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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736.

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so erheischet er solches auch bey diesem
wichtigen Vorhaben; damit ihm der
Höchste eine vernünfftige Eh-Frau be-
schehren möge, mit welcher er in Lieb und
Leid, biß an sein Ende, leben und ster-
ben könne. Ehe er aber zur Anwerbung
schreiten will, soll er der Person, welche er
heyrathen will, ihre Neigung, natürliche
Eigenschafften und Tugenden erforschen,
so er durch Personen erfahren kan, welche
mit seiner Geliebten nahe verwandt, oder
sonst öffters mit derselben umgegangen
sind: Denn es ist gar ein langer Kauff um
das Heyrathen, und eine übel erwählte
Mariage verursacht ein immerwähren-
des Seufzen und Wehklagen; ja, man
hat leider Exempel, daß manche ehrliche
Männer darüber gar in Desperation und
Verzweiflung gefallen. Jedoch hat er
auch die Klugheit dabey zu gebrauchen,
daß er nicht alles von den Leuten annehme
und glaube: Denn wie ein jeder Mensch
gure und böse Leute hat, von denen er
theils gelobet, theils geschändet wird; so
wird es einer ehrlichen Jungfrau, zu sol-
cher Zeit, auch nicht an Läster-Mäulern
und Verleumdern fehlen, welche ihr das

Glück

ſo erheiſchet er ſolches auch bey dieſem
wichtigen Vorhaben; damit ihm der
Hoͤchſte eine vernuͤnfftige Eh-Frau be-
ſchehren moͤge, mit welcher er in Lieb und
Leid, biß an ſein Ende, leben und ſter-
ben koͤnne. Ehe er aber zur Anwerbung
ſchreiten will, ſoll er der Perſon, welche er
heyrathen will, ihre Neigung, natuͤrliche
Eigenſchafften und Tugenden erforſchen,
ſo er durch Perſonen erfahren kan, welche
mit ſeiner Geliebten nahe verwandt, oder
ſonſt oͤffters mit derſelben umgegangen
ſind: Denn es iſt gar ein langer Kauff um
das Heyrathen, und eine uͤbel erwaͤhlte
Mariage verurſacht ein immerwaͤhren-
des Seufzen und Wehklagen; ja, man
hat leider Exempel, daß manche ehrliche
Maͤnner daruͤber gar in Deſperation und
Verzweiflung gefallen. Jedoch hat er
auch die Klugheit dabey zu gebrauchen,
daß er nicht alles von den Leuten annehme
und glaube: Denn wie ein jeder Menſch
gure und boͤſe Leute hat, von denen er
theils gelobet, theils geſchaͤndet wird; ſo
wird es einer ehrlichen Jungfrau, zu ſol-
cher Zeit, auch nicht an Laͤſter-Maͤulern
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[58/0064] ſo erheiſchet er ſolches auch bey dieſem wichtigen Vorhaben; damit ihm der Hoͤchſte eine vernuͤnfftige Eh-Frau be- ſchehren moͤge, mit welcher er in Lieb und Leid, biß an ſein Ende, leben und ſter- ben koͤnne. Ehe er aber zur Anwerbung ſchreiten will, ſoll er der Perſon, welche er heyrathen will, ihre Neigung, natuͤrliche Eigenſchafften und Tugenden erforſchen, ſo er durch Perſonen erfahren kan, welche mit ſeiner Geliebten nahe verwandt, oder ſonſt oͤffters mit derſelben umgegangen ſind: Denn es iſt gar ein langer Kauff um das Heyrathen, und eine uͤbel erwaͤhlte Mariage verurſacht ein immerwaͤhren- des Seufzen und Wehklagen; ja, man hat leider Exempel, daß manche ehrliche Maͤnner daruͤber gar in Deſperation und Verzweiflung gefallen. Jedoch hat er auch die Klugheit dabey zu gebrauchen, daß er nicht alles von den Leuten annehme und glaube: Denn wie ein jeder Menſch gure und boͤſe Leute hat, von denen er theils gelobet, theils geſchaͤndet wird; ſo wird es einer ehrlichen Jungfrau, zu ſol- cher Zeit, auch nicht an Laͤſter-Maͤulern und Verleumdern fehlen, welche ihr das Gluͤck

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Zitationshilfe: [N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/64>, abgerufen am 03.05.2024.