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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836.

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[Spaltenumbruch] ergab. Nachdem ihm aber eine 1589 zur Wiederein-
setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte
Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West-
indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem
[Spaltenumbruch] so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber
befiel, woran er 1596starb. Er war der erste Be-
gründer des Ruhmes der englischen Seemacht.


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Die Guaykurus.

Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus
haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz
Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein.
Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri-
ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän-
digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte
Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen.
Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso.
Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom
stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des
Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine
offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu
fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt
und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens-
werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden
beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder
Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen
ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort,
bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge
festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen
Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das
die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft
[Spaltenumbruch] stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit
fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht
beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge
noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst
ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so
wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt
sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach
dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome,
worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis
zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe
dabei stets bis an die Brust im Wasser hält.

Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male
gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei-
ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro-
chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser,
und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um-
gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters.
Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem
nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden
anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im
Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge-
bändigt und zugeritten wird.

Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay-
kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,

105 Conversations=Blatt. 106
[Spaltenumbruch] ergab. Nachdem ihm aber eine 1589 zur Wiederein-
setzung des Don Antonio unter seinen Befehl gestellte
Unternehmung nach Portugal und eine spätere in West-
indienmißglückt waren, überließ er sich deshalb einem
[Spaltenumbruch] so heftigen Kummer, daß ihn ein schleichendes Fieber
befiel, woran er 1596starb. Er war der erste Be-
gründer des Ruhmes der englischen Seemacht.


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[Abbildung] [Beginn Spaltensatz]
Die Guaykurus.

Der wilde brasilische Volksstamm der Guaykurus
haust an den Ufern des Uruguay in der Provinz
Goyas bis tief in die Provinz Matto Grosso hinein.
Ein wahres rossetummelndes Volk des südlichen Ameri-
ka 's, ist es wegen seiner Geschicklichkeit in der Bän-
digung der wilden Rosse berühmt, welche als echte
Wildfänge in den Ebenen jener Gegend umherstreifen.
Die Einfangung derselben geschieht mittelst des Lasso.
Der Lasso (Schlinge) ist ein sehr langer Riemen vom
stärksten Leder, dessen eines Ende an einem Gurte des
Sattels festgemacht ist; das andere Ende bildet eine
offene Schlinge, welche der Reiter, wenn er dem zu
fangenden Thiere nahe ist, erst um den Kopf schwenkt
und dann meist in vollem Galopp mit so erstaunens-
werther Sicherheit zu werfen versteht, daß er jeden
beliebigen Theil des Thieres, Hals, Vorder= oder
Hinterfüße damit einfängt. So wie diefes geschehen
ist, hält er sein Pferd an, das Thier rennt fort,
bis der Riemen dadurch angezogen und die Schlinge
festgezogen ist, wobei das Thier einen so fürchterlichen
Ruck erhält, daß es zu Boden stürzt, aber auch das
die Gefahr schon kennende und sich mit aller Kraft
[Spaltenumbruch] stemmende Pferd des Reiters oft mehre Schritte weit
fortreißt. Giebt es Pferde einzufangen, die man nicht
beschädigen will, so ist die Anwendung der Schlinge
noch schwieriger, gelingt aber doch gewöhnlich. Jst
ein solches Pferd mittelst des Lasso eingefangen, so
wird es unverzüglich gezäumt, der Guaykuru schwingt
sich darauf, und nun geht es in rasender Hast nach
dem ersten besten See oder nach dem nächsten Strome,
worin der Reiter das vor Wuth schäumende Roß bis
zur äußersten Erschöpfung umhertummelt und dasselbe
dabei stets bis an die Brust im Wasser hält.

Wenn das Thier, welches nun zum ersten Male
gehorchen gelernt hat, vor Ermattung nicht mehr wei-
ter kann, und sein widerspenstiger Sinn völlig gebro-
chen ist, dann verläßt der Guaykuru das Wasser,
und von diesem Augenblick an gehorcht das wie um-
gewandelte Roß der geringsten Bewegung des Reiters.
Nach dieser ersten Probe ist es gewöhnlich von einem
nervösen Zittern ergriffen, welches mehre Stunden
anzuhalten pflegt, während welcher Zeit es nun im
Trocknen weidlich herumgetummelt und so vollends ge-
bändigt und zugeritten wird.

Außer der Pferdedressur beschäftigen sich die Guay-
kurus auch mit der Viehzucht und dem Viehhandel,

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt07_1836/5>, abgerufen am 21.11.2024.