Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 12. Berlin, 26. Juli 1740.[Beginn Spaltensatz]
verneur dieser Festung gleich den ersten Tag in der Be- Paris, vom 11. Julii. Morgen wird der König nach Compiegne gehen, wo- Stockholm. vom 12 Julii. Der Königliche Preussische Minister Herr Graf von Petersburg, vom 9. Julii. Gestern morgen um 7 Uhr ging die Hinrichtung des [Beginn Spaltensatz]
verneur dieser Festung gleich den ersten Tag in der Be- Paris, vom 11. Julii. Morgen wird der König nach Compiegne gehen, wo- Stockholm. vom 12 Julii. Der Königliche Preussische Minister Herr Graf von Petersburg, vom 9. Julii. Gestern morgen um 7 Uhr ging die Hinrichtung des <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> verneur dieser Festung gleich den ersten Tag in der Be-<lb/> lagerung erschossen worden, und daß dieser Fall die<lb/> Spanier bewogen zu capituliren. Der Capitain An-<lb/> son ist zum Commendanten einer Escadre ernannt<lb/> worden, die nach America gehen soll. Man will wis-<lb/> sen, daß sie die Spanier an den Küsten von Peru und<lb/> Chily beunruhigen wird. Der Admiral Norris wartet<lb/> nur auf guten Wind mit seiner Escadre unter Segel<lb/> zu gehen.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Paris, vom 11. Julii.</head><lb/> <p>Morgen wird der König nach Compiegne gehen, wo-<lb/> hin ihm die Königin den 14ten, der Dauphin den 16ten,<lb/> der Cardinal Fleury aber sogleich folgen wird. Der<lb/> Prinz von Lichtenstein wird sich gleichfalls so lange da-<lb/> selbst aufhalten, als der Hof da bleiben wird, gegen den<lb/> Herbst aber wieder nach Wien kehren, Sr. Kaiserlichen<lb/> Majestät von seinen wichtigen Verrichtungen mündlich<lb/> Nachricht zu geben Er hat bereits bekannt machen las-<lb/> sen, daß sich alle diejenigen melden sollen, welche etwas<lb/> von ihm zu fordern haben. Der Commandeur Solar,<lb/> Gesandter des Königs von Sardinien, hat einen Curier<lb/> mit der Nachricht empfangen, daß die Königin von<lb/> Sardinien mit einer Prinzessin entbunden ist. Die Prin-<lb/> zen von Zweybrücken, welche sich hier länger als ein Jahr<lb/> aufgehalten, sind wieder nach Deutschland gekehret,<lb/> nachdem sie zuvor von dem ganzen Königlichen Hause<lb/> Abschied genommen. Der Prinz von Campo Florido,<lb/> Gesandter des Königs von Spanien ist bereits oft mit un-<lb/> sern Ministern in Conferenz gewesen. Mylord Wald-<lb/> grave beobachtet ihn sehr genan, weil er Ursache hat<lb/> zu glauben, daß dieser Prinz hauptsächlich deswegen hie-<lb/> her gekommen ist, die letzte Hand an den Commercien-<lb/> Tractat zwischen Frankreich und Spanien zu legen. Die<lb/> Kriegeszurüstungen, welche so wohl in Spanien, als<lb/> in Engelland eifrig fortgesetzt werden, verwirren die<lb/> Staatsklugen, welche auf den Caffee= Häusern den Frie-<lb/> den zwischen diesen beyden Kronen bereits verkündiget<lb/> hatten. Sie behaupten inzwischen dennoch, daß der<lb/> Cardinal Fleury noch ein geheimes Mittel hat ihre Ver-<lb/> kündigung wahr zu machen.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Stockholm. vom 12 Julii.</head><lb/> <p>Der Königliche Preussische Minister Herr Graf von<lb/> Finkenstein ist nunmehro bey dem Könige zur Abschieds-<lb/> Andienz gewesen. Er hielt bey dieser Gelegenheit mit<lb/> einer anstandigen Frey mütigkeit eine so wohlgesetzte Re-<lb/> de, daß er sich bey seinen jungen Jahren auch noch zu-<lb/> letzt die besondere Hochachtung des Königs und den all-<lb/> gemeinen Beyfall des Hofes erwarb.</p><lb/> </div> <cb n="2"/> <div type="jArticle" n="2"> <head>Petersburg, vom 9. Julii.</head><lb/> <p>Gestern morgen um 7 Uhr ging die Hinrichtung des<lb/> Wolinski und zweyer andern, deren Verbrechen bisher<lb/> genau untersuchet worden, auf jener Seite des Flusses<lb/> hinter der Citadell vor sich. Das Urtheil ward ihnen<lb/> vor dem Blutgerüste bekannt gemacht. Als Wolinski<lb/> hörte, daß dasselbe befahl, ihnen die Zunge auszureissen,<lb/> die Hand abzuhauen, sie lebendig zu rädern, und den<lb/> Körper sodann auf einen Pfahl zu stecken, entsatzte er sich<lb/> sehr merklich: Als man ihnen aber die Gnade Sr Kai-<lb/> serl. Majestät bekannt machte, welche diese Strafe mil-<lb/> derte, drang er sich recht zu dem Trauergerüste und zum<lb/> Tode, nachdem er zuvor den General Uschakof mit einer<lb/> leichten Beugung gegrüsst hatte. Dem Wolinski ward<lb/> hierauf kraft des gemilderten Urtheils die rechte<lb/> Hand und der Kopf abgehauen, Teropkin und Krout-<lb/> schof verlohren gleichfalls ihren Kopf, Eichler em-<lb/> pfing 27 mahl die Knoute, und Seimonof 17 mahl, ein<lb/> Uebersetzer aber die Plette, welche Strafe nicht so hart<lb/> ist, als die Knoute. Diese 3 letztern sind auf Lebens-<lb/> lang nach Siberien geschickt worden. Das Urtheil be-<lb/> m ̅erkte, daß Wolinski deswegen des Todes schuldig ge-<lb/> wesen, weil man ihn der Untreue gegen Sr. Kai-<lb/> serl Majestät überführt, indem er eine Rebellion anzustif-<lb/> ten getrachtet, das Ministerium zu verrathen gesucht,<lb/> und die Krone um ein ansehnliches hintergangen hätte.<lb/> Jn der That versichert man, daß man gefunden, daß<lb/> er bey der Stutterey, über welche er die Aufsicht ge-<lb/> habt, über siebenmahl hundert tausend Rubeln schuldig<lb/> geblieben, welche dazu hätten angewandt werden sollen.<lb/> Ein Officier, der ein Däne von Geburt ist, hat ihn<lb/> angeklaget, un̄ seine Anklage durch eine grosse Menge Zeu-<lb/> gen bewiesen, die alle darüber eidlich abgehöret worden.<lb/> Am Ende des Urtheils ward bekand gemacht, daß Jhro<lb/> Kaiserl. Majestät künftige Woch ein der Sache des<lb/> Mousin Puschkin und seiner Anhänger sprechen würden,<lb/> man glaubt aber, daß sie das Leben davon bringen, und<lb/> dasselbe in einer sichren Verwahrung beschliessen werden.<lb/> Uebrigens werden diesesmahl nicht alle Güter der Verur-<lb/> teilten confiscirt werden, wie es hier sonst gewöhnlich ist,<lb/> sondern man wird ihren Nachkom̅en nur diejenigen neh-<lb/> men, welche sie von der Krone empfangen, was sie aber<lb/> von ihren Vätern geerbt, soll ihnen gelassen werden.<lb/> Die Gnade der russischen Monarchin, ist hiebey noch<lb/> nicht stehen geblieben, sondern diese grosse Frau hat<lb/> auch befohlen, daß jedes von den Kindern der Unglück-<lb/> lichen 40 Bauergüter behalten soll, falls gar keine Erb-<lb/> schaft verhanden wäre.</p><lb/> </div> </div> <cb type="end"/> </body> </text> </TEI> [0003]
verneur dieser Festung gleich den ersten Tag in der Be-
lagerung erschossen worden, und daß dieser Fall die
Spanier bewogen zu capituliren. Der Capitain An-
son ist zum Commendanten einer Escadre ernannt
worden, die nach America gehen soll. Man will wis-
sen, daß sie die Spanier an den Küsten von Peru und
Chily beunruhigen wird. Der Admiral Norris wartet
nur auf guten Wind mit seiner Escadre unter Segel
zu gehen.
Paris, vom 11. Julii.
Morgen wird der König nach Compiegne gehen, wo-
hin ihm die Königin den 14ten, der Dauphin den 16ten,
der Cardinal Fleury aber sogleich folgen wird. Der
Prinz von Lichtenstein wird sich gleichfalls so lange da-
selbst aufhalten, als der Hof da bleiben wird, gegen den
Herbst aber wieder nach Wien kehren, Sr. Kaiserlichen
Majestät von seinen wichtigen Verrichtungen mündlich
Nachricht zu geben Er hat bereits bekannt machen las-
sen, daß sich alle diejenigen melden sollen, welche etwas
von ihm zu fordern haben. Der Commandeur Solar,
Gesandter des Königs von Sardinien, hat einen Curier
mit der Nachricht empfangen, daß die Königin von
Sardinien mit einer Prinzessin entbunden ist. Die Prin-
zen von Zweybrücken, welche sich hier länger als ein Jahr
aufgehalten, sind wieder nach Deutschland gekehret,
nachdem sie zuvor von dem ganzen Königlichen Hause
Abschied genommen. Der Prinz von Campo Florido,
Gesandter des Königs von Spanien ist bereits oft mit un-
sern Ministern in Conferenz gewesen. Mylord Wald-
grave beobachtet ihn sehr genan, weil er Ursache hat
zu glauben, daß dieser Prinz hauptsächlich deswegen hie-
her gekommen ist, die letzte Hand an den Commercien-
Tractat zwischen Frankreich und Spanien zu legen. Die
Kriegeszurüstungen, welche so wohl in Spanien, als
in Engelland eifrig fortgesetzt werden, verwirren die
Staatsklugen, welche auf den Caffee= Häusern den Frie-
den zwischen diesen beyden Kronen bereits verkündiget
hatten. Sie behaupten inzwischen dennoch, daß der
Cardinal Fleury noch ein geheimes Mittel hat ihre Ver-
kündigung wahr zu machen.
Stockholm. vom 12 Julii.
Der Königliche Preussische Minister Herr Graf von
Finkenstein ist nunmehro bey dem Könige zur Abschieds-
Andienz gewesen. Er hielt bey dieser Gelegenheit mit
einer anstandigen Frey mütigkeit eine so wohlgesetzte Re-
de, daß er sich bey seinen jungen Jahren auch noch zu-
letzt die besondere Hochachtung des Königs und den all-
gemeinen Beyfall des Hofes erwarb.
Petersburg, vom 9. Julii.
Gestern morgen um 7 Uhr ging die Hinrichtung des
Wolinski und zweyer andern, deren Verbrechen bisher
genau untersuchet worden, auf jener Seite des Flusses
hinter der Citadell vor sich. Das Urtheil ward ihnen
vor dem Blutgerüste bekannt gemacht. Als Wolinski
hörte, daß dasselbe befahl, ihnen die Zunge auszureissen,
die Hand abzuhauen, sie lebendig zu rädern, und den
Körper sodann auf einen Pfahl zu stecken, entsatzte er sich
sehr merklich: Als man ihnen aber die Gnade Sr Kai-
serl. Majestät bekannt machte, welche diese Strafe mil-
derte, drang er sich recht zu dem Trauergerüste und zum
Tode, nachdem er zuvor den General Uschakof mit einer
leichten Beugung gegrüsst hatte. Dem Wolinski ward
hierauf kraft des gemilderten Urtheils die rechte
Hand und der Kopf abgehauen, Teropkin und Krout-
schof verlohren gleichfalls ihren Kopf, Eichler em-
pfing 27 mahl die Knoute, und Seimonof 17 mahl, ein
Uebersetzer aber die Plette, welche Strafe nicht so hart
ist, als die Knoute. Diese 3 letztern sind auf Lebens-
lang nach Siberien geschickt worden. Das Urtheil be-
m ̅erkte, daß Wolinski deswegen des Todes schuldig ge-
wesen, weil man ihn der Untreue gegen Sr. Kai-
serl Majestät überführt, indem er eine Rebellion anzustif-
ten getrachtet, das Ministerium zu verrathen gesucht,
und die Krone um ein ansehnliches hintergangen hätte.
Jn der That versichert man, daß man gefunden, daß
er bey der Stutterey, über welche er die Aufsicht ge-
habt, über siebenmahl hundert tausend Rubeln schuldig
geblieben, welche dazu hätten angewandt werden sollen.
Ein Officier, der ein Däne von Geburt ist, hat ihn
angeklaget, un̄ seine Anklage durch eine grosse Menge Zeu-
gen bewiesen, die alle darüber eidlich abgehöret worden.
Am Ende des Urtheils ward bekand gemacht, daß Jhro
Kaiserl. Majestät künftige Woch ein der Sache des
Mousin Puschkin und seiner Anhänger sprechen würden,
man glaubt aber, daß sie das Leben davon bringen, und
dasselbe in einer sichren Verwahrung beschliessen werden.
Uebrigens werden diesesmahl nicht alle Güter der Verur-
teilten confiscirt werden, wie es hier sonst gewöhnlich ist,
sondern man wird ihren Nachkom̅en nur diejenigen neh-
men, welche sie von der Krone empfangen, was sie aber
von ihren Vätern geerbt, soll ihnen gelassen werden.
Die Gnade der russischen Monarchin, ist hiebey noch
nicht stehen geblieben, sondern diese grosse Frau hat
auch befohlen, daß jedes von den Kindern der Unglück-
lichen 40 Bauergüter behalten soll, falls gar keine Erb-
schaft verhanden wäre.
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