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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736.

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Zeit ihres Lebens nicht mehr dabey zu er-
scheinen, verreden und verschwöhren.



Fünffte Abhandlung.
Von Complimenten bey Ga-
stereyen.

WEnn gute und verträuliche
Freunde, einander gerne sehen
und sprechen, so pflegen selbige
einander fleißig zu besuchen, und legen
dadurch ihre Sehnsucht an den Tag,
welche sie in ihrem Herzen zu aufrichtigen
Freunden tragen, deren Entbehrung ih-
nen höchst-schmerzlich, ihre angen[e]hme
Gegenwart aber sehr tröstlich und erfreu-
lich fiele. Jst nun beeder Herzen ein
Herz, so ist auch beeder Seckel eine fast
gemeinschafftliche Vereinigung; ein auf-
richtiger Freund gönnet dem andern so
viel gutes, als sich selbst: er nimmt den
Bissen, so zu reden, aus dem Mund, und
speisset seinen Freund damit; Er hält
seines Freundes Glück und Unglück für
sein eigenes, und nimmt an alle dem
Theil, was seinem Freunde begegnet, es

schlage

Zeit ihres Lebens nicht mehr dabey zu er-
ſcheinen, verreden und verſchwoͤhren.



Fuͤnffte Abhandlung.
Von Complimenten bey Ga-
ſtereyen.

WEnn gute und vertraͤuliche
Freunde, einander gerne ſehen
und ſprechen, ſo pflegen ſelbige
einander fleißig zu beſuchen, und legen
dadurch ihre Sehnſucht an den Tag,
welche ſie in ihrem Herzen zu aufrichtigen
Freunden tragen, deren Entbehrung ih-
nen hoͤchſt-ſchmerzlich, ihre angen[e]hme
Gegenwart aber ſehr troͤſtlich und erfreu-
lich fiele. Jſt nun beeder Herzen ein
Herz, ſo iſt auch beeder Seckel eine faſt
gemeinſchafftliche Vereinigung; ein auf-
richtiger Freund goͤnnet dem andern ſo
viel gutes, als ſich ſelbſt: er nimmt den
Biſſen, ſo zu reden, aus dem Mund, und
ſpeiſſet ſeinen Freund damit; Er haͤlt
ſeines Freundes Gluͤck und Ungluͤck fuͤr
ſein eigenes, und nimmt an alle dem
Theil, was ſeinem Freunde begegnet, es

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[134/0140] Zeit ihres Lebens nicht mehr dabey zu er- ſcheinen, verreden und verſchwoͤhren. Fuͤnffte Abhandlung. Von Complimenten bey Ga- ſtereyen. WEnn gute und vertraͤuliche Freunde, einander gerne ſehen und ſprechen, ſo pflegen ſelbige einander fleißig zu beſuchen, und legen dadurch ihre Sehnſucht an den Tag, welche ſie in ihrem Herzen zu aufrichtigen Freunden tragen, deren Entbehrung ih- nen hoͤchſt-ſchmerzlich, ihre angenehme Gegenwart aber ſehr troͤſtlich und erfreu- lich fiele. Jſt nun beeder Herzen ein Herz, ſo iſt auch beeder Seckel eine faſt gemeinſchafftliche Vereinigung; ein auf- richtiger Freund goͤnnet dem andern ſo viel gutes, als ſich ſelbſt: er nimmt den Biſſen, ſo zu reden, aus dem Mund, und ſpeiſſet ſeinen Freund damit; Er haͤlt ſeines Freundes Gluͤck und Ungluͤck fuͤr ſein eigenes, und nimmt an alle dem Theil, was ſeinem Freunde begegnet, es ſchlage

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Zitationshilfe: [N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/140>, abgerufen am 28.04.2024.