Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 7. Burg/Berlin, 1836.111 Conversations=Blatt. 112 [Spaltenumbruch]
überließ sich hier einem allgemeinen Ausbruch der Heiter-keit. Die beiden Chefs der Kitzler wurden indeß zu sechs Monaten Kerkerstrafe verurtheilt; den ganzen Tag aber unterhielt man sich von diesem spaßhaften Verhör. Miscellen. Neue Wirkung des Birkenwassers. Herr Arnold, vormaliger Kapitän der englischen Straße nach Aberdeen. Kürzlich wird er in der Es ist einem Jeden anzurathen, statt der Pistolen Haarwuchspomade. Einem Herrn, dessen Scheitel anfing, bedeutend 111 Conversations=Blatt. 112 [Spaltenumbruch]
überließ sich hier einem allgemeinen Ausbruch der Heiter-keit. Die beiden Chefs der Kitzler wurden indeß zu sechs Monaten Kerkerstrafe verurtheilt; den ganzen Tag aber unterhielt man sich von diesem spaßhaften Verhör. Miscellen. Neue Wirkung des Birkenwassers. Herr Arnold, vormaliger Kapitän der englischen Straße nach Aberdeen. Kürzlich wird er in der Es ist einem Jeden anzurathen, statt der Pistolen Haarwuchspomade. Einem Herrn, dessen Scheitel anfing, bedeutend <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0008"/><fw type="header" place="top">111 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">112</hi></fw><cb n="111"/> überließ sich hier einem allgemeinen Ausbruch der Heiter-<lb/> keit. Die beiden Chefs der Kitzler wurden indeß zu<lb/> sechs Monaten Kerkerstrafe verurtheilt; den ganzen Tag<lb/> aber unterhielt man sich von diesem spaßhaften Verhör.</p><lb/> </div> <cb n="112"/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Miscellen</hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Neue Wirkung des Birkenwassers.</hi> </head><lb/> <p>Herr Arnold, vormaliger Kapitän der englischen<lb/> Marine, bewohnt ein einsames Landhaus auf der</p><lb/> <cb type="end"/> <figure/> <cb type="start" n="111"/> <p>Straße nach Aberdeen. Kürzlich wird er in der<lb/> Nacht durch ein Geräusch geweckt und überzeugt sich<lb/> bald, daß Jemand den Fensterladen seines Zimmers<lb/> erbrechen will. Er hatte keine Waffen, aber die<lb/> Geistesgegenwart verließ ihn dennoch nicht. Er er-<lb/> griff eine Flasche mit Birkenwasser, löste den Drath<lb/> über dem Pfropfe im Finstern ab, hielt mit dem<lb/> Daumen den Pfropfen fest und wartete ruhig ab, bis<lb/> der Dieb das Fenster geöffnet und sein Gesicht ihm<lb/> zugekehrt haben würde. Nachdem dies erfolgt war,<lb/> ließ der Kapitän den Pfropfen los; die Explosion war<lb/> fürchterlich und der Dieb, von dem Knall erschreckt,<lb/> glaubte nicht anders, als daß das Birkenwasser, das<lb/> sein Gesicht überschwemmte, sein eigenes Blut sei, das<lb/> aus einer fürchterlichen Wunde hervorströmen müßte.<lb/> Er fiel zur Erde und schrie: „Gnade und Barmher-<lb/> zigkeit!“ Nachdem sich Herr Arnold überzeugt, daß<lb/> er es nur mit einem einzigen Menschen zu thun hatte,<lb/> sprang er zum Fenster hinaus, band ihm die Hände<lb/> und führte ihn zum nächsten Dorfe, um ihn dem Ge-<lb/> richte zu überliefern.</p><lb/> <p>Es ist einem Jeden anzurathen, statt der Pistolen<lb/> sich in Zukunft mit dieser unschuldigen Waffe zu versehen.<lb/> Stößt man auf keine Diebe, so hat man den Vortheil,<lb/> sich mit seiner Vorsichtsmaßregel erfrischen zu können.</p> </div><lb/> <cb n="112"/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Haarwuchspomade</hi>.</hi> </head><lb/> <p>Einem Herrn, dessen Scheitel anfing, bedeutend<lb/> kahl zu werden, wurde vom Arzte eine den Haar-<lb/> wuchs befördernde und das Ausfallen der Haare ver-<lb/> hindernde Pomade empfohlen. Er ließ sich durch sei-<lb/> nen Bedienten, einen Burschen vom Lande, die Po-<lb/> made holen und damit jeden Abend vor dem Schlafen-<lb/> gehen seinen Kopf einreiben. Dem Bedienten kam das<lb/> wunderlich vor, und er bat seinen Herrn, ihm zu<lb/> sagen, warum er ihm denn alle Abende den Kopf<lb/> einschmieren müsse. Dieser unterrichtete ihn von der<lb/> Wirkung der Pomade, die der Bursche denn auch mit<lb/> großem Erstaunen wahrnahm, denn es stellten sich all-<lb/> mälig wieder Haare auf dem kahlen Scheitel des<lb/> Herrn ein. Herr und Diener hatten an dem gedeih-<lb/> lichen Wachsthum der Haare ihre Freude, und letzte-<lb/> rer wurde von Neuem ausgeschickt, um zur Fort-<lb/> setzung des Verfahrens eine frische Büchse voll zu ho-<lb/> len. Am Abend darauf war in dieser erst geholten<lb/> Büchse kaum noch so viel, als zur Einreibung des<lb/> Kopfes hinreichte. – Erzürnt fragte der Herr den<lb/> Bedienten, wo er die Pomade gelassen habe. Er er-<lb/> hielt die treuherzige Antwort: „Damit habe ich Jhren<lb/> alten Pelz eingeschmiert, weil doch dem auch schon alle<lb/> Haare ausgegangen sind.“</p> </div> </div> <cb type="end"/> </body> </text> </TEI> [0008]
111 Conversations=Blatt. 112
überließ sich hier einem allgemeinen Ausbruch der Heiter-
keit. Die beiden Chefs der Kitzler wurden indeß zu
sechs Monaten Kerkerstrafe verurtheilt; den ganzen Tag
aber unterhielt man sich von diesem spaßhaften Verhör.
Miscellen.
Neue Wirkung des Birkenwassers.
Herr Arnold, vormaliger Kapitän der englischen
Marine, bewohnt ein einsames Landhaus auf der
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Straße nach Aberdeen. Kürzlich wird er in der
Nacht durch ein Geräusch geweckt und überzeugt sich
bald, daß Jemand den Fensterladen seines Zimmers
erbrechen will. Er hatte keine Waffen, aber die
Geistesgegenwart verließ ihn dennoch nicht. Er er-
griff eine Flasche mit Birkenwasser, löste den Drath
über dem Pfropfe im Finstern ab, hielt mit dem
Daumen den Pfropfen fest und wartete ruhig ab, bis
der Dieb das Fenster geöffnet und sein Gesicht ihm
zugekehrt haben würde. Nachdem dies erfolgt war,
ließ der Kapitän den Pfropfen los; die Explosion war
fürchterlich und der Dieb, von dem Knall erschreckt,
glaubte nicht anders, als daß das Birkenwasser, das
sein Gesicht überschwemmte, sein eigenes Blut sei, das
aus einer fürchterlichen Wunde hervorströmen müßte.
Er fiel zur Erde und schrie: „Gnade und Barmher-
zigkeit!“ Nachdem sich Herr Arnold überzeugt, daß
er es nur mit einem einzigen Menschen zu thun hatte,
sprang er zum Fenster hinaus, band ihm die Hände
und führte ihn zum nächsten Dorfe, um ihn dem Ge-
richte zu überliefern.
Es ist einem Jeden anzurathen, statt der Pistolen
sich in Zukunft mit dieser unschuldigen Waffe zu versehen.
Stößt man auf keine Diebe, so hat man den Vortheil,
sich mit seiner Vorsichtsmaßregel erfrischen zu können.
Haarwuchspomade.
Einem Herrn, dessen Scheitel anfing, bedeutend
kahl zu werden, wurde vom Arzte eine den Haar-
wuchs befördernde und das Ausfallen der Haare ver-
hindernde Pomade empfohlen. Er ließ sich durch sei-
nen Bedienten, einen Burschen vom Lande, die Po-
made holen und damit jeden Abend vor dem Schlafen-
gehen seinen Kopf einreiben. Dem Bedienten kam das
wunderlich vor, und er bat seinen Herrn, ihm zu
sagen, warum er ihm denn alle Abende den Kopf
einschmieren müsse. Dieser unterrichtete ihn von der
Wirkung der Pomade, die der Bursche denn auch mit
großem Erstaunen wahrnahm, denn es stellten sich all-
mälig wieder Haare auf dem kahlen Scheitel des
Herrn ein. Herr und Diener hatten an dem gedeih-
lichen Wachsthum der Haare ihre Freude, und letzte-
rer wurde von Neuem ausgeschickt, um zur Fort-
setzung des Verfahrens eine frische Büchse voll zu ho-
len. Am Abend darauf war in dieser erst geholten
Büchse kaum noch so viel, als zur Einreibung des
Kopfes hinreichte. – Erzürnt fragte der Herr den
Bedienten, wo er die Pomade gelassen habe. Er er-
hielt die treuherzige Antwort: „Damit habe ich Jhren
alten Pelz eingeschmiert, weil doch dem auch schon alle
Haare ausgegangen sind.“
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