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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 3. Burg/Berlin, 1838.

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47 Conversations=Blatt. 48
[Beginn Spaltensatz]

Maria Theresia weinte wenn sie ein nacken-
des Kind sah.

Jch kenne Leute, denen übel wird, wenn sie Ge-
dichte von W. Meinhold, Herrn Schiffmann und
Herrn Schnaase lesen.

    Freimund Ohnesorgen.



Leidenschaften.

Obwohl jeder Mensch seine eigenen Leidenschaften
hat, so findet man bei ausgezeichneten Leuten diese
oft ebenso ausgezeichnet.

Es ist weniger merkwürdig, daß König David
dichtete und gern die Harse spielte; daß Carl der Große
ein großer Grammattiker war; daß Paulus Teppiche
machte; daß Heinrich I. Vögel fing; daß Peter der
Große gerne schmiedete; daß Friedrich der Große gerne
Flöte blies, als daß Heliogabalus gerne Ferkel schlach-
tete, Carl IV. von Spanien, leidenschaftlich Würstchen
stopfte, Ludwig XIII. gerne seinen ganzen Hof frisirte,
und Carl von Anjou gar kein größeres Vergnügen
kannte, als Leute todt kitzeln zu sehen.

Ein Gärtner zu Metz ist auf den Einfall gekom-
men, ein Kastanienreis auf eine Eiche zu pfropfen, und
der Versuch gelang vollständig. Diese Neuerung kann
für die Kultur der Kastanienbäume große Vortheile ha-
ben, indem man dem zarten Stamme dieses Baumes
die kräftige Wurzel der Eiche zur Stütze geben kann.



Merkwürdige Todtenfeier.

Vielleicht erscheint die heutige Etiquette bei den
Leichen der Seeligen, Hochseeligen und Höchstseeligen,
unsern Nachkommen eben so sonderbar, als es für uns
jetzt die der frühern Weltbürger derselbe Fall ist.

Bei dem Tode eines Königs von Aegypten wur-
den einige hundert Klageleute angestellt, die ihre Kö-
pfe mit Koth bedecken mußten. Alle Wohlgerüche wa-
ren aufs strengste untersagt. Wer am mehrsten stank,
der trauerte am tiefsten.

Starb ein König der Scythen, so mußten sich die
Trauernden ein Stück vom Ohr abschneiden und sich
Stirne, Wangen und Nase verwunden.

Den entseelten Jnkas von Mexiko wurden hirsch-
lederne Beinkleider angezogen, an welchen jeder Staats-
beamte seine Addresse annähete, und zwar auf dem Hin-
tertheile, während vorne die Namen von deren Frauen
ihren Platz erhielten.

Die Bissojas beobachteten bei dem Tode ihres Kö-
nigs ein tiefes Stillschweigen, welches bei Todes-
strafe niemand brechen durfte.

Bei dem Tode des Königs von Juida wurde der
erste Minister mit begraben.

Einige Jndierstämme stopften ihre Könige aus. Un-
ter den Negern wurden sie oft zur Todtenfeier verspeist.

    Freimund Ohnesorgen.



[Spaltenumbruch] [Abbildung] (Engl. Carrikatur.)
" Es ist Zeit, daß ich an's Freien denke!"



Geschwindigkeit.

Zu manchen Glauben gehört doch ein unglaubli-
cher Glaube. So heißt es in der Sure des Korans:
daß der Prophet Muhamed eines Morgens, da er
noch im Bette lag, vom Engel Gabriel, durch Para-
dies und Hölle und alle sieben Himmel geführt wurde,
während die Taube ihm 80,000 Offenbarungen dik-
tirte und er mit Gott 90,000 Unterredungen hatte,
und als er zurückkehrte, war noch nicht so viel Zeit
verflossen, daß das Wasser aus seinem Kruge, welchen
er bei seiner Abfahrt umgestoßen hatte, ausgeflossen
war. Wer weiß sich schneller zu expediren? -



Der Kaiser von China bildet sich ein, daß sein
Lieblings=Gott Fo ihm der Gnade gewürdigt habe, in
ihm zu fahren und in seiner Person Mensch geworden
sei. So betet der Mann sich selber an. - Doch wie
viele der heutigen Zierbengel finden sich selber nicht
auch göttlich, und zum anbeten! -

    Freimund Ohnesorgen.



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47 Conversations=Blatt. 48
[Beginn Spaltensatz]

Maria Theresia weinte wenn sie ein nacken-
des Kind sah.

Jch kenne Leute, denen übel wird, wenn sie Ge-
dichte von W. Meinhold, Herrn Schiffmann und
Herrn Schnaase lesen.

    Freimund Ohnesorgen.



Leidenschaften.

Obwohl jeder Mensch seine eigenen Leidenschaften
hat, so findet man bei ausgezeichneten Leuten diese
oft ebenso ausgezeichnet.

Es ist weniger merkwürdig, daß König David
dichtete und gern die Harse spielte; daß Carl der Große
ein großer Grammattiker war; daß Paulus Teppiche
machte; daß Heinrich I. Vögel fing; daß Peter der
Große gerne schmiedete; daß Friedrich der Große gerne
Flöte blies, als daß Heliogabalus gerne Ferkel schlach-
tete, Carl IV. von Spanien, leidenschaftlich Würstchen
stopfte, Ludwig XIII. gerne seinen ganzen Hof frisirte,
und Carl von Anjou gar kein größeres Vergnügen
kannte, als Leute todt kitzeln zu sehen.

Ein Gärtner zu Metz ist auf den Einfall gekom-
men, ein Kastanienreis auf eine Eiche zu pfropfen, und
der Versuch gelang vollständig. Diese Neuerung kann
für die Kultur der Kastanienbäume große Vortheile ha-
ben, indem man dem zarten Stamme dieses Baumes
die kräftige Wurzel der Eiche zur Stütze geben kann.



Merkwürdige Todtenfeier.

Vielleicht erscheint die heutige Etiquette bei den
Leichen der Seeligen, Hochseeligen und Höchstseeligen,
unsern Nachkommen eben so sonderbar, als es für uns
jetzt die der frühern Weltbürger derselbe Fall ist.

Bei dem Tode eines Königs von Aegypten wur-
den einige hundert Klageleute angestellt, die ihre Kö-
pfe mit Koth bedecken mußten. Alle Wohlgerüche wa-
ren aufs strengste untersagt. Wer am mehrsten stank,
der trauerte am tiefsten.

Starb ein König der Scythen, so mußten sich die
Trauernden ein Stück vom Ohr abschneiden und sich
Stirne, Wangen und Nase verwunden.

Den entseelten Jnkas von Mexiko wurden hirsch-
lederne Beinkleider angezogen, an welchen jeder Staats-
beamte seine Addresse annähete, und zwar auf dem Hin-
tertheile, während vorne die Namen von deren Frauen
ihren Platz erhielten.

Die Bissojas beobachteten bei dem Tode ihres Kö-
nigs ein tiefes Stillschweigen, welches bei Todes-
strafe niemand brechen durfte.

Bei dem Tode des Königs von Juida wurde der
erste Minister mit begraben.

Einige Jndierstämme stopften ihre Könige aus. Un-
ter den Negern wurden sie oft zur Todtenfeier verspeist.

    Freimund Ohnesorgen.



[Spaltenumbruch] [Abbildung] (Engl. Carrikatur.)
Es ist Zeit, daß ich an's Freien denke!“



Geschwindigkeit.

Zu manchen Glauben gehört doch ein unglaubli-
cher Glaube. So heißt es in der Sure des Korans:
daß der Prophet Muhamed eines Morgens, da er
noch im Bette lag, vom Engel Gabriel, durch Para-
dies und Hölle und alle sieben Himmel geführt wurde,
während die Taube ihm 80,000 Offenbarungen dik-
tirte und er mit Gott 90,000 Unterredungen hatte,
und als er zurückkehrte, war noch nicht so viel Zeit
verflossen, daß das Wasser aus seinem Kruge, welchen
er bei seiner Abfahrt umgestoßen hatte, ausgeflossen
war. Wer weiß sich schneller zu expediren? –



Der Kaiser von China bildet sich ein, daß sein
Lieblings=Gott Fo ihm der Gnade gewürdigt habe, in
ihm zu fahren und in seiner Person Mensch geworden
sei. So betet der Mann sich selber an. – Doch wie
viele der heutigen Zierbengel finden sich selber nicht
auch göttlich, und zum anbeten! –

    Freimund Ohnesorgen.



[Ende Spaltensatz]
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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 3. Burg/Berlin, 1838, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt03_1838/8>, abgerufen am 21.11.2024.