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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736.

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sein Sitz mit guldener Decke überzogen
wäre.



Nichts ist schöners bey Gastereyen,
als eine manierliche Aufführung, daß
man sich nicht verächtlich, und andern
Anwesenden dadurch einen Eckel mache.
Dergleichen eckelhaffte Aufführungen
sind, die Speisen mit den Händen neh-
men, Teller und Schüsseln absuppern,
oder mit den Fingern ausstreichen und so
dann mit der Zunge lecken, welches sehr
grauerisch läßt, und denen Anwesenden
den ganzen Appetit benehmen und ver-
derben kan.



Wenn einem jeden sein eigen Glas
oder Bouteille vorgesezt wird, geschicht
es zu dem Ende, daß er, nach Erforder-
nüs seines Appetits, trincken kan, und
nicht erst damit auf einen andern war-
ten müsse. Wenn es aber aus Gesund-
heit trincken (welches gemeiniglich das
Erste ist) gehet, so thut er solches vors er-
ste auf Gesundheit der ganzen anwesen-
den Compagnie; so dann nimmt er her-
nach die Ordnung, nach eines jeden

Rang,

ſein Sitz mit guldener Decke uͤberzogen
waͤre.



Nichts iſt ſchoͤners bey Gaſtereyen,
als eine manierliche Auffuͤhrung, daß
man ſich nicht veraͤchtlich, und andern
Anweſenden dadurch einen Eckel mache.
Dergleichen eckelhaffte Auffuͤhrungen
ſind, die Speiſen mit den Haͤnden neh-
men, Teller und Schuͤſſeln abſuppern,
oder mit den Fingern ausſtreichen und ſo
dann mit der Zunge lecken, welches ſehr
graueriſch laͤßt, und denen Anweſenden
den ganzen Appetit benehmen und ver-
derben kan.



Wenn einem jeden ſein eigen Glas
oder Bouteille vorgeſezt wird, geſchicht
es zu dem Ende, daß er, nach Erforder-
nuͤs ſeines Appetits, trincken kan, und
nicht erſt damit auf einen andern war-
ten muͤſſe. Wenn es aber aus Geſund-
heit trincken (welches gemeiniglich das
Erſte iſt) gehet, ſo thut er ſolches vors er-
ſte auf Geſundheit der ganzen anweſen-
den Compagnie; ſo dann nimmt er her-
nach die Ordnung, nach eines jeden

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[138/0144] ſein Sitz mit guldener Decke uͤberzogen waͤre. Nichts iſt ſchoͤners bey Gaſtereyen, als eine manierliche Auffuͤhrung, daß man ſich nicht veraͤchtlich, und andern Anweſenden dadurch einen Eckel mache. Dergleichen eckelhaffte Auffuͤhrungen ſind, die Speiſen mit den Haͤnden neh- men, Teller und Schuͤſſeln abſuppern, oder mit den Fingern ausſtreichen und ſo dann mit der Zunge lecken, welches ſehr graueriſch laͤßt, und denen Anweſenden den ganzen Appetit benehmen und ver- derben kan. Wenn einem jeden ſein eigen Glas oder Bouteille vorgeſezt wird, geſchicht es zu dem Ende, daß er, nach Erforder- nuͤs ſeines Appetits, trincken kan, und nicht erſt damit auf einen andern war- ten muͤſſe. Wenn es aber aus Geſund- heit trincken (welches gemeiniglich das Erſte iſt) gehet, ſo thut er ſolches vors er- ſte auf Geſundheit der ganzen anweſen- den Compagnie; ſo dann nimmt er her- nach die Ordnung, nach eines jeden Rang,

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Zitationshilfe: [N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/144>, abgerufen am 27.04.2024.