Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen. Nr. 76. Berlin, 27. Juni 1741.[Beginn Spaltensatz]
mit sich. Bald nach ihrer Ankunfft findet sie Mittel, Der Graf von Bonneval ist in seine vorige Charge, Fortsetzung der Nachricht von dem Rußis. Gosandten. Um 7. Uhr des Abends langte man vor Pera Die Fortsetzung folget künftig. [Beginn Spaltensatz]
mit sich. Bald nach ihrer Ankunfft findet sie Mittel, Der Graf von Bonneval ist in seine vorige Charge, Fortsetzung der Nachricht von dem Rußis. Gosandten. Um 7. Uhr des Abends langte man vor Pera Die Fortsetzung folget künftig. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0004"/><cb type="start"/> mit sich. Bald nach ihrer Ankunfft findet sie Mittel,<lb/> den Cherif, oder Ober=Priester der Moschee, zu ge-<lb/> winnen, daß er ihr erlaubt, die Geschencke auf das<lb/> Grab des Mahomets zu legen. Diese Freyheit ge-<lb/> höret einzig und allein den Musulmännern, und ist<lb/> hingegen den Ketzern, wovor man die Persianer an-<lb/> fiehet, völlig verboten. Der Bruder des Cherifs,<lb/> ein von Natur boshaffter Mensch, und welcher<lb/> schon seit geraumer Zeit nach der Würde eines Ober-<lb/> Priesters getrachtet hat, steckt sich hinter die eyfrig-<lb/> sten Musulmänner, erzehlet ihnen die von seinem<lb/> Bruder den Persianern verstattete Freyheit, und<lb/> mahlet selbige mit den heßlichsten Farben ab, erbit-<lb/> tert auch dadurch ihre Gemüther dergestallt, daß sie<lb/> aus einer heiligen Wuth in die Moschee brechen, den<lb/> Cherif, sammt allen Persianern von der unglückli-<lb/> chen Caravane, nieder säbeln, die Geschencke auf die<lb/> Erde werffen, und sie mit Füssen treten. Kaum er-<lb/> fährt Thamas Konli=Kan diese barbarische und un-<lb/> menschliche Unternehmung der Türcken, so schickt er,<lb/> wie man versichert, ohne den geringsten Verzug<lb/> zwey starcke Corps von seiner Armee ab, eins nach<lb/> Blsora, und das andere nach Karz. Hieraus ist<lb/> nun leicht zu urtheilen, daß es zwischen der Pforte,<lb/> und Persien, bald von neuem zum Kriege kommen<lb/> möchte. Der Groß=Vezier hat so fort 10 andere<lb/> Janitscharen=Cammern abgesendet, und seit der em-<lb/> pfangenen Nachricht von den Kriegs=Rüstungen des<lb/> Kouli=Kans begegnet dieser oberste Minister der<lb/> Pforte den hier befindlichen Gesandten der Christlichen<lb/> Höfe mit den ersinnlichsten Liebkosungen. Die Ara-<lb/> ber sollen sich auch schon bewegen; man weiß aber<lb/> noch nicht, ob solches zum Besten des Kouli=Kans,<lb/> oder der Pforte, geschiehet. Es verlautet zwar,<lb/> daß 4 Persianische Kans, oder Fürsten, sich wieder<lb/> den Sophi verbunden und ein Corps seiner Truppen,<lb/> 30000 Mann starck, in die Flucht geschlagen hät-<lb/> ten; allein viele glauben, diese letztere Zeitung sey<lb/> bloß darum ausgesprenget worden, den Pöbel im<lb/> Zaum zu halten, und ihn zu verhindern, daß er sich<lb/> nicht etwa wieder die Regierung empöret, wenn ihm<lb/> die erstere mit ihren fürchterlichen Umständen zu<lb/> Ohren kömmt. Weil inzwischen von einer förmli-<lb/> chen Krieges= Erklärung des Sophi noch nichts zu-<lb/> verläßiges eingelauffen ist; so suchen die Ministers<lb/> der Pforte dem Persianischen Ambassadeur bis jetzo<lb/> alle nur erdenckliche Höflichkeiten zu erzeigen.</p><lb/> <p>Der Graf von Bonneval ist in seine vorige Charge,<lb/><cb n="2"/> als Ober=Aufseher über die Artillerie, und zwar mit<lb/> einem jährlichen Gehalt von 1000 Piasters, wieder<lb/> eingesetzt worden.</p><lb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head>Fortsetzung der Nachricht von dem Rußis. Gosandten.</head><lb/> <p>Um 7. Uhr des Abends langte man vor Pera<lb/> an, worauf ein ieder wieder seinen Platz einnahm, und<lb/> der Einzug mit brennenden Fackeln geschahe. Der<lb/> Gesandschaffts=Commissarius und Capidschi Ba-<lb/> scha, der Tschauschlär Kiatibi, und der Emini,<lb/> der Dollmetscher der Pforte, und der Wach= habende<lb/> Tschurbadschi begleitetē den Gesandten in seine Apar-<lb/> tements, allwo sie nach eingenommener Tasse Caffe<lb/> sich bey ihm beurlaubten. Auf unterschiedenen Gas-<lb/> sen und bey den Stadt= Thoren, wo Türckische Wa-<lb/> chen standen, hatten die Janitscharen, nebst ihren<lb/> Officieren, beym Vorbeyziehen des Gesandten ihre<lb/> Staats=Mützen auf. Den andern Tag nach dem<lb/> Einzug, als den 18. Martii, wurden dem Gesandten<lb/> früh Morgens von dem Groß=Vizier allerley Früch-<lb/> ten und Confituren, durch den Confiturier des Groß-<lb/> Sultans und den Dollmetscher der Pforte überbracht,<lb/> welche nach abgelegtem Compliment von dem Groß-<lb/> Vizier unter andern erwehnten, wie es dem Groß=Vi-<lb/> zir Leid gethan, daß der Herr Gesandte sich bemühet<lb/> habe, während dem Zuge beständig zu reuten, und nicht<lb/> ein einiges mahl in der Carosse gesessen sey. Nachmit-<lb/> tags, um 2 Uhr, schickte der Gesandte den Cantzley-<lb/> Rath Neplujew an die Pforte ab, um denen Mini-<lb/> stern für die gute Aufnahme zu dancken. Sein Ge-<lb/> folge bestand aus einem Dollmetscher, 4 Laqueyen<lb/> und 1 Läuffer in reicher Livree. Der Cantzley=Rath<lb/> wurde erstlich von dem Dollmetscher der Psorte zum<lb/> Kegaja, und so dann zum Groß= Vizier geführet,<lb/> welchem er in einem Compliment das Vergnügen des<lb/> Gesandten über seine Einholung in Constantinopel be-<lb/> zeigte, und dagegen von dem Groß=Vizir, nachdem<lb/> derselbe dieses Compliment sehr freundlich aufgenom-<lb/> men hatte, die Versicherung erhielt, welchergestalt<lb/> er nichts wolle ermangeln lassen, so zu Besestigung<lb/> des guten Vernehmens zwischen beyden Reichen, und<lb/> zu Beförderung des allgemeinen Nutzens und der<lb/> Wohlfarth beyderseits Unterthanen gereichen könne.<lb/> Zu gleicher Zeit declarirte der Groß=Vizir, daß dem<lb/> Herrn Gesandten alle gebührende Honneur so wohl<lb/> aus Consideration Sr. Majest. des Groß=Sultans<lb/> gegen das Rußische Reich, als auch en particulier<lb/> wegen seiner besondern Qualitäten, wiederfahren solle.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c">Die Fortsetzung folget künftig.</hi> </p> </div> </div><lb/> <cb type="end"/> </body> </text> </TEI> [0004]
mit sich. Bald nach ihrer Ankunfft findet sie Mittel,
den Cherif, oder Ober=Priester der Moschee, zu ge-
winnen, daß er ihr erlaubt, die Geschencke auf das
Grab des Mahomets zu legen. Diese Freyheit ge-
höret einzig und allein den Musulmännern, und ist
hingegen den Ketzern, wovor man die Persianer an-
fiehet, völlig verboten. Der Bruder des Cherifs,
ein von Natur boshaffter Mensch, und welcher
schon seit geraumer Zeit nach der Würde eines Ober-
Priesters getrachtet hat, steckt sich hinter die eyfrig-
sten Musulmänner, erzehlet ihnen die von seinem
Bruder den Persianern verstattete Freyheit, und
mahlet selbige mit den heßlichsten Farben ab, erbit-
tert auch dadurch ihre Gemüther dergestallt, daß sie
aus einer heiligen Wuth in die Moschee brechen, den
Cherif, sammt allen Persianern von der unglückli-
chen Caravane, nieder säbeln, die Geschencke auf die
Erde werffen, und sie mit Füssen treten. Kaum er-
fährt Thamas Konli=Kan diese barbarische und un-
menschliche Unternehmung der Türcken, so schickt er,
wie man versichert, ohne den geringsten Verzug
zwey starcke Corps von seiner Armee ab, eins nach
Blsora, und das andere nach Karz. Hieraus ist
nun leicht zu urtheilen, daß es zwischen der Pforte,
und Persien, bald von neuem zum Kriege kommen
möchte. Der Groß=Vezier hat so fort 10 andere
Janitscharen=Cammern abgesendet, und seit der em-
pfangenen Nachricht von den Kriegs=Rüstungen des
Kouli=Kans begegnet dieser oberste Minister der
Pforte den hier befindlichen Gesandten der Christlichen
Höfe mit den ersinnlichsten Liebkosungen. Die Ara-
ber sollen sich auch schon bewegen; man weiß aber
noch nicht, ob solches zum Besten des Kouli=Kans,
oder der Pforte, geschiehet. Es verlautet zwar,
daß 4 Persianische Kans, oder Fürsten, sich wieder
den Sophi verbunden und ein Corps seiner Truppen,
30000 Mann starck, in die Flucht geschlagen hät-
ten; allein viele glauben, diese letztere Zeitung sey
bloß darum ausgesprenget worden, den Pöbel im
Zaum zu halten, und ihn zu verhindern, daß er sich
nicht etwa wieder die Regierung empöret, wenn ihm
die erstere mit ihren fürchterlichen Umständen zu
Ohren kömmt. Weil inzwischen von einer förmli-
chen Krieges= Erklärung des Sophi noch nichts zu-
verläßiges eingelauffen ist; so suchen die Ministers
der Pforte dem Persianischen Ambassadeur bis jetzo
alle nur erdenckliche Höflichkeiten zu erzeigen.
Der Graf von Bonneval ist in seine vorige Charge,
als Ober=Aufseher über die Artillerie, und zwar mit
einem jährlichen Gehalt von 1000 Piasters, wieder
eingesetzt worden.
Fortsetzung der Nachricht von dem Rußis. Gosandten.
Um 7. Uhr des Abends langte man vor Pera
an, worauf ein ieder wieder seinen Platz einnahm, und
der Einzug mit brennenden Fackeln geschahe. Der
Gesandschaffts=Commissarius und Capidschi Ba-
scha, der Tschauschlär Kiatibi, und der Emini,
der Dollmetscher der Pforte, und der Wach= habende
Tschurbadschi begleitetē den Gesandten in seine Apar-
tements, allwo sie nach eingenommener Tasse Caffe
sich bey ihm beurlaubten. Auf unterschiedenen Gas-
sen und bey den Stadt= Thoren, wo Türckische Wa-
chen standen, hatten die Janitscharen, nebst ihren
Officieren, beym Vorbeyziehen des Gesandten ihre
Staats=Mützen auf. Den andern Tag nach dem
Einzug, als den 18. Martii, wurden dem Gesandten
früh Morgens von dem Groß=Vizier allerley Früch-
ten und Confituren, durch den Confiturier des Groß-
Sultans und den Dollmetscher der Pforte überbracht,
welche nach abgelegtem Compliment von dem Groß-
Vizier unter andern erwehnten, wie es dem Groß=Vi-
zir Leid gethan, daß der Herr Gesandte sich bemühet
habe, während dem Zuge beständig zu reuten, und nicht
ein einiges mahl in der Carosse gesessen sey. Nachmit-
tags, um 2 Uhr, schickte der Gesandte den Cantzley-
Rath Neplujew an die Pforte ab, um denen Mini-
stern für die gute Aufnahme zu dancken. Sein Ge-
folge bestand aus einem Dollmetscher, 4 Laqueyen
und 1 Läuffer in reicher Livree. Der Cantzley=Rath
wurde erstlich von dem Dollmetscher der Psorte zum
Kegaja, und so dann zum Groß= Vizier geführet,
welchem er in einem Compliment das Vergnügen des
Gesandten über seine Einholung in Constantinopel be-
zeigte, und dagegen von dem Groß=Vizir, nachdem
derselbe dieses Compliment sehr freundlich aufgenom-
men hatte, die Versicherung erhielt, welchergestalt
er nichts wolle ermangeln lassen, so zu Besestigung
des guten Vernehmens zwischen beyden Reichen, und
zu Beförderung des allgemeinen Nutzens und der
Wohlfarth beyderseits Unterthanen gereichen könne.
Zu gleicher Zeit declarirte der Groß=Vizir, daß dem
Herrn Gesandten alle gebührende Honneur so wohl
aus Consideration Sr. Majest. des Groß=Sultans
gegen das Rußische Reich, als auch en particulier
wegen seiner besondern Qualitäten, wiederfahren solle.
Die Fortsetzung folget künftig.
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