Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Berlinische Privilegierte Zeitung. Nr. 47. Berlin, 18. April 1737.

Bild:
<< vorherige Seite
Paris, den 5. April.

So geschwind die sogenannten Logen der Frei=Maurer
allhier überhand genommen, so geschwind sind auch diesel-
ben wieder in Abnahme ihres Ansehens geraten. Die Ver-
ordnungen des General=Lieutenants von der Policei, so
scharf auch dieselben geklungen, haben nicht so viel ausrich-
ten können, als die einzige Erklärung unsers Königs: daß
sie die Glieder dieser Brüderschafft nicht gerne bei
Hofe sehen würden, Vermögen gehabt. Das Frauen-
zimmer lässet ihre Scheelsucht, daß sie das männliche Ge-
schlechte von den Geheimnissen dieser Brüderschafft ausge-
schlossen, und zugleich den bisherigen Eifer eine andere
Schwesterschafft mit Ausschlüssung der Manns=Personen
aufzurichten ziemlich wieder fahren; es ist auch zu zweiffeln,
daß die von einem Mittgliede der Frei=Maurer=Zunfft, dem
Medico und Poeten Procope aufgesezte Schuz=Schrifft,
weder den ersten das verlohrne Ansehen noch den leztern die
vergangene Lust wiederbringen werde, da man die Besu-
chung des Hofes vor ein wesentlicheres Vergnügen als die
kindischen Alfanzereien der Frei=Maurer und dergleichen
Schwesterschafft hält. So leicht aber ist der Streit zwi-
schen den Molinisten und Jansenisten nicht gehoben, denn
dieselben liegen einander noch beständig in Haaren, und su-
chen entweder durch wahre oder falsche Wunder=Werke die
Wahrheit ihrer Sache und Meinung zu bekräfftigen; wie
denn ohnlängst das selzame Gerücht durch die Stadt floge,
daß die Kirche von S. Medard erschüttert, alle Fenster dar-
innne zu brochen und das Grab des Abt Paris in die Lufft er-
hoben worden. Man kan sich leicht vorstellen was dabei vor
ein Zulauf von Volke gewesen seyn muß, daß auch Herr He-
rauld vor gut befand solchen nebst dem Befehlshaber der hie-
sigen Wache zu stillen. Die Fenster in der Kirche sind zwar
würklich zerbrochen gewesen, allein wie einige bemerkt haben
wollen, ist solches durch den darum wohnenden Pöbel mit
Steinen geschehen. Die Salceischen See=Räuber haben
von neuen unserm König zur Verbittung der gedroheten
Bombardirung vor dem unsern Kaufmanns=Schiffen zuge-
fügten Schaden, 600000 Pfund zu bezahlen und alle Fran-
zösische Gefangene ohne das geringste Löse=Geld heraus zu ge-

Paris, den 5. April.

So geschwind die sogenannten Logen der Frei=Maurer
allhier überhand genommen, so geschwind sind auch diesel-
ben wieder in Abnahme ihres Ansehens geraten. Die Ver-
ordnungen des General=Lieutenants von der Policei, so
scharf auch dieselben geklungen, haben nicht so viel ausrich-
ten können, als die einzige Erklärung unsers Königs: daß
sie die Glieder dieser Brüderschafft nicht gerne bei
Hofe sehen würden, Vermögen gehabt. Das Frauen-
zimmer lässet ihre Scheelsucht, daß sie das männliche Ge-
schlechte von den Geheimnissen dieser Brüderschafft ausge-
schlossen, und zugleich den bisherigen Eifer eine andere
Schwesterschafft mit Ausschlüssung der Manns=Personen
aufzurichten ziemlich wieder fahren; es ist auch zu zweiffeln,
daß die von einem Mittgliede der Frei=Maurer=Zunfft, dem
Medico und Poeten Procope aufgesezte Schuz=Schrifft,
weder den ersten das verlohrne Ansehen noch den leztern die
vergangene Lust wiederbringen werde, da man die Besu-
chung des Hofes vor ein wesentlicheres Vergnügen als die
kindischen Alfanzereien der Frei=Maurer und dergleichen
Schwesterschafft hält. So leicht aber ist der Streit zwi-
schen den Molinisten und Jansenisten nicht gehoben, denn
dieselben liegen einander noch beständig in Haaren, und su-
chen entweder durch wahre oder falsche Wunder=Werke die
Wahrheit ihrer Sache und Meinung zu bekräfftigen; wie
denn ohnlängst das selzame Gerücht durch die Stadt floge,
daß die Kirche von S. Medard erschüttert, alle Fenster dar-
innne zu brochen und das Grab des Abt Paris in die Lufft er-
hoben worden. Man kan sich leicht vorstellen was dabei vor
ein Zulauf von Volke gewesen seyn muß, daß auch Herr He-
rauld vor gut befand solchen nebst dem Befehlshaber der hie-
sigen Wache zu stillen. Die Fenster in der Kirche sind zwar
würklich zerbrochen gewesen, allein wie einige bemerkt haben
wollen, ist solches durch den darum wohnenden Pöbel mit
Steinen geschehen. Die Salceischen See=Räuber haben
von neuen unserm König zur Verbittung der gedroheten
Bombardirung vor dem unsern Kaufmanns=Schiffen zuge-
fügten Schaden, 600000 Pfund zu bezahlen und alle Fran-
zösische Gefangene ohne das geringste Löse=Geld heraus zu ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <pb facs="#f0004"/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <head>Paris, den 5. April.</head><lb/>
          <p>So geschwind die sogenannten Logen der Frei=Maurer<lb/>
allhier überhand genommen, so geschwind sind auch diesel-<lb/>
ben wieder in Abnahme ihres Ansehens geraten. Die Ver-<lb/>
ordnungen des General=Lieutenants von der Policei, so<lb/>
scharf auch dieselben geklungen, haben nicht so viel ausrich-<lb/>
ten können, als die einzige Erklärung unsers Königs: daß<lb/>
sie die Glieder dieser Brüderschafft nicht gerne bei<lb/>
Hofe sehen würden, Vermögen gehabt. Das Frauen-<lb/>
zimmer lässet ihre Scheelsucht, daß sie das männliche Ge-<lb/>
schlechte von den Geheimnissen dieser Brüderschafft ausge-<lb/>
schlossen, und zugleich den bisherigen Eifer eine andere<lb/>
Schwesterschafft mit Ausschlüssung der Manns=Personen<lb/>
aufzurichten ziemlich wieder fahren; es ist auch zu zweiffeln,<lb/>
daß die von einem Mittgliede der Frei=Maurer=Zunfft, dem<lb/>
Medico und Poeten Procope aufgesezte Schuz=Schrifft,<lb/>
weder den ersten das verlohrne Ansehen noch den leztern die<lb/>
vergangene Lust wiederbringen werde, da man die Besu-<lb/>
chung des Hofes vor ein wesentlicheres Vergnügen als die<lb/>
kindischen Alfanzereien der Frei=Maurer und dergleichen<lb/>
Schwesterschafft hält. So leicht aber ist der Streit zwi-<lb/>
schen den Molinisten und Jansenisten nicht gehoben, denn<lb/>
dieselben liegen einander noch beständig in Haaren, und su-<lb/>
chen entweder durch wahre oder falsche Wunder=Werke die<lb/>
Wahrheit ihrer Sache und Meinung zu bekräfftigen; wie<lb/>
denn ohnlängst das selzame Gerücht durch die Stadt floge,<lb/>
daß die Kirche von S. Medard erschüttert, alle Fenster dar-<lb/>
innne zu brochen und das Grab des Abt Paris in die Lufft er-<lb/>
hoben worden. Man kan sich leicht vorstellen was dabei vor<lb/>
ein Zulauf von Volke gewesen seyn muß, daß auch Herr He-<lb/>
rauld vor gut befand solchen nebst dem Befehlshaber der hie-<lb/>
sigen Wache zu stillen. Die Fenster in der Kirche sind zwar<lb/>
würklich zerbrochen gewesen, allein wie einige bemerkt haben<lb/>
wollen, ist solches durch den darum wohnenden Pöbel mit<lb/>
Steinen geschehen. Die Salceischen See=Räuber haben<lb/>
von neuen unserm König zur Verbittung der gedroheten<lb/>
Bombardirung vor dem unsern Kaufmanns=Schiffen zuge-<lb/>
fügten Schaden, 600000 Pfund zu bezahlen und alle Fran-<lb/>
zösische Gefangene ohne das geringste Löse=Geld heraus zu ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0004] Paris, den 5. April. So geschwind die sogenannten Logen der Frei=Maurer allhier überhand genommen, so geschwind sind auch diesel- ben wieder in Abnahme ihres Ansehens geraten. Die Ver- ordnungen des General=Lieutenants von der Policei, so scharf auch dieselben geklungen, haben nicht so viel ausrich- ten können, als die einzige Erklärung unsers Königs: daß sie die Glieder dieser Brüderschafft nicht gerne bei Hofe sehen würden, Vermögen gehabt. Das Frauen- zimmer lässet ihre Scheelsucht, daß sie das männliche Ge- schlechte von den Geheimnissen dieser Brüderschafft ausge- schlossen, und zugleich den bisherigen Eifer eine andere Schwesterschafft mit Ausschlüssung der Manns=Personen aufzurichten ziemlich wieder fahren; es ist auch zu zweiffeln, daß die von einem Mittgliede der Frei=Maurer=Zunfft, dem Medico und Poeten Procope aufgesezte Schuz=Schrifft, weder den ersten das verlohrne Ansehen noch den leztern die vergangene Lust wiederbringen werde, da man die Besu- chung des Hofes vor ein wesentlicheres Vergnügen als die kindischen Alfanzereien der Frei=Maurer und dergleichen Schwesterschafft hält. So leicht aber ist der Streit zwi- schen den Molinisten und Jansenisten nicht gehoben, denn dieselben liegen einander noch beständig in Haaren, und su- chen entweder durch wahre oder falsche Wunder=Werke die Wahrheit ihrer Sache und Meinung zu bekräfftigen; wie denn ohnlängst das selzame Gerücht durch die Stadt floge, daß die Kirche von S. Medard erschüttert, alle Fenster dar- innne zu brochen und das Grab des Abt Paris in die Lufft er- hoben worden. Man kan sich leicht vorstellen was dabei vor ein Zulauf von Volke gewesen seyn muß, daß auch Herr He- rauld vor gut befand solchen nebst dem Befehlshaber der hie- sigen Wache zu stillen. Die Fenster in der Kirche sind zwar würklich zerbrochen gewesen, allein wie einige bemerkt haben wollen, ist solches durch den darum wohnenden Pöbel mit Steinen geschehen. Die Salceischen See=Räuber haben von neuen unserm König zur Verbittung der gedroheten Bombardirung vor dem unsern Kaufmanns=Schiffen zuge- fügten Schaden, 600000 Pfund zu bezahlen und alle Fran- zösische Gefangene ohne das geringste Löse=Geld heraus zu ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlinpz47_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlinpz47_1737/4
Zitationshilfe: Berlinische Privilegierte Zeitung. Nr. 47. Berlin, 18. April 1737, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_berlinpz47_1737/4>, abgerufen am 21.11.2024.