Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 43. Berlin, 11. April 1741.

Bild:
<< vorherige Seite
letzte Seite
[Beginn Spaltensatz]
Gelehrte Sachen.

Die Streitigkeiten über den Satz von der besten
Welt, sind allerdings von so grosser Erheblich-
keit, daß sie die Aufmerksamkeit eines jeden, der et-
was mit völliger Ueberzeugung einsehen will, verdie-
nen. So wahr es ist, daß diese gegenwärtige Welt
unter allen möglichen Welten die beste sey: So viel
Wiederspruch hat diese Wahrheit gefunden, ja wir
treffen noch täglich einige an, welche sich, ob wohl
mit sehr schwachen Gründen wehren, dieselbe anzu-
nehmen. Hr. Baumeister hat sich angelegen las-
sen, uns in seiner erst kürzlich heraus gegebenen
Historia Doctrinae recentius controversae de Mundo
optimo
, einen vollständigen Begriff von denenjeni-
gen Schicksalen zu geben, welchen dieser Satz un-
terworfen gewesen. Seine Absicht ist gar nicht, et-
was zu der Behauptung oder Verneinung desselben
vorzubringen; sondern er bemühet sich nur seinen
Lesern, die Gegner und Vertheidiger dieser Wahr-
heit, nebst ihren Meinungen vorzustellen, und über-
läßt den Ausspruch dem eigenen Urtheile eines jeden.
Erstlich führet er die Gründe derer an, die diesen
Satz behauptet haben, und diese sind folgende: Die-
se Welt kann anders seyn als sie ist. Folglich
sind ausser dieser Welt noch verschiedene an-
dere möglich. Diese möglichen Welten hat
sich GOtt von Ewigkeit auf das deutlichste
vorgestellet, und nur diese und keine andere
erwählet. GOtt wählet aber nach seiner
Weisheit nur dasjenige, was sich am meisten
zu seinen Absichten schickt. Also schickt sich
diese Welt am meisten zu den göttlichen Ab-
sichten. Eine Welt aber, die sich am meisten
zu den göttlichen Absichten schickt, wird die
beste oder die vollkommenste genannt. Folg-
lich ist diese Welt die beste oder vollkommenste.
Der Hr. Verfasser zeiget uns, daß schon die älte-
sten Weltweisen die Vollkommenheit der Welt be-
merket und erhoben haben. Plato konnnte die Voll-
kommenheit der Einrichtung, bey dem Weltbaue nicht
genug betrachten; und Thales, welcher mit wenigen
oft sehr viel sagte, gab auf die Frage, was das
[Spaltenumbruch] beste wäre? die vortrefliche Antwort, die Welt.
Da sich Hr. Baumeister aber vorgenommen, die
Geschichte der Streitigkeiten über diesen Satz von
denenjenigen Zeiten anzufangen, welche wir die uns-
rigen nennen: So ist der Hr. von Leibnitz der
erste gewesen, welcher diese Wahrheit verfochten.
Bayle hatte einige falsche Lehren von dem Ursprun-
ge des Bösen vorgebracht, und nach den Manichae-
ischen Sätzen zweyerley ewige Ursachen, die eine
vom Guten und die andere vom Bösen angenommen;
Jndem er nicht begreifen konnte, wie GOtt gut,
weise und vollkommen seyn könnte, wenn er einen
Menschen schaffen sollte, welcher gleich darauf mit
dem lasterhaftesten Gemüthe in die ärgsten Sünden
zu fallen im Stande wäre. Viele Weltweisen gaben
sich die Mühe, diese so gefährlichen Lehrsätze zu ent-
kräften, und allen zu besorgenden Jrrthümern vor-
zubeugen. Leibnitz ließ sich dieses nicht weniger
als die andern angelegen seyn, und verfertigte auf
Befehl der damaligen Allerdurchl. Königinn von
Preussen, Sophie Charlotte, seine Theodicee in
französischer Sprache. Jn diesem vortreflichen Bu-
che zeigt er Baylen die Schwäche seiner irrigen Sätze
auf das gründlichste, und erwies, daß diese Welt
unmöglich die beste seyn könnte, wenn nichts böses
darinnen wäre. Dieses Buch und besonders die
Lehre von der besten Welt des Hrn. von Leibnitz,
fand so viel Beyfall als Wiederspruch. Buddeus
war unter den Gegnern nicht der geringste; Er hielt
eine Disputation, die er Doctrinae orthodoxae de ori-
gine mali contra recentiorum quorundam Hypothe-
ses modestam assertionem
nannte, und wovon er
aus besondern Ursachen seinen Respondenten für den
Verfasser aus gab. Allein Leibnitz that in einem
besondern Schreiben an den Hrn. Buddeus, wel-
ches Hr. Baumeister mit einrücket, so bescheidene
Erinnerungen, in Ansehung der Jngend des Respon-
denten, welche denselben vielleicht noch verhinderte,
die Gründe der leibnitzischen Sätze einzusehen, daß
Hr. Buddeus dieser Erinnerung seinen Beyfall
nicht versagen konnte.

Der Beschluß folget künftig.


[Ende Spaltensatz]

Diese Nachrichten werden wöchentlich 3 mal, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem
Königl. und der Societät der Wissenschafften privilegirten Buchhändler Ambrosius Haude,
und dem Königl. Hof=Post=Amte ausgegeben.

[Beginn Spaltensatz]
Gelehrte Sachen.

Die Streitigkeiten über den Satz von der besten
Welt, sind allerdings von so grosser Erheblich-
keit, daß sie die Aufmerksamkeit eines jeden, der et-
was mit völliger Ueberzeugung einsehen will, verdie-
nen. So wahr es ist, daß diese gegenwärtige Welt
unter allen möglichen Welten die beste sey: So viel
Wiederspruch hat diese Wahrheit gefunden, ja wir
treffen noch täglich einige an, welche sich, ob wohl
mit sehr schwachen Gründen wehren, dieselbe anzu-
nehmen. Hr. Baumeister hat sich angelegen las-
sen, uns in seiner erst kürzlich heraus gegebenen
Hiſtoria Doctrinae recentius controverſae de Mundo
optimo
, einen vollständigen Begriff von denenjeni-
gen Schicksalen zu geben, welchen dieser Satz un-
terworfen gewesen. Seine Absicht ist gar nicht, et-
was zu der Behauptung oder Verneinung desselben
vorzubringen; sondern er bemühet sich nur seinen
Lesern, die Gegner und Vertheidiger dieser Wahr-
heit, nebst ihren Meinungen vorzustellen, und über-
läßt den Ausspruch dem eigenen Urtheile eines jeden.
Erstlich führet er die Gründe derer an, die diesen
Satz behauptet haben, und diese sind folgende: Die-
se Welt kann anders seyn als sie ist. Folglich
sind ausser dieser Welt noch verschiedene an-
dere möglich. Diese möglichen Welten hat
sich GOtt von Ewigkeit auf das deutlichste
vorgestellet, und nur diese und keine andere
erwählet. GOtt wählet aber nach seiner
Weisheit nur dasjenige, was sich am meisten
zu seinen Absichten schickt. Also schickt sich
diese Welt am meisten zu den göttlichen Ab-
sichten. Eine Welt aber, die sich am meisten
zu den göttlichen Absichten schickt, wird die
beste oder die vollkommenste genannt. Folg-
lich ist diese Welt die beste oder vollkommenste.
Der Hr. Verfasser zeiget uns, daß schon die älte-
sten Weltweisen die Vollkommenheit der Welt be-
merket und erhoben haben. Plato konnnte die Voll-
kommenheit der Einrichtung, bey dem Weltbaue nicht
genug betrachten; und Thales, welcher mit wenigen
oft sehr viel sagte, gab auf die Frage, was das
[Spaltenumbruch] beste wäre? die vortrefliche Antwort, die Welt.
Da sich Hr. Baumeister aber vorgenommen, die
Geschichte der Streitigkeiten über diesen Satz von
denenjenigen Zeiten anzufangen, welche wir die uns-
rigen nennen: So ist der Hr. von Leibnitz der
erste gewesen, welcher diese Wahrheit verfochten.
Bayle hatte einige falsche Lehren von dem Ursprun-
ge des Bösen vorgebracht, und nach den Manichae-
ischen Sätzen zweyerley ewige Ursachen, die eine
vom Guten und die andere vom Bösen angenommen;
Jndem er nicht begreifen konnte, wie GOtt gut,
weise und vollkommen seyn könnte, wenn er einen
Menschen schaffen sollte, welcher gleich darauf mit
dem lasterhaftesten Gemüthe in die ärgsten Sünden
zu fallen im Stande wäre. Viele Weltweisen gaben
sich die Mühe, diese so gefährlichen Lehrsätze zu ent-
kräften, und allen zu besorgenden Jrrthümern vor-
zubeugen. Leibnitz ließ sich dieses nicht weniger
als die andern angelegen seyn, und verfertigte auf
Befehl der damaligen Allerdurchl. Königinn von
Preussen, Sophie Charlotte, seine Theodicee in
französischer Sprache. Jn diesem vortreflichen Bu-
che zeigt er Baylen die Schwäche seiner irrigen Sätze
auf das gründlichste, und erwies, daß diese Welt
unmöglich die beste seyn könnte, wenn nichts böses
darinnen wäre. Dieses Buch und besonders die
Lehre von der besten Welt des Hrn. von Leibnitz,
fand so viel Beyfall als Wiederspruch. Buddeus
war unter den Gegnern nicht der geringste; Er hielt
eine Disputation, die er Doctrinæ orthodoxæ de ori-
gine mali contra recentiorum quorundam Hypothe-
ſes modeſtam aſſertionem
nannte, und wovon er
aus besondern Ursachen seinen Respondenten für den
Verfasser aus gab. Allein Leibnitz that in einem
besondern Schreiben an den Hrn. Buddeus, wel-
ches Hr. Baumeister mit einrücket, so bescheidene
Erinnerungen, in Ansehung der Jngend des Respon-
denten, welche denselben vielleicht noch verhinderte,
die Gründe der leibnitzischen Sätze einzusehen, daß
Hr. Buddeus dieser Erinnerung seinen Beyfall
nicht versagen konnte.

Der Beschluß folget künftig.


[Ende Spaltensatz]

Diese Nachrichten werden wöchentlich 3 mal, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem
Königl. und der Societät der Wissenschafften privilegirten Buchhändler Ambrosius Haude,
und dem Königl. Hof=Post=Amte ausgegeben.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0004"/>
      <cb type="start"/>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Gelehrte Sachen.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Streitigkeiten über den Satz von der besten<lb/>
Welt, sind allerdings von so grosser Erheblich-<lb/>
keit, daß sie die Aufmerksamkeit eines jeden, der et-<lb/>
was mit völliger Ueberzeugung einsehen will, verdie-<lb/>
nen. So wahr es ist, daß diese gegenwärtige Welt<lb/>
unter allen möglichen Welten die beste sey: So viel<lb/>
Wiederspruch hat diese Wahrheit gefunden, ja wir<lb/>
treffen noch täglich einige an, welche sich, ob wohl<lb/>
mit sehr schwachen Gründen wehren, dieselbe anzu-<lb/>
nehmen. Hr. Baumeister hat sich angelegen las-<lb/>
sen, uns in seiner erst kürzlich heraus gegebenen<lb/><hi rendition="#aq">Hi&#x017F;toria Doctrinae recentius controver&#x017F;ae de Mundo<lb/>
optimo</hi>, einen vollständigen Begriff von denenjeni-<lb/>
gen Schicksalen zu geben, welchen dieser Satz un-<lb/>
terworfen gewesen. Seine Absicht ist gar nicht, et-<lb/>
was zu der Behauptung oder Verneinung desselben<lb/>
vorzubringen; sondern er bemühet sich nur seinen<lb/>
Lesern, die Gegner und Vertheidiger dieser Wahr-<lb/>
heit, nebst ihren Meinungen vorzustellen, und über-<lb/>
läßt den Ausspruch dem eigenen Urtheile eines jeden.<lb/>
Erstlich führet er die Gründe derer an, die diesen<lb/>
Satz behauptet haben, und diese sind folgende: Die-<lb/>
se Welt kann anders seyn als sie ist. Folglich<lb/>
sind ausser dieser Welt noch verschiedene an-<lb/>
dere möglich. Diese möglichen Welten hat<lb/>
sich GOtt von Ewigkeit auf das deutlichste<lb/>
vorgestellet, und nur diese und keine andere<lb/>
erwählet. GOtt wählet aber nach seiner<lb/>
Weisheit nur dasjenige, was sich am meisten<lb/>
zu seinen Absichten schickt. Also schickt sich<lb/>
diese Welt am meisten zu den göttlichen Ab-<lb/>
sichten. Eine Welt aber, die sich am meisten<lb/>
zu den göttlichen Absichten schickt, wird die<lb/>
beste oder die vollkommenste genannt. Folg-<lb/>
lich ist diese Welt die beste oder vollkommenste.<lb/>
Der Hr. Verfasser zeiget uns, daß schon die älte-<lb/>
sten Weltweisen die Vollkommenheit der Welt be-<lb/>
merket und erhoben haben. Plato konnnte die Voll-<lb/>
kommenheit der Einrichtung, bey dem Weltbaue nicht<lb/>
genug betrachten; und Thales, welcher mit wenigen<lb/>
oft sehr viel sagte, gab auf die Frage, was das<lb/><cb n="2"/>
beste wäre? die vortrefliche Antwort, die Welt.<lb/>
Da sich Hr. Baumeister aber vorgenommen, die<lb/>
Geschichte der Streitigkeiten über diesen Satz von<lb/>
denenjenigen Zeiten anzufangen, welche wir die uns-<lb/>
rigen nennen: So ist der Hr. von Leibnitz der<lb/>
erste gewesen, welcher diese Wahrheit verfochten.<lb/>
Bayle hatte einige falsche Lehren von dem Ursprun-<lb/>
ge des Bösen vorgebracht, und nach den Manichae-<lb/>
ischen Sätzen zweyerley ewige Ursachen, die eine<lb/>
vom Guten und die andere vom Bösen angenommen;<lb/>
Jndem er nicht begreifen konnte, wie GOtt gut,<lb/>
weise und vollkommen seyn könnte, wenn er einen<lb/>
Menschen schaffen sollte, welcher gleich darauf mit<lb/>
dem lasterhaftesten Gemüthe in die ärgsten Sünden<lb/>
zu fallen im Stande wäre. Viele Weltweisen gaben<lb/>
sich die Mühe, diese so gefährlichen Lehrsätze zu ent-<lb/>
kräften, und allen zu besorgenden Jrrthümern vor-<lb/>
zubeugen. Leibnitz ließ sich dieses nicht weniger<lb/>
als die andern angelegen seyn, und verfertigte auf<lb/>
Befehl der damaligen Allerdurchl. Königinn von<lb/>
Preussen, Sophie Charlotte, seine Theodicee in<lb/>
französischer Sprache. Jn diesem vortreflichen Bu-<lb/>
che zeigt er Baylen die Schwäche seiner irrigen Sätze<lb/>
auf das gründlichste, und erwies, daß diese Welt<lb/>
unmöglich die beste seyn könnte, wenn nichts böses<lb/>
darinnen wäre. Dieses Buch und besonders die<lb/>
Lehre von der besten Welt des Hrn. von Leibnitz,<lb/>
fand so viel Beyfall als Wiederspruch. Buddeus<lb/>
war unter den Gegnern nicht der geringste; Er hielt<lb/>
eine Disputation, die er <hi rendition="#aq">Doctrinæ orthodoxæ de ori-<lb/>
gine mali contra recentiorum quorundam Hypothe-<lb/>
&#x017F;es mode&#x017F;tam a&#x017F;&#x017F;ertionem</hi> nannte, und wovon er<lb/>
aus besondern Ursachen seinen Respondenten für den<lb/>
Verfasser aus gab. Allein Leibnitz that in einem<lb/>
besondern Schreiben an den Hrn. Buddeus, wel-<lb/>
ches Hr. Baumeister mit einrücket, so bescheidene<lb/>
Erinnerungen, in Ansehung der Jngend des Respon-<lb/>
denten, welche denselben vielleicht noch verhinderte,<lb/>
die Gründe der leibnitzischen Sätze einzusehen, daß<lb/>
Hr. Buddeus dieser Erinnerung seinen Beyfall<lb/>
nicht versagen konnte.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">Der Beschluß folget künftig.</hi> </p><lb/>
      </div>
      <cb type="end"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jExpedition" n="1">
        <p>Diese Nachrichten werden wöchentlich 3 mal, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem<lb/>
Königl. und der Societät der Wissenschafften privilegirten Buchhändler Ambrosius Haude,<lb/>
und dem Königl. Hof=Post=Amte ausgegeben.</p>
      </div><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0004] Gelehrte Sachen. Die Streitigkeiten über den Satz von der besten Welt, sind allerdings von so grosser Erheblich- keit, daß sie die Aufmerksamkeit eines jeden, der et- was mit völliger Ueberzeugung einsehen will, verdie- nen. So wahr es ist, daß diese gegenwärtige Welt unter allen möglichen Welten die beste sey: So viel Wiederspruch hat diese Wahrheit gefunden, ja wir treffen noch täglich einige an, welche sich, ob wohl mit sehr schwachen Gründen wehren, dieselbe anzu- nehmen. Hr. Baumeister hat sich angelegen las- sen, uns in seiner erst kürzlich heraus gegebenen Hiſtoria Doctrinae recentius controverſae de Mundo optimo, einen vollständigen Begriff von denenjeni- gen Schicksalen zu geben, welchen dieser Satz un- terworfen gewesen. Seine Absicht ist gar nicht, et- was zu der Behauptung oder Verneinung desselben vorzubringen; sondern er bemühet sich nur seinen Lesern, die Gegner und Vertheidiger dieser Wahr- heit, nebst ihren Meinungen vorzustellen, und über- läßt den Ausspruch dem eigenen Urtheile eines jeden. Erstlich führet er die Gründe derer an, die diesen Satz behauptet haben, und diese sind folgende: Die- se Welt kann anders seyn als sie ist. Folglich sind ausser dieser Welt noch verschiedene an- dere möglich. Diese möglichen Welten hat sich GOtt von Ewigkeit auf das deutlichste vorgestellet, und nur diese und keine andere erwählet. GOtt wählet aber nach seiner Weisheit nur dasjenige, was sich am meisten zu seinen Absichten schickt. Also schickt sich diese Welt am meisten zu den göttlichen Ab- sichten. Eine Welt aber, die sich am meisten zu den göttlichen Absichten schickt, wird die beste oder die vollkommenste genannt. Folg- lich ist diese Welt die beste oder vollkommenste. Der Hr. Verfasser zeiget uns, daß schon die älte- sten Weltweisen die Vollkommenheit der Welt be- merket und erhoben haben. Plato konnnte die Voll- kommenheit der Einrichtung, bey dem Weltbaue nicht genug betrachten; und Thales, welcher mit wenigen oft sehr viel sagte, gab auf die Frage, was das beste wäre? die vortrefliche Antwort, die Welt. Da sich Hr. Baumeister aber vorgenommen, die Geschichte der Streitigkeiten über diesen Satz von denenjenigen Zeiten anzufangen, welche wir die uns- rigen nennen: So ist der Hr. von Leibnitz der erste gewesen, welcher diese Wahrheit verfochten. Bayle hatte einige falsche Lehren von dem Ursprun- ge des Bösen vorgebracht, und nach den Manichae- ischen Sätzen zweyerley ewige Ursachen, die eine vom Guten und die andere vom Bösen angenommen; Jndem er nicht begreifen konnte, wie GOtt gut, weise und vollkommen seyn könnte, wenn er einen Menschen schaffen sollte, welcher gleich darauf mit dem lasterhaftesten Gemüthe in die ärgsten Sünden zu fallen im Stande wäre. Viele Weltweisen gaben sich die Mühe, diese so gefährlichen Lehrsätze zu ent- kräften, und allen zu besorgenden Jrrthümern vor- zubeugen. Leibnitz ließ sich dieses nicht weniger als die andern angelegen seyn, und verfertigte auf Befehl der damaligen Allerdurchl. Königinn von Preussen, Sophie Charlotte, seine Theodicee in französischer Sprache. Jn diesem vortreflichen Bu- che zeigt er Baylen die Schwäche seiner irrigen Sätze auf das gründlichste, und erwies, daß diese Welt unmöglich die beste seyn könnte, wenn nichts böses darinnen wäre. Dieses Buch und besonders die Lehre von der besten Welt des Hrn. von Leibnitz, fand so viel Beyfall als Wiederspruch. Buddeus war unter den Gegnern nicht der geringste; Er hielt eine Disputation, die er Doctrinæ orthodoxæ de ori- gine mali contra recentiorum quorundam Hypothe- ſes modeſtam aſſertionem nannte, und wovon er aus besondern Ursachen seinen Respondenten für den Verfasser aus gab. Allein Leibnitz that in einem besondern Schreiben an den Hrn. Buddeus, wel- ches Hr. Baumeister mit einrücket, so bescheidene Erinnerungen, in Ansehung der Jngend des Respon- denten, welche denselben vielleicht noch verhinderte, die Gründe der leibnitzischen Sätze einzusehen, daß Hr. Buddeus dieser Erinnerung seinen Beyfall nicht versagen konnte. Der Beschluß folget künftig. Diese Nachrichten werden wöchentlich 3 mal, nemlich Dienstags, Donnerstags und Sonnabends, bey dem Königl. und der Societät der Wissenschafften privilegirten Buchhändler Ambrosius Haude, und dem Königl. Hof=Post=Amte ausgegeben.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation; Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin043_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin043_1741/4
Zitationshilfe: Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 43. Berlin, 11. April 1741, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlin043_1741/4>, abgerufen am 21.11.2024.