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Die Bayerische Presse. Nr. 85. Würzburg, 9. April 1850.

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Nr. 533.

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und Gelder frei.

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Nr. 85.
Würzburg, Dinstag den 9. April. 1850.


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Deutschland.

München, 1. April. ( Fortsetzung. ) Gesetz-
entwurf über die Kapitalrenten-
und
Einkommensteuer. Artikel 17. Der in dieser
Weise zusammengesetzte Steuerausschuß tritt auf
jedesmalige Einladung des kgl. Rentamtes am
Rentamtssitze zusammen. Er prüft die von den
Steuerpflichtigen übergebenen Selbstschätzungen
( Fassionen ) , bestätiget dieselben entweder als un-
bedenklich oder entscheidet im Falle der Bean-
standung unter vorgängiger Vernehmung der Be-
theiligten nach absoluter Stimmenmehrheit über
den Betrag der jährlichen Kapitalrente und über
Betrag des jährlichen Einkommens. Bilden sich
hiebei mehr als zwei Meinungen, so werden die
Stimmen für den höchsten Ziffer zu den Stim-
men für den nächst niederen hinzugezählt, bis sich
für die Größe der Kapitalrente und beziehungs-
weise des reinen Einkommens eine absolute Mehr-
heit ergibt. Bei Prüfung der Fassionen der
Steuerausschußmitglieder hat der Betheiligte ab-
zutreten. Jm Falle der Stimmengleichheit im
Ausschusse entscheidet der Vorsitzende. Zugleich
mit der Prüfung und Feststellung der Fassionen
hat der Ausschuß bezüglich der im Artikel 23
gegenwärtigen Gesetzes vorgesehenen Strafen zu
erkennen. Der kgl. Rentbeamte oder dessen von
der Kreisregierung. Kammer der Finanzen, zu
diesem Geschäfte bestimmte Vertreter wohnt dem
Prüfungsausschusse als Staatsanwalt bei. Jn
dieser Eigenschafthat derselbe zu prüfen, ob sich alle
Steuerpflichtigen seines Amtsbezirkes richtig ange-
meldet haben, und ob die Anmeldung nach Maß-
gabe ihrer Kapitalrente und ihres Einkommens
geschehen ist. Er stellt demgemäß die im äraria-
lischen Jnteresse als geeignet befundenen Anträge
und gibt dem Steuerausschusse die verlangten Auf-
klärungen aus den amtlichen Behelfen. Sämmt-
liche Staatsbehörden sind verbunden, auf Ansu-
chen des Rentamtes die von demselben zur Fest-
stellung beanstandeten Fassionen als nothwendig
bezeichneten aktenmäßigen Aufschlüsse zu ertheilen.
Ein Stimmrecht im Ausschusse steht dem Staats-
anwalt nicht zu. Ueber die Verhandlungen des
Steuerausschusses wird ein kurzgefaßtes von sämmt-
lichen Anwesenden zu unterzeichnendes Protokoll
aufgenommen. Art. 19. Gegen den Beschluß des
Steuer=Prüfungsausschusses ist weder von Seite
der Steuerpflichtigen, noch von Seite des Staats-
anwalts eine Remonstration noch ein anderes
Rechtsmittel zulässig. Art. 20. Sobald in dieser
Weise der Betrag der Kapitalrente, sowie des
jährlichen reinen Einkommens der Steuerpflichti-
gen durch den Ausschuß festgestellt ist, werden die
gepflogenen Verhandlungen dem Rentamte über-
geben, welches aus obigen Größen den Betrag der
Jahressteuer berechnet, und die hiernach vervoll-
ständigten Steuerlisten an die einschlägige Regie-
rungs=Finanzkammer einsendet. Jrrungen in letzt-
gedachter Berechnung oder Fehler im Kalkul wer-
den auf Anregung des Steuerpflichtigen sofort
vom Rentamte berichtigt oder im Wege der Re-
vision von der vorgesetzten Finanzstelle beseitigt.

    ( Schluß folgt. )

München, 5. April. Heute hat der für die
allgemeine deutsche Wechselordnung ge-
wählte Ausschuß der Kammer der Abgeordneten
[Spaltenumbruch] seine erste öffentliche d. h. für jedes Kammermit-
glied zugängliche Sitzung im Sinne des Gesetzes
vom 12. Mai 1848, die Behandlung neuer Ge-
setzbücher betreffend, abgehalten. Nach einer um-
fassenden allgemeinen Einleitung des Referenten
Breitenbach, welche sich über die geschichtliche Ent-
wicklung des Wechselinstituts verbreitete und eine
vergleichende Darstellung der bisherigen Wechsel-
gesetze in den verschiedenen deutschen Ländern gab,
ging man sogleich zur speciellen Berathung der
Wechselordnung mit gleichzeitiger Berücksichtigung
des von der Regierung vorgeschlagenen Einfüh-
rungsgesetzes über. Zu Art. 1, welcher Jeden
für wechselfähig erklärt, der sich durch Verträge
verpflichten kann, begutachtete der Referent, als
Ausnahmen zu setzen: a ) Frauensporsonen, welche
keine Handelsgeschäfte oder Gewerbe treiben, b )
alle Personen, welche gegen Entgelt Arbeit leisten,
c ) Bauers = und Weinbergsleute, d ) diejenigen
Gewerbsleute, welche lediglich auf Bestellung ohne
Besitz eines offenen Ladens arbeiten. Die Regie-
rung hatte zu Art. 1 keine Ausnahme vorgeschla-
gen. Die Gründe des Referenten lassen sich da-
hin zusammenfassen: es bestehe kein Bündniß, die
Wechselfähigkeit auch auf die Personen auszudeh-
nen, die er als Ausnahmen bezeichnet; diese Per-
sonen seien mit dem Wechselverkehr nicht vertraut,
ließen sich zur Zeit einer Gewerbsstockung, Miß-
ernte leicht herbei, Darlehen gegen Wechselaus-
stellung aufzunehmen, fielen dem Wucher in die
Hände und würden alsbald ruinirt. Der Justiz-
minister widerlegte diese Bedenken in sehr gelun-
gener Ausführung; er sagte im Wesentlichen: Die
Zeit der Bevormundung einzelner Stände ist vor-
über; soferne Jemand überhaupt fähig sei, über
sein Vermögen zu disponiren, könne man ihn auch
nicht hindern, eine Disposition durch Eigehung eines
Wechselvertrags zu treffen; es ließen sich aber
auch die vorgeschlagenen Ausnahmskategorien dem
Begriffe nach gar nicht fixiren. Wer sei z. B.
ein Weinbergsmann? Etwa Der schon, der über-
haupt Weinberge besitze, gleichviel womit er sich
sonst beschäftige, oder etwa nur Der, welcher aus-
schließlich vom Weinbau lebe? Geigel will unter-
scheiden zwischen Solawechseln und Tratten und
die allgemeine Wechselfähigkeit nur auf letztere
beschränken. Arnheim bemerkt, daß diese letztere
Unterscheidung nicht angehe, weil ein Solawechsel
schon dadurch in eine Tratte umgewandelt werden
könne, daß der Aussteller auf sich selbst Wechsel
ziehe, sich selbst als Bezogenen setze, was der
Art. 6 der Wechselordnung ausdrücklich gestatte;
sodann weil Tratten leicht simulirt werden könn-
ten. Derselbe führt ferner aus, daß von den
sämmtlichen deutschen Staaten nicht einer rücksicht-
lich der Wechselfähigkeit eine Ausnahme gemacht
habe; Oesterreich habe die allgemeine Wechsel-
fähigkeit sogar in Kroatien, Slavonien, Serbien,
der Bukowina eingeführt, Gebiete, deren Landbe-
wohner weit nicht die Kulturstufe unserer Bauern
und Weinbergsleute einnehmen, ohne die Besorg-
nisse zu heben, welche der Referent zu erkennen
gebe; es sei daher eine wahre Zurücksetzung, wenn
unseren Bauern nicht dieselbe Fähigkeit eingeräumt
werden wolle. Das Bedürfniß zur Erweiterung
der Wechselfähigkeit liege eben darin, daß die
bayerischen Staatseinwohner nicht hinter dem übri-
[Spaltenumbruch] gen Deutschland sammt Oesterreich zurückbleiben
könnten. Jm gleichen Sinne sprachen sich noch
die Abgeordneten Fink, Boye, Prinz, Morgenstern
aus; dagegen stimmte Pröll dem Referenten bei,
weil der Wechselverkehr nur für Kaufleute bestimmt
sei. Morgenstern will, daß, soferne man noch
Abweichungen von der allgemeinen Wechselordnung
für nöthig erachte, diese nur der Regierung zur
Beachtung und Befürwortung bei der künftigen
deutschen Gesetzgebung empfohlen werden sollen.
Die hierauf erfolgte Abstimmung ergab die Ver-
werfung des Breitenbach'schen Antrags mit 5 ge-
gen 3 Stimmen ( Breitenbach, Geigel, Pröll; 3
Ausschußmitglieder: Kirchgeßner, Rudhand, Neuffer,
fehlten. ) Zu Art. 2, welcher vom Wechselarreste
handelt und nebst den drei in der Wechselordnung
selbst enthaltenen Ausnahmen vom Wechselarreste
noch partikularrechtliche Ausnahmen aus Gründen
des öffentlichen Rechts zuläßt, hatte die Regie-
rung im Art. 2 des Einführungsgesetzes eine Mo-
difikation vorgeschlagen, wonach Personen, welche
nach bisherigen Wechselrechten nicht wechselfähig
waren, zwar die Wechselfähigkeit erlangen, aber
nicht in den Wechselarrest gebracht werden können.
Als Gründe hiefür führt der Entwurf an, daß
eine Vereinharung über den Wechselarrest erst von
einem künftigen allgemeinen deutschen Wechselpro-
zesse zu erwarren und daß es zweckmäßig sei, die
Vorschriften über den Wechselarrest noch bestehen
zu lassen, indem es bedenklich sei, die große
Menge von Personen, welche erst jetzt wechsel-
fähig werden und die aus Unkunde der Wirkun-
gen eines Wechsels leicht in Wechselverbindlich-
keiten sich einlassen, mit der Entziehung der per-
sönlichen Freiheit zu bedrohen. Der Referent
Breitenbach will dafür außer den in der Wechsel-
ordnung aufgezählten Personen nach folgende Aus-
nahmen vom Wechselarreste gesetzt wissen: 1 ) ak-
tive Staats= und öffentliche Diener, aktive Mili-
tärpersonen, dann Mitglieder der Kammern wäh-
rend der Sitzungen; 2 ) Geistliche jeder christlichen
Confession ( Morgenstern will im Wege der Sub-
modifikation eventuell das Wort: "christlichen"
gestrichen haben. ) 3 ) Lohnarbeiter, Bauersleute,
Winzer und Gewerbsleute, Letztere, wenn sie auf
Bestellung arbeiten und keinen offenen Laden ha-
ben. Arnheim spricht sich gegen den Vorschlag
des Referenten und für den Regierungsentwurf
aus, indem er in letzterer Beziehung die vielen
Verschiedenheiten auseinandersetzt, welche die ver-
schiedenen Einführungspatente der deutschen Regie-
rungen bezüglich der partikularrechtlichen Befrei-
ung vom Wechselarreste angenommen haben, so
daß eine Vereinbarung in diesem Punkte durchaus
nicht bestehe, daher eine billige Rücksichtnahme auf
die speciellen bayerischen Verhältnisse wohl zu em-
pfehlen sei. Hierauf beantragte Arnheim, als
Zusätze zum Einführungsgesetze noch Bestimmun-
gen aufzunehmen, daß die Jnsolvenzerklärung und
die Konkurseröffnung dem Wechselarreste nicht ent-
gegenstehen sollen, ferner, daß die Wechselarrestan-
ten mit Sträflingen und Untersuchungsarrestanten
nicht in Einem Lokale detinirt und daß der Wech-
selarrest nicht über ein Jahr soll andauern dür-
fen. Der Justizminister erkannte die Zweckmäßige
keit dieser Anträge, glaubte aber doch, daß sie
dem Wechselprozesse vorbehalten bleiben sollen.

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Weise zusammengesetzte Steuerausschuß tritt auf
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Rentamtssitze zusammen. Er prüft die von den
Steuerpflichtigen übergebenen Selbstschätzungen
( Fassionen ) , bestätiget dieselben entweder als un-
bedenklich oder entscheidet im Falle der Bean-
standung unter vorgängiger Vernehmung der Be-
theiligten nach absoluter Stimmenmehrheit über
den Betrag der jährlichen Kapitalrente und über
Betrag des jährlichen Einkommens. Bilden sich
hiebei mehr als zwei Meinungen, so werden die
Stimmen für den höchsten Ziffer zu den Stim-
men für den nächst niederen hinzugezählt, bis sich
für die Größe der Kapitalrente und beziehungs-
weise des reinen Einkommens eine absolute Mehr-
heit ergibt. Bei Prüfung der Fassionen der
Steuerausschußmitglieder hat der Betheiligte ab-
zutreten. Jm Falle der Stimmengleichheit im
Ausschusse entscheidet der Vorsitzende. Zugleich
mit der Prüfung und Feststellung der Fassionen
hat der Ausschuß bezüglich der im Artikel 23
gegenwärtigen Gesetzes vorgesehenen Strafen zu
erkennen. Der kgl. Rentbeamte oder dessen von
der Kreisregierung. Kammer der Finanzen, zu
diesem Geschäfte bestimmte Vertreter wohnt dem
Prüfungsausschusse als Staatsanwalt bei. Jn
dieser Eigenschafthat derselbe zu prüfen, ob sich alle
Steuerpflichtigen seines Amtsbezirkes richtig ange-
meldet haben, und ob die Anmeldung nach Maß-
gabe ihrer Kapitalrente und ihres Einkommens
geschehen ist. Er stellt demgemäß die im äraria-
lischen Jnteresse als geeignet befundenen Anträge
und gibt dem Steuerausschusse die verlangten Auf-
klärungen aus den amtlichen Behelfen. Sämmt-
liche Staatsbehörden sind verbunden, auf Ansu-
chen des Rentamtes die von demselben zur Fest-
stellung beanstandeten Fassionen als nothwendig
bezeichneten aktenmäßigen Aufschlüsse zu ertheilen.
Ein Stimmrecht im Ausschusse steht dem Staats-
anwalt nicht zu. Ueber die Verhandlungen des
Steuerausschusses wird ein kurzgefaßtes von sämmt-
lichen Anwesenden zu unterzeichnendes Protokoll
aufgenommen. Art. 19. Gegen den Beschluß des
Steuer=Prüfungsausschusses ist weder von Seite
der Steuerpflichtigen, noch von Seite des Staats-
anwalts eine Remonstration noch ein anderes
Rechtsmittel zulässig. Art. 20. Sobald in dieser
Weise der Betrag der Kapitalrente, sowie des
jährlichen reinen Einkommens der Steuerpflichti-
gen durch den Ausschuß festgestellt ist, werden die
gepflogenen Verhandlungen dem Rentamte über-
geben, welches aus obigen Größen den Betrag der
Jahressteuer berechnet, und die hiernach vervoll-
ständigten Steuerlisten an die einschlägige Regie-
rungs=Finanzkammer einsendet. Jrrungen in letzt-
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vom 12. Mai 1848, die Behandlung neuer Ge-
setzbücher betreffend, abgehalten. Nach einer um-
fassenden allgemeinen Einleitung des Referenten
Breitenbach, welche sich über die geschichtliche Ent-
wicklung des Wechselinstituts verbreitete und eine
vergleichende Darstellung der bisherigen Wechsel-
gesetze in den verschiedenen deutschen Ländern gab,
ging man sogleich zur speciellen Berathung der
Wechselordnung mit gleichzeitiger Berücksichtigung
des von der Regierung vorgeschlagenen Einfüh-
rungsgesetzes über. Zu Art. 1, welcher Jeden
für wechselfähig erklärt, der sich durch Verträge
verpflichten kann, begutachtete der Referent, als
Ausnahmen zu setzen: a ) Frauensporsonen, welche
keine Handelsgeschäfte oder Gewerbe treiben, b )
alle Personen, welche gegen Entgelt Arbeit leisten,
c ) Bauers = und Weinbergsleute, d ) diejenigen
Gewerbsleute, welche lediglich auf Bestellung ohne
Besitz eines offenen Ladens arbeiten. Die Regie-
rung hatte zu Art. 1 keine Ausnahme vorgeschla-
gen. Die Gründe des Referenten lassen sich da-
hin zusammenfassen: es bestehe kein Bündniß, die
Wechselfähigkeit auch auf die Personen auszudeh-
nen, die er als Ausnahmen bezeichnet; diese Per-
sonen seien mit dem Wechselverkehr nicht vertraut,
ließen sich zur Zeit einer Gewerbsstockung, Miß-
ernte leicht herbei, Darlehen gegen Wechselaus-
stellung aufzunehmen, fielen dem Wucher in die
Hände und würden alsbald ruinirt. Der Justiz-
minister widerlegte diese Bedenken in sehr gelun-
gener Ausführung; er sagte im Wesentlichen: Die
Zeit der Bevormundung einzelner Stände ist vor-
über; soferne Jemand überhaupt fähig sei, über
sein Vermögen zu disponiren, könne man ihn auch
nicht hindern, eine Disposition durch Eigehung eines
Wechselvertrags zu treffen; es ließen sich aber
auch die vorgeschlagenen Ausnahmskategorien dem
Begriffe nach gar nicht fixiren. Wer sei z. B.
ein Weinbergsmann? Etwa Der schon, der über-
haupt Weinberge besitze, gleichviel womit er sich
sonst beschäftige, oder etwa nur Der, welcher aus-
schließlich vom Weinbau lebe? Geigel will unter-
scheiden zwischen Solawechseln und Tratten und
die allgemeine Wechselfähigkeit nur auf letztere
beschränken. Arnheim bemerkt, daß diese letztere
Unterscheidung nicht angehe, weil ein Solawechsel
schon dadurch in eine Tratte umgewandelt werden
könne, daß der Aussteller auf sich selbst Wechsel
ziehe, sich selbst als Bezogenen setze, was der
Art. 6 der Wechselordnung ausdrücklich gestatte;
sodann weil Tratten leicht simulirt werden könn-
ten. Derselbe führt ferner aus, daß von den
sämmtlichen deutschen Staaten nicht einer rücksicht-
lich der Wechselfähigkeit eine Ausnahme gemacht
habe; Oesterreich habe die allgemeine Wechsel-
fähigkeit sogar in Kroatien, Slavonien, Serbien,
der Bukowina eingeführt, Gebiete, deren Landbe-
wohner weit nicht die Kulturstufe unserer Bauern
und Weinbergsleute einnehmen, ohne die Besorg-
nisse zu heben, welche der Referent zu erkennen
gebe; es sei daher eine wahre Zurücksetzung, wenn
unseren Bauern nicht dieselbe Fähigkeit eingeräumt
werden wolle. Das Bedürfniß zur Erweiterung
der Wechselfähigkeit liege eben darin, daß die
bayerischen Staatseinwohner nicht hinter dem übri-
[Spaltenumbruch] gen Deutschland sammt Oesterreich zurückbleiben
könnten. Jm gleichen Sinne sprachen sich noch
die Abgeordneten Fink, Boye, Prinz, Morgenstern
aus; dagegen stimmte Pröll dem Referenten bei,
weil der Wechselverkehr nur für Kaufleute bestimmt
sei. Morgenstern will, daß, soferne man noch
Abweichungen von der allgemeinen Wechselordnung
für nöthig erachte, diese nur der Regierung zur
Beachtung und Befürwortung bei der künftigen
deutschen Gesetzgebung empfohlen werden sollen.
Die hierauf erfolgte Abstimmung ergab die Ver-
werfung des Breitenbach'schen Antrags mit 5 ge-
gen 3 Stimmen ( Breitenbach, Geigel, Pröll; 3
Ausschußmitglieder: Kirchgeßner, Rudhand, Neuffer,
fehlten. ) Zu Art. 2, welcher vom Wechselarreste
handelt und nebst den drei in der Wechselordnung
selbst enthaltenen Ausnahmen vom Wechselarreste
noch partikularrechtliche Ausnahmen aus Gründen
des öffentlichen Rechts zuläßt, hatte die Regie-
rung im Art. 2 des Einführungsgesetzes eine Mo-
difikation vorgeschlagen, wonach Personen, welche
nach bisherigen Wechselrechten nicht wechselfähig
waren, zwar die Wechselfähigkeit erlangen, aber
nicht in den Wechselarrest gebracht werden können.
Als Gründe hiefür führt der Entwurf an, daß
eine Vereinharung über den Wechselarrest erst von
einem künftigen allgemeinen deutschen Wechselpro-
zesse zu erwarren und daß es zweckmäßig sei, die
Vorschriften über den Wechselarrest noch bestehen
zu lassen, indem es bedenklich sei, die große
Menge von Personen, welche erst jetzt wechsel-
fähig werden und die aus Unkunde der Wirkun-
gen eines Wechsels leicht in Wechselverbindlich-
keiten sich einlassen, mit der Entziehung der per-
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selarrest nicht über ein Jahr soll andauern dür-
fen. Der Justizminister erkannte die Zweckmäßige
keit dieser Anträge, glaubte aber doch, daß sie
dem Wechselprozesse vorbehalten bleiben sollen.

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 85. Würzburg, Dinstag den 9. April. 1850. Deutschland. München, 1. April. ( Fortsetzung. ) Gesetz- entwurf über die Kapitalrenten- und Einkommensteuer. Artikel 17. Der in dieser Weise zusammengesetzte Steuerausschuß tritt auf jedesmalige Einladung des kgl. Rentamtes am Rentamtssitze zusammen. Er prüft die von den Steuerpflichtigen übergebenen Selbstschätzungen ( Fassionen ) , bestätiget dieselben entweder als un- bedenklich oder entscheidet im Falle der Bean- standung unter vorgängiger Vernehmung der Be- theiligten nach absoluter Stimmenmehrheit über den Betrag der jährlichen Kapitalrente und über Betrag des jährlichen Einkommens. Bilden sich hiebei mehr als zwei Meinungen, so werden die Stimmen für den höchsten Ziffer zu den Stim- men für den nächst niederen hinzugezählt, bis sich für die Größe der Kapitalrente und beziehungs- weise des reinen Einkommens eine absolute Mehr- heit ergibt. Bei Prüfung der Fassionen der Steuerausschußmitglieder hat der Betheiligte ab- zutreten. Jm Falle der Stimmengleichheit im Ausschusse entscheidet der Vorsitzende. Zugleich mit der Prüfung und Feststellung der Fassionen hat der Ausschuß bezüglich der im Artikel 23 gegenwärtigen Gesetzes vorgesehenen Strafen zu erkennen. Der kgl. Rentbeamte oder dessen von der Kreisregierung. Kammer der Finanzen, zu diesem Geschäfte bestimmte Vertreter wohnt dem Prüfungsausschusse als Staatsanwalt bei. Jn dieser Eigenschafthat derselbe zu prüfen, ob sich alle Steuerpflichtigen seines Amtsbezirkes richtig ange- meldet haben, und ob die Anmeldung nach Maß- gabe ihrer Kapitalrente und ihres Einkommens geschehen ist. Er stellt demgemäß die im äraria- lischen Jnteresse als geeignet befundenen Anträge und gibt dem Steuerausschusse die verlangten Auf- klärungen aus den amtlichen Behelfen. Sämmt- liche Staatsbehörden sind verbunden, auf Ansu- chen des Rentamtes die von demselben zur Fest- stellung beanstandeten Fassionen als nothwendig bezeichneten aktenmäßigen Aufschlüsse zu ertheilen. Ein Stimmrecht im Ausschusse steht dem Staats- anwalt nicht zu. Ueber die Verhandlungen des Steuerausschusses wird ein kurzgefaßtes von sämmt- lichen Anwesenden zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen. Art. 19. Gegen den Beschluß des Steuer=Prüfungsausschusses ist weder von Seite der Steuerpflichtigen, noch von Seite des Staats- anwalts eine Remonstration noch ein anderes Rechtsmittel zulässig. Art. 20. Sobald in dieser Weise der Betrag der Kapitalrente, sowie des jährlichen reinen Einkommens der Steuerpflichti- gen durch den Ausschuß festgestellt ist, werden die gepflogenen Verhandlungen dem Rentamte über- geben, welches aus obigen Größen den Betrag der Jahressteuer berechnet, und die hiernach vervoll- ständigten Steuerlisten an die einschlägige Regie- rungs=Finanzkammer einsendet. Jrrungen in letzt- gedachter Berechnung oder Fehler im Kalkul wer- den auf Anregung des Steuerpflichtigen sofort vom Rentamte berichtigt oder im Wege der Re- vision von der vorgesetzten Finanzstelle beseitigt. ( Schluß folgt. ) München, 5. April. Heute hat der für die allgemeine deutsche Wechselordnung ge- wählte Ausschuß der Kammer der Abgeordneten seine erste öffentliche d. h. für jedes Kammermit- glied zugängliche Sitzung im Sinne des Gesetzes vom 12. Mai 1848, die Behandlung neuer Ge- setzbücher betreffend, abgehalten. Nach einer um- fassenden allgemeinen Einleitung des Referenten Breitenbach, welche sich über die geschichtliche Ent- wicklung des Wechselinstituts verbreitete und eine vergleichende Darstellung der bisherigen Wechsel- gesetze in den verschiedenen deutschen Ländern gab, ging man sogleich zur speciellen Berathung der Wechselordnung mit gleichzeitiger Berücksichtigung des von der Regierung vorgeschlagenen Einfüh- rungsgesetzes über. Zu Art. 1, welcher Jeden für wechselfähig erklärt, der sich durch Verträge verpflichten kann, begutachtete der Referent, als Ausnahmen zu setzen: a ) Frauensporsonen, welche keine Handelsgeschäfte oder Gewerbe treiben, b ) alle Personen, welche gegen Entgelt Arbeit leisten, c ) Bauers = und Weinbergsleute, d ) diejenigen Gewerbsleute, welche lediglich auf Bestellung ohne Besitz eines offenen Ladens arbeiten. Die Regie- rung hatte zu Art. 1 keine Ausnahme vorgeschla- gen. Die Gründe des Referenten lassen sich da- hin zusammenfassen: es bestehe kein Bündniß, die Wechselfähigkeit auch auf die Personen auszudeh- nen, die er als Ausnahmen bezeichnet; diese Per- sonen seien mit dem Wechselverkehr nicht vertraut, ließen sich zur Zeit einer Gewerbsstockung, Miß- ernte leicht herbei, Darlehen gegen Wechselaus- stellung aufzunehmen, fielen dem Wucher in die Hände und würden alsbald ruinirt. Der Justiz- minister widerlegte diese Bedenken in sehr gelun- gener Ausführung; er sagte im Wesentlichen: Die Zeit der Bevormundung einzelner Stände ist vor- über; soferne Jemand überhaupt fähig sei, über sein Vermögen zu disponiren, könne man ihn auch nicht hindern, eine Disposition durch Eigehung eines Wechselvertrags zu treffen; es ließen sich aber auch die vorgeschlagenen Ausnahmskategorien dem Begriffe nach gar nicht fixiren. Wer sei z. B. ein Weinbergsmann? Etwa Der schon, der über- haupt Weinberge besitze, gleichviel womit er sich sonst beschäftige, oder etwa nur Der, welcher aus- schließlich vom Weinbau lebe? Geigel will unter- scheiden zwischen Solawechseln und Tratten und die allgemeine Wechselfähigkeit nur auf letztere beschränken. Arnheim bemerkt, daß diese letztere Unterscheidung nicht angehe, weil ein Solawechsel schon dadurch in eine Tratte umgewandelt werden könne, daß der Aussteller auf sich selbst Wechsel ziehe, sich selbst als Bezogenen setze, was der Art. 6 der Wechselordnung ausdrücklich gestatte; sodann weil Tratten leicht simulirt werden könn- ten. Derselbe führt ferner aus, daß von den sämmtlichen deutschen Staaten nicht einer rücksicht- lich der Wechselfähigkeit eine Ausnahme gemacht habe; Oesterreich habe die allgemeine Wechsel- fähigkeit sogar in Kroatien, Slavonien, Serbien, der Bukowina eingeführt, Gebiete, deren Landbe- wohner weit nicht die Kulturstufe unserer Bauern und Weinbergsleute einnehmen, ohne die Besorg- nisse zu heben, welche der Referent zu erkennen gebe; es sei daher eine wahre Zurücksetzung, wenn unseren Bauern nicht dieselbe Fähigkeit eingeräumt werden wolle. Das Bedürfniß zur Erweiterung der Wechselfähigkeit liege eben darin, daß die bayerischen Staatseinwohner nicht hinter dem übri- gen Deutschland sammt Oesterreich zurückbleiben könnten. Jm gleichen Sinne sprachen sich noch die Abgeordneten Fink, Boye, Prinz, Morgenstern aus; dagegen stimmte Pröll dem Referenten bei, weil der Wechselverkehr nur für Kaufleute bestimmt sei. Morgenstern will, daß, soferne man noch Abweichungen von der allgemeinen Wechselordnung für nöthig erachte, diese nur der Regierung zur Beachtung und Befürwortung bei der künftigen deutschen Gesetzgebung empfohlen werden sollen. Die hierauf erfolgte Abstimmung ergab die Ver- werfung des Breitenbach'schen Antrags mit 5 ge- gen 3 Stimmen ( Breitenbach, Geigel, Pröll; 3 Ausschußmitglieder: Kirchgeßner, Rudhand, Neuffer, fehlten. ) Zu Art. 2, welcher vom Wechselarreste handelt und nebst den drei in der Wechselordnung selbst enthaltenen Ausnahmen vom Wechselarreste noch partikularrechtliche Ausnahmen aus Gründen des öffentlichen Rechts zuläßt, hatte die Regie- rung im Art. 2 des Einführungsgesetzes eine Mo- difikation vorgeschlagen, wonach Personen, welche nach bisherigen Wechselrechten nicht wechselfähig waren, zwar die Wechselfähigkeit erlangen, aber nicht in den Wechselarrest gebracht werden können. Als Gründe hiefür führt der Entwurf an, daß eine Vereinharung über den Wechselarrest erst von einem künftigen allgemeinen deutschen Wechselpro- zesse zu erwarren und daß es zweckmäßig sei, die Vorschriften über den Wechselarrest noch bestehen zu lassen, indem es bedenklich sei, die große Menge von Personen, welche erst jetzt wechsel- fähig werden und die aus Unkunde der Wirkun- gen eines Wechsels leicht in Wechselverbindlich- keiten sich einlassen, mit der Entziehung der per- sönlichen Freiheit zu bedrohen. Der Referent Breitenbach will dafür außer den in der Wechsel- ordnung aufgezählten Personen nach folgende Aus- nahmen vom Wechselarreste gesetzt wissen: 1 ) ak- tive Staats= und öffentliche Diener, aktive Mili- tärpersonen, dann Mitglieder der Kammern wäh- rend der Sitzungen; 2 ) Geistliche jeder christlichen Confession ( Morgenstern will im Wege der Sub- modifikation eventuell das Wort: „christlichen“ gestrichen haben. ) 3 ) Lohnarbeiter, Bauersleute, Winzer und Gewerbsleute, Letztere, wenn sie auf Bestellung arbeiten und keinen offenen Laden ha- ben. Arnheim spricht sich gegen den Vorschlag des Referenten und für den Regierungsentwurf aus, indem er in letzterer Beziehung die vielen Verschiedenheiten auseinandersetzt, welche die ver- schiedenen Einführungspatente der deutschen Regie- rungen bezüglich der partikularrechtlichen Befrei- ung vom Wechselarreste angenommen haben, so daß eine Vereinbarung in diesem Punkte durchaus nicht bestehe, daher eine billige Rücksichtnahme auf die speciellen bayerischen Verhältnisse wohl zu em- pfehlen sei. Hierauf beantragte Arnheim, als Zusätze zum Einführungsgesetze noch Bestimmun- gen aufzunehmen, daß die Jnsolvenzerklärung und die Konkurseröffnung dem Wechselarreste nicht ent- gegenstehen sollen, ferner, daß die Wechselarrestan- ten mit Sträflingen und Untersuchungsarrestanten nicht in Einem Lokale detinirt und daß der Wech- selarrest nicht über ein Jahr soll andauern dür- fen. Der Justizminister erkannte die Zweckmäßige keit dieser Anträge, glaubte aber doch, daß sie dem Wechselprozesse vorbehalten bleiben sollen.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 85. Würzburg, 9. April 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische085_1850/1>, abgerufen am 29.03.2024.