Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837.479 Conversations=Blatt. 480 [Beginn Spaltensatz]
der hängen nachlässig am Körper bis zu den Knöchelnherab. Jhr Gang ist schleppend und träge. Uebrigens ist die Tracht der Griechinnen sehr ver- 4. Die Romaika. Dieser gefällige Tanz wird zunächst von Damen [Spaltenumbruch] 5. Eine griechische Hochzeit. Jch saß bei G...; da kam ein Grieche herein und Jch ging daher mit G. nach dem Hause des Bräu- Voraus trug ein Knabe auf einem Kissen, welches Endlich erschien sie, stattlich geputzt, und von zwei (Fortsetzung folgt.) Das Gespenst. Nach dem Englischen des Leitch Ritchie. Das Blockdog (Schwarzhund) =Gefängniß in Dublin, Die Schildwache stand eines Nachts auf ihrem 479 Conversations=Blatt. 480 [Beginn Spaltensatz]
der hängen nachlässig am Körper bis zu den Knöchelnherab. Jhr Gang ist schleppend und träge. Uebrigens ist die Tracht der Griechinnen sehr ver- 4. Die Romaika. Dieser gefällige Tanz wird zunächst von Damen [Spaltenumbruch] 5. Eine griechische Hochzeit. Jch saß bei G...; da kam ein Grieche herein und Jch ging daher mit G. nach dem Hause des Bräu- Voraus trug ein Knabe auf einem Kissen, welches Endlich erschien sie, stattlich geputzt, und von zwei (Fortsetzung folgt.) Das Gespenst. Nach dem Englischen des Leitch Ritchie. Das Blockdog (Schwarzhund) =Gefängniß in Dublin, Die Schildwache stand eines Nachts auf ihrem <TEI> <text> <body> <div xml:id="Sitte2" type="jArticle" n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0002"/><fw type="header" place="top">479 <hi rendition="#c">Conversations=Blatt.</hi> <hi rendition="#right">480</hi></fw><cb type="start" n="479"/> der hängen nachlässig am Körper bis zu den Knöcheln<lb/> herab. Jhr Gang ist schleppend und träge.</p><lb/> <p>Uebrigens ist die Tracht der Griechinnen sehr ver-<lb/> schieden. Die schönste und reichste sah ich in Elevsis<lb/> (bei Athen) und Mesolonghi. Jn Rumelien überhaupt<lb/> fand ich beide Geschlechter weit im Vortheile gegen die<lb/> Moreoten. Dagegen übertreffen die Jnsulanerinnen an<lb/> Schönheit diese, wie jene. Herrliche Gestalten sind die<lb/> Ydrioten.</p><lb/> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>4.<lb/><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Die Romaika</hi>.</hi></head><lb/> <p>Dieser gefällige Tanz wird zunächst von Damen<lb/> getanzt, während der wilde Albanitiko nur von Män-<lb/> nern aufgeführt wird. Die Zahl der Tänzerinnen ist<lb/> unbeschränkt. Die Vortänzerin wird durch ihre Schön-<lb/> heit, Meisterschaft im Tanzen, oder durch ähnliche Vor-<lb/> züge bestimmt; nach dieser aber kann jede andere ihre<lb/> Stelle einnehmen. Diese Vortänzerin hält in der lin-<lb/> ken Hand ein weißes Tuch, das den Faden der Aria-<lb/> dne darstellt, denn der ganze Tanz spielt auf die Bege-<lb/> benheit zwischen Theseus und Ariadne an. Die nächste<lb/> Tänzerin faßt dieses Tuch mit der rechten Hand; die<lb/> übrigen halten sich Hand an Hand. Gleichmäßig nach<lb/> der Vortänzerin bewegen sich alle anderen. Die Bewe-<lb/> gungen bestehen Anfangs nur in einem taktmäßigen Vor-<lb/> und Rückwärtsschreiten, wozu die Tanzenden singen.<lb/> Tritt aber ein Theseus ein, so wird der Tanz lebhafter<lb/> und gewinnt sehr an Jnteresse, besonders dann, wenn<lb/> (was oft der Fall ist) zwei Verliebte zusammen treffen.<lb/> Hat dieser Tanz auf diese Weise einige Zeit gedauert,<lb/> so treten die übrigen ab, und nur Theseus und Ariadne<lb/> bleiben. Diese Beiden tanzen nun allein und suchen sich<lb/> in Zierlichkeit und Behändigkeit zu überbieten. Bald<lb/> nähern sie sich, bald entfernen sie sich von einander; jetzt<lb/> schmachtet sie, jetzt er, und Beider Augen glühen. Doch<lb/> plötzlich spielt Ariadne die Spröde und wendet sich von<lb/> Theseus ab, ihm den Rücken zukehrend, und tanzt so<lb/> einige Sekunden. Theseus ist in Verzweiflung; er er-<lb/> schöpft sich in den anstrengendsten Pas, um die Spröde<lb/> wieder zu gewinnen. Endlich erweicht ihr Herz; sie dreht<lb/> jetzt nur auf Augenblicke das Köpfchen; schon hebt sie<lb/> das Taschentuch und im nächsten Augenblicke streckt sie<lb/> dem Glücklichen die Hand entgegen. Doch kaum merkt<lb/> dieser seinen Sieg, so spielt auch er nun den schwer Ge-<lb/> kränkten. Er vermeidet jede Annäherung, und alle ge-<lb/> genseitigen Versuche bleiben unbeachtet. Aber – lange<lb/> kann er nicht widerstehen. Nun wird der Takt der Musik<lb/> schneller, die Musik selbst rauschender, die Blicke Beider<lb/> begegnen sich, die Hände fassen sich wechselseitig, und in<lb/> den raschesten, zierlichsten Sprüngen sich gegenseitig zu<lb/> übertreffen suchend, tanzen sie nun Hand in Hand, Auge<lb/> an Auge, und treten endlich, unnennbare Gluth im Her-<lb/> zen, unter dem Beifallklatschen der Zuschauer, aus dem<lb/> Kreise. Jch sah diesen Tanz unter andern auch in The-<lb/> ben auf eine Weise, die mich entzückte.</p><lb/> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb n="480"/> <div n="2"> <head>5.<lb/><hi rendition="#fr">Eine griechische Hochzeit.</hi></head><lb/> <p>Jch saß bei G...; da kam ein Grieche herein und<lb/> bot mir aus der Hand Gewürznelken an. Jch nahm<lb/> ein Stück; der Grieche dankte und entfernte sich. Auf<lb/> meine Frage sagte mir G., dies sei die Art und Weise<lb/> bei Kaufleuten, Krämern und dergleichen, zur Hochzeit<lb/> einzuladen. Das Anbieten der Gewürznelken bedeute die<lb/> Einladung, das Annehmen, daß man zusage.</p><lb/> <p>Jch ging daher mit G. nach dem Hause des Bräu-<lb/> tigams, der einen ziemlichen Kramladen hielt. Jn ei-<lb/> nem kleinen Zimmer saßen bereits sehr viele Griechen<lb/> auf dem Boden umher; in der Mitte zwei Musikanten,<lb/> die spielten. Es wurde uns sogleich ein Platz auf ei-<lb/> nem Polster eingeräumt. Der Bräutigam war noch ab-<lb/> wesend; indeß sangen die Musikanten türkische Lieder der<lb/> Liebe in sehr melancholischen Tönen. Die Schwester des<lb/> Bräutigams präsentirte Glyke (Süßes, Konfituren) und<lb/> Rum. Endlich erschien der Bräutigam, ein Mann von<lb/> 48 bis 50 Jahren, und nun begann der Zug zur Braut.</p><lb/> <p>Voraus trug ein Knabe auf einem Kissen, welches<lb/> mit einem Tuche überdeckt war, zwei Flitterkronen.<lb/> Darauf folgten die Musikanten; hinter diesen G... und<lb/> ich, und nach uns der Bräutigam, in der Mitte seiner<lb/> Verwandten. Eine große Menge schloß sich an. Lang-<lb/> sam bewegte sich der Zug vorwärts. Am Hause der<lb/> Braut verlor sich der Bräutigam tiefer ins Gedränge;<lb/> die Galantern nahmen im Freien auf Stühlen oder auf<lb/> der Erde Platz und erwarteten das Erscheinen der Braut.<lb/> Jn der Zwischenzeit wurde Wein und Süßigkeiten her-<lb/> umgereicht.</p><lb/> <p>Endlich erschien sie, stattlich geputzt, und von zwei<lb/> Verwandten geführt. Sie hatte die Augen geschlossen<lb/> und glich eher einem Marmorbilde, als einem lebenden<lb/> Wesen. Schwebend wurde sie die Treppe herabgetra-<lb/> gen und dicht vor G... und mich hingestellt. Obwohl<lb/> bis zur Kirche nicht vierzig Schritt waren, so brauch-<lb/> ten wir doch bis dahin eine gute Viertelstunde; denn<lb/> die Braut hob fast keinen Fuß und ließ sich von den<lb/> Verwandten förmlich schleifen und tragen. Dies ist so<lb/> Sitte; je mehr die Braut zögert, desto anständiger ist<lb/> ihr Benehmen, und von einer freundlichen, fröhlichen<lb/> Miene ist Nichts zu sehen.</p><lb/> <p><space dim="horizontal"/> (Fortsetzung folgt.) <note type="editorial">Folgende Ausgabe, die Fortsetzungen des Artikels enthalten, fehlen.</note></p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Das Gespenst</hi>.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#c">Nach dem Englischen des Leitch Ritchie.</hi> </p> </argument><lb/> <p>Das Blockdog (Schwarzhund) =Gefängniß in Dublin,<lb/> das am Kornmarkt stand, ist jetzt abgebrochen worden;<lb/> allein noch lange wird man sich von einem damit ver-<lb/> knüpften geheimnißvollen Ereigniß, worin ein schwarzes<lb/> Schwein die Hauptrolle spielte, zu erzählen wissen.</p><lb/> <p>Die Schildwache stand eines Nachts auf ihrem<lb/> Posten gerade unter der Verurtheilten=Zelle, als aus die-<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [0002]
479 Conversations=Blatt. 480
der hängen nachlässig am Körper bis zu den Knöcheln
herab. Jhr Gang ist schleppend und träge.
Uebrigens ist die Tracht der Griechinnen sehr ver-
schieden. Die schönste und reichste sah ich in Elevsis
(bei Athen) und Mesolonghi. Jn Rumelien überhaupt
fand ich beide Geschlechter weit im Vortheile gegen die
Moreoten. Dagegen übertreffen die Jnsulanerinnen an
Schönheit diese, wie jene. Herrliche Gestalten sind die
Ydrioten.
4.
Die Romaika.
Dieser gefällige Tanz wird zunächst von Damen
getanzt, während der wilde Albanitiko nur von Män-
nern aufgeführt wird. Die Zahl der Tänzerinnen ist
unbeschränkt. Die Vortänzerin wird durch ihre Schön-
heit, Meisterschaft im Tanzen, oder durch ähnliche Vor-
züge bestimmt; nach dieser aber kann jede andere ihre
Stelle einnehmen. Diese Vortänzerin hält in der lin-
ken Hand ein weißes Tuch, das den Faden der Aria-
dne darstellt, denn der ganze Tanz spielt auf die Bege-
benheit zwischen Theseus und Ariadne an. Die nächste
Tänzerin faßt dieses Tuch mit der rechten Hand; die
übrigen halten sich Hand an Hand. Gleichmäßig nach
der Vortänzerin bewegen sich alle anderen. Die Bewe-
gungen bestehen Anfangs nur in einem taktmäßigen Vor-
und Rückwärtsschreiten, wozu die Tanzenden singen.
Tritt aber ein Theseus ein, so wird der Tanz lebhafter
und gewinnt sehr an Jnteresse, besonders dann, wenn
(was oft der Fall ist) zwei Verliebte zusammen treffen.
Hat dieser Tanz auf diese Weise einige Zeit gedauert,
so treten die übrigen ab, und nur Theseus und Ariadne
bleiben. Diese Beiden tanzen nun allein und suchen sich
in Zierlichkeit und Behändigkeit zu überbieten. Bald
nähern sie sich, bald entfernen sie sich von einander; jetzt
schmachtet sie, jetzt er, und Beider Augen glühen. Doch
plötzlich spielt Ariadne die Spröde und wendet sich von
Theseus ab, ihm den Rücken zukehrend, und tanzt so
einige Sekunden. Theseus ist in Verzweiflung; er er-
schöpft sich in den anstrengendsten Pas, um die Spröde
wieder zu gewinnen. Endlich erweicht ihr Herz; sie dreht
jetzt nur auf Augenblicke das Köpfchen; schon hebt sie
das Taschentuch und im nächsten Augenblicke streckt sie
dem Glücklichen die Hand entgegen. Doch kaum merkt
dieser seinen Sieg, so spielt auch er nun den schwer Ge-
kränkten. Er vermeidet jede Annäherung, und alle ge-
genseitigen Versuche bleiben unbeachtet. Aber – lange
kann er nicht widerstehen. Nun wird der Takt der Musik
schneller, die Musik selbst rauschender, die Blicke Beider
begegnen sich, die Hände fassen sich wechselseitig, und in
den raschesten, zierlichsten Sprüngen sich gegenseitig zu
übertreffen suchend, tanzen sie nun Hand in Hand, Auge
an Auge, und treten endlich, unnennbare Gluth im Her-
zen, unter dem Beifallklatschen der Zuschauer, aus dem
Kreise. Jch sah diesen Tanz unter andern auch in The-
ben auf eine Weise, die mich entzückte.
5.
Eine griechische Hochzeit.
Jch saß bei G...; da kam ein Grieche herein und
bot mir aus der Hand Gewürznelken an. Jch nahm
ein Stück; der Grieche dankte und entfernte sich. Auf
meine Frage sagte mir G., dies sei die Art und Weise
bei Kaufleuten, Krämern und dergleichen, zur Hochzeit
einzuladen. Das Anbieten der Gewürznelken bedeute die
Einladung, das Annehmen, daß man zusage.
Jch ging daher mit G. nach dem Hause des Bräu-
tigams, der einen ziemlichen Kramladen hielt. Jn ei-
nem kleinen Zimmer saßen bereits sehr viele Griechen
auf dem Boden umher; in der Mitte zwei Musikanten,
die spielten. Es wurde uns sogleich ein Platz auf ei-
nem Polster eingeräumt. Der Bräutigam war noch ab-
wesend; indeß sangen die Musikanten türkische Lieder der
Liebe in sehr melancholischen Tönen. Die Schwester des
Bräutigams präsentirte Glyke (Süßes, Konfituren) und
Rum. Endlich erschien der Bräutigam, ein Mann von
48 bis 50 Jahren, und nun begann der Zug zur Braut.
Voraus trug ein Knabe auf einem Kissen, welches
mit einem Tuche überdeckt war, zwei Flitterkronen.
Darauf folgten die Musikanten; hinter diesen G... und
ich, und nach uns der Bräutigam, in der Mitte seiner
Verwandten. Eine große Menge schloß sich an. Lang-
sam bewegte sich der Zug vorwärts. Am Hause der
Braut verlor sich der Bräutigam tiefer ins Gedränge;
die Galantern nahmen im Freien auf Stühlen oder auf
der Erde Platz und erwarteten das Erscheinen der Braut.
Jn der Zwischenzeit wurde Wein und Süßigkeiten her-
umgereicht.
Endlich erschien sie, stattlich geputzt, und von zwei
Verwandten geführt. Sie hatte die Augen geschlossen
und glich eher einem Marmorbilde, als einem lebenden
Wesen. Schwebend wurde sie die Treppe herabgetra-
gen und dicht vor G... und mich hingestellt. Obwohl
bis zur Kirche nicht vierzig Schritt waren, so brauch-
ten wir doch bis dahin eine gute Viertelstunde; denn
die Braut hob fast keinen Fuß und ließ sich von den
Verwandten förmlich schleifen und tragen. Dies ist so
Sitte; je mehr die Braut zögert, desto anständiger ist
ihr Benehmen, und von einer freundlichen, fröhlichen
Miene ist Nichts zu sehen.
(Fortsetzung folgt.)
Das Gespenst.
Nach dem Englischen des Leitch Ritchie.
Das Blockdog (Schwarzhund) =Gefängniß in Dublin,
das am Kornmarkt stand, ist jetzt abgebrochen worden;
allein noch lange wird man sich von einem damit ver-
knüpften geheimnißvollen Ereigniß, worin ein schwarzes
Schwein die Hauptrolle spielte, zu erzählen wissen.
Die Schildwache stand eines Nachts auf ihrem
Posten gerade unter der Verurtheilten=Zelle, als aus die-
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