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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 3. Burg/Berlin, 1838.

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43 Conversations=Blatt. 44
[Beginn Spaltensatz] nige Reisen zu benachbarten Fürsten, und besuchte end-
lich auch den Herzog Otto von Braunschweig. Der
Aufenthalt bei diesem gefiel ihm sehr wohl, wozu die
Anmuth und Liebenswürdigkeit der Herzogin, eine ge-
borne Gräfin aus dem Hause Nassau, nicht wenig bei-
trug.

Als Philipp einige Zeit nach seiner Heimkehr den
frühen Tod des Herzogs Otto erfuhr, da kam ihm der
Gedanke, um die holdseelige Wittwe zu freien. Diese
wies seine Anträge nicht zurück und der Graf ward in
schon vorgerücktem Mannesalter zum zweitenmal Gatte.
Seine zweite Gemahlin hieß, wie seine erste, Anna, aber
sie hatte mit dieser nur den Namen, nicht den Charak-
ter gemein; denn sie war gut, sanft und ganz geeig-
net, den Lebensabend ihres Eheherrn zu erheitern, und
seinen bisher so schwer getragenen Kummer, wenn nicht
ganz zu verscheuchen, doch zu lindern. Ruhig und glück-
lich lebte nun das edle Paar bald auf Rheinfels, bald
auf Katz, und Philipp theilte seine Zeit zwischen der
Sorge für das Wohl seines Landes, der zärtlichen Liebe
für seine Gemahlin, die sie ihm eben so herzlich erwie-
derte, und dem Genusse der schönen Natur in dieser
romantischen Gegend.

Die neue Vermählung des Grafen war vielen sei-
ner Verwandten ein höchst unangenehmes Ereigniß;
denn sie hofften nach seinem Tode sein Gebiet zu thei-
len, und ein männlicher Erbe, wenn ein solcher aus
der neuen Ehe entsprösse, raubte ihnen diesen Vortheil.
Da wandten einige Schlechtgesinnte die sträflichsten Mit-
tel an, um dieses Band zu zerreißen, oder doch un-
schädlich zu machen. Jhr schändliches Werkzeug war
- ein Priester.

Graf Philipp besoldete einen Geistlichen, Namens
Johann von Bornich, der in seiner Hauskapelle zu
Rheinfels den Gottesdienst versah. Dieser Mensch hatte
sich schon früher heimlich mit Giftmischerei befaßt, ja
mehrmals zur Vergiftung dingen lassen. Wie der Böse
den Bösen, der ihm als Mittel zu seinen Zwecken die-
nen soll, bald auswittert, so geschah es auch hier. Der
Schloßpfaffe ward von Einigen, die Philipps Länder und
Schätze zu erlangen strebten, durch Gold und Verhei-
ßungen auf noch reichern Lohn zu einer abscheulichen
Frevelthat vermocht. Den Ort, den er zur Ausfüh-
rung seines teuflischen Planes wählte, war - der Tem-
pel der Andacht, die Zeit, eine der Stunden, wo er
sein geistliches Amt verrichten mußte. Es war Brauch,
daß man, wenn die Gräfin zur Messe ging, einen Po-
kal mit Wein auf den Altar stellte, welcher dann vom
Priester eingesegnet und ihr überreicht ward. Bornich
hatte diesmal Arsenik in den Wein gemischt. Arglos
trank die Gräsin einige Tropfen. Aber sehr bald fühlte
sie die Wirkung des Giftes und ward tödtlich krank.
Der Pfaffe bestätigte sein Verbrechen durch die schnelle
Flucht, wodurch er sich der gerechten Strafe zu entzie-
hen gedachte.

Philipps Schmerz war unsäglich, und so groß,
daß man für sein eigenes Leben fürchten mußte. Tag
und Nacht weilte er angstvoll am Lager seiner gelieb-
ten Gattin; bei jeder Ohnmacht, jeder Zuckung glaubte
[Spaltenumbruch] er, daß sie verloren sey, und selbst die theilnehmende
Gegenwart seiner Tochter und seines Enkels konnte ihm
keinen Trost verleihen. Den Giftmischer jedoch traf
bald der Rache Strahl. Der vergifteten Anna Vater,
der edle Graf von Nassau hatte sogleich Maaßregeln
zur Verfolgung des Verworfenen getroffen. Dieser ward
zu Köln verhaftet, sogleich verhört, und gestand nicht
allein diese Unthat, sondern auch ähnliche Verbrechen,
die er schon früher begangen hatte; aber Diejenigen,
die ihn zu dem letzten gedungen hatten, nannte er nicht.
Nachdem man ihn seiner priesterlichen Würde förmlich
entsetzt und aller geistlichen Zeichen beraubt hatte, wurde
er neben dem Galgen lebendig verbrannt.

Aber der Himmel wollte nicht, daß die edle Grä-
fin das Opfer jener Ruchlosigkeit werden sollte. Ein
zweckmäßiges Arzeneimittel, dem ihre blühende Jugend-
kraft und gesunde Leibesbeschaffenheit sehr zu Hülfe
kam, überwand glücklich die Anfälle des Gifts. Sie
genaß allmälig von ihrer Krankheit; doch Philipps Hoff-
nung, daß seine zweite Ehe auch mit Kindern gesegnet
seyn würde, war nun vernichtet. Allein er vergaß die-
ses Leid über der seeligen Wonne, seine Jnnigstgeliebte
vom Tode errettet, sie wieder froh und glücklich in sei-
nen Armen zu sehen. An ihrer Seite, und an der,
seiner, mit dem edlen Landgrafen Heinrich von Hessen
vermählten Tochter Anna, wurden ihm jetzt noch seine
letzten Tage versüßt. Da ihm kein Sohn vergönnt
war, so sah er, was die Erhaltung seines uralten Stam-
mes betraf, nun den einzigen Trost in den Sprößlingen
dieses fürstlichen Hauses emporblühen. Darum segnete
er sein neues Geschlecht und ernannte seine Tochter zur
Erbin aller ihm gehörigen Länder. Auf diese Art kam
die Stadt St. Goar mit den Schlössern Rheinfels und
Katz, so wie alle Aemter und Burgen der Grafschaft
Katzenellenbogen an das Haus Hessen, welches auch
jene beiden Felsenvesten als eine Schutzwehr des Rheins
bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts besetzt hielt.
Jm dreißigjährigen Kriege sowohl, als in den nachfol-
genden Kriegen, in welchen die Deutschen gegen die
Franzosen stritten, waren Rheinfels und Katz stets
Punkte von einiger strategischen Wichtigkeit. Jetzt sind
ihre Befestigungen geschleift, aber die Ueberreste der einst
so stolzen Herrenschlösser gereichen noch immer als ehr-
würdige Denkmäler der Vorzeit der wildromantischen
Gegend zum Schmucke.

    Wg.



Das Ackerbanfest in China.

mitgetheilt
von
Freimund Ohnesorgen.

Es ist das größte Fest der Chinesen, denn der
Ackerbau steht unter einem der obersten ihrer Götter.
Jn Canton ziehen die Behörden und die ganze Bevöl-
kerung in großer Prozession nach dem Felde hinaus, um
eine Reihe von Feierlichkeiten zu begehen. Einige Sol-
daten mit Peitschen bewaffnet, eröffnen den Zug. Un-
ter einem Baldachin wird der Ackerbau=Gott, eine rie-
[Ende Spaltensatz]

43 Conversations=Blatt. 44
[Beginn Spaltensatz] nige Reisen zu benachbarten Fürsten, und besuchte end-
lich auch den Herzog Otto von Braunschweig. Der
Aufenthalt bei diesem gefiel ihm sehr wohl, wozu die
Anmuth und Liebenswürdigkeit der Herzogin, eine ge-
borne Gräfin aus dem Hause Nassau, nicht wenig bei-
trug.

Als Philipp einige Zeit nach seiner Heimkehr den
frühen Tod des Herzogs Otto erfuhr, da kam ihm der
Gedanke, um die holdseelige Wittwe zu freien. Diese
wies seine Anträge nicht zurück und der Graf ward in
schon vorgerücktem Mannesalter zum zweitenmal Gatte.
Seine zweite Gemahlin hieß, wie seine erste, Anna, aber
sie hatte mit dieser nur den Namen, nicht den Charak-
ter gemein; denn sie war gut, sanft und ganz geeig-
net, den Lebensabend ihres Eheherrn zu erheitern, und
seinen bisher so schwer getragenen Kummer, wenn nicht
ganz zu verscheuchen, doch zu lindern. Ruhig und glück-
lich lebte nun das edle Paar bald auf Rheinfels, bald
auf Katz, und Philipp theilte seine Zeit zwischen der
Sorge für das Wohl seines Landes, der zärtlichen Liebe
für seine Gemahlin, die sie ihm eben so herzlich erwie-
derte, und dem Genusse der schönen Natur in dieser
romantischen Gegend.

Die neue Vermählung des Grafen war vielen sei-
ner Verwandten ein höchst unangenehmes Ereigniß;
denn sie hofften nach seinem Tode sein Gebiet zu thei-
len, und ein männlicher Erbe, wenn ein solcher aus
der neuen Ehe entsprösse, raubte ihnen diesen Vortheil.
Da wandten einige Schlechtgesinnte die sträflichsten Mit-
tel an, um dieses Band zu zerreißen, oder doch un-
schädlich zu machen. Jhr schändliches Werkzeug war
– ein Priester.

Graf Philipp besoldete einen Geistlichen, Namens
Johann von Bornich, der in seiner Hauskapelle zu
Rheinfels den Gottesdienst versah. Dieser Mensch hatte
sich schon früher heimlich mit Giftmischerei befaßt, ja
mehrmals zur Vergiftung dingen lassen. Wie der Böse
den Bösen, der ihm als Mittel zu seinen Zwecken die-
nen soll, bald auswittert, so geschah es auch hier. Der
Schloßpfaffe ward von Einigen, die Philipps Länder und
Schätze zu erlangen strebten, durch Gold und Verhei-
ßungen auf noch reichern Lohn zu einer abscheulichen
Frevelthat vermocht. Den Ort, den er zur Ausfüh-
rung seines teuflischen Planes wählte, war – der Tem-
pel der Andacht, die Zeit, eine der Stunden, wo er
sein geistliches Amt verrichten mußte. Es war Brauch,
daß man, wenn die Gräfin zur Messe ging, einen Po-
kal mit Wein auf den Altar stellte, welcher dann vom
Priester eingesegnet und ihr überreicht ward. Bornich
hatte diesmal Arsenik in den Wein gemischt. Arglos
trank die Gräsin einige Tropfen. Aber sehr bald fühlte
sie die Wirkung des Giftes und ward tödtlich krank.
Der Pfaffe bestätigte sein Verbrechen durch die schnelle
Flucht, wodurch er sich der gerechten Strafe zu entzie-
hen gedachte.

Philipps Schmerz war unsäglich, und so groß,
daß man für sein eigenes Leben fürchten mußte. Tag
und Nacht weilte er angstvoll am Lager seiner gelieb-
ten Gattin; bei jeder Ohnmacht, jeder Zuckung glaubte
[Spaltenumbruch] er, daß sie verloren sey, und selbst die theilnehmende
Gegenwart seiner Tochter und seines Enkels konnte ihm
keinen Trost verleihen. Den Giftmischer jedoch traf
bald der Rache Strahl. Der vergifteten Anna Vater,
der edle Graf von Nassau hatte sogleich Maaßregeln
zur Verfolgung des Verworfenen getroffen. Dieser ward
zu Köln verhaftet, sogleich verhört, und gestand nicht
allein diese Unthat, sondern auch ähnliche Verbrechen,
die er schon früher begangen hatte; aber Diejenigen,
die ihn zu dem letzten gedungen hatten, nannte er nicht.
Nachdem man ihn seiner priesterlichen Würde förmlich
entsetzt und aller geistlichen Zeichen beraubt hatte, wurde
er neben dem Galgen lebendig verbrannt.

Aber der Himmel wollte nicht, daß die edle Grä-
fin das Opfer jener Ruchlosigkeit werden sollte. Ein
zweckmäßiges Arzeneimittel, dem ihre blühende Jugend-
kraft und gesunde Leibesbeschaffenheit sehr zu Hülfe
kam, überwand glücklich die Anfälle des Gifts. Sie
genaß allmälig von ihrer Krankheit; doch Philipps Hoff-
nung, daß seine zweite Ehe auch mit Kindern gesegnet
seyn würde, war nun vernichtet. Allein er vergaß die-
ses Leid über der seeligen Wonne, seine Jnnigstgeliebte
vom Tode errettet, sie wieder froh und glücklich in sei-
nen Armen zu sehen. An ihrer Seite, und an der,
seiner, mit dem edlen Landgrafen Heinrich von Hessen
vermählten Tochter Anna, wurden ihm jetzt noch seine
letzten Tage versüßt. Da ihm kein Sohn vergönnt
war, so sah er, was die Erhaltung seines uralten Stam-
mes betraf, nun den einzigen Trost in den Sprößlingen
dieses fürstlichen Hauses emporblühen. Darum segnete
er sein neues Geschlecht und ernannte seine Tochter zur
Erbin aller ihm gehörigen Länder. Auf diese Art kam
die Stadt St. Goar mit den Schlössern Rheinfels und
Katz, so wie alle Aemter und Burgen der Grafschaft
Katzenellenbogen an das Haus Hessen, welches auch
jene beiden Felsenvesten als eine Schutzwehr des Rheins
bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts besetzt hielt.
Jm dreißigjährigen Kriege sowohl, als in den nachfol-
genden Kriegen, in welchen die Deutschen gegen die
Franzosen stritten, waren Rheinfels und Katz stets
Punkte von einiger strategischen Wichtigkeit. Jetzt sind
ihre Befestigungen geschleift, aber die Ueberreste der einst
so stolzen Herrenschlösser gereichen noch immer als ehr-
würdige Denkmäler der Vorzeit der wildromantischen
Gegend zum Schmucke.

    Wg.



Das Ackerbanfest in China.

mitgetheilt
von
Freimund Ohnesorgen.

Es ist das größte Fest der Chinesen, denn der
Ackerbau steht unter einem der obersten ihrer Götter.
Jn Canton ziehen die Behörden und die ganze Bevöl-
kerung in großer Prozession nach dem Felde hinaus, um
eine Reihe von Feierlichkeiten zu begehen. Einige Sol-
daten mit Peitschen bewaffnet, eröffnen den Zug. Un-
ter einem Baldachin wird der Ackerbau=Gott, eine rie-
[Ende Spaltensatz]

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Auf diese Art kam die Stadt St. Goar mit den Schlössern Rheinfels und Katz, so wie alle Aemter und Burgen der Grafschaft Katzenellenbogen an das Haus Hessen, welches auch jene beiden Felsenvesten als eine Schutzwehr des Rheins bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts besetzt hielt. Jm dreißigjährigen Kriege sowohl, als in den nachfol- genden Kriegen, in welchen die Deutschen gegen die Franzosen stritten, waren Rheinfels und Katz stets Punkte von einiger strategischen Wichtigkeit. Jetzt sind ihre Befestigungen geschleift, aber die Ueberreste der einst so stolzen Herrenschlösser gereichen noch immer als ehr- würdige Denkmäler der Vorzeit der wildromantischen Gegend zum Schmucke. Wg. Das Ackerbanfest in China. mitgetheilt von Freimund Ohnesorgen. Es ist das größte Fest der Chinesen, denn der Ackerbau steht unter einem der obersten ihrer Götter. 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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 3. Burg/Berlin, 1838, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt03_1838/6>, abgerufen am 21.11.2024.