Staatsweſen durchweht, in der<lb/><hi rendition="#g">Gemeinde- und Coutyverfaſſung</hi> zur Gel-<lb/> tung. Den Gemeinden ſteht die denkbar vvllkommenſte<lb/> Selbſtverwaltung zu, und in den kleineren Ortſchaften</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div next="#amor3" xml:id="amor2" prev="#amor1" type="jArticle" n="2"> <p>fertig der Toni und der Franzl an einem der langen<lb/> Tiſche Platz geſchaffen für die Leitnerin und ihren<lb/> Mann. Von den Sitzen in der Hinterſtube war die<lb/> Bäuerin für den Anfang wohl nicht ſehr entzückt,<lb/> deſtomehr aber von der Dienſtfertigkeit des jungen<lb/> Hofbauern.</p><lb/> <p>Als der Tanz begonnen hatte, führte der Toni<lb/> die Kathl hinein und gleich darauf flogen ſie, den<lb/> Klängen der Muſik folgend, über den Tanzboden<lb/> hin. Die Leitenbäuerin konnte ſichs nicht nehmen<lb/> laſſen, ihnen nachzugehen und unter der Türe, ein-<lb/> gekeilt zwiſchen anderen Zuſchauern, verfolgte ſie mit<lb/> den Blicken das hübſche Paar bis ſie es aus den<lb/> Augen verlor. Die Dirnen alle, die teils an ihr<lb/> vorübertanzten, teils herumſtanden, unterzog ſie einer<lb/> ſtrengen Muſterung und natürlich, einen Vergleich<lb/> mit ihrer Aelteſten hielt keine aus. Mit der Befrie-<lb/> digung, daß Kathl das ſchönſte Mädchen auf der<lb/> heutigen Kirmeß ſei, zog ſie ſich wieder in die Hinter-<lb/> ſtube zurück; dort ſtellte ſie ſich in ihrer ganzen Be-<lb/> häbigkeit vor den Spiegel hin und belächelte ver-<lb/> gnügt ihr eigenes Ich, das ihr daraus entgegenſah.<lb/> Der Sepp hatte Recht — „d’Scheanheit hat’s vo<lb/> der Muatter.“</p><lb/> <p>Als ſie ſich wieder an der Seite ihres Mannes<lb/> niederließ, ſagte dieſer: „Hiazt war g’rad der Brünnl-<lb/> bauer da und hat mer an Stupfer geb’n weg’n der<lb/> Kathl für ſein Peter“.</p><lb/> <p>„No?“ Die Leitnerin ſtreckte den Hals und ſah<lb/> ihren Ehegemal etwas ſtrenge an. „Und was haſt<lb/> eahm g’ſagt?“</p><lb/> <p>„I han net jo und net na g’ſagt“.</p><lb/> <p>„I ſag aber — na!“ ſagte mit großem Nach-<lb/> druck auf das letzte Wort die Leitenbäuerin.</p><lb/> <cb/> <p>„I denk mer, ſo dumm war die G’ſchicht juſt<lb/> net —. Der Brünnlbauer ſteht ſie net ſchlecht und<lb/> hat na den vanzig’n Suhn, die Tochter is ſcho aus-<lb/> g’heirat und ’s Bauernort g’hört ’n Peter — —“.<lb/> Er wollte noch weiterreden, aber das Weib ſchnitt<lb/> ihm plötzlich die Rede ab. „Na han i ſcho g’ſogt —<lb/> und die G’ſchicht is aus! Der Brünnlbauern-Peter<lb/> kriagt mei Kathl net in <supplied cert="high">ſ</supplied>ei armſelige Wirtſchaft eini<lb/> — war a Sünd a um ſo a ſchean’s Deandl — dö<lb/> kann a größers Glück mach’n“.</p><lb/> <p>„Armſelige Wirtſchaft?“ ſagte der Bauer ganz<lb/> verwun ert, „mir ziemt, er ſteaht ſi beſſer wia mir!“</p><lb/> <p>Hier wurde der Disput unterbrochen. Der junge<lb/> Hofbauer kam und ſetzte ſich neben die Bäuerin, ihr<lb/> Mann wandte ſich ſeinem anderen Tiſchnachbarn zu.</p><lb/> <p>„Dös g’freut mi, Leit’nbäuerin, daß ös amol mit<lb/> der Kathl af an Kirchtag gang’ ſeid’s“, ſagte der Toni.</p><lb/> <p>Die Bäuerin lächelte vergnügt über den Geſell-<lb/> ſchafter, den ſie nun an ihrer Seite hatte und ſie<lb/> bedauerte insgeheim nur, daß dies die Schwarzböckin<lb/> nicht ſehen konnte. „I muaß ja ’n Deandl a amol<lb/> a Freud’ mach’n — wer woaß wia lang ſ’ no mei<lb/> g’hört“, begann ſie, ſofort anzüglich werdend, „und<lb/> ſie hat net amol recht wöll’n, die Kathl, ’s war<lb/> ſchad’ ums Geld hat’s g’moant — i ſag’ der’s,<lb/> Toni, das Deandl is na für d’Wirtſchaft und ſunſt<lb/> für nix net! Und wann’s a koa Huab’n net kriagt<lb/> als Heiratsguat, derentweg’n wird’s do heunt oder<lb/> morg’n a beſſere Bäuerin ſei als wia manche andere.<lb/> Wia d’Muatta d’Kinder erziagt, af das kimmt’s an<lb/> und ſunſt af nix!“ ſetzte ſie noch hinzu.</p><lb/> <p>Der Toni ließ ſie reden und ſagte nichts, nur mit<lb/> einem Kopfnicken pflichtete er ihr artigkeitshalber bei.</p><lb/> <p>„Der Brünnlbauern-Peter gibt mer ſcho gar koa<lb/><cb/> Ruah net, er will d’Kathl hab’n um an niad ’n<lb/> Preis!“ fuhr die Leitnerin, etwas ſtark aufſchneidend,<lb/> nach einer kleinen Pauſe fort.</p><lb/> <p>Bei dem Gehörten, da fuhr der Toni über<lb/> raſcht auf. „Der Brünnlbauern-Peter? No das war<lb/> freili koa ſchlechte Heirat net — aber mir ziemt,<lb/> Leitnerin, ös ſeid’s a g’ſcheidt’s Leut und laßt’s<lb/> ſcho der Kathl ihr’n eig’nen Will’n. Leb’n muaß ſie<lb/> mit’n Mannsbild, oft ſull ſie ſi a van ausſuach’n,<lb/> der ihr g’fallt und den’s a gern hat“.</p><lb/> <p>„Halt ja! Dös ſag’ i a! Ba vaner Heirat is<lb/> allerweil d’Liab d’Hauptſach — und wo d’Liab net<lb/> is, durt is a koa Seg’n in Haus und d’rum miſch<lb/> i mi a net eini — den’s Deandl gern hat, den<lb/> ſull’s a hab’n“.</p><lb/> <p>Der Toni ergriff nach dieſen Worten mit der<lb/> Linken die Hand der Bäuerin, mit der Rechten ſchlug<lb/> er auf ihre Schulter. „Leitnerin, das is a Red’, dö<lb/> mer g’fallt vo enk! Aber vergeßt’s na net d’rauf was<lb/> heunt g’ſagt habt’s — ’s kann ſei, daß i enk ſelber<lb/> amol ban Wort nimm!“</p><lb/> <p>„Allemal, Toni! Zan niada Stund!“ ſagte die<lb/> Bänerin mit großer Würde, innerlich war ſie ſehr<lb/> vergnügt, aber äußerlich ließ ſie nichts davon merken,<lb/> daß ſie um die Liebſchaft ihrer Tochter bereits wußte.</p><lb/> <p>Der Toni goß aus ſeiner Weinflaſche zwei<lb/> Gläſer voll und zur Bekräftigung des Geſagten<lb/> tranken beide aus. Dann ſuchte er wieder die tan-<lb/> zende Geſellſchaft auf und ließ die Leitnerin zurück<lb/> in einer beneidenswerten Stimmung. Dem Bauern<lb/> war das Geſpräch der beiden zum größtenteile ent-<lb/> gangen, er behandelte mit ſeinem Nachbarn gerade<lb/> den Saatenſtand und wurde erſt aufmerkſam, als ſie<lb/> die Gläſer aneinanderſtießen.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Mittwoch Badener Zeitung 2. November 1904. Nr. 88.
verſität ſeinen Hörern ins Stammbuch ſchreiben.
So haben wir es wie bei den Tſchechen mit der
alten Poſtulatenpolitik, bei der Regierung mit
der alten Politik der Belohnung eigenſinniger
Störrigkeit und der Schlichtung aller Verlegen-
heiten durch Gefährdung der nächſten und ent-
fernteren Zukunft zu tun. Auf dieſe Art iſt den
Tſchechen ihre Poſtulaten-, Etappen- und Broſamen-
politik nicht abzugewöhnen. Anſtatt das mit eiſerner
Folgerichtigkeit durchzuſetzen, indem den Tſchechen
gezeigt wird, was ſie zu verlieren haben und
durch ihre Halsſtarrigkeit, welche alle ſchädigt,
gefährden, erhalten ſie durch den Landsmann-
miniſter die bündige Verſicherung, daß ihnen
nichts geſchehen wird, ſie mögen obſtruieren oder
nicht oder ſonſt tun und laſſen, was ihnen be-
liebt. Und das ſoll die Tſchechen zur Nachgiebig-
keit ſtimmen?
Die politiſche Organiſation der Vereinigten
Staaten von Nordamerika. *)
Die Regierung des Geſammtſtaates
liegt in den Händen eines Präſidenten und eines
Kongreſſes, der aus einem Senat und einem Reprä-
ſentantenhauſe beſteht. Der Präſident ſowie ſein
Vertreter, der Vizepräſident, wird auf vier Jahre
gewählt, dergeſtalt, daß die über 21 Jahre alte
männliche Bevölkerung der einzelnen Staaten eine
der Größe derſelben entſprechende Anzahl Wahlmänner
aufſtellt, die den Präſidenten und Vizepräſidenten
ernennen. Die Mitglieder des Senates erhalten ihr
Mandat von den geſetzgebenden Körperſchaften der
einzelnen Staaten auf ſechs Jahre, und zwar ſo, daß
aller zwei Jahre ein Drittel der Senatoren ausſcheidet
und durch Nenwahlen erſetzt wird. Da jeder Staat,
gleichviel ob groß oder klein, zwei Senatoren zu
entſenden hat, ſo beträgt die Zahl derſelben insgeſamt
90. Das Repräſentantenhaus endlich geht aus allge-
meinen und direkten Wahlen hervoe, die innerhalb
der einzelnen Staaten aller zwei Jahre ſtattfinden,
und bei denen jeder Staat eine ſeiner Bevölkerungs-
zahl entſprechende Abgeordnetenzahl zu ernennen hat.
Die Geſamtzahl der Mitglieder des Repräſentanten-
hauſes betrug gemäß dem Zenſus von 1900: 386.
Wählbar zum Präſidenten iſt nur ein geborener
Unionsbürger, wählbar zum Senat unr ein Einwohner
des betreffenden Staates, der das 30. Jahr zurück-
gelegt hat und ſeit neun Jahren Unionsbürger iſt,
und wählbar in das Repräſentantenhaus nur ein
25 Jahre alter, ſiebenjähriger Unionsbürger. Im
übrigen unterliegt die Wahlberechtigung gewiſſen
Abänderungen von Staat zu Staat, und in Califor-
nien, Oregon und Idaho ſind Chineſen, in Montana
und anderweit Indianer davon ausgeſchloſſen, während
ſie in Wyoming, Colorado, Idaho und Utah auch
auf die Frauen ausgedehnt iſt. Die Tagungen finden
im Kapitol zu Waſhington ſtatt.
Was die Funktionen der verſchiedenen Regierungs-
organe betrifft, ſo liegt dem Präſidenten vvr allen
Dingen die ausübende Staatsgewalt ob: der Ober-
befehl über Heer und Flotte, die Befugnis, Verträge
mit anderen Staaten zu ſchießen, Geſandte und
Koſuln ſowie die anderen hohen Beamten des Geſamt-
ſtaates zu ernennen und abzuſetzen, in den beiden
letzten Beziehungen iſt er aber an die Zuſtimmung
des Senates gebunden. Das Recht der Kriegserklärung
hat er nicht und ebenſowenig das Recht, Geſetzentwürfe
einzubringen. Bei der Geſetzgebung ſteht ihm aber
ein beſchränktes Vetorecht zu, indem ein von ihm
nicht unterſchriebenes Geſetz nur in Wirkſamkeit tritt,
wenn es bei nochmaliger Beratung von einer Zwei-
drittelmehrheit der beiden Häuſer des Kongreſſes
genehmigt wird. Außerdem hat er die Verpflichtung,
über die richtige Handhabung der Geſetze zu wachen.
Als Vorſtände der oberſten Unionsämter ſtehen ihm
acht Miniſter (secretaries) zur Seite: der Staats-
ſekretär, dem die Leitung der äußeren Angelegenheiten
obliegt; der Schatzamtsſekretär, dem das Finanz-,
Münz- und Zollweſen unterſteht; der Inlandamts-
tekretär, dem die Verwaltung und Vergebung der
ausgedehnten öffentlichen Ländereien, die Indianer-
angelegenheiten, das Patentweſen, das Penſionsweſen,
der Zenſus u. ſ. w. zufallen; der Kriegsamtsſekretär,
der Marineamtsſekretär, der Juſtizamtsſekretär, der
Ackerbauamtsſekretär und der Poſtamtsſekretär. Dieſe
Miniſter werden von dem Präſidenten ernannt und
entlaſſen und ſind ihm allein verantwortlich, während
er ſelbſt für alle Handlungen der Exekutive dem
ſouveränen Volke veranwortlich iſt, vom Repräſentan-
tenhauſe unter Anklage geſtellt und vom Senat ver-
hört und gerichtet werden kann.
Die geſetzgebende Gewalt für die gemeinſamen
Angelegenheiten der Föderativrepublik hat der Kon-
greß, derart, daß jeder Geſetzentwurf (bill) der
Zuſtimmung beider Häuſer bedarf, ehe er Geſetz (law)
wird, natürlich unter Vorausſetzung der Unterſchrift
des Präſidenten oder unter Rückſichtnahme auf deſſen
Vetorecht. Außerdem hat allein der Kongreß das Recht
der Kriegserklärung, und ebenſo wie den Präſidenten,
kann das Repräſentantenhaus auch alle anderen Zivil-
beamten des Geſamtſtaates unter Anklage ſtellen,
während dann der Senat als oberſter Staatsgerichtshof
auftritt. Dem Repräſentantenhauſe ſteht ferner das
Recht der Präſidentenwahl zu, ſobald dieſelbe in der
oben angegebenen Weiſe nicht zuſtande kommt, weil
keiner der Kandidaten eine abſolute Stimmenmehrheit
erhält. Steuergeſetze können ausſchließlich durch Vor-
ſchläge aus dem Repräſentantenhauſe zur Beratung
gelangen, und der Senat kann nur an der Umgeſtal-
tung derſelben mitwirken.
Die Bundesgerichtshöfe, denen die Hand-
habung der für den Geſamtſtaat geltenden Geſetze
obliegt, die aber zu den Gerichtshöfen der einzelnen
Staaten in keinerlei Beziehungen ſtehen, zerfallen in
einen oberſten Bundesgerichtshof, neun Kreisgerichts-
höfe und 55 Unterkreisgerichtshöfe. Die Richter
ernennt der Präſident unter Zuſtimmung des Senates.
Bei der Einteilung des Staatsgebietes in Gerichts-
bezirke iſt natürlich in erſter Linie die Verteilung der
Bevölkerung maßgebend geweſen, und ſo entfallen
auf die appalachiſche Landeshälfte ſieben, auf die
cordilleriſche nur zwei von den Kreisgerichtsbezirken.
Die Regierung der Einzelſtaaten beſteht
ans einem Governor, dem ein ſtellvertretender Governor
zur Seite ſteht, und aus einer nach dem Zweikammer-
ſyſtem eingerichteten Geſetzgebenden Verſammlung,
deren Befugniſſe in ähnlicher Weiſe gegeneinander
abgegrenzt ſind wie in dem Geſamtſtaate. Die Er-
wählung dieſer Behörden erfolgt aber in den ver-
ſchiedenen Staaten in verſchiedener Weiſe, und die
Wahlberechtigung iſt nicht in allen Staaten die gleiche.
Nur ſeinen erſten Miniſter ernennt der Governor,
die übrigen gehen ebenfalls aus Volkswahlen hervor,
und die Zahl ſowie die Aufgabe und Benennung
derſelben iſt je nach der Größe und Eigenart des
Staates verſchieden. Uebrigens iſt der Kreis der
Angelegenheiten, welche der Geſetzgebung und der
Exekutive der Einzelſtaaten untertiegen, ſehr groß,
und namentlich fällt in ihn faſt das geſamte bürger-
liche Recht, das Munizipalrecht, ein großer Teil des
Finanzweſen, die öffentlichen Arbeiten, das Unter-
richtsweſen u. ſ. w.
Die Hauptgründe für das nordamerikaniſche
Föderativſyſtem ſucht J. Bryce ganz richtig vor allem
in der hiſtoriſchen Tatſache, daß die Bildung des
Staatsweſens von getrennt beſtehenden Kolonien ihren
Anfang nahm, ſodann in der Ueberzeugung der Be-
völkerung, daß eine lokaliſierte Regierung die beſte
Bürgſchaft politiſcher Freiheit ſei, und endlich in der
Erkenntnis der Schwierigkeit, ein ſo großes Land und
Volk von einem Mittelpunkte aus und durch eine
Regierung zu verwalten.
Was die ſogenannten Territorien betifft,
deren es zurzeit (abgeſehen von Hawai und Puerto
Rico) fünf gibt, ſo ſind dieſelben ſozuſagen unfertige
Staaten, denen es vor allen noch an einer genügenden
Bevölkerungszahl fehlt. Ihre Regierungsform iſt
äußerlich derjenigen der Einzelſtaaten ähnlich, ihre
Verfaſſung iſt ihnen aber von der Zentralregierung
vorgeſchrieben, und ihren Governor ſowie ihre Richter
ernennt der Bundespräſident.
Noch mehr als in der Unionsverfaſſung und in
der Verfaſſung der Einzelſtaaten kommt der demokra-
tiſche Geiſt, der das Staatsweſen durchweht, in der
Gemeinde- und Coutyverfaſſung zur Gel-
tung. Den Gemeinden ſteht die denkbar vvllkommenſte
Selbſtverwaltung zu, und in den kleineren Ortſchaften
fertig der Toni und der Franzl an einem der langen
Tiſche Platz geſchaffen für die Leitnerin und ihren
Mann. Von den Sitzen in der Hinterſtube war die
Bäuerin für den Anfang wohl nicht ſehr entzückt,
deſtomehr aber von der Dienſtfertigkeit des jungen
Hofbauern.
Als der Tanz begonnen hatte, führte der Toni
die Kathl hinein und gleich darauf flogen ſie, den
Klängen der Muſik folgend, über den Tanzboden
hin. Die Leitenbäuerin konnte ſichs nicht nehmen
laſſen, ihnen nachzugehen und unter der Türe, ein-
gekeilt zwiſchen anderen Zuſchauern, verfolgte ſie mit
den Blicken das hübſche Paar bis ſie es aus den
Augen verlor. Die Dirnen alle, die teils an ihr
vorübertanzten, teils herumſtanden, unterzog ſie einer
ſtrengen Muſterung und natürlich, einen Vergleich
mit ihrer Aelteſten hielt keine aus. Mit der Befrie-
digung, daß Kathl das ſchönſte Mädchen auf der
heutigen Kirmeß ſei, zog ſie ſich wieder in die Hinter-
ſtube zurück; dort ſtellte ſie ſich in ihrer ganzen Be-
häbigkeit vor den Spiegel hin und belächelte ver-
gnügt ihr eigenes Ich, das ihr daraus entgegenſah.
Der Sepp hatte Recht — „d’Scheanheit hat’s vo
der Muatter.“
Als ſie ſich wieder an der Seite ihres Mannes
niederließ, ſagte dieſer: „Hiazt war g’rad der Brünnl-
bauer da und hat mer an Stupfer geb’n weg’n der
Kathl für ſein Peter“.
„No?“ Die Leitnerin ſtreckte den Hals und ſah
ihren Ehegemal etwas ſtrenge an. „Und was haſt
eahm g’ſagt?“
„I han net jo und net na g’ſagt“.
„I ſag aber — na!“ ſagte mit großem Nach-
druck auf das letzte Wort die Leitenbäuerin.
„I denk mer, ſo dumm war die G’ſchicht juſt
net —. Der Brünnlbauer ſteht ſie net ſchlecht und
hat na den vanzig’n Suhn, die Tochter is ſcho aus-
g’heirat und ’s Bauernort g’hört ’n Peter — —“.
Er wollte noch weiterreden, aber das Weib ſchnitt
ihm plötzlich die Rede ab. „Na han i ſcho g’ſogt —
und die G’ſchicht is aus! Der Brünnlbauern-Peter
kriagt mei Kathl net in ſei armſelige Wirtſchaft eini
— war a Sünd a um ſo a ſchean’s Deandl — dö
kann a größers Glück mach’n“.
„Armſelige Wirtſchaft?“ ſagte der Bauer ganz
verwun ert, „mir ziemt, er ſteaht ſi beſſer wia mir!“
Hier wurde der Disput unterbrochen. Der junge
Hofbauer kam und ſetzte ſich neben die Bäuerin, ihr
Mann wandte ſich ſeinem anderen Tiſchnachbarn zu.
„Dös g’freut mi, Leit’nbäuerin, daß ös amol mit
der Kathl af an Kirchtag gang’ ſeid’s“, ſagte der Toni.
Die Bäuerin lächelte vergnügt über den Geſell-
ſchafter, den ſie nun an ihrer Seite hatte und ſie
bedauerte insgeheim nur, daß dies die Schwarzböckin
nicht ſehen konnte. „I muaß ja ’n Deandl a amol
a Freud’ mach’n — wer woaß wia lang ſ’ no mei
g’hört“, begann ſie, ſofort anzüglich werdend, „und
ſie hat net amol recht wöll’n, die Kathl, ’s war
ſchad’ ums Geld hat’s g’moant — i ſag’ der’s,
Toni, das Deandl is na für d’Wirtſchaft und ſunſt
für nix net! Und wann’s a koa Huab’n net kriagt
als Heiratsguat, derentweg’n wird’s do heunt oder
morg’n a beſſere Bäuerin ſei als wia manche andere.
Wia d’Muatta d’Kinder erziagt, af das kimmt’s an
und ſunſt af nix!“ ſetzte ſie noch hinzu.
Der Toni ließ ſie reden und ſagte nichts, nur mit
einem Kopfnicken pflichtete er ihr artigkeitshalber bei.
„Der Brünnlbauern-Peter gibt mer ſcho gar koa
Ruah net, er will d’Kathl hab’n um an niad ’n
Preis!“ fuhr die Leitnerin, etwas ſtark aufſchneidend,
nach einer kleinen Pauſe fort.
Bei dem Gehörten, da fuhr der Toni über
raſcht auf. „Der Brünnlbauern-Peter? No das war
freili koa ſchlechte Heirat net — aber mir ziemt,
Leitnerin, ös ſeid’s a g’ſcheidt’s Leut und laßt’s
ſcho der Kathl ihr’n eig’nen Will’n. Leb’n muaß ſie
mit’n Mannsbild, oft ſull ſie ſi a van ausſuach’n,
der ihr g’fallt und den’s a gern hat“.
„Halt ja! Dös ſag’ i a! Ba vaner Heirat is
allerweil d’Liab d’Hauptſach — und wo d’Liab net
is, durt is a koa Seg’n in Haus und d’rum miſch
i mi a net eini — den’s Deandl gern hat, den
ſull’s a hab’n“.
Der Toni ergriff nach dieſen Worten mit der
Linken die Hand der Bäuerin, mit der Rechten ſchlug
er auf ihre Schulter. „Leitnerin, das is a Red’, dö
mer g’fallt vo enk! Aber vergeßt’s na net d’rauf was
heunt g’ſagt habt’s — ’s kann ſei, daß i enk ſelber
amol ban Wort nimm!“
„Allemal, Toni! Zan niada Stund!“ ſagte die
Bänerin mit großer Würde, innerlich war ſie ſehr
vergnügt, aber äußerlich ließ ſie nichts davon merken,
daß ſie um die Liebſchaft ihrer Tochter bereits wußte.
Der Toni goß aus ſeiner Weinflaſche zwei
Gläſer voll und zur Bekräftigung des Geſagten
tranken beide aus. Dann ſuchte er wieder die tan-
zende Geſellſchaft auf und ließ die Leitnerin zurück
in einer beneidenswerten Stimmung. Dem Bauern
war das Geſpräch der beiden zum größtenteile ent-
gangen, er behandelte mit ſeinem Nachbarn gerade
den Saatenſtand und wurde erſt aufmerkſam, als ſie
die Gläſer aneinanderſtießen.
*) Wir entnehmen obige Darſtellung dem ſoeben er-
ſchienenen Werke: E. Deckert, Nordamerika, 2. Auflage.
Mit 130 Abbildungen im Text, 12 Kartenbeilagen und
21 Tafeln in Holzſchnitt, Aetzung und Farbendruck. 4. Band
der von Prof. Dr. W. Sievers in 2. Auflage herausgegebenen
„Allgemeinen Länderkunde“. In Halbleder gebunden 16 Mark.
(Verlag des Bibliographiſchen Inſtituts in Leipzig und Wien.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |