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[N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736.

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die allergemeinste Art des männlichen
Geschlechtes: und es ist auch das Frauen-
zimmer begieriger, nach schönen als heßli-
chen Angesichtern. Jedoch leget solche
dabey gemeiniglich den Kummer in das
Gemüthe, es dörften auch andere Belie-
ben zu dieser Schönheit tragen, welche
sie für sich allein gewählet; und der un-
schuldigste Blick kan zu einer herzfressen-
den Eifersucht unvermuthet eine Gele-
genheit geben, welche sich mercklich ver-
grössert, wenn man sehen muß, daß die
Aufführung der schönen Weiber eben so
verdächtig beschaffen, daß sie den gefaß-
ten Argwohn und billigen Eifer selbst be-
stärcken müssen. Mancher heurathet nach
Schönheit, ist auch so glücklich, daß er
mit derselben auch den Fleiß und Embsig-
keit verknüpfft gefunden; allein es man-
gelt dem guten Menschen der gute Ver-
stand/
die tumme Einfalt leuchtet aus
allen Worten und Wercken hervor;
greifft alles verkehrt und hinter sich an;
ist vergessen, daß sie nicht mehr weiß, was
was man bestellt oder verborgt, ist also
ganz blind und unbesonnen, und verdirbt
in einem Tage mehr, als der fleißige Mann

die

die allergemeinſte Art des maͤnnlichen
Geſchlechtes: und es iſt auch das Frauen-
zimmer begieriger, nach ſchoͤnen als heßli-
chen Angeſichtern. Jedoch leget ſolche
dabey gemeiniglich den Kummer in das
Gemuͤthe, es doͤrften auch andere Belie-
ben zu dieſer Schoͤnheit tragen, welche
ſie fuͤr ſich allein gewaͤhlet; und der un-
ſchuldigſte Blick kan zu einer herzfreſſen-
den Eiferſucht unvermuthet eine Gele-
genheit geben, welche ſich mercklich ver-
groͤſſert, wenn man ſehen muß, daß die
Auffuͤhrung der ſchoͤnen Weiber eben ſo
verdaͤchtig beſchaffen, daß ſie den gefaß-
ten Argwohn und billigen Eifer ſelbſt be-
ſtaͤrcken muͤſſen. Mancher heurathet nach
Schoͤnheit, iſt auch ſo gluͤcklich, daß er
mit derſelben auch den Fleiß und Embſig-
keit verknuͤpfft gefunden; allein es man-
gelt dem guten Menſchen der gute Ver-
ſtand/
die tumme Einfalt leuchtet aus
allen Worten und Wercken hervor;
greifft alles verkehrt und hinter ſich an;
iſt vergeſſen, daß ſie nicht mehr weiß, was
was man beſtellt oder verborgt, iſt alſo
ganz blind und unbeſonnen, und verdirbt
in einem Tage mehr, als der fleißige Mann

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[60/0066] die allergemeinſte Art des maͤnnlichen Geſchlechtes: und es iſt auch das Frauen- zimmer begieriger, nach ſchoͤnen als heßli- chen Angeſichtern. Jedoch leget ſolche dabey gemeiniglich den Kummer in das Gemuͤthe, es doͤrften auch andere Belie- ben zu dieſer Schoͤnheit tragen, welche ſie fuͤr ſich allein gewaͤhlet; und der un- ſchuldigſte Blick kan zu einer herzfreſſen- den Eiferſucht unvermuthet eine Gele- genheit geben, welche ſich mercklich ver- groͤſſert, wenn man ſehen muß, daß die Auffuͤhrung der ſchoͤnen Weiber eben ſo verdaͤchtig beſchaffen, daß ſie den gefaß- ten Argwohn und billigen Eifer ſelbſt be- ſtaͤrcken muͤſſen. Mancher heurathet nach Schoͤnheit, iſt auch ſo gluͤcklich, daß er mit derſelben auch den Fleiß und Embſig- keit verknuͤpfft gefunden; allein es man- gelt dem guten Menſchen der gute Ver- ſtand/ die tumme Einfalt leuchtet aus allen Worten und Wercken hervor; greifft alles verkehrt und hinter ſich an; iſt vergeſſen, daß ſie nicht mehr weiß, was was man beſtellt oder verborgt, iſt alſo ganz blind und unbeſonnen, und verdirbt in einem Tage mehr, als der fleißige Mann die

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Zitationshilfe: [N. N.]: Kürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes. Frankfurt [u. a.], 1736, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_complimente_1736/66>, abgerufen am 04.05.2024.