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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 13. Burg/Berlin, 1836.

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197 Conversations=Blatt. 198
[Beginn Spaltensatz] sich bis auf die Beinkleider und Stiefel selbst aus, legte
sich das Nachtzeug an, entließ seine Kammerbedienten mit
dem Befehle, ihn am andern Morgen zu wecken, und schlief,
immer ohne Licht und ganz allein, mehrentheils bald ein.
Zwei Hoflakeien hatten im Vorzimmer die Wache, und der
König klingelte, wenn er ein Glas Wasser oder sonst et-
was begehrte.

Jm Sommer waren die Leibesbewegungen häufiger.
Der König ging früher zu Bette und stand früher auf; von
dem Ende des Februars an immer früher und früher, so
daß er zur Zeit der Berliner Revue öfters schon um halb
drei Uhr aufstand und um vier Uhr zu Pferde saß. An
solchen Morgen wurde aus dem Flötenblasen nicht viel;
die Briefschaften wurden blos gelesen, abgefertigt aber erst,
wenn die Musterung vorüber war. Es kann nicht genug
gerühmt werden, wie ungemein thätig Friedrich in dem rü-
stigen Alter gewesen, immer bei guter Laune, ein Freund
der Vergnügungen, vor Allem der Abendtafel; aber wenn
er auch noch so spät vom Tische aufstand, Morgens war er
doch schon früh wieder auf, seine Pflichten mit Freuden
zu üben.

Sobald die Musterungen beendigt waren, legte er der
nächtlichen Ruhe allmälig wieder etwas zu. Jm März
machte er bei guter Witterung um zehn oder elf Uhr Vor-
mittags zuweilen einen Spazierritt. Gegen Ende dieses
Monats, oder wenn die Witterung gar zu schlecht war, zu
Anfange des Aprils, verließ er Potsdam und bezog Sans-
Souci, wohnte wöchentlich dreimal dem Exerziren der Be-
satzung bei und kommandirte selbst. Auch die übrigen Tage
ritt er gewöhnlich eine Stunde vor Tische aus, immer im
Trott und Galopp. Oft ritt er selbst von Potsdam nach
Charlottenburg und Berlin, ohne sich des Wagens, der
ihm folgte, zu bedienen. Auf Märschen ritt er beständig;
war die Kälte groß, so ging er zu Fuß.

Die jährlichen Truppenmusterungen wurden von Fried-
rich in der zur Zeit seines Vaters schon beliebten Ordnung
abgehalten. Auch der Unterschied zwischen General= und
Spezialrevüe fand schon zu Friedrich Wilhelms Zeiten statt.
Bei jener wurde besonders auf die Fortschritte in den Kriegs-
übungen gesehen, bei dieser hauptsächlich auf die Anzahl
und Beschaffenheit der Rekruten, wobei der König aber
auch fast jeden Soldaten fragte: "Wie lange hast du ge-
dient? Wie alt bist du? Hast du Alles richtig erhalten?"

Nach den Musterungen der Truppen und der Minister-
revüe kam die Zeit, welche Friedrich selbst seine Ferien
nannte; d. h. er trank den Egerbrunnen, welches eben so
alljährlich wiederkehrte, wie das vormalige Aderlassen, und
hielt sich hernach zehn bis vierzehn Tage im Neuen Palais
auf, wo ihn seine Geschwister oder andere Fürstlichkeiten
besuchten, welche, wenn sie beurlaubt waren, allemal auch
der Königin einen Besuch abstatteten. So lange der Kö-
nig in Sans=Souci wohnte, kam alle Abend ein Unteroffi-
zier mit sechs Flügelgrenadieren der Leibgarde von der
Potsdamer Schloßwache dahin; ein Mann stand vor dem
Gewehre, einer beim Eingange an der Kolonnade. Diese
ganze Nachtwache ging mit der Reveille nach der Stadt
zurück. Hatte der Konig vornehme Besuche, so kam eine
stärkere Wache nach dem neuen Palais und wurde alle
24 Stunden abgelöst.

[Spaltenumbruch]

Jn Sans=Souci ritt Friedrich alle Tage aus, wenn
es irgend die Witterung zuließ, spazierte im Garten und
übte alle Geldtage die große Wachtparade. Zu Pferde
und zu Fuß trug er einen Krückstock, ein spanisches
Rohr, woran die Krücke von Gold und sehr reich mit
Diamanten besetzt war. Diesen berühmten, sprichwörtlich
gewordenen Krückstock brauchte der König viele Jahre bis
an sein Ende. Friedrich Wilhelm II. schenkte ihn der
Wittwe seines großen Oheims, welche sich gleichfalls bis
an ihr Ende darauf stützte. Nachher ist dieser merkwür-
dige Nachlaß in die Kunstkammer gekommen.

Die Treibhausfrüchte und das übrige Obst aus den
herrlichen Gartenanlagen in Potsdam wurden alle in des
Königs Kammern gebracht; er behielt davon, was er ge-
nießen wollte, bestimmte, was auf die Tafel kommen nnd
was seinen Verwandten und Freunden als Geschenk zu-
gehen sollte.

Bei den alljährigen Reisen des Königs wurde ein
Nachtquartier mit hundert Thalern, ein Speisequartier mit
funfzig Thalern bezahlt. War der Wirth in den Dörfern,
wo Revue gehalten wurde, ein Edelmann, so bekam er außer
den hundert Thalern wohl noch eine goldene Tabatiere,
oder einen Ring, vier bis fünfhundert Thaler am Werth.
Uebrigens hat der König selbst in vielen Jahren kein Geld
bei sich geführt, außer im baierschen Erbfolgekriege sechs
Dukaten, welche er nicht einmal ganz ausgab, und zwei
Thaler klein Geld, welches er größtentheils den schüch-
ternen Bauern in Oberschlesien zuwarf. Jnvaliden Sol-
daten oder andern armen Leuten ließ er auf Reisen und
Spazierritten gewöhnlich acht Groschen reichen.

Der König ließ sich stets, auch wenn Vorspannpferde
gegeben wurden, von seinem Leibkutscher Pfund fahren,
auf dessen Rechnung viele erdichtete, zum Theil sehr plumpe
Anekdoten umhergehen. Gelindigkeit gegen die Domestiken
gehörte nicht unter die Lichtseiten in Friedrichs Karakter,
und so wird auch Pfund keine besondere Ausnahme gemacht
haben, der ein unverschämter Mensch war und zehn bis
zwölf Jahre vor seinem Tode ohne Jahrgeld den Abschied
bekam. Seine Verschuldung muß bedeutend gewesen sein,
da er erst nach langen Bitten und auf die dringendsten
Vorstellungen des Oberstallmeisters Grafen [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]Schwerin sie-
ben Thaler monatlich vom Könige erlangte, der ihm 1781
auch ein Haus in Potsdam bauen ließ, aber nur, als er
gleichzeitig noch 34 andere Häuser daselbst aufführte und
verschenkte.

    (Beschluß folgt.)



Die Auswanderer.

(Beschluß.)

Endlich schien die Feuersbrunst sich mehr zu entfernen
und er wagte es, unter dem starken Regen hinabzusteigen.
Die nächsten Baumstämme streckten, wie schwarze Gerippe,
die kahlen Zweige zum Himmel empor; tiefer hinab glüh-
ten noch einzelne Stämme, andere waren bis auf die Erde
niedergebrannt und das Feuer nagte noch an den Wurzeln,
so daß der Boden dampfte und Eduard bei jedem Schritt
in die unterirdische Gluth hinabzusinken drohte. Jetzt
glaubte er die Stelle erreicht zu haben, wo die Blockhäuser
[Ende Spaltensatz]

197 Conversations=Blatt. 198
[Beginn Spaltensatz] sich bis auf die Beinkleider und Stiefel selbst aus, legte
sich das Nachtzeug an, entließ seine Kammerbedienten mit
dem Befehle, ihn am andern Morgen zu wecken, und schlief,
immer ohne Licht und ganz allein, mehrentheils bald ein.
Zwei Hoflakeien hatten im Vorzimmer die Wache, und der
König klingelte, wenn er ein Glas Wasser oder sonst et-
was begehrte.

Jm Sommer waren die Leibesbewegungen häufiger.
Der König ging früher zu Bette und stand früher auf; von
dem Ende des Februars an immer früher und früher, so
daß er zur Zeit der Berliner Revue öfters schon um halb
drei Uhr aufstand und um vier Uhr zu Pferde saß. An
solchen Morgen wurde aus dem Flötenblasen nicht viel;
die Briefschaften wurden blos gelesen, abgefertigt aber erst,
wenn die Musterung vorüber war. Es kann nicht genug
gerühmt werden, wie ungemein thätig Friedrich in dem rü-
stigen Alter gewesen, immer bei guter Laune, ein Freund
der Vergnügungen, vor Allem der Abendtafel; aber wenn
er auch noch so spät vom Tische aufstand, Morgens war er
doch schon früh wieder auf, seine Pflichten mit Freuden
zu üben.

Sobald die Musterungen beendigt waren, legte er der
nächtlichen Ruhe allmälig wieder etwas zu. Jm März
machte er bei guter Witterung um zehn oder elf Uhr Vor-
mittags zuweilen einen Spazierritt. Gegen Ende dieses
Monats, oder wenn die Witterung gar zu schlecht war, zu
Anfange des Aprils, verließ er Potsdam und bezog Sans-
Souci, wohnte wöchentlich dreimal dem Exerziren der Be-
satzung bei und kommandirte selbst. Auch die übrigen Tage
ritt er gewöhnlich eine Stunde vor Tische aus, immer im
Trott und Galopp. Oft ritt er selbst von Potsdam nach
Charlottenburg und Berlin, ohne sich des Wagens, der
ihm folgte, zu bedienen. Auf Märschen ritt er beständig;
war die Kälte groß, so ging er zu Fuß.

Die jährlichen Truppenmusterungen wurden von Fried-
rich in der zur Zeit seines Vaters schon beliebten Ordnung
abgehalten. Auch der Unterschied zwischen General= und
Spezialrevüe fand schon zu Friedrich Wilhelms Zeiten statt.
Bei jener wurde besonders auf die Fortschritte in den Kriegs-
übungen gesehen, bei dieser hauptsächlich auf die Anzahl
und Beschaffenheit der Rekruten, wobei der König aber
auch fast jeden Soldaten fragte: „Wie lange hast du ge-
dient? Wie alt bist du? Hast du Alles richtig erhalten?“

Nach den Musterungen der Truppen und der Minister-
revüe kam die Zeit, welche Friedrich selbst seine Ferien
nannte; d. h. er trank den Egerbrunnen, welches eben so
alljährlich wiederkehrte, wie das vormalige Aderlassen, und
hielt sich hernach zehn bis vierzehn Tage im Neuen Palais
auf, wo ihn seine Geschwister oder andere Fürstlichkeiten
besuchten, welche, wenn sie beurlaubt waren, allemal auch
der Königin einen Besuch abstatteten. So lange der Kö-
nig in Sans=Souci wohnte, kam alle Abend ein Unteroffi-
zier mit sechs Flügelgrenadieren der Leibgarde von der
Potsdamer Schloßwache dahin; ein Mann stand vor dem
Gewehre, einer beim Eingange an der Kolonnade. Diese
ganze Nachtwache ging mit der Reveille nach der Stadt
zurück. Hatte der Konig vornehme Besuche, so kam eine
stärkere Wache nach dem neuen Palais und wurde alle
24 Stunden abgelöst.

[Spaltenumbruch]

Jn Sans=Souci ritt Friedrich alle Tage aus, wenn
es irgend die Witterung zuließ, spazierte im Garten und
übte alle Geldtage die große Wachtparade. Zu Pferde
und zu Fuß trug er einen Krückstock, ein spanisches
Rohr, woran die Krücke von Gold und sehr reich mit
Diamanten besetzt war. Diesen berühmten, sprichwörtlich
gewordenen Krückstock brauchte der König viele Jahre bis
an sein Ende. Friedrich Wilhelm II. schenkte ihn der
Wittwe seines großen Oheims, welche sich gleichfalls bis
an ihr Ende darauf stützte. Nachher ist dieser merkwür-
dige Nachlaß in die Kunstkammer gekommen.

Die Treibhausfrüchte und das übrige Obst aus den
herrlichen Gartenanlagen in Potsdam wurden alle in des
Königs Kammern gebracht; er behielt davon, was er ge-
nießen wollte, bestimmte, was auf die Tafel kommen nnd
was seinen Verwandten und Freunden als Geschenk zu-
gehen sollte.

Bei den alljährigen Reisen des Königs wurde ein
Nachtquartier mit hundert Thalern, ein Speisequartier mit
funfzig Thalern bezahlt. War der Wirth in den Dörfern,
wo Revue gehalten wurde, ein Edelmann, so bekam er außer
den hundert Thalern wohl noch eine goldene Tabatiere,
oder einen Ring, vier bis fünfhundert Thaler am Werth.
Uebrigens hat der König selbst in vielen Jahren kein Geld
bei sich geführt, außer im baierschen Erbfolgekriege sechs
Dukaten, welche er nicht einmal ganz ausgab, und zwei
Thaler klein Geld, welches er größtentheils den schüch-
ternen Bauern in Oberschlesien zuwarf. Jnvaliden Sol-
daten oder andern armen Leuten ließ er auf Reisen und
Spazierritten gewöhnlich acht Groschen reichen.

Der König ließ sich stets, auch wenn Vorspannpferde
gegeben wurden, von seinem Leibkutscher Pfund fahren,
auf dessen Rechnung viele erdichtete, zum Theil sehr plumpe
Anekdoten umhergehen. Gelindigkeit gegen die Domestiken
gehörte nicht unter die Lichtseiten in Friedrichs Karakter,
und so wird auch Pfund keine besondere Ausnahme gemacht
haben, der ein unverschämter Mensch war und zehn bis
zwölf Jahre vor seinem Tode ohne Jahrgeld den Abschied
bekam. Seine Verschuldung muß bedeutend gewesen sein,
da er erst nach langen Bitten und auf die dringendsten
Vorstellungen des Oberstallmeisters Grafen [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]Schwerin sie-
ben Thaler monatlich vom Könige erlangte, der ihm 1781
auch ein Haus in Potsdam bauen ließ, aber nur, als er
gleichzeitig noch 34 andere Häuser daselbst aufführte und
verschenkte.

    (Beschluß folgt.)



Die Auswanderer.

(Beschluß.)

Endlich schien die Feuersbrunst sich mehr zu entfernen
und er wagte es, unter dem starken Regen hinabzusteigen.
Die nächsten Baumstämme streckten, wie schwarze Gerippe,
die kahlen Zweige zum Himmel empor; tiefer hinab glüh-
ten noch einzelne Stämme, andere waren bis auf die Erde
niedergebrannt und das Feuer nagte noch an den Wurzeln,
so daß der Boden dampfte und Eduard bei jedem Schritt
in die unterirdische Gluth hinabzusinken drohte. Jetzt
glaubte er die Stelle erreicht zu haben, wo die Blockhäuser
[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 13. Burg/Berlin, 1836, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt13_1836/3>, abgerufen am 21.11.2024.