Badener Zeitung. Nr. 91, Baden (Niederösterreich), 11.11.1896. Mittwoch Badener Zeitung 11. November 1896. Nr. 91 [Spaltenumbruch] Drucksorten der -- Staatsanwaltschaft zur Begut- achtung vorzulegen. Die Antisemiten waren aber so schlau, dem "Stimmzettel" auch noch ein gedrucktes Circulär beizulegen, in welchem sie erzählen, was sie wollen. Freilich legt auch die Anstalt selbst ihren Stimmzetteln ein ähnliches Circulär bei, das aber auf dem Lande kein Mensch mehr liest. Der alt- gewohnte Stimmzettel liegt ja bei -- wozu also lesen? Man unterschreibt, sendet den Stimmzettel zurück und die Sache ist abgethan. So calculirten wohl auch die Antisemiten, und in der That liegen bereits einige ausgefüllte Stimmzettel der antisemitischen Factur vor. Das Circulär selbst enthält die üblichen Kraftworte der Antisemiten, und es heißt in dem- selben, daß die bisherigen Directions- und Ausschuß- mitglieder "sich um die Verwaltung der Anstalt entweder gar nicht oder nur wenig gekümmert haben". Das Comite habe solche Männer vorgeschlagen, "welche durch ihr stets bethätigtes, volksfreundliches Wirken in der Oeffentlichkeit und in den weitesten Kreisen bekannt, die feste Bürgschaft bieten, daß sie die Interessen der Versicherten zu jeder Zeit und in jeder Beziehung mit vollstem Nachdruck vertreten werden". Mit Rücksicht auf die Beschuldigungen, welche das Circulär gegen die bisherige Leitung der Anstalt schleudert, seien hier die Namen der gegen- wärtig fungirenden Directions-Mitglieder genannt. Es sind die Herren: Obercurator Alexander Karl, Abt des Stiftes Melk, Herrenhausmitglied; Ober- curator-Stellvertreter Commercialrath Hermann Ger- hardus; Directions-Mitglieder: Graf Otto Abensperg- Traun, Herrenhausmitglied; Heinrich Freiherr von Doblhoff-Dier, Reichsraths-Abgeordneter und Guts- besitzer; Adalbert Dungel, Abt des Stiftes Göttweig; Heinrich Freiherr Fellner von Feldegg; Ubald Kostersitz, infulirter Propst und Herrenhausmitglied; Conrad Kluger, General-Inspector und General- Secretärs-Adjunct der Südbahn; Dr. Vincenz Richter, Gutsbesitzer, und Adolph Freiherr von Seidler. Die Wahl des Directions-Ausschusses, respective die Ein- sendung der Stimmzettel, ist auf den 16. d. M. festgesetzt. -- Trainer Gustav Hölzl, welcher -- Hilfsbeamtenverein, "Selbst- hilfe", Zweigverein Baden. Dieser Verein hält, -- Fußball-Match Sonntag den 15. No- -- Saloncapelle Fuchs. Das erste -- Selbstmordversuch. Der 18jährige -- Selbstmordversuch. Sonntag Früh Correspondenzen. Mödling. [Eigenbericht der "Badener Zeitung."] (Erster Familienabend der Be- amtenschaft.) Bei dieser am 7. l. M statt- (Mit der Abgabe der Zählkarten) für Privatbeamte, welch' erstere die politische Be- (Ein grausiger Fuud) wurde am ver- Böslau. (Concert). Das war ein glücklicher Mittwoch Badener Zeitung 11. November 1896. Nr. 91 [Spaltenumbruch] Druckſorten der — Staatsanwaltſchaft zur Begut- achtung vorzulegen. Die Antiſemiten waren aber ſo ſchlau, dem „Stimmzettel“ auch noch ein gedrucktes Circulär beizulegen, in welchem ſie erzählen, was ſie wollen. Freilich legt auch die Anſtalt ſelbſt ihren Stimmzetteln ein ähnliches Circulär bei, das aber auf dem Lande kein Menſch mehr liest. Der alt- gewohnte Stimmzettel liegt ja bei — wozu alſo leſen? Man unterſchreibt, ſendet den Stimmzettel zurück und die Sache iſt abgethan. So calculirten wohl auch die Antiſemiten, und in der That liegen bereits einige ausgefüllte Stimmzettel der antiſemitiſchen Factur vor. Das Circulär ſelbſt enthält die üblichen Kraftworte der Antiſemiten, und es heißt in dem- ſelben, daß die bisherigen Directions- und Ausſchuß- mitglieder „ſich um die Verwaltung der Anſtalt entweder gar nicht oder nur wenig gekümmert haben“. Das Comité habe ſolche Männer vorgeſchlagen, „welche durch ihr ſtets bethätigtes, volksfreundliches Wirken in der Oeffentlichkeit und in den weiteſten Kreiſen bekannt, die feſte Bürgſchaft bieten, daß ſie die Intereſſen der Verſicherten zu jeder Zeit und in jeder Beziehung mit vollſtem Nachdruck vertreten werden“. Mit Rückſicht auf die Beſchuldigungen, welche das Circulär gegen die bisherige Leitung der Anſtalt ſchleudert, ſeien hier die Namen der gegen- wärtig fungirenden Directions-Mitglieder genannt. Es ſind die Herren: Obercurator Alexander Karl, Abt des Stiftes Melk, Herrenhausmitglied; Ober- curator-Stellvertreter Commercialrath Hermann Ger- hardus; Directions-Mitglieder: Graf Otto Abensperg- Traun, Herrenhausmitglied; Heinrich Freiherr von Doblhoff-Dier, Reichsraths-Abgeordneter und Guts- beſitzer; Adalbert Dungel, Abt des Stiftes Göttweig; Heinrich Freiherr Fellner von Feldegg; Ubald Koſterſitz, infulirter Propſt und Herrenhausmitglied; Conrad Kluger, General-Inſpector und General- Secretärs-Adjunct der Südbahn; Dr. Vincenz Richter, Gutsbeſitzer, und Adolph Freiherr von Seidler. Die Wahl des Directions-Ausſchuſſes, reſpective die Ein- ſendung der Stimmzettel, iſt auf den 16. d. M. feſtgeſetzt. — Trainer Guſtav Hölzl, welcher — Hilfsbeamtenverein, „Selbſt- hilfe“, Zweigverein Baden. Dieſer Verein hält, — Fußball-Match Sonntag den 15. No- — Saloncapelle Fuchs. Das erſte — Selbſtmordverſuch. Der 18jährige — Selbſtmordverſuch. Sonntag Früh Correſpondenzen. Mödling. [Eigenbericht der „Badener Zeitung.“] (Erſter Familienabend der Be- amtenſchaft.) Bei dieſer am 7. l. M ſtatt- (Mit der Abgabe der Zählkarten) für Privatbeamte, welch’ erſtere die politiſche Be- (Ein grauſiger Fuud) wurde am ver- Böslau. (Concert). Das war ein glücklicher <TEI> <text> <body> <div type="jLocal" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="4"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Mittwoch Badener Zeitung 11. November 1896. Nr. 91</hi></hi></fw><lb/><cb/> Druckſorten der — Staatsanwaltſchaft zur Begut-<lb/> achtung vorzulegen. Die Antiſemiten waren aber ſo<lb/> ſchlau, dem „Stimmzettel“ auch noch ein gedrucktes<lb/> Circulär beizulegen, in welchem ſie erzählen, was<lb/> ſie wollen. Freilich legt auch die Anſtalt ſelbſt ihren<lb/> Stimmzetteln ein ähnliches Circulär bei, das aber<lb/> auf dem Lande kein Menſch mehr liest. Der alt-<lb/> gewohnte Stimmzettel liegt ja bei — wozu alſo<lb/> leſen? Man unterſchreibt, ſendet den Stimmzettel<lb/> zurück und die Sache iſt abgethan. So calculirten<lb/> wohl auch die Antiſemiten, und in der That liegen<lb/> bereits einige ausgefüllte Stimmzettel der antiſemitiſchen<lb/> Factur vor. Das Circulär ſelbſt enthält die üblichen<lb/> Kraftworte der Antiſemiten, und es heißt in dem-<lb/> ſelben, daß die bisherigen Directions- und Ausſchuß-<lb/> mitglieder „ſich um die Verwaltung der Anſtalt<lb/> entweder gar nicht oder nur wenig gekümmert haben“.<lb/> Das Comit<hi rendition="#aq">é</hi> habe ſolche Männer vorgeſchlagen,<lb/> „welche durch ihr ſtets bethätigtes, volksfreundliches<lb/> Wirken in der Oeffentlichkeit und in den weiteſten<lb/> Kreiſen bekannt, die feſte Bürgſchaft bieten, daß ſie<lb/> die Intereſſen der Verſicherten zu jeder Zeit und in<lb/> jeder Beziehung mit vollſtem Nachdruck vertreten<lb/> werden“. Mit Rückſicht auf die Beſchuldigungen,<lb/> welche das Circulär gegen die bisherige Leitung der<lb/> Anſtalt ſchleudert, ſeien hier die Namen der gegen-<lb/> wärtig fungirenden Directions-Mitglieder genannt.<lb/> Es ſind die Herren: Obercurator Alexander Karl,<lb/> Abt des Stiftes Melk, Herrenhausmitglied; Ober-<lb/> curator-Stellvertreter Commercialrath Hermann Ger-<lb/> hardus; Directions-Mitglieder: Graf Otto Abensperg-<lb/> Traun, Herrenhausmitglied; Heinrich Freiherr von<lb/> Doblhoff-Dier, Reichsraths-Abgeordneter und Guts-<lb/> beſitzer; Adalbert Dungel, Abt des Stiftes Göttweig;<lb/> Heinrich Freiherr Fellner von Feldegg; Ubald<lb/> Koſterſitz, infulirter Propſt und Herrenhausmitglied;<lb/> Conrad Kluger, General-Inſpector und General-<lb/> Secretärs-Adjunct der Südbahn; Dr. Vincenz Richter,<lb/> Gutsbeſitzer, und Adolph Freiherr von Seidler. Die<lb/> Wahl des Directions-Ausſchuſſes, reſpective die Ein-<lb/> ſendung der Stimmzettel, iſt auf den 16. d. 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Mit dem, was Herr<lb/> Fuchs Sonntag dem Publicum an muſikaliſchen<lb/> Genüſſen bot, kann auch der ſtrengere Kritiker wohl<lb/> zufrieden ſein. Die Capelle ſpielt wacker, fleißig und<lb/> mit Verſtändniß, man merkt es den einzelnen Gliedern<lb/> an, daß ſie ſich unter dem Stabe eines tüchtigen<lb/> Dirigenten als ein ganzer Körper fühlen und darum<lb/> waren auch die Darbietungen der Capelle an ihrem De-<lb/> butabende dieſer Saiſon allſeits zufriedenſtellende. Die<lb/> wenigen Anweſenden unterhielten ſich ſo vortrefflich,<lb/> daß das Concert lange über die feſtgeſetzte Stunde<lb/> hinaus währte und zollten dem reichem Programme<lb/> der Capelle wiederholteu und reichen Beifall.<lb/> Hoffentlich gelingt dem Unternehmer ſchon der zweite<lb/> Concertabend beſſer. Herrn Fuchs ſei aber für<lb/> ſein Unternehmen, mit welchem er ſo angenehme<lb/> Abwechslung in unſer todtes Winterleben bringt,<lb/> auf alle Fälle beſtens gedankt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Selbſtmordverſuch.</hi> </head> <p>Der 18jährige<lb/> Gebäcksausträger Joſef Blam verſuchte ſich geſtern<lb/> Dienstag, circa 7 Uhr früh, auf dem Bahndamm<lb/> nächſt dem Erdzeiſelgraben, mittelſt eines Revolver-<lb/> ſchuſſes in die Stirne zu tödten. Er wurde in<lb/><cb/> ſchwer verletztem Zuſtande durch die hieſige Rettungs-<lb/> abtheilung in das Rath’ſche Spital transportirt. Das<lb/> Motiv, welches den kaum 18jährigen jungen Mann,<lb/> der mit einem Fuß hinkt, zum Selbſtmorde trieb,<lb/> dürfte auf Lebensüberdruß zurückzuführen ſein.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>— <hi rendition="#g">Selbſtmordverſuch.</hi> </head> <p>Sonntag Früh<lb/> gegen ſechs Uhr wurden die Bewohner des Hauſes<lb/> Bahngaſſe 7 durch einen Schuß in nicht geringe<lb/> Aufregung verſetzt. Der im Hauſe etablirte Bäcker-<lb/> meiſter Löw eilte in die im erſten Stocke befindliche<lb/> Wohnung der Frau Pick, um nach der Urſache der<lb/> vernommenen Detonation zu forſchen, und erfuhr,<lb/> daß ſich die Stieftochter der Frau Pick, Fräulein Bertha<lb/> Rotter, mit einem ſechsläufigen geladenen Revolver<lb/> einen Schuß in die linke Bruſtſeite beigebracht<lb/> hatte. Der herbeigerufene Arzt, Dr. Koſak, welcher<lb/> dem Mädchen die erſte Hilfe leiſtete, veranlaßte<lb/> deſſen Transport durch die Rettungsabtheilung der<lb/> freiwilligen Feuerwehr nach dem Rath’ſchen Kranken-<lb/> hauſe, woſelbſt die Wunde eingehend unterſucht und<lb/> nach dem Ausſpruche der Aerzte als eine leichte<lb/> befunden wurde, nachdem die Extraction der Kugel,<lb/> welche im Rücken der Lebensüberdrüſſigen ſitzt,<lb/> verhältnißmäßig leicht zu bewerkſtelligen war.<lb/> Das Motiv, welches das Mädchen zu ſeinem Entſchluſſe<lb/> trieb, ſoll unglückliche Liebe ſein.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Correſpondenzen.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">Mödling.</hi> [Eigenbericht der „Badener Zeitung.“]</head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Erſter Familienabend der Be-<lb/> amtenſchaft.)</hi> </head> <p>Bei dieſer am 7. l. M ſtatt-<lb/> gefundenen erſten geſelligen Unterhaltung unſerer<lb/> Beamtenſchaft hatten ſich nicht nur zahlreiche Ange-<lb/> hörige dieſes Standes, ſondern auch Beſucher aus<lb/> den übrigen Kreiſen der Bevölkerung eingefunden,<lb/> ſo daß der volle Saal ein intereſſantes Bild darbot.<lb/> Wir können vorweg ſagen, daß, wenn die nachfolgen-<lb/> den Abende ſich einer ſolchen Animirtheit und eines<lb/> ſo guten Beſuches, wie der erſte Abend des ſechsten<lb/> (Vereins-)Jahres erfreuen ſollten, die rührigen<lb/> Comit<hi rendition="#aq">é</hi>mitglieder (Arlet, Feſti, Kratky, v. Oelberg<lb/> und Galliſſer) doch eine theilweiſe Entſchädigung<lb/> für ihre Mühe finden werden. Die erſte Nummer<lb/> des Programmes, die Ouverture zur Oper „Wenn<lb/> ich König wäre“ von Adam, wurde von Herrn<lb/> Eapellmeiſter Schweiger am Piano mit einer großen<lb/> Präciſion vorgetragen und verſetzte die Zuhörer ſofort<lb/> in die richtige Stimmung. Nachdem der Applaus<lb/> verklungen war, betrat Herr Heinrich Freiheim, dieſer<lb/> Liebling des Publicums, von dieſem lebhaft acclamirt,<lb/> das Podium und trug mit der ihm eigenen Schneidig-<lb/> keit einen Prolog „Friedrich Schiller nachempfunden“<lb/> vor, der ſtürmiſche Heiterkeit entfeſſelte. Der Vor-<lb/> tragende nahm in demſelben ſämmtliche das Comit<hi rendition="#aq">é</hi><lb/> bildende Herren der Reihe nach vor, ſchilderte in<lb/> launiger und humorvoller Weiſe die Sorgen, welche<lb/> das Arrangement der Familienabende dieſen Aus-<lb/> ſchußmitgliedern verurſacht, und ſchloß mit dem<lb/> Wunſche einer fröhlichen und erfolgreichen Saiſon.<lb/> Ferner hatten wir Gelegenheit, Frl. Kathe Schmid<lb/> zu hören, welche Sängerin das „Schlaflied“ von<lb/> Moriz Moszowski, ferner „Die Poſt“ von Franz<lb/> Schubert unter großer Aufmerkſamkeit der Anweſen-<lb/> den — was leider nicht immer zu ſagen iſt — zum<lb/> Vortrag brachte. Das Organ der begabten jungen<lb/> Dame hat an Wohlklang und Umfang zugenommen<lb/> und ohne die geringſte merkbare Anſtrengung ver-<lb/> mag ſie ſowohl in der Höhen- als Tiefenlage die<lb/> Fortis zur Geltung zu bringen; auch der Anſatz iſt<lb/> ſicher und rein. Dieſelben Eigenſchaften kamen in<lb/> dem Franz Lachner’ſchen Liede „Das Waldvöglein“,<lb/> welches Frl. Schmid unter Begleitung der Herren<lb/> Adolf Kratky (Waldhorn) und Schweiger (Clavier)<lb/> in der zweiten Abtheilung vortrug, abermals zum<lb/> richtigen Ausdruck. Viele bedauerten, daß keine<lb/> weiteren Zugaben erfolgten, denn das Publicum iſt<lb/> zuweilen etwas rückſichtlos. Was die Leiſtungen des<lb/> genannten Waldhornbläſers betrifft, ſo gelangten ſie<lb/> noch beſſer bei ſeinem erſten Vortrage „In die<lb/> Ferne“ von C. Büchner zur Wahrnehmung und es<lb/> wurde demſelben ſtürmiſcher Applaus zutheil. Ganz<lb/> neu war hier das aus etwa zehn Herren und einer<lb/> Dame zuſammengeſetzte Mandolinen-Orcheſter „Ott“,<lb/> welches mit ſeinen eigenartigen, insbeſondere aber<lb/> italieniſchen Weiſen ſo gut gefiel, daß zahlreiche<lb/> Wiederholungen verlangt wurden, welchem Begehren<lb/> das Orcheſter nachkam. Sehr zu Gehör gingen die<lb/> Pianis, welche trotz des Umfangs des Saales deutlich<lb/> vernehmbar waren. Noch müſſen wir zweier Glanz-<lb/> nummern, nämlich des humoriſtiſchen Vortrages des<lb/> Schriftſtellers Herrn Benjamin Schier, ſowie des<lb/> Herrn Sandtner gedenken, welch’ letzterer mit ſeinen<lb/><cb/> Couplets den Abend abſchloß. Herr Schier, welchen<lb/> viele Zuhörer aus ſeinen zahlreichen, für den Wiener<lb/> Männer-Geſangverein u. ſ. w. geſchriebenen Gelegen-<lb/> heitsſchwänken und wiederholt in Wien zur Auf-<lb/> führung gebrachten Bühnenwerken, dann endlich aus<lb/> den Humoriſtiken „Der Vereinshumoriſt“ kennen zu<lb/> lernen Gelegenheit hatten, erzielte mit einer ganzen<lb/> Serie launiger Vorträge, an welchen wir nur eine<lb/> manchmal zu raſche Ausſprache bemängeln müſſen,<lb/> eine außerordentliche Wirkung, ſo daß das Publicum<lb/> nicht aus dem Lachen kam während wieder Herr<lb/> Sandtner, der dem oftmaligen Verlangen des<lb/> Publicums nach Fortſetzungen fügſam war, ſich durch<lb/> ein hübſches Organ und deutliche Ausſprache ſeiner<lb/> Couplets hervorthat. Nachdem die Reihe der Vorträge<lb/> abgeſchloſſen war, begann, während inzwiſchen der<lb/> mittlere Raum für die Tanzluſtigen freigemacht<lb/> wurde, das Mandolinen-Orcheſter wiederholt zu ſpielen,<lb/> wobei auch noch mehrere Chanſons zum Vortrage<lb/> gelangten und endlich nach Mitternacht konnten ſich<lb/> die vielen jungen Damen, unter welchen wir einige<lb/> neue, ganz reizende Erſcheinungen bemerkten, der<lb/> Tanzluſt hingeben. Sie hätten nur gewünſcht, daß<lb/> eine größere Anzahl von flotten Tänzern vorhanden<lb/> geweſen, damit eine Abwechslung in dieſes für ein<lb/> „gewiſſes Alter“ ſo anziehende Vergnügen gekommen<lb/> wäre. Erſt am ſpäten Morgen ſchloß dieſe erſte<lb/> Verauſtaltung der Beamtenſchaft.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Mit der Abgabe der Zählkarten)</hi> </head><lb/> <p>für Privatbeamte, welch’ erſtere die politiſche Be-<lb/> hörde zum Zwecke der ſtatiſtiſchen Erhebungen an<lb/> die verſchiedenen Unternehmer verſendet hat, geht es<lb/> trotz der behördlicherſeits erfolgten Mahnungen nur<lb/> langſam vorwärts, und es werden die Säumigen<lb/> dringend erſucht, nach erfolgter Ausfüllung dieſer<lb/> Zählkarten letztere der Behörde ſofort zu übermitteln.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Ein grauſiger Fuud)</hi> </head> <p>wurde am ver-<lb/> floſſenen Mittwoch an einer abſeits gelegenen Stelle<lb/> von der Straße, welche das reizende Prießnitzthal<lb/> durchzieht, gemacht. Die Leſer werden ſich noch des<lb/> vor mehr als drei Monaten erfolgten plötzlichen<lb/> Verſchwindens der Frau Bürkler (Mödlhammer) ent-<lb/> ſinnen, nach deren Verbleib umfaſſende Nach-<lb/> forſchungen gepflogen wurden, die aber bis jetzt<lb/> erfolglos geblieben waren. Nun hat man ihren<lb/> Leichnam an der genannten Stelle gefunden; er<lb/> hing an einem Baumaſte, nach vorne gebeugt und<lb/> ſo niedrig, daß die Füße den Boden berührten.<lb/> Neben der ſchon in Verweſung übergegangenen<lb/> Leiche lag ein Sonnenſchirm. Geradezu auffällig iſt<lb/> es, daß in einer Gegend, die von Erwachſenen, noch<lb/> mehr aber von Kindern, die gerne im Dickicht umher-<lb/> ſtöbern, ſehr ſtark beſucht wird, dieſes traurige Factum<lb/> über ein Vierteljahr lang unentdeckt bleiben konnte.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Böslau.</hi> </head> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#g">(Concert).</hi> </head> <p>Das war ein glücklicher<lb/> Gedanke, den die hier beſtrenommirte Clavierlehrerin<lb/> Frl. Pauline Bubenik am vergangenen Sonntag im<lb/> Saale des R. Hausner, Hotel „zum Schweizerhof“ in<lb/> Vöslau, realiſirte. Sie gab ein Concert, an welchem<lb/> nicht ſie ſelbſt, ſondern ihre Schülerinnen, Mädchen<lb/> aus den achtbarſten Familien Vöslaus, ſich produ-<lb/> cirten. Selbſtverſtändlich hatte ſich daraufhin ein ſehr<lb/> diſtinguirtes Publicum, in welchem auch vielfach die<lb/> Honoratioren des Ortes vertreten waren, eingefunden.<lb/> Auf einem mit Epheu und Guirlanden umkränzten<lb/> Podium ſtanden zwei prachtvolle Böſendorferflügel;<lb/> links, dem Podium nahe, ſaßen auf rothſammtenen<lb/> Sitzen die weißgekleideten Schülerinnen, eine an-<lb/> muthige Reihe von aufblühenden Schönheiten —<lb/> vielleicht auch werdenden Künſtlerinnen; ſie ſaßen<lb/> nach ihrem Können geordnet: von der Anfängerin<lb/> Frl. Hollos bis hinauf zur claſſiſchen Virtuoſin<lb/> Frl. Mizzi Herrmann — ſie Alle ſtellten die Stufen<lb/> der Schule dar, welche Frl. Bubenik ihre Elevinnen<lb/> mit ſicherer Hand und Gewiſſenhaftigkeit führt. Er-<lb/> öffnet wurde das Concert mit Beethoven’s „Egmont-<lb/> Ouverture“ für zwei Claviere, achthändig. Dieſe<lb/> Pi<hi rendition="#aq">è</hi>ce wurde von den Damen Valerie Bauer, Mizzi<lb/> Herrmann, Toni Schaumann und Jetti Herz executirt<lb/> und man erſtaunte über die tadelloſe Einheit des<lb/> Zuſammenſpieles, die ohne den üblichen Dirigenten-<lb/> ſtab die aufmerkſamen Zuhörer überraſchte. Reichlicher<lb/> Applaus zeichnete die genannten jungen Damen aus,<lb/> die zum erſtenmale vor einem vielköpfigen Pu-<lb/> blicum ſpielten und mit glühenden Wangen dankten<lb/> ſie beſcheiden für die ihnen zutheil gewordene<lb/> Auszeichnung Hierauf producirte ſich die einjährige<lb/> Schülerin Anna Schimanek; begleitet von der Lehrerin<lb/> ſpielte ſie das Clavierſtück „Tolle Streiche“ von H.<lb/> Schmitt. Das ſehr begabte Mädchen erfreute durch<lb/> ihre Fortſchritte und wurde mit verdientem Beifalle<lb/> ausgezeichnet. Hierauf folgte ein Menuett aus dem<lb/> 11. Quintett, zu ſechs Händen, von L. Bacherini,<lb/> ausgeführt von den Mädchen Roſa Breyer, Mizzi<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Mittwoch Badener Zeitung 11. November 1896. Nr. 91
Druckſorten der — Staatsanwaltſchaft zur Begut-
achtung vorzulegen. Die Antiſemiten waren aber ſo
ſchlau, dem „Stimmzettel“ auch noch ein gedrucktes
Circulär beizulegen, in welchem ſie erzählen, was
ſie wollen. Freilich legt auch die Anſtalt ſelbſt ihren
Stimmzetteln ein ähnliches Circulär bei, das aber
auf dem Lande kein Menſch mehr liest. Der alt-
gewohnte Stimmzettel liegt ja bei — wozu alſo
leſen? Man unterſchreibt, ſendet den Stimmzettel
zurück und die Sache iſt abgethan. So calculirten
wohl auch die Antiſemiten, und in der That liegen
bereits einige ausgefüllte Stimmzettel der antiſemitiſchen
Factur vor. Das Circulär ſelbſt enthält die üblichen
Kraftworte der Antiſemiten, und es heißt in dem-
ſelben, daß die bisherigen Directions- und Ausſchuß-
mitglieder „ſich um die Verwaltung der Anſtalt
entweder gar nicht oder nur wenig gekümmert haben“.
Das Comité habe ſolche Männer vorgeſchlagen,
„welche durch ihr ſtets bethätigtes, volksfreundliches
Wirken in der Oeffentlichkeit und in den weiteſten
Kreiſen bekannt, die feſte Bürgſchaft bieten, daß ſie
die Intereſſen der Verſicherten zu jeder Zeit und in
jeder Beziehung mit vollſtem Nachdruck vertreten
werden“. Mit Rückſicht auf die Beſchuldigungen,
welche das Circulär gegen die bisherige Leitung der
Anſtalt ſchleudert, ſeien hier die Namen der gegen-
wärtig fungirenden Directions-Mitglieder genannt.
Es ſind die Herren: Obercurator Alexander Karl,
Abt des Stiftes Melk, Herrenhausmitglied; Ober-
curator-Stellvertreter Commercialrath Hermann Ger-
hardus; Directions-Mitglieder: Graf Otto Abensperg-
Traun, Herrenhausmitglied; Heinrich Freiherr von
Doblhoff-Dier, Reichsraths-Abgeordneter und Guts-
beſitzer; Adalbert Dungel, Abt des Stiftes Göttweig;
Heinrich Freiherr Fellner von Feldegg; Ubald
Koſterſitz, infulirter Propſt und Herrenhausmitglied;
Conrad Kluger, General-Inſpector und General-
Secretärs-Adjunct der Südbahn; Dr. Vincenz Richter,
Gutsbeſitzer, und Adolph Freiherr von Seidler. Die
Wahl des Directions-Ausſchuſſes, reſpective die Ein-
ſendung der Stimmzettel, iſt auf den 16. d. M.
feſtgeſetzt.
— Trainer Guſtav Hölzl, welcher
vorige Woche beim Trainiren eines neuen Trabers
vom Gig ſtürzte und von dieſem eine weite Strecke
geſchleift wurde, wobei er ſich erhebliche Verletzungen
am Kopfe zuzog, befindet ſich bereits auf dem Wege
der Beſſerung.
— Hilfsbeamtenverein, „Selbſt-
hilfe“, Zweigverein Baden. Dieſer Verein hält,
über Aufforderung des Hauptvereines Wien, Sonn-
tag den 15. l. M., Abends 7 Uhr, in Held’s
Gaſthaus, Waſſergaſſe, eine außergewöhnliche Ver-
ſammlung ab, und verweiſen wir diesbezüglich auf
die im Inſeratentheile veröffentlichte Kundmachung.
— Fußball-Match Sonntag den 15. No-
vember, um 2¾ Uhr Nachmittags wird ſich die
Fußballriege des Badener Obergymnaſiums mit dem
engliſchen „Vienna Cricket and Football-Club“
im Fußball meſſen. Man darf auf dieſe intereſſante
Uebung mit Recht geſpannt ſein.
— Saloncapelle Fuchs. Das erſte
Sonntagsconcert dieſer allgemein bekannten und ob
ihrer Tüchtigkeit beliebten Capelle fand Sonntag
Abends im großen Saale des Hotels „Stadt Wien“
ſtatt. Der Anfang war nicht ſehr ermunternd, denn
es hatten ſich nur etwa hundert Perſonen einge-
funden, allein, wie das bei ſolchen Unternehmungen
nun ſchon einmal iſt, ſie müſſen ſich in dem Winter-
leben unſerer Stadt ſozuſagen erſt das Heimatsrecht
erwerben, bevor ſie die Sympathien der großen
Menge ſich erwerben können. Mit dem, was Herr
Fuchs Sonntag dem Publicum an muſikaliſchen
Genüſſen bot, kann auch der ſtrengere Kritiker wohl
zufrieden ſein. Die Capelle ſpielt wacker, fleißig und
mit Verſtändniß, man merkt es den einzelnen Gliedern
an, daß ſie ſich unter dem Stabe eines tüchtigen
Dirigenten als ein ganzer Körper fühlen und darum
waren auch die Darbietungen der Capelle an ihrem De-
butabende dieſer Saiſon allſeits zufriedenſtellende. Die
wenigen Anweſenden unterhielten ſich ſo vortrefflich,
daß das Concert lange über die feſtgeſetzte Stunde
hinaus währte und zollten dem reichem Programme
der Capelle wiederholteu und reichen Beifall.
Hoffentlich gelingt dem Unternehmer ſchon der zweite
Concertabend beſſer. Herrn Fuchs ſei aber für
ſein Unternehmen, mit welchem er ſo angenehme
Abwechslung in unſer todtes Winterleben bringt,
auf alle Fälle beſtens gedankt.
— Selbſtmordverſuch. Der 18jährige
Gebäcksausträger Joſef Blam verſuchte ſich geſtern
Dienstag, circa 7 Uhr früh, auf dem Bahndamm
nächſt dem Erdzeiſelgraben, mittelſt eines Revolver-
ſchuſſes in die Stirne zu tödten. Er wurde in
ſchwer verletztem Zuſtande durch die hieſige Rettungs-
abtheilung in das Rath’ſche Spital transportirt. Das
Motiv, welches den kaum 18jährigen jungen Mann,
der mit einem Fuß hinkt, zum Selbſtmorde trieb,
dürfte auf Lebensüberdruß zurückzuführen ſein.
— Selbſtmordverſuch. Sonntag Früh
gegen ſechs Uhr wurden die Bewohner des Hauſes
Bahngaſſe 7 durch einen Schuß in nicht geringe
Aufregung verſetzt. Der im Hauſe etablirte Bäcker-
meiſter Löw eilte in die im erſten Stocke befindliche
Wohnung der Frau Pick, um nach der Urſache der
vernommenen Detonation zu forſchen, und erfuhr,
daß ſich die Stieftochter der Frau Pick, Fräulein Bertha
Rotter, mit einem ſechsläufigen geladenen Revolver
einen Schuß in die linke Bruſtſeite beigebracht
hatte. Der herbeigerufene Arzt, Dr. Koſak, welcher
dem Mädchen die erſte Hilfe leiſtete, veranlaßte
deſſen Transport durch die Rettungsabtheilung der
freiwilligen Feuerwehr nach dem Rath’ſchen Kranken-
hauſe, woſelbſt die Wunde eingehend unterſucht und
nach dem Ausſpruche der Aerzte als eine leichte
befunden wurde, nachdem die Extraction der Kugel,
welche im Rücken der Lebensüberdrüſſigen ſitzt,
verhältnißmäßig leicht zu bewerkſtelligen war.
Das Motiv, welches das Mädchen zu ſeinem Entſchluſſe
trieb, ſoll unglückliche Liebe ſein.
Correſpondenzen.
Mödling. [Eigenbericht der „Badener Zeitung.“]
(Erſter Familienabend der Be-
amtenſchaft.) Bei dieſer am 7. l. M ſtatt-
gefundenen erſten geſelligen Unterhaltung unſerer
Beamtenſchaft hatten ſich nicht nur zahlreiche Ange-
hörige dieſes Standes, ſondern auch Beſucher aus
den übrigen Kreiſen der Bevölkerung eingefunden,
ſo daß der volle Saal ein intereſſantes Bild darbot.
Wir können vorweg ſagen, daß, wenn die nachfolgen-
den Abende ſich einer ſolchen Animirtheit und eines
ſo guten Beſuches, wie der erſte Abend des ſechsten
(Vereins-)Jahres erfreuen ſollten, die rührigen
Comitémitglieder (Arlet, Feſti, Kratky, v. Oelberg
und Galliſſer) doch eine theilweiſe Entſchädigung
für ihre Mühe finden werden. Die erſte Nummer
des Programmes, die Ouverture zur Oper „Wenn
ich König wäre“ von Adam, wurde von Herrn
Eapellmeiſter Schweiger am Piano mit einer großen
Präciſion vorgetragen und verſetzte die Zuhörer ſofort
in die richtige Stimmung. Nachdem der Applaus
verklungen war, betrat Herr Heinrich Freiheim, dieſer
Liebling des Publicums, von dieſem lebhaft acclamirt,
das Podium und trug mit der ihm eigenen Schneidig-
keit einen Prolog „Friedrich Schiller nachempfunden“
vor, der ſtürmiſche Heiterkeit entfeſſelte. Der Vor-
tragende nahm in demſelben ſämmtliche das Comité
bildende Herren der Reihe nach vor, ſchilderte in
launiger und humorvoller Weiſe die Sorgen, welche
das Arrangement der Familienabende dieſen Aus-
ſchußmitgliedern verurſacht, und ſchloß mit dem
Wunſche einer fröhlichen und erfolgreichen Saiſon.
Ferner hatten wir Gelegenheit, Frl. Kathe Schmid
zu hören, welche Sängerin das „Schlaflied“ von
Moriz Moszowski, ferner „Die Poſt“ von Franz
Schubert unter großer Aufmerkſamkeit der Anweſen-
den — was leider nicht immer zu ſagen iſt — zum
Vortrag brachte. Das Organ der begabten jungen
Dame hat an Wohlklang und Umfang zugenommen
und ohne die geringſte merkbare Anſtrengung ver-
mag ſie ſowohl in der Höhen- als Tiefenlage die
Fortis zur Geltung zu bringen; auch der Anſatz iſt
ſicher und rein. Dieſelben Eigenſchaften kamen in
dem Franz Lachner’ſchen Liede „Das Waldvöglein“,
welches Frl. Schmid unter Begleitung der Herren
Adolf Kratky (Waldhorn) und Schweiger (Clavier)
in der zweiten Abtheilung vortrug, abermals zum
richtigen Ausdruck. Viele bedauerten, daß keine
weiteren Zugaben erfolgten, denn das Publicum iſt
zuweilen etwas rückſichtlos. Was die Leiſtungen des
genannten Waldhornbläſers betrifft, ſo gelangten ſie
noch beſſer bei ſeinem erſten Vortrage „In die
Ferne“ von C. Büchner zur Wahrnehmung und es
wurde demſelben ſtürmiſcher Applaus zutheil. Ganz
neu war hier das aus etwa zehn Herren und einer
Dame zuſammengeſetzte Mandolinen-Orcheſter „Ott“,
welches mit ſeinen eigenartigen, insbeſondere aber
italieniſchen Weiſen ſo gut gefiel, daß zahlreiche
Wiederholungen verlangt wurden, welchem Begehren
das Orcheſter nachkam. Sehr zu Gehör gingen die
Pianis, welche trotz des Umfangs des Saales deutlich
vernehmbar waren. Noch müſſen wir zweier Glanz-
nummern, nämlich des humoriſtiſchen Vortrages des
Schriftſtellers Herrn Benjamin Schier, ſowie des
Herrn Sandtner gedenken, welch’ letzterer mit ſeinen
Couplets den Abend abſchloß. Herr Schier, welchen
viele Zuhörer aus ſeinen zahlreichen, für den Wiener
Männer-Geſangverein u. ſ. w. geſchriebenen Gelegen-
heitsſchwänken und wiederholt in Wien zur Auf-
führung gebrachten Bühnenwerken, dann endlich aus
den Humoriſtiken „Der Vereinshumoriſt“ kennen zu
lernen Gelegenheit hatten, erzielte mit einer ganzen
Serie launiger Vorträge, an welchen wir nur eine
manchmal zu raſche Ausſprache bemängeln müſſen,
eine außerordentliche Wirkung, ſo daß das Publicum
nicht aus dem Lachen kam während wieder Herr
Sandtner, der dem oftmaligen Verlangen des
Publicums nach Fortſetzungen fügſam war, ſich durch
ein hübſches Organ und deutliche Ausſprache ſeiner
Couplets hervorthat. Nachdem die Reihe der Vorträge
abgeſchloſſen war, begann, während inzwiſchen der
mittlere Raum für die Tanzluſtigen freigemacht
wurde, das Mandolinen-Orcheſter wiederholt zu ſpielen,
wobei auch noch mehrere Chanſons zum Vortrage
gelangten und endlich nach Mitternacht konnten ſich
die vielen jungen Damen, unter welchen wir einige
neue, ganz reizende Erſcheinungen bemerkten, der
Tanzluſt hingeben. Sie hätten nur gewünſcht, daß
eine größere Anzahl von flotten Tänzern vorhanden
geweſen, damit eine Abwechslung in dieſes für ein
„gewiſſes Alter“ ſo anziehende Vergnügen gekommen
wäre. Erſt am ſpäten Morgen ſchloß dieſe erſte
Verauſtaltung der Beamtenſchaft.
(Mit der Abgabe der Zählkarten)
für Privatbeamte, welch’ erſtere die politiſche Be-
hörde zum Zwecke der ſtatiſtiſchen Erhebungen an
die verſchiedenen Unternehmer verſendet hat, geht es
trotz der behördlicherſeits erfolgten Mahnungen nur
langſam vorwärts, und es werden die Säumigen
dringend erſucht, nach erfolgter Ausfüllung dieſer
Zählkarten letztere der Behörde ſofort zu übermitteln.
(Ein grauſiger Fuud) wurde am ver-
floſſenen Mittwoch an einer abſeits gelegenen Stelle
von der Straße, welche das reizende Prießnitzthal
durchzieht, gemacht. Die Leſer werden ſich noch des
vor mehr als drei Monaten erfolgten plötzlichen
Verſchwindens der Frau Bürkler (Mödlhammer) ent-
ſinnen, nach deren Verbleib umfaſſende Nach-
forſchungen gepflogen wurden, die aber bis jetzt
erfolglos geblieben waren. Nun hat man ihren
Leichnam an der genannten Stelle gefunden; er
hing an einem Baumaſte, nach vorne gebeugt und
ſo niedrig, daß die Füße den Boden berührten.
Neben der ſchon in Verweſung übergegangenen
Leiche lag ein Sonnenſchirm. Geradezu auffällig iſt
es, daß in einer Gegend, die von Erwachſenen, noch
mehr aber von Kindern, die gerne im Dickicht umher-
ſtöbern, ſehr ſtark beſucht wird, dieſes traurige Factum
über ein Vierteljahr lang unentdeckt bleiben konnte.
Böslau.
(Concert). Das war ein glücklicher
Gedanke, den die hier beſtrenommirte Clavierlehrerin
Frl. Pauline Bubenik am vergangenen Sonntag im
Saale des R. Hausner, Hotel „zum Schweizerhof“ in
Vöslau, realiſirte. Sie gab ein Concert, an welchem
nicht ſie ſelbſt, ſondern ihre Schülerinnen, Mädchen
aus den achtbarſten Familien Vöslaus, ſich produ-
cirten. Selbſtverſtändlich hatte ſich daraufhin ein ſehr
diſtinguirtes Publicum, in welchem auch vielfach die
Honoratioren des Ortes vertreten waren, eingefunden.
Auf einem mit Epheu und Guirlanden umkränzten
Podium ſtanden zwei prachtvolle Böſendorferflügel;
links, dem Podium nahe, ſaßen auf rothſammtenen
Sitzen die weißgekleideten Schülerinnen, eine an-
muthige Reihe von aufblühenden Schönheiten —
vielleicht auch werdenden Künſtlerinnen; ſie ſaßen
nach ihrem Können geordnet: von der Anfängerin
Frl. Hollos bis hinauf zur claſſiſchen Virtuoſin
Frl. Mizzi Herrmann — ſie Alle ſtellten die Stufen
der Schule dar, welche Frl. Bubenik ihre Elevinnen
mit ſicherer Hand und Gewiſſenhaftigkeit führt. Er-
öffnet wurde das Concert mit Beethoven’s „Egmont-
Ouverture“ für zwei Claviere, achthändig. Dieſe
Pièce wurde von den Damen Valerie Bauer, Mizzi
Herrmann, Toni Schaumann und Jetti Herz executirt
und man erſtaunte über die tadelloſe Einheit des
Zuſammenſpieles, die ohne den üblichen Dirigenten-
ſtab die aufmerkſamen Zuhörer überraſchte. Reichlicher
Applaus zeichnete die genannten jungen Damen aus,
die zum erſtenmale vor einem vielköpfigen Pu-
blicum ſpielten und mit glühenden Wangen dankten
ſie beſcheiden für die ihnen zutheil gewordene
Auszeichnung Hierauf producirte ſich die einjährige
Schülerin Anna Schimanek; begleitet von der Lehrerin
ſpielte ſie das Clavierſtück „Tolle Streiche“ von H.
Schmitt. Das ſehr begabte Mädchen erfreute durch
ihre Fortſchritte und wurde mit verdientem Beifalle
ausgezeichnet. Hierauf folgte ein Menuett aus dem
11. Quintett, zu ſechs Händen, von L. Bacherini,
ausgeführt von den Mädchen Roſa Breyer, Mizzi
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