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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837.

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491 Conversations=Blatt. 492
[Beginn Spaltensatz] derknieen und der Königin die Hand küssen. "Das
lasse ich wohl bleiben," antwortete der Knabe, "ich mag
mir meine neue Hosen nicht schmutzig machen." - Der
König und die Königin konnten sich über diese Antwort
des Lachens nicht enthalten, und beschenkten den Kleinen
reichlich. -



Seltene Ehrlichkeit.

Ein Bewohner des bekannten meiningischen Bades
Liebenstein hatte vor fast zwanzig Jahren eine Uhr
verloren, die er für gestohlen ausgab, sei es aus Furcht
vor seiner Frau oder weil er es wirklich glaubte. Er
ging gleich darauf zu einem sogenannten weisen Mann,
um den Dieb oder den Finder zu erfahren, aber ver-
geblich.

Vor einiger Zeit sieht der Wächter einen Mann
bei dem Hause des Eigenthümers der Uhr herumschlei-
chen. Am folgenden Morgen zieht die Magd desselben
ein Päckchen aus einem Winkel der Hausthür hervor,
bringt es ihrem Herrn, der zu seinem großen Erstaunen
darin seine Uhr mit dem nämlichen Bändchen und Pet-
schaft wiederfindet, die vor 15 Jahren daran waren.

Der Umschlag des Päckchens war ein Brief, in
welchem der Finder der Uhr sagte, daß er die Uhr beim
Nachhausegehen von einer Leiche gefunden und sich so-
gleich vorgenommen habe, sie dem Eigenthümer zurück-
zugeben. Da aber dieser ausgesprengt habe, sie sei ihm
gestohlen worden, so habe er, der Finder, sich der Ge-
fahr, für einen Dieb gehalten zu werden, nicht aussetzen
wollen und daher die Uhr behalten, jedoch immer auf
Mittel gesonnen, sie unbemerkt dem Eigenthümer zustel-
len zu können. Da aber dieser zu einem weisen Manne
gegangen sei, sei ihm auch dieser Plan fehlgeschlagen,
weil er ihn nicht in dem Glauben habe bestärken wol-
len, daß er auf diesem Wege seinen Zweck erreicht habe.
Jetzt endlich müsse er es wagen, die Uhr an jenen ge-
langen zu lassen. Der sonderbare Schreiber fügt hinzu:
wenn er eine Standesperson gewesen, so hätte er die
Uhr seiner Ehre unbeschadet zurückgeben können, ihm aber
als einem Armen würde man doch nicht geglaubt haben.
Freilich habe er sich aller Sorge um dieselbe entledigen
können, wenn er sie in die Werra geworfen hätte, aber
dagegen habe sein Gewissen gestritten; es habe ihm
übrigens viel Sorge verursacht, auf welche Weise er die
Uhr zurückgeben könne, und am Ende führt er noch
mehre Stellen aus der Bibel an, die seine Glaubwür-
digkeit beweisen sollen. Der Verfasser des Briefes ist
bis heute noch nicht entdeckt.



"Heda! wer kann schwimmen?" rief ein Mann, der
über die Themse wollte - und gleich umringten ihn die
Schiffer, und schrien: ich Herr, ich."

Einer nur blieb in der Ferne stehen. -

"Kannst Du nicht schwimmen?" fragte ihn der Mann.

"Nein Herr!" antwortete der Schiffer.

"Nun, dann fahr' mich über!"



[Spaltenumbruch] [Abbildung]

Gustav III., König von Schweden, hatte dem
Dichter Karl Michael Bellmann (geb. 1741, gest. 11.
Dezember 1796) nicht bloß wegen seines Genies, son-
dern auch, weil er ein sehr gewandter Arbeiter im Ge-
schäftsleben war, seine besondere Gunst geschenkt. Bell-
mann wurde daher von dem Könige unmittelbar um
dessen Person beschäftigt. Die Excentricitäten des Dich-
ters hatten ihm aber die Ungnade des Königs einst so
zugezogen, daß er dessen Zimmer nicht mehr betreten
durfte; dahingegen mußte er nach wie vor für den Kö-
nig, aber in seiner Wohnung arbeiten.

Bellmann erfuhr, daß Gustav an einem Tag zu
einer bestimmten Stunde vor seiner Wohnung vorbei-
reiten würde. Der König erstaunte nicht wenig, als er
an dem Fenster von Bellmann's Zimmer eine Leiter
angelehnt fand. Auf dieser stand der Barbier des Dich-
ters, der seinen Kopf aus dem Fenster gesteckt hatte und
sich rasiren ließ.

Gustav hielt sein Pferd an und rief: Bellmann!
was bedeutet das?

"Mein Barbier ist in Ungnade gefallen, Ew. Ma-
jestät!" rief Bellmann hinab: "er darf meine Schwelle
nicht mehr betreten; ich kann aber ohne den Kerl nicht
fertig werden."

Die Folge dieses kecken Wagestücks war, daß Bell-
mann wieder bei dem Könige in die früheren Verhält-
nisse kam.



[Ende Spaltensatz]

491 Conversations=Blatt. 492
[Beginn Spaltensatz] derknieen und der Königin die Hand küssen. „Das
lasse ich wohl bleiben,“ antwortete der Knabe, „ich mag
mir meine neue Hosen nicht schmutzig machen.“ – Der
König und die Königin konnten sich über diese Antwort
des Lachens nicht enthalten, und beschenkten den Kleinen
reichlich. –



Seltene Ehrlichkeit.

Ein Bewohner des bekannten meiningischen Bades
Liebenstein hatte vor fast zwanzig Jahren eine Uhr
verloren, die er für gestohlen ausgab, sei es aus Furcht
vor seiner Frau oder weil er es wirklich glaubte. Er
ging gleich darauf zu einem sogenannten weisen Mann,
um den Dieb oder den Finder zu erfahren, aber ver-
geblich.

Vor einiger Zeit sieht der Wächter einen Mann
bei dem Hause des Eigenthümers der Uhr herumschlei-
chen. Am folgenden Morgen zieht die Magd desselben
ein Päckchen aus einem Winkel der Hausthür hervor,
bringt es ihrem Herrn, der zu seinem großen Erstaunen
darin seine Uhr mit dem nämlichen Bändchen und Pet-
schaft wiederfindet, die vor 15 Jahren daran waren.

Der Umschlag des Päckchens war ein Brief, in
welchem der Finder der Uhr sagte, daß er die Uhr beim
Nachhausegehen von einer Leiche gefunden und sich so-
gleich vorgenommen habe, sie dem Eigenthümer zurück-
zugeben. Da aber dieser ausgesprengt habe, sie sei ihm
gestohlen worden, so habe er, der Finder, sich der Ge-
fahr, für einen Dieb gehalten zu werden, nicht aussetzen
wollen und daher die Uhr behalten, jedoch immer auf
Mittel gesonnen, sie unbemerkt dem Eigenthümer zustel-
len zu können. Da aber dieser zu einem weisen Manne
gegangen sei, sei ihm auch dieser Plan fehlgeschlagen,
weil er ihn nicht in dem Glauben habe bestärken wol-
len, daß er auf diesem Wege seinen Zweck erreicht habe.
Jetzt endlich müsse er es wagen, die Uhr an jenen ge-
langen zu lassen. Der sonderbare Schreiber fügt hinzu:
wenn er eine Standesperson gewesen, so hätte er die
Uhr seiner Ehre unbeschadet zurückgeben können, ihm aber
als einem Armen würde man doch nicht geglaubt haben.
Freilich habe er sich aller Sorge um dieselbe entledigen
können, wenn er sie in die Werra geworfen hätte, aber
dagegen habe sein Gewissen gestritten; es habe ihm
übrigens viel Sorge verursacht, auf welche Weise er die
Uhr zurückgeben könne, und am Ende führt er noch
mehre Stellen aus der Bibel an, die seine Glaubwür-
digkeit beweisen sollen. Der Verfasser des Briefes ist
bis heute noch nicht entdeckt.



„Heda! wer kann schwimmen?“ rief ein Mann, der
über die Themse wollte – und gleich umringten ihn die
Schiffer, und schrien: ich Herr, ich.“

Einer nur blieb in der Ferne stehen. –

„Kannst Du nicht schwimmen?“ fragte ihn der Mann.

„Nein Herr!“ antwortete der Schiffer.

„Nun, dann fahr' mich über!“



[Spaltenumbruch] [Abbildung]

Gustav III., König von Schweden, hatte dem
Dichter Karl Michael Bellmann (geb. 1741, gest. 11.
Dezember 1796) nicht bloß wegen seines Genies, son-
dern auch, weil er ein sehr gewandter Arbeiter im Ge-
schäftsleben war, seine besondere Gunst geschenkt. Bell-
mann wurde daher von dem Könige unmittelbar um
dessen Person beschäftigt. Die Excentricitäten des Dich-
ters hatten ihm aber die Ungnade des Königs einst so
zugezogen, daß er dessen Zimmer nicht mehr betreten
durfte; dahingegen mußte er nach wie vor für den Kö-
nig, aber in seiner Wohnung arbeiten.

Bellmann erfuhr, daß Gustav an einem Tag zu
einer bestimmten Stunde vor seiner Wohnung vorbei-
reiten würde. Der König erstaunte nicht wenig, als er
an dem Fenster von Bellmann's Zimmer eine Leiter
angelehnt fand. Auf dieser stand der Barbier des Dich-
ters, der seinen Kopf aus dem Fenster gesteckt hatte und
sich rasiren ließ.

Gustav hielt sein Pferd an und rief: Bellmann!
was bedeutet das?

„Mein Barbier ist in Ungnade gefallen, Ew. Ma-
jestät!“ rief Bellmann hinab: „er darf meine Schwelle
nicht mehr betreten; ich kann aber ohne den Kerl nicht
fertig werden.“

Die Folge dieses kecken Wagestücks war, daß Bell-
mann wieder bei dem Könige in die früheren Verhält-
nisse kam.



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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt31_1837/8>, abgerufen am 21.11.2024.