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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836.

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107 Conversations=Blatt. 108
[Spaltenumbruch] wozu ihnen ihre weitausgedehnten grasreichen Triften
die beste Gelegenheit darbieten. Dieser Völkerstamm
hat drei Stände; den ersten bilden die edlen Häupt-
linge, welche über Krieger und Sklaven gebieten, den
zweiten die Krieger, welche nur zu Pferde kämpfen,
der dritte besteht aus Sklaven, meist Kriegsgefangenen,
denen alle häusliche Geschäfte obliegen, worunter die
Bildung und Führung der Heerden, um sie den Käu-
fern zu überliefern, das allerhärteste ist.

Diese Guaykurureiterei ist eine wahrhaft furcht-
bare Kriegerschaar und ganz dazu geeignet, ein Lager
zu zerstören oder ein feindliches Viereck zu sprengen.
Das Angriffsverfahren dieses merkwürdigen Reitervolkes,
welches sich in seiner Art mit den gepriesensten Reiter-
schaaren Asiens messen kann, ist folgendes. Wenn eine
Guaykurureiterschaar zum Angriff gerüstet ist, wird ein
Haufen unberittener wilder Rosse voran gegen den
Feind getrieben. Die Guaykurus, welche hinterdrein
herjagen, beugen sich mit einer fast unglaublichen Ge-
schwindigkeit und kunstreiterischen Gelenkigkeit so tief
seitwärts längs der rechten Seite ihrer Rosse herab,
daß sie von vorn gesehen nicht sichtbar sind, und der
Feind, welcher einen Trupp reiterloser wilder Pferde
umherjagen sieht, auch die demselben folgende hinterste
Schaar für unberitten hält. Jn dem Augenblicke aber,
wo die Guaykurus bis auf Lanzenstichweite heran sind,
schwingen sie sich pfeilschnell allesammt zu gleicher Zeit,
ja in einer und derselben Sekunde in die Höhe, und
selten vermag ein noch so gut geschlossenes Viereck einen
solchen unerwarteten Ansturz auszuhalten.     B. M.



Der Bär von Krain.

Von F. K. Herwey Esq.
(Fortsetzung.)

"Verheirathet! - Ungeheuer! - meine arme,
arme Jda! - verloren! - für immer verloren!
- kein Wort mehr von Ersatz! - nichts mehr
von Berufungen auf Gerechtigkeit! - aber Blut!
- Rache! - niederträchtiger Verführer! dem
Schutze dieses Palastes verdankst du es, daß dieser
Augenblick nicht der letzte deines Lebens ist! Aber ich
fordere dich heraus! - Graf Pappenheim, ich for-
dere dich auf Leben und Tod heraus, zu Fuß oder
zu Pferde, auf Lanze, Schwert und Dolch! Nimm
hier meinen Fehdehandschuh - und sei er ein Vor-
zeichen deiner Niederlage."

Während Herrmann dies sagte, hatte er einen
schweren eisernen Panzerhandschuh vom Arm gelöst, und
als er zu sprechen aufhörte, schleuderte er ihn mit
ungeheurer Kraft dem Großmarschall in's Gesicht.
Der Wurf war so heftig, daß er Pappenheim umriß,
der an des Kaisers Brust stürzte, und des Kaisers
Kleider mit seinem Blute badete. Seine linke Schläfe
war durch den Wurf des schrecklichen Panzerhandschu-
hes zerbrochen. Es erfolgten augenblicklich krampfhafte
Zuckungen - seine Glieder wurden steif - und in
Maximilian's Armen blieb nur die Leiche seines Lieb-
lings zurück.

[Spaltenumbruch]

Mit einem Schrei des Entsetzens und Grauens
sprangen die Gäste auf, um sich des Mörders zu be-
mächtigen. Aber er war fort. Einige von der Ge-
sellschaft stürzten nach der Halle, in der Hoffnung,
dem Ritter zuvorzukommen, ehe er vor der Wache am
Thore des Palastes vorbei wäre; man entdeckte aber
bald, daß er durch eine Kommunikationsthüre mit dem
Aeußeren des Palastes, vor welcher, da sie gewöhn-
lich verschlossen blieb, keine Wache gestellt war, in
diese Zimmer gelangt und so auch wieder ungehindert
entkommen war.

Den folgenden Morgen schmetterten die Trompe-
ten der Herolde in den Straßen zu Wien und bo-
ten demjenigen eine Belohnung von 400 Dukaten,
der den Ritter Herrmann von Lueg, den Mörder des
Großmarschalls, todt oder lebendig einbringen würde.
Auch wurden Befehle an die Gouverneure und Räthe
der verschiedenen Städte des Reichs gesandt, ihn fest
zu nehmen, wo man ihn fände. Das Leichenbegäng-
niß des Grafen Pappenheim wurde mit großer Pracht
begangen, und das ihm zu Ehren errichtete Mauso-
leum ist in der St. Stephanskirche noch jetzt zu sehen.

Es verging ein Monat, ohne daß man etwas
von dem Ritter aus Krain erfuhr. Gegen das Ende
dieser Zeit lief von dem Kommandeur des Bezirkes
Laybach bei der kaiserlichen Kanzlei folgender Bericht
ein:

"Den eingezogenen Erkundigungen zufolge scheint
der Ritter Herrmann von Lueg vor ungefähr drei
Wochen durch diese Stadt gekommen zu sein.
Jhn begleitete ein junges Mädchen, das auf einem
Reitkissen hinter ihm saß. Des Morgens begegneten
ihnen im Gebirge, einige Meilen von dieser Stadt,
zwei Einwohner von Jdria. Das Pferd, durch Stra-
pazen aufgerieben, konnte nicht weiter und Herrmann
verließ es eben, in der einen Hand einen Mantelsack
schleppend, und mit der anderen das junge Mädchen
unterstützend, die sehr schwach und krank zu sein
schien. Die Bauern hielten sie für seine Tochter.
Sie verloren die Reisenden auf den sich schlängelnden
Pfaden, die zur Burg Lueg führen, aus dem Ge-
sichte."

"Nach Empfang dieser Nachricht schickte ich einen
Sergeanten und zehn Bewaffnete ab, um sich des
Mörders in seiner Höhle zu bemächtigen. Der Ser-
geant ist nicht zurückgekommen und nur einer von sei-
nen zehn Begleitern kam diesen Morgen wieder, der
folgende außerordentliche Ereignisse aussagte: Obgleich
die Burg Lueg nur eine Tagereise von hier entfernt
liegt, so konnten die Leute ihren Bestimmungsplatz
doch erst am Abend des zweiten Tages erreichen.
Die Veranlassung zu diesem Verzuge lag zum Theil
in der Schwierigkeit, auf den mit Schnee bedeckten,
durch düstere Wälder gehauenen und längs schroffer
Abgründe hinlaufenden Pfaden fortzukommen; haupt-
sächlich ward solche aber noch dadurch vermehrt, daß
es durchaus nöthig wurde, sich Führer zu verschaffen,
was ungemein schwer war, denn als die Bauern dort
herum den Zweck der Unternehmung erfuhren, ergriffen

107 Conversations=Blatt. 108
[Spaltenumbruch] wozu ihnen ihre weitausgedehnten grasreichen Triften
die beste Gelegenheit darbieten. Dieser Völkerstamm
hat drei Stände; den ersten bilden die edlen Häupt-
linge, welche über Krieger und Sklaven gebieten, den
zweiten die Krieger, welche nur zu Pferde kämpfen,
der dritte besteht aus Sklaven, meist Kriegsgefangenen,
denen alle häusliche Geschäfte obliegen, worunter die
Bildung und Führung der Heerden, um sie den Käu-
fern zu überliefern, das allerhärteste ist.

Diese Guaykurureiterei ist eine wahrhaft furcht-
bare Kriegerschaar und ganz dazu geeignet, ein Lager
zu zerstören oder ein feindliches Viereck zu sprengen.
Das Angriffsverfahren dieses merkwürdigen Reitervolkes,
welches sich in seiner Art mit den gepriesensten Reiter-
schaaren Asiens messen kann, ist folgendes. Wenn eine
Guaykurureiterschaar zum Angriff gerüstet ist, wird ein
Haufen unberittener wilder Rosse voran gegen den
Feind getrieben. Die Guaykurus, welche hinterdrein
herjagen, beugen sich mit einer fast unglaublichen Ge-
schwindigkeit und kunstreiterischen Gelenkigkeit so tief
seitwärts längs der rechten Seite ihrer Rosse herab,
daß sie von vorn gesehen nicht sichtbar sind, und der
Feind, welcher einen Trupp reiterloser wilder Pferde
umherjagen sieht, auch die demselben folgende hinterste
Schaar für unberitten hält. Jn dem Augenblicke aber,
wo die Guaykurus bis auf Lanzenstichweite heran sind,
schwingen sie sich pfeilschnell allesammt zu gleicher Zeit,
ja in einer und derselben Sekunde in die Höhe, und
selten vermag ein noch so gut geschlossenes Viereck einen
solchen unerwarteten Ansturz auszuhalten.     B. M.



Der Bär von Krain.

Von F. K. Herwey Esq.
(Fortsetzung.)

„Verheirathet! – Ungeheuer! – meine arme,
arme Jda! – verloren! – für immer verloren!
– kein Wort mehr von Ersatz! – nichts mehr
von Berufungen auf Gerechtigkeit! – aber Blut!
– Rache! – niederträchtiger Verführer! dem
Schutze dieses Palastes verdankst du es, daß dieser
Augenblick nicht der letzte deines Lebens ist! Aber ich
fordere dich heraus! – Graf Pappenheim, ich for-
dere dich auf Leben und Tod heraus, zu Fuß oder
zu Pferde, auf Lanze, Schwert und Dolch! Nimm
hier meinen Fehdehandschuh – und sei er ein Vor-
zeichen deiner Niederlage.“

Während Herrmann dies sagte, hatte er einen
schweren eisernen Panzerhandschuh vom Arm gelöst, und
als er zu sprechen aufhörte, schleuderte er ihn mit
ungeheurer Kraft dem Großmarschall in's Gesicht.
Der Wurf war so heftig, daß er Pappenheim umriß,
der an des Kaisers Brust stürzte, und des Kaisers
Kleider mit seinem Blute badete. Seine linke Schläfe
war durch den Wurf des schrecklichen Panzerhandschu-
hes zerbrochen. Es erfolgten augenblicklich krampfhafte
Zuckungen – seine Glieder wurden steif – und in
Maximilian's Armen blieb nur die Leiche seines Lieb-
lings zurück.

[Spaltenumbruch]

Mit einem Schrei des Entsetzens und Grauens
sprangen die Gäste auf, um sich des Mörders zu be-
mächtigen. Aber er war fort. Einige von der Ge-
sellschaft stürzten nach der Halle, in der Hoffnung,
dem Ritter zuvorzukommen, ehe er vor der Wache am
Thore des Palastes vorbei wäre; man entdeckte aber
bald, daß er durch eine Kommunikationsthüre mit dem
Aeußeren des Palastes, vor welcher, da sie gewöhn-
lich verschlossen blieb, keine Wache gestellt war, in
diese Zimmer gelangt und so auch wieder ungehindert
entkommen war.

Den folgenden Morgen schmetterten die Trompe-
ten der Herolde in den Straßen zu Wien und bo-
ten demjenigen eine Belohnung von 400 Dukaten,
der den Ritter Herrmann von Lueg, den Mörder des
Großmarschalls, todt oder lebendig einbringen würde.
Auch wurden Befehle an die Gouverneure und Räthe
der verschiedenen Städte des Reichs gesandt, ihn fest
zu nehmen, wo man ihn fände. Das Leichenbegäng-
niß des Grafen Pappenheim wurde mit großer Pracht
begangen, und das ihm zu Ehren errichtete Mauso-
leum ist in der St. Stephanskirche noch jetzt zu sehen.

Es verging ein Monat, ohne daß man etwas
von dem Ritter aus Krain erfuhr. Gegen das Ende
dieser Zeit lief von dem Kommandeur des Bezirkes
Laybach bei der kaiserlichen Kanzlei folgender Bericht
ein:

„Den eingezogenen Erkundigungen zufolge scheint
der Ritter Herrmann von Lueg vor ungefähr drei
Wochen durch diese Stadt gekommen zu sein.
Jhn begleitete ein junges Mädchen, das auf einem
Reitkissen hinter ihm saß. Des Morgens begegneten
ihnen im Gebirge, einige Meilen von dieser Stadt,
zwei Einwohner von Jdria. Das Pferd, durch Stra-
pazen aufgerieben, konnte nicht weiter und Herrmann
verließ es eben, in der einen Hand einen Mantelsack
schleppend, und mit der anderen das junge Mädchen
unterstützend, die sehr schwach und krank zu sein
schien. Die Bauern hielten sie für seine Tochter.
Sie verloren die Reisenden auf den sich schlängelnden
Pfaden, die zur Burg Lueg führen, aus dem Ge-
sichte.“

„Nach Empfang dieser Nachricht schickte ich einen
Sergeanten und zehn Bewaffnete ab, um sich des
Mörders in seiner Höhle zu bemächtigen. Der Ser-
geant ist nicht zurückgekommen und nur einer von sei-
nen zehn Begleitern kam diesen Morgen wieder, der
folgende außerordentliche Ereignisse aussagte: Obgleich
die Burg Lueg nur eine Tagereise von hier entfernt
liegt, so konnten die Leute ihren Bestimmungsplatz
doch erst am Abend des zweiten Tages erreichen.
Die Veranlassung zu diesem Verzuge lag zum Theil
in der Schwierigkeit, auf den mit Schnee bedeckten,
durch düstere Wälder gehauenen und längs schroffer
Abgründe hinlaufenden Pfaden fortzukommen; haupt-
sächlich ward solche aber noch dadurch vermehrt, daß
es durchaus nöthig wurde, sich Führer zu verschaffen,
was ungemein schwer war, denn als die Bauern dort
herum den Zweck der Unternehmung erfuhren, ergriffen

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(Fortsetzung.)</hi> <note type="editorial">Ausgabe 6, die vermutlich den unmittelbar vorangegangenen Forsetzungsteil enthält, fehlt. <ref target="nn_conversationsblatt05_1836#Baer1">Ausgabe 5, die den Beginn des Artikels enthält, ist vorhanden.</ref></note>
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Die Guaykurus, welche hinterdrein herjagen, beugen sich mit einer fast unglaublichen Ge- schwindigkeit und kunstreiterischen Gelenkigkeit so tief seitwärts längs der rechten Seite ihrer Rosse herab, daß sie von vorn gesehen nicht sichtbar sind, und der Feind, welcher einen Trupp reiterloser wilder Pferde umherjagen sieht, auch die demselben folgende hinterste Schaar für unberitten hält. Jn dem Augenblicke aber, wo die Guaykurus bis auf Lanzenstichweite heran sind, schwingen sie sich pfeilschnell allesammt zu gleicher Zeit, ja in einer und derselben Sekunde in die Höhe, und selten vermag ein noch so gut geschlossenes Viereck einen solchen unerwarteten Ansturz auszuhalten. B. M. Der Bär von Krain. Von F. K. Herwey Esq. 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Auch wurden Befehle an die Gouverneure und Räthe der verschiedenen Städte des Reichs gesandt, ihn fest zu nehmen, wo man ihn fände. Das Leichenbegäng- niß des Grafen Pappenheim wurde mit großer Pracht begangen, und das ihm zu Ehren errichtete Mauso- leum ist in der St. Stephanskirche noch jetzt zu sehen. Es verging ein Monat, ohne daß man etwas von dem Ritter aus Krain erfuhr. Gegen das Ende dieser Zeit lief von dem Kommandeur des Bezirkes Laybach bei der kaiserlichen Kanzlei folgender Bericht ein: „Den eingezogenen Erkundigungen zufolge scheint der Ritter Herrmann von Lueg vor ungefähr drei Wochen durch diese Stadt gekommen zu sein. Jhn begleitete ein junges Mädchen, das auf einem Reitkissen hinter ihm saß. Des Morgens begegneten ihnen im Gebirge, einige Meilen von dieser Stadt, zwei Einwohner von Jdria. Das Pferd, durch Stra- pazen aufgerieben, konnte nicht weiter und Herrmann verließ es eben, in der einen Hand einen Mantelsack schleppend, und mit der anderen das junge Mädchen unterstützend, die sehr schwach und krank zu sein schien. Die Bauern hielten sie für seine Tochter. Sie verloren die Reisenden auf den sich schlängelnden Pfaden, die zur Burg Lueg führen, aus dem Ge- sichte.“ „Nach Empfang dieser Nachricht schickte ich einen Sergeanten und zehn Bewaffnete ab, um sich des Mörders in seiner Höhle zu bemächtigen. Der Ser- geant ist nicht zurückgekommen und nur einer von sei- nen zehn Begleitern kam diesen Morgen wieder, der folgende außerordentliche Ereignisse aussagte: Obgleich die Burg Lueg nur eine Tagereise von hier entfernt liegt, so konnten die Leute ihren Bestimmungsplatz doch erst am Abend des zweiten Tages erreichen. 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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt07_1836/6>, abgerufen am 21.11.2024.