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Die Bayerische Presse. Nr. 130. Würzburg, 31. Mai 1850.

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[Spaltenumbruch] werker= und Arbeitervereine in Preußen mit aus-
ländischen, namentlich schweizerischen Vereinen in
Verbindung stehen, deren gemeinsamer Zweck ist,
die soziale Republik herbeizuführen. Diese Ver-
eine werden aufgehoben werden, und sicherlich
wird hierbei die Sache der Freiheit am wenigsten
verlieren.

Berlin, 27. Mai. Die identische Erklärung
an Oesterreich lautet: "Euer Hochgeboren sind
durch mein Schreiben vom 3. d. M. von der
Einladung in Kennteiß gesetzt worden, welche das
k. k. Kabinet zu einer Konferenz sämmtlicher Ge-
nossen des deutschen Bundes in Frankfurt a. M.
mittelst der Cirkulardepesche vom 26. v. M. hatte
ergehen lassen. Jch mußte mich damals auf die
Erklärung beschränken, daß die königliche Regie-
rung diese Aufforderung in Erwägung ziehen, ih-
ren definitiven Entschluß aber erst nach vorgängi-
ger Berathung mit ihren Verbündeten fassen
werde, mit welchen sich zu gemeinsamem Handeln
zu verständigen ebenso sehr ihr eigener Wunsch,
wie die übernommenen Verpflichtungen ihr gebo-
ten. Diese Berathung hat nunmehr stattgefunden,
und die königliche Regierung kann sich nur Glück
wünschen zu der lebhaften und entgegenkommenden
Theilnahme, welcher sie bei ihren Verbündeten be-
gegnet ist, und welche die erfreuliche Bürgschaft
für eine gedeihliche Entwickelung der alle gemein-
sam betreffenden großen und hochwichtigen Ange-
legenheit gewährt. Jch sehe mich daher nunmehr
auch im Stande, Ew. ec. zu der Abgabe folgen-
der Erklärung im Namen der königlichen Regie-
rung an das k. k. Kabinet zu ermächtigen, in wel-
cher das letztere den ernsten Willen der k. Regie-
rung erkennen wird, Alles, was in ihren Kräften
steht, dazu beizutragen, um die lang ersehnte Ei-
nigung über die größte schwebende Frage der
deutschen Angelegenheiten zu erzielen. Wir haben
für die Erwägung der Aufforderung des k. k. Ka-
binets, gemeinsam mit allen deutschen Regierun-
gen, nur Einen Standpunkt: die Rücksicht auf
die Wohlfahrt und das Heil des gemeinsamen
Vaterlandes. Die Einigung des gesammten
Deutschlands, die Neubildung des alten Bundes
auf Grundlagen, welche dem wahren Bedürfnisse
der Nation entsprechen, steht uns so hoch, daß
wir es für eine heilige Pflicht achten müssen, kei-
nen Weg unversucht zu lassen, welcher möglicher-
weise zu diesem Ziele führen kann; wir haben
mit zu tiefem Bedauern den bisherigen Mangel
an Uebereinstimmung in den Ansichten empfunden,
als daß wir nicht mit Freuden jede Gelegenheit
begrüßen sollten, welche eine Aussicht darbieten
kann, diesem Mangel durch den offenen Austausch
der gegenseitigen Wünsche und Bedürfnisse abzu-
helfen. Ebenso erkennen wir das unmittelbar vor-
liegende Bedürfniß, zunächst für eine wenigstens
provisorische Leitung der gemeinsammen Angele-
genheiten Fürsorge zu tragen. Alle deutschen
Staaten sind hierbei gleichmäßig betheiligt, und
eine gemeinschaftliche Berathung aller Regierungen
kann daher nur als der natur= und bundesgemäße
Weg erscheinen, um gemeinschaftliche Entschlüsse
herbeiführen. Es kann uns eben darum auch nur
zur Befriedigung gereichen, daß das k. k. Kabinet
auf diesem Wege durch seine an die Regierungen
gerichtete Einladung vorgegangen ist, und wir sind
bereit, dieser Einladung zu folgen und auch unse-
rerseits einen Bevollmächtigten nach Frankfurt ab-
zusenden. Wir glauben, daß über den Charakter
der dortigen Konferenzen kein Zweifel bleiben
könne und dürfe. Wir sehen in denselben eine
freie Berathung der souveränen Staaten Deutsch-
lands, deren Beziehungen auf dem völkerrechtli-
chen Grunde vollkommener Freiheit und Unabhän-
gigkeit ruhen und deren Zusammentritt und Ver-
einigung daher nur aus vollkommen freien Ent-
schlüssen hervorgehen kann. Wir lehnen daher
ausdrücklich die Hinweisung auf eine Einberufung
des Kongresses auf Grund der erloschenen Präsi-
dialbefugnisse der rechtmäßig aufgelösten Bundes-
versammlung ab. Aus demselben Grunde können
wir nicht anerkennen, daß dieser Zusammenkunft
der Charakter des Plenums der früheren Bun-
desversammlung beiwohne, sondern betrachten sie
[Spaltenumbruch] lediglich als eine Vereinigung der 35 deutschen
Regierungen zu bestimmten Zwecken. Es folgt
hieraus von selbst, daß wir derselben keinerlei
Rechte zugestehen können, Beschlüsse im Namen
des Bundes zu fassen, welche diejenigen deutschen
Regierungen binden könnten, die nicht selbst aus
freiem Entschlusse ihre Zustimmung dazu gegeben
haben. Für letztere würde keine andere Art von
Folgen daraus erwachsen können, als daß die Re-
sultate der Zusammenkunft auf sie keine Anwen-
dung finden. Wir geben uns gern der Hoffnung
hin, daß eine solche Voraussetzung nicht in Wirk-
lichkeit treten, daß der offene Austausch der ge-
genseitigen Ansichten auf dem Grunde des gemein-
samen Bestrebens nach Einem Ziele hin alle Re-
gierungen zu einträchtigem Zusammenwirken ver-
einigen werde. Je sicherer wir Dies hoffen, um
so fester halten wir auch daran, daß keinem deut-
schen Staate das Recht verkümmert werde, seine
besonderen Bedürfnisse zur Geltung zu bringen.
Wir nehmen daher keinen Anstand, zu erklären,
daß wir keiner Neugestaltung der Bundesversamm-
lung zustimmen werden, welche den Grundsatz der
freien Unirung auf bundesstaatlicher Grundlage
nicht allen Regierungen sichert, welche hiezu das
Bedürfniß empfinden. Wir sprechen Dies mit
derselben Offenheit aus, die wir von allen Ge-
nossen des deutschen Bundes erwarten, und die
allein zur Einigung führen kann. Wir werden
diese Genossen des Bundes in Frankfurt mit der
Zuversicht begrüßen, daß wir uns auf dem ge-
meinsamen Boden der Sorge für das Wohl der
deutschen Nation befinden, und drücken gern dem
k. k. Kabinet insbesondere das Vertrauen aus,
daß es auf diesem Boden und in diesem Sinne
die einzelnen, in der Natur der besonderen Ver-
hältnisse liegenden Schwierigkeiten zu überwinden
helfen werde. Ew. Hochgeboren wollen diese Er-
klärung dem k. k. Ministerpräsidenten abgeben und
ihm von der gegenwärtigen Depesche abschriftliche
Mittheilung machen. Berlin, des 16. Mai 1850.
( gez. ) v. Schleinitz. An den k. Gesandten, geh.
Legationsrath Hrn. Grafen v. Bernstorff Hochge-
boren, zu Wien."

Berlin, 27. Mai. Die Schweizer Regierung
hat bekanntlich auf Andringen der europäischen
Mächte die Papiere der dortigen Arbeitervereine
mit Beschlag belegt. Aus diesen Papieren soll
deutlich hervorgehen, daß das Absehen der ge-
nannten Vereine auf die Einführung der socialen
Republik, Aufhebung des Eigenthums und Zer-
störung des Kapitals gerichtet ist. Unter den
ergriffenen Papieren haben sich auch Original-
briefe gefunden, welche die unmittelbare Ver-
bindung jener Vereine mit den hiesigen Arbeiter-
und Handwerkervereinen herausstellen.

Berlin, 27. Mai. Es wird uns aus der
Provinz Sachsen mitgetheilt, daß am 24. d. M.
in Nordhausen ein furchtbares Hagelwetter ge-
wüthet hat. Dasselbe zog von Süden nach Nor-
den und hat in einer Entfernung von 2 Stunden
alle Früchte, Obst und die nach der Südseite lie-
genden Fensterscheiben der Gebände vollständig
zerstört. Die Schlossen waren von der Größe
eines Hühnereies, ja oft wie eine Faust groß.
Was auf dem Felde vom Hagel verschont blieb,
wurde verschlammt. Man fand viele Vögel er-
schlagen und auch 12 Schaafe sind vom Wetter
getödtet. Der Quedlinburger Postwagen wurde
auf einer Höhe von dem mit furchtbarem Getöse
begleiteten Sturme umgeworfen.

Münster, 26. Mai. Herr Direktor Temme
ist in Folge der gegen ihn eingeleiteten Discipli-
nar = Untersuchung zum dritten Male vom Amte
suspendirt worden. Dem Vernehmen nach erstreckt
sich die Untersuchung nicht allein auf die Theil-
nahme an den stuttgarter Beschlüssen und die
Nichtbefolgung der Aufforderung zur Rückkehr,
sondern auch auf das öffentliche Anbieten, gericht-
liche Gutachten anzufertigen, welches er während
seiner Haft durch hiesige Zeitungen machte und
das man seiner Stellung als Gerichts = Direktor
unangemessen hält, so wie auf die Bekanntmachung
von Eingaben und Vorstellungen an das Justiz-
ministerium durch öffentliche Blätter.

[Spaltenumbruch]
Frankreich.

C Paris, 28. Mai. Man liest im " Consti-
tutionnel: Wünschen wir der gemäßigten Partei
vor Allem zur Einstimmigkeit Glück, welche sie
bei ihrer gestrigen Abstimmung dargethan hat.
Alle oppositionellen Amendements zu Art. 2, d. h.
zum wichtigsten des Wahlreform=Entwurfs, wurden
von einer ungeheuren und sozusagen unveränderten
Majorität verworfen. Kaum haben die Ansprüche
des tiers parti 20 Stimmen außer jenen der
Rothen erhalten. Wir hoffen, die Majorität
werde bis zum Ende in dieser vollkommenen Ein-
tracht verharren, deren Schauspiel heute von allen
Vertheidigern der Ordnung beklatscht wird. Es
wird daraus eine große und heilsame Lehre her-
vorgehen. Jeder, Freund oder Feind, weiß nun
im Voraus, daß die Majorität entschieden ist,
alle Mittel in den Grenzen der Gerechtigkeit und
des Rechts anzuwenden, welche man zur Vernich-
tung des Socialismus nöthig erachten wird. --
Man liest in der Assemblee nationale: "Es steht
den politischen Republikanern gut, zu behaupten,
man wolle in Deutschland aus dem Meuchelmord
des Königs von Preußen eine Affaire Fieschi ma-
chen und daraus Folgen für die Reaction ziehen.
Hat die republikanische Partei Fieschi verläug-
net? Erinnert man sich nicht, daß die repub-
likanischen Freunde des Herrn Marrast's unter
Recurt's Präsidentschaft die Wittwe und, wie
wir glauben, auch die Kinder Pepins, des Mitver-
brechers Fieschi's, auf die Listeder Nationalbelohnun-
gen setzten! Sollte man nicht glauben, die repub-
blikanische Partei sei jungfräulich rein an diesen
Attentaten gegen die Könige? Der Vater des
Generals Cavaignac machte Ludwigs XVI. Haupt
vom Rumpfe fallen und der Name Königsmörder
war ein Ehrenname. Schämt euch also euerer
Werke nicht! Ja! Es ist die Hand einer Partei,
welche den Meuchelmörder des Königs von Preu-
ßen bewaffnet hat. Die Lehren, welche ihr dem
Geiste des Volkes einbläuet, erzeugen die Elen-
den, welche den General Brea, den Grafen Rossi,
den Fürsten Lichnowsky meuchlings mordeten. Jhr
sagt dem Volke, jeder Herrscher sei ein Usurpa-
tor. Jst es dann so erstaunlich, wenn die Ban-
diten, welche euch hören, sich für Brutus halten?
Man muß hoffen, das Berliner Attentat werde
dem Wohle und der Ruhe von ganz Deutschland
nutzbringend sein. Friedrich Wilhelms erste Ver-
ordnung kann nun wahrscheinlich diese werden:
"Einigung aller Kräfte der Gesellschaft gegen das
demagogische Prinzip, keine aufrührerische Presse,
keine rebellische Volksvertretung, Rückkehr zur Sol-
datenherrschaft und zum Militärstaate Friedrichs
des Großen."

Jtalien.

Turin, 24. Mai. Die öffentliche Verhand-
lung des Prozesses gegen den Erzbischof von Tu-
rin, Monsignore Fransoni, hat gestern unter un-
geheurem Zudrang von Theilnehmenden und bloßen
Neugierigen stattgefunden. Der demagogische Troß
bildete natürlich die Mehrzahl; er konnte es kaum
erwarten, den Urtheilsspruch über das Opfer zu
vernehmen. Aber auch elegant gekleidete Damen,
Mitglieder beider Kammern, Beamte, Geistliche
sah man in großer Zahl anwesend. Cavaliere
Mazza di Saluzzo präsidirte dem aus 8 Räthen
bestehenden Gerichtshof. Die 12 Geschworenen
leisteten zuerst den Eid; aber der für den Ange-
klagten bestimmte Sessel in Mitte des Saales
war leer. Der Präsident kündete die Weigerung
des in der Citadelle in Haft sitzenden Erzbischofs
an, zu erscheinen, und es wurde daher zum Con-
tumacialverfahren geschritten. Der Präsident er-
klärte: das Gesetz gebe zwei Wege an die Hand,
entweder gewaltsame Vorführung des widerspensti-
gen Angeklagten, oder Aburtheilung desselben in
seiner Abwesenheit; der Gerichtshof habe sich für
letztere entschieden, da die Anwesenheit des Ange-
schuldigten durchaus nutzlos sein würde, indem
derselbe seinen festen Entschluß erklärt habe, auf
keine Frage zu antworten. Es war 11 Uhr Mit-
tags, als die Verlesung der Aktenstücke des Pro-
zesses, nämlich des Antrags auf Versetzung in den

[Spaltenumbruch] werker= und Arbeitervereine in Preußen mit aus-
ländischen, namentlich schweizerischen Vereinen in
Verbindung stehen, deren gemeinsamer Zweck ist,
die soziale Republik herbeizuführen. Diese Ver-
eine werden aufgehoben werden, und sicherlich
wird hierbei die Sache der Freiheit am wenigsten
verlieren.

Berlin, 27. Mai. Die identische Erklärung
an Oesterreich lautet: „Euer Hochgeboren sind
durch mein Schreiben vom 3. d. M. von der
Einladung in Kennteiß gesetzt worden, welche das
k. k. Kabinet zu einer Konferenz sämmtlicher Ge-
nossen des deutschen Bundes in Frankfurt a. M.
mittelst der Cirkulardepesche vom 26. v. M. hatte
ergehen lassen. Jch mußte mich damals auf die
Erklärung beschränken, daß die königliche Regie-
rung diese Aufforderung in Erwägung ziehen, ih-
ren definitiven Entschluß aber erst nach vorgängi-
ger Berathung mit ihren Verbündeten fassen
werde, mit welchen sich zu gemeinsamem Handeln
zu verständigen ebenso sehr ihr eigener Wunsch,
wie die übernommenen Verpflichtungen ihr gebo-
ten. Diese Berathung hat nunmehr stattgefunden,
und die königliche Regierung kann sich nur Glück
wünschen zu der lebhaften und entgegenkommenden
Theilnahme, welcher sie bei ihren Verbündeten be-
gegnet ist, und welche die erfreuliche Bürgschaft
für eine gedeihliche Entwickelung der alle gemein-
sam betreffenden großen und hochwichtigen Ange-
legenheit gewährt. Jch sehe mich daher nunmehr
auch im Stande, Ew. ec. zu der Abgabe folgen-
der Erklärung im Namen der königlichen Regie-
rung an das k. k. Kabinet zu ermächtigen, in wel-
cher das letztere den ernsten Willen der k. Regie-
rung erkennen wird, Alles, was in ihren Kräften
steht, dazu beizutragen, um die lang ersehnte Ei-
nigung über die größte schwebende Frage der
deutschen Angelegenheiten zu erzielen. Wir haben
für die Erwägung der Aufforderung des k. k. Ka-
binets, gemeinsam mit allen deutschen Regierun-
gen, nur Einen Standpunkt: die Rücksicht auf
die Wohlfahrt und das Heil des gemeinsamen
Vaterlandes. Die Einigung des gesammten
Deutschlands, die Neubildung des alten Bundes
auf Grundlagen, welche dem wahren Bedürfnisse
der Nation entsprechen, steht uns so hoch, daß
wir es für eine heilige Pflicht achten müssen, kei-
nen Weg unversucht zu lassen, welcher möglicher-
weise zu diesem Ziele führen kann; wir haben
mit zu tiefem Bedauern den bisherigen Mangel
an Uebereinstimmung in den Ansichten empfunden,
als daß wir nicht mit Freuden jede Gelegenheit
begrüßen sollten, welche eine Aussicht darbieten
kann, diesem Mangel durch den offenen Austausch
der gegenseitigen Wünsche und Bedürfnisse abzu-
helfen. Ebenso erkennen wir das unmittelbar vor-
liegende Bedürfniß, zunächst für eine wenigstens
provisorische Leitung der gemeinsammen Angele-
genheiten Fürsorge zu tragen. Alle deutschen
Staaten sind hierbei gleichmäßig betheiligt, und
eine gemeinschaftliche Berathung aller Regierungen
kann daher nur als der natur= und bundesgemäße
Weg erscheinen, um gemeinschaftliche Entschlüsse
herbeiführen. Es kann uns eben darum auch nur
zur Befriedigung gereichen, daß das k. k. Kabinet
auf diesem Wege durch seine an die Regierungen
gerichtete Einladung vorgegangen ist, und wir sind
bereit, dieser Einladung zu folgen und auch unse-
rerseits einen Bevollmächtigten nach Frankfurt ab-
zusenden. Wir glauben, daß über den Charakter
der dortigen Konferenzen kein Zweifel bleiben
könne und dürfe. Wir sehen in denselben eine
freie Berathung der souveränen Staaten Deutsch-
lands, deren Beziehungen auf dem völkerrechtli-
chen Grunde vollkommener Freiheit und Unabhän-
gigkeit ruhen und deren Zusammentritt und Ver-
einigung daher nur aus vollkommen freien Ent-
schlüssen hervorgehen kann. Wir lehnen daher
ausdrücklich die Hinweisung auf eine Einberufung
des Kongresses auf Grund der erloschenen Präsi-
dialbefugnisse der rechtmäßig aufgelösten Bundes-
versammlung ab. Aus demselben Grunde können
wir nicht anerkennen, daß dieser Zusammenkunft
der Charakter des Plenums der früheren Bun-
desversammlung beiwohne, sondern betrachten sie
[Spaltenumbruch] lediglich als eine Vereinigung der 35 deutschen
Regierungen zu bestimmten Zwecken. Es folgt
hieraus von selbst, daß wir derselben keinerlei
Rechte zugestehen können, Beschlüsse im Namen
des Bundes zu fassen, welche diejenigen deutschen
Regierungen binden könnten, die nicht selbst aus
freiem Entschlusse ihre Zustimmung dazu gegeben
haben. Für letztere würde keine andere Art von
Folgen daraus erwachsen können, als daß die Re-
sultate der Zusammenkunft auf sie keine Anwen-
dung finden. Wir geben uns gern der Hoffnung
hin, daß eine solche Voraussetzung nicht in Wirk-
lichkeit treten, daß der offene Austausch der ge-
genseitigen Ansichten auf dem Grunde des gemein-
samen Bestrebens nach Einem Ziele hin alle Re-
gierungen zu einträchtigem Zusammenwirken ver-
einigen werde. Je sicherer wir Dies hoffen, um
so fester halten wir auch daran, daß keinem deut-
schen Staate das Recht verkümmert werde, seine
besonderen Bedürfnisse zur Geltung zu bringen.
Wir nehmen daher keinen Anstand, zu erklären,
daß wir keiner Neugestaltung der Bundesversamm-
lung zustimmen werden, welche den Grundsatz der
freien Unirung auf bundesstaatlicher Grundlage
nicht allen Regierungen sichert, welche hiezu das
Bedürfniß empfinden. Wir sprechen Dies mit
derselben Offenheit aus, die wir von allen Ge-
nossen des deutschen Bundes erwarten, und die
allein zur Einigung führen kann. Wir werden
diese Genossen des Bundes in Frankfurt mit der
Zuversicht begrüßen, daß wir uns auf dem ge-
meinsamen Boden der Sorge für das Wohl der
deutschen Nation befinden, und drücken gern dem
k. k. Kabinet insbesondere das Vertrauen aus,
daß es auf diesem Boden und in diesem Sinne
die einzelnen, in der Natur der besonderen Ver-
hältnisse liegenden Schwierigkeiten zu überwinden
helfen werde. Ew. Hochgeboren wollen diese Er-
klärung dem k. k. Ministerpräsidenten abgeben und
ihm von der gegenwärtigen Depesche abschriftliche
Mittheilung machen. Berlin, des 16. Mai 1850.
( gez. ) v. Schleinitz. An den k. Gesandten, geh.
Legationsrath Hrn. Grafen v. Bernstorff Hochge-
boren, zu Wien.“

Berlin, 27. Mai. Die Schweizer Regierung
hat bekanntlich auf Andringen der europäischen
Mächte die Papiere der dortigen Arbeitervereine
mit Beschlag belegt. Aus diesen Papieren soll
deutlich hervorgehen, daß das Absehen der ge-
nannten Vereine auf die Einführung der socialen
Republik, Aufhebung des Eigenthums und Zer-
störung des Kapitals gerichtet ist. Unter den
ergriffenen Papieren haben sich auch Original-
briefe gefunden, welche die unmittelbare Ver-
bindung jener Vereine mit den hiesigen Arbeiter-
und Handwerkervereinen herausstellen.

Berlin, 27. Mai. Es wird uns aus der
Provinz Sachsen mitgetheilt, daß am 24. d. M.
in Nordhausen ein furchtbares Hagelwetter ge-
wüthet hat. Dasselbe zog von Süden nach Nor-
den und hat in einer Entfernung von 2 Stunden
alle Früchte, Obst und die nach der Südseite lie-
genden Fensterscheiben der Gebände vollständig
zerstört. Die Schlossen waren von der Größe
eines Hühnereies, ja oft wie eine Faust groß.
Was auf dem Felde vom Hagel verschont blieb,
wurde verschlammt. Man fand viele Vögel er-
schlagen und auch 12 Schaafe sind vom Wetter
getödtet. Der Quedlinburger Postwagen wurde
auf einer Höhe von dem mit furchtbarem Getöse
begleiteten Sturme umgeworfen.

Münster, 26. Mai. Herr Direktor Temme
ist in Folge der gegen ihn eingeleiteten Discipli-
nar = Untersuchung zum dritten Male vom Amte
suspendirt worden. Dem Vernehmen nach erstreckt
sich die Untersuchung nicht allein auf die Theil-
nahme an den stuttgarter Beschlüssen und die
Nichtbefolgung der Aufforderung zur Rückkehr,
sondern auch auf das öffentliche Anbieten, gericht-
liche Gutachten anzufertigen, welches er während
seiner Haft durch hiesige Zeitungen machte und
das man seiner Stellung als Gerichts = Direktor
unangemessen hält, so wie auf die Bekanntmachung
von Eingaben und Vorstellungen an das Justiz-
ministerium durch öffentliche Blätter.

[Spaltenumbruch]
Frankreich.

C Paris, 28. Mai. Man liest im „ Consti-
tutionnel: Wünschen wir der gemäßigten Partei
vor Allem zur Einstimmigkeit Glück, welche sie
bei ihrer gestrigen Abstimmung dargethan hat.
Alle oppositionellen Amendements zu Art. 2, d. h.
zum wichtigsten des Wahlreform=Entwurfs, wurden
von einer ungeheuren und sozusagen unveränderten
Majorität verworfen. Kaum haben die Ansprüche
des tiers parti 20 Stimmen außer jenen der
Rothen erhalten. Wir hoffen, die Majorität
werde bis zum Ende in dieser vollkommenen Ein-
tracht verharren, deren Schauspiel heute von allen
Vertheidigern der Ordnung beklatscht wird. Es
wird daraus eine große und heilsame Lehre her-
vorgehen. Jeder, Freund oder Feind, weiß nun
im Voraus, daß die Majorität entschieden ist,
alle Mittel in den Grenzen der Gerechtigkeit und
des Rechts anzuwenden, welche man zur Vernich-
tung des Socialismus nöthig erachten wird. --
Man liest in der Assemblée nationale: „Es steht
den politischen Republikanern gut, zu behaupten,
man wolle in Deutschland aus dem Meuchelmord
des Königs von Preußen eine Affaire Fieschi ma-
chen und daraus Folgen für die Reaction ziehen.
Hat die republikanische Partei Fieschi verläug-
net? Erinnert man sich nicht, daß die repub-
likanischen Freunde des Herrn Marrast's unter
Recurt's Präsidentschaft die Wittwe und, wie
wir glauben, auch die Kinder Pepins, des Mitver-
brechers Fieschi's, auf die Listeder Nationalbelohnun-
gen setzten! Sollte man nicht glauben, die repub-
blikanische Partei sei jungfräulich rein an diesen
Attentaten gegen die Könige? Der Vater des
Generals Cavaignac machte Ludwigs XVI. Haupt
vom Rumpfe fallen und der Name Königsmörder
war ein Ehrenname. Schämt euch also euerer
Werke nicht! Ja! Es ist die Hand einer Partei,
welche den Meuchelmörder des Königs von Preu-
ßen bewaffnet hat. Die Lehren, welche ihr dem
Geiste des Volkes einbläuet, erzeugen die Elen-
den, welche den General Brea, den Grafen Rossi,
den Fürsten Lichnowsky meuchlings mordeten. Jhr
sagt dem Volke, jeder Herrscher sei ein Usurpa-
tor. Jst es dann so erstaunlich, wenn die Ban-
diten, welche euch hören, sich für Brutus halten?
Man muß hoffen, das Berliner Attentat werde
dem Wohle und der Ruhe von ganz Deutschland
nutzbringend sein. Friedrich Wilhelms erste Ver-
ordnung kann nun wahrscheinlich diese werden:
„Einigung aller Kräfte der Gesellschaft gegen das
demagogische Prinzip, keine aufrührerische Presse,
keine rebellische Volksvertretung, Rückkehr zur Sol-
datenherrschaft und zum Militärstaate Friedrichs
des Großen.“

Jtalien.

Turin, 24. Mai. Die öffentliche Verhand-
lung des Prozesses gegen den Erzbischof von Tu-
rin, Monsignore Fransoni, hat gestern unter un-
geheurem Zudrang von Theilnehmenden und bloßen
Neugierigen stattgefunden. Der demagogische Troß
bildete natürlich die Mehrzahl; er konnte es kaum
erwarten, den Urtheilsspruch über das Opfer zu
vernehmen. Aber auch elegant gekleidete Damen,
Mitglieder beider Kammern, Beamte, Geistliche
sah man in großer Zahl anwesend. Cavaliere
Mazza di Saluzzo präsidirte dem aus 8 Räthen
bestehenden Gerichtshof. Die 12 Geschworenen
leisteten zuerst den Eid; aber der für den Ange-
klagten bestimmte Sessel in Mitte des Saales
war leer. Der Präsident kündete die Weigerung
des in der Citadelle in Haft sitzenden Erzbischofs
an, zu erscheinen, und es wurde daher zum Con-
tumacialverfahren geschritten. Der Präsident er-
klärte: das Gesetz gebe zwei Wege an die Hand,
entweder gewaltsame Vorführung des widerspensti-
gen Angeklagten, oder Aburtheilung desselben in
seiner Abwesenheit; der Gerichtshof habe sich für
letztere entschieden, da die Anwesenheit des Ange-
schuldigten durchaus nutzlos sein würde, indem
derselbe seinen festen Entschluß erklärt habe, auf
keine Frage zu antworten. Es war 11 Uhr Mit-
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zesses, nämlich des Antrags auf Versetzung in den

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[0003] werker= und Arbeitervereine in Preußen mit aus- ländischen, namentlich schweizerischen Vereinen in Verbindung stehen, deren gemeinsamer Zweck ist, die soziale Republik herbeizuführen. Diese Ver- eine werden aufgehoben werden, und sicherlich wird hierbei die Sache der Freiheit am wenigsten verlieren. Berlin, 27. Mai. Die identische Erklärung an Oesterreich lautet: „Euer Hochgeboren sind durch mein Schreiben vom 3. d. M. von der Einladung in Kennteiß gesetzt worden, welche das k. k. Kabinet zu einer Konferenz sämmtlicher Ge- nossen des deutschen Bundes in Frankfurt a. M. mittelst der Cirkulardepesche vom 26. v. M. hatte ergehen lassen. Jch mußte mich damals auf die Erklärung beschränken, daß die königliche Regie- rung diese Aufforderung in Erwägung ziehen, ih- ren definitiven Entschluß aber erst nach vorgängi- ger Berathung mit ihren Verbündeten fassen werde, mit welchen sich zu gemeinsamem Handeln zu verständigen ebenso sehr ihr eigener Wunsch, wie die übernommenen Verpflichtungen ihr gebo- ten. Diese Berathung hat nunmehr stattgefunden, und die königliche Regierung kann sich nur Glück wünschen zu der lebhaften und entgegenkommenden Theilnahme, welcher sie bei ihren Verbündeten be- gegnet ist, und welche die erfreuliche Bürgschaft für eine gedeihliche Entwickelung der alle gemein- sam betreffenden großen und hochwichtigen Ange- legenheit gewährt. Jch sehe mich daher nunmehr auch im Stande, Ew. ec. zu der Abgabe folgen- der Erklärung im Namen der königlichen Regie- rung an das k. k. Kabinet zu ermächtigen, in wel- cher das letztere den ernsten Willen der k. Regie- rung erkennen wird, Alles, was in ihren Kräften steht, dazu beizutragen, um die lang ersehnte Ei- nigung über die größte schwebende Frage der deutschen Angelegenheiten zu erzielen. Wir haben für die Erwägung der Aufforderung des k. k. Ka- binets, gemeinsam mit allen deutschen Regierun- gen, nur Einen Standpunkt: die Rücksicht auf die Wohlfahrt und das Heil des gemeinsamen Vaterlandes. Die Einigung des gesammten Deutschlands, die Neubildung des alten Bundes auf Grundlagen, welche dem wahren Bedürfnisse der Nation entsprechen, steht uns so hoch, daß wir es für eine heilige Pflicht achten müssen, kei- nen Weg unversucht zu lassen, welcher möglicher- weise zu diesem Ziele führen kann; wir haben mit zu tiefem Bedauern den bisherigen Mangel an Uebereinstimmung in den Ansichten empfunden, als daß wir nicht mit Freuden jede Gelegenheit begrüßen sollten, welche eine Aussicht darbieten kann, diesem Mangel durch den offenen Austausch der gegenseitigen Wünsche und Bedürfnisse abzu- helfen. Ebenso erkennen wir das unmittelbar vor- liegende Bedürfniß, zunächst für eine wenigstens provisorische Leitung der gemeinsammen Angele- genheiten Fürsorge zu tragen. Alle deutschen Staaten sind hierbei gleichmäßig betheiligt, und eine gemeinschaftliche Berathung aller Regierungen kann daher nur als der natur= und bundesgemäße Weg erscheinen, um gemeinschaftliche Entschlüsse herbeiführen. Es kann uns eben darum auch nur zur Befriedigung gereichen, daß das k. k. Kabinet auf diesem Wege durch seine an die Regierungen gerichtete Einladung vorgegangen ist, und wir sind bereit, dieser Einladung zu folgen und auch unse- rerseits einen Bevollmächtigten nach Frankfurt ab- zusenden. Wir glauben, daß über den Charakter der dortigen Konferenzen kein Zweifel bleiben könne und dürfe. Wir sehen in denselben eine freie Berathung der souveränen Staaten Deutsch- lands, deren Beziehungen auf dem völkerrechtli- chen Grunde vollkommener Freiheit und Unabhän- gigkeit ruhen und deren Zusammentritt und Ver- einigung daher nur aus vollkommen freien Ent- schlüssen hervorgehen kann. Wir lehnen daher ausdrücklich die Hinweisung auf eine Einberufung des Kongresses auf Grund der erloschenen Präsi- dialbefugnisse der rechtmäßig aufgelösten Bundes- versammlung ab. Aus demselben Grunde können wir nicht anerkennen, daß dieser Zusammenkunft der Charakter des Plenums der früheren Bun- desversammlung beiwohne, sondern betrachten sie lediglich als eine Vereinigung der 35 deutschen Regierungen zu bestimmten Zwecken. Es folgt hieraus von selbst, daß wir derselben keinerlei Rechte zugestehen können, Beschlüsse im Namen des Bundes zu fassen, welche diejenigen deutschen Regierungen binden könnten, die nicht selbst aus freiem Entschlusse ihre Zustimmung dazu gegeben haben. Für letztere würde keine andere Art von Folgen daraus erwachsen können, als daß die Re- sultate der Zusammenkunft auf sie keine Anwen- dung finden. Wir geben uns gern der Hoffnung hin, daß eine solche Voraussetzung nicht in Wirk- lichkeit treten, daß der offene Austausch der ge- genseitigen Ansichten auf dem Grunde des gemein- samen Bestrebens nach Einem Ziele hin alle Re- gierungen zu einträchtigem Zusammenwirken ver- einigen werde. Je sicherer wir Dies hoffen, um so fester halten wir auch daran, daß keinem deut- schen Staate das Recht verkümmert werde, seine besonderen Bedürfnisse zur Geltung zu bringen. Wir nehmen daher keinen Anstand, zu erklären, daß wir keiner Neugestaltung der Bundesversamm- lung zustimmen werden, welche den Grundsatz der freien Unirung auf bundesstaatlicher Grundlage nicht allen Regierungen sichert, welche hiezu das Bedürfniß empfinden. Wir sprechen Dies mit derselben Offenheit aus, die wir von allen Ge- nossen des deutschen Bundes erwarten, und die allein zur Einigung führen kann. Wir werden diese Genossen des Bundes in Frankfurt mit der Zuversicht begrüßen, daß wir uns auf dem ge- meinsamen Boden der Sorge für das Wohl der deutschen Nation befinden, und drücken gern dem k. k. Kabinet insbesondere das Vertrauen aus, daß es auf diesem Boden und in diesem Sinne die einzelnen, in der Natur der besonderen Ver- hältnisse liegenden Schwierigkeiten zu überwinden helfen werde. Ew. Hochgeboren wollen diese Er- klärung dem k. k. Ministerpräsidenten abgeben und ihm von der gegenwärtigen Depesche abschriftliche Mittheilung machen. Berlin, des 16. Mai 1850. ( gez. ) v. Schleinitz. An den k. Gesandten, geh. Legationsrath Hrn. Grafen v. Bernstorff Hochge- boren, zu Wien.“ Berlin, 27. Mai. Die Schweizer Regierung hat bekanntlich auf Andringen der europäischen Mächte die Papiere der dortigen Arbeitervereine mit Beschlag belegt. Aus diesen Papieren soll deutlich hervorgehen, daß das Absehen der ge- nannten Vereine auf die Einführung der socialen Republik, Aufhebung des Eigenthums und Zer- störung des Kapitals gerichtet ist. Unter den ergriffenen Papieren haben sich auch Original- briefe gefunden, welche die unmittelbare Ver- bindung jener Vereine mit den hiesigen Arbeiter- und Handwerkervereinen herausstellen. Berlin, 27. Mai. Es wird uns aus der Provinz Sachsen mitgetheilt, daß am 24. d. M. in Nordhausen ein furchtbares Hagelwetter ge- wüthet hat. Dasselbe zog von Süden nach Nor- den und hat in einer Entfernung von 2 Stunden alle Früchte, Obst und die nach der Südseite lie- genden Fensterscheiben der Gebände vollständig zerstört. Die Schlossen waren von der Größe eines Hühnereies, ja oft wie eine Faust groß. Was auf dem Felde vom Hagel verschont blieb, wurde verschlammt. Man fand viele Vögel er- schlagen und auch 12 Schaafe sind vom Wetter getödtet. Der Quedlinburger Postwagen wurde auf einer Höhe von dem mit furchtbarem Getöse begleiteten Sturme umgeworfen. Münster, 26. Mai. Herr Direktor Temme ist in Folge der gegen ihn eingeleiteten Discipli- nar = Untersuchung zum dritten Male vom Amte suspendirt worden. Dem Vernehmen nach erstreckt sich die Untersuchung nicht allein auf die Theil- nahme an den stuttgarter Beschlüssen und die Nichtbefolgung der Aufforderung zur Rückkehr, sondern auch auf das öffentliche Anbieten, gericht- liche Gutachten anzufertigen, welches er während seiner Haft durch hiesige Zeitungen machte und das man seiner Stellung als Gerichts = Direktor unangemessen hält, so wie auf die Bekanntmachung von Eingaben und Vorstellungen an das Justiz- ministerium durch öffentliche Blätter. Frankreich. C Paris, 28. Mai. Man liest im „ Consti- tutionnel: Wünschen wir der gemäßigten Partei vor Allem zur Einstimmigkeit Glück, welche sie bei ihrer gestrigen Abstimmung dargethan hat. Alle oppositionellen Amendements zu Art. 2, d. h. zum wichtigsten des Wahlreform=Entwurfs, wurden von einer ungeheuren und sozusagen unveränderten Majorität verworfen. Kaum haben die Ansprüche des tiers parti 20 Stimmen außer jenen der Rothen erhalten. Wir hoffen, die Majorität werde bis zum Ende in dieser vollkommenen Ein- tracht verharren, deren Schauspiel heute von allen Vertheidigern der Ordnung beklatscht wird. Es wird daraus eine große und heilsame Lehre her- vorgehen. Jeder, Freund oder Feind, weiß nun im Voraus, daß die Majorität entschieden ist, alle Mittel in den Grenzen der Gerechtigkeit und des Rechts anzuwenden, welche man zur Vernich- tung des Socialismus nöthig erachten wird. -- Man liest in der Assemblée nationale: „Es steht den politischen Republikanern gut, zu behaupten, man wolle in Deutschland aus dem Meuchelmord des Königs von Preußen eine Affaire Fieschi ma- chen und daraus Folgen für die Reaction ziehen. Hat die republikanische Partei Fieschi verläug- net? Erinnert man sich nicht, daß die repub- likanischen Freunde des Herrn Marrast's unter Recurt's Präsidentschaft die Wittwe und, wie wir glauben, auch die Kinder Pepins, des Mitver- brechers Fieschi's, auf die Listeder Nationalbelohnun- gen setzten! Sollte man nicht glauben, die repub- blikanische Partei sei jungfräulich rein an diesen Attentaten gegen die Könige? Der Vater des Generals Cavaignac machte Ludwigs XVI. Haupt vom Rumpfe fallen und der Name Königsmörder war ein Ehrenname. Schämt euch also euerer Werke nicht! Ja! Es ist die Hand einer Partei, welche den Meuchelmörder des Königs von Preu- ßen bewaffnet hat. Die Lehren, welche ihr dem Geiste des Volkes einbläuet, erzeugen die Elen- den, welche den General Brea, den Grafen Rossi, den Fürsten Lichnowsky meuchlings mordeten. Jhr sagt dem Volke, jeder Herrscher sei ein Usurpa- tor. Jst es dann so erstaunlich, wenn die Ban- diten, welche euch hören, sich für Brutus halten? Man muß hoffen, das Berliner Attentat werde dem Wohle und der Ruhe von ganz Deutschland nutzbringend sein. Friedrich Wilhelms erste Ver- ordnung kann nun wahrscheinlich diese werden: „Einigung aller Kräfte der Gesellschaft gegen das demagogische Prinzip, keine aufrührerische Presse, keine rebellische Volksvertretung, Rückkehr zur Sol- datenherrschaft und zum Militärstaate Friedrichs des Großen.“ Jtalien. Turin, 24. Mai. Die öffentliche Verhand- lung des Prozesses gegen den Erzbischof von Tu- rin, Monsignore Fransoni, hat gestern unter un- geheurem Zudrang von Theilnehmenden und bloßen Neugierigen stattgefunden. Der demagogische Troß bildete natürlich die Mehrzahl; er konnte es kaum erwarten, den Urtheilsspruch über das Opfer zu vernehmen. Aber auch elegant gekleidete Damen, Mitglieder beider Kammern, Beamte, Geistliche sah man in großer Zahl anwesend. Cavaliere Mazza di Saluzzo präsidirte dem aus 8 Räthen bestehenden Gerichtshof. 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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 130. Würzburg, 31. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische130_1850/3>, abgerufen am 21.11.2024.