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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837.

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489 Conversations=Blatt. 490
[Beginn Spaltensatz] res zu wälzen kriegen. Es kommt, schwarzer Norris!
's kommt! Ein großmächtiger schwarzer Rumpf - ein
Mast noch aufrecht von dreien - Kanonen und Vor-
räthe über Bord - steigend und sinkend - wiegend
und taumelnd - mit aller Macht antreibend, aufsto-
ßend am Riff, wo die William und Mary scheiterte;
das Riff, auf dem eben Du stehst, schwarzer Norris! ja,
und der Fleck eben........"

"Schweig' still, du Nickel!" schrie der Strand-
räuber, und blickte begierig vorgelehnt, unter seiner blitz-
schnell an die Stirn emporgehobenen und da wagrecht
vorgehaltenen, Hand hinaus.

"Jm Mittag?"

"Ja."

"Gerade aus vor der Klippenzunge?"

"Ja - es dunkelt etwas her; es ist eine Scha-
luppe - ich sehe blos einen Mast."

"Ein Schiff ist's, schwarzer Norris; die andern
zwei haben sie abgeschlagen."

"Ruhig, Nickel; was verstehst Du davon?"

"Ein Schiff ist's;" fuhr sie fort. "Sagt' ich
Dir's nicht?! Das ist der große schwarze Rumpf!"

"Ja wahrhaftig!" schrie der Strandräuber. "Bist
Du auch eine Hexe, und nicht bloß verrückt? Wahrhaf-
tig, da kommt's geschwommen; treibt geradeswegs in
die Bucht, mit der Breitseite heran."

Ein riesiger schwarzer Schiffsleib war es; hochauf
aus dem Wasser, als ob alles Schwere, was sich nur
entbehren ließ, über Bord geworfen worden wäre. Tau-
melnd und vorstürzend kam er heran, alle Augenblicke
über dem Schlag einer Woge, die auf ihn hereinbrach,
umwankend. Rasch näherte er sich dem Klippenstrand.

"Jetzt, jetzt, jetzt!" scholl es alle Augenblicke aus
den Reihen der Strandräuber; doch noch immer schwamm
der Riesenleib fort, so sehr hatten ihn die an Bord er-
leichtert. Endlich war er mitten im Brandungsstrudel.
Er streifte an und streifte an - doch bewegte sich im-
mer noch fort; endlich stieß er auf, und ein lang an-
haltendes Gekrach schlug in Wellenbebungen an das Ohr
der gierig lauschenden Zuschauer, und mit und nach schol-
len Hallohs und Jammerschreie. Die ganze Küste war
jetzt in rühriger Bewegung.

"Das gibt ihm den Rest!" schrieen mehrere Stim-
men zu gleicher Zeit, wie auf den Schiffskörper heran,
hochauf sich thürmend und sein Loos in ihrem Schwall
ihm bringend, eine ungeheuere Welle geschäumt kam.
Jn der nächsten Minute zerbarst sie über ihm mit einer
Wuth, die den Gischt bis zu den Wolken aufsprützte,
und verbarg ihn der Küste vollkommen. Als das Un-
glückschiff wieder sichtbar wurde, war seine ganze linke
Breitseite eingestoßen. Jn einem Augenblick waren Män-
ner, Weiber und Kinder bis zu den Hüften herauf mit-
ten im Brandungsgewühl. Noch eine Riesenwoge -
und das Fahrzeug war dahin! Planken, Winden, Spar-
ren und Seilwerk kam jetzt hereingeschwommen, und Je-
der ging hastig an's Werk - Alle, nur der schwarze
Norris nicht.

    (Fortsetzung folgt.)



[Spaltenumbruch]
Die bezauberte Mohrin.

Wenn man den Duero strom in Portugal hinab-
fährt, so findet man dessen Bette manchmal so zwischen
Bergen eingeschlossen, daß er eine dunkle Schlucht bil-
det. Am Eingang einer solchen Schlucht stand früher
ein maurisches Fort, dessen Trümmer noch stolz herab-
blicken auf das Wasser. Ein Aberglaube knüpft sich an
dieses Schloß, wie noch bei manchen andern maurischen
Thürmen, nämlich der von der Moira incantada, der
bezauberten Mohrin, ein in Portugal weit verbreiteter
Aberglaube. Das Landvolk glaubt, daß hier der mau-
rische Stamm vernichtet sei, die maurische Macht aber
noch nicht ganz aufgehört habe, denn hier und in fast
jedem Schlosse, wo die Sarazenen einst als Feudal-
herren herrschten, ist eine bezauberte Mohrin noch
immer an die Stelle gebannt, und hütet die un-
entdeckten Schätze des Schlosses. Als letzter Ueberrest
eines entschwundenen Volkes und seit dem traurigen
Tage Jhrer Vertreibung einzige Schützerin der hier
vergrabenen Schätze, steht sie da als eine Kette zwi-
schen den Lebenden und den Todten, und erhaben
über das Geschick der Sterblichen, bietet sie dem
Verlauf der Zeiten und den Streichen des Todes Trotz.
Obwohl durch ein geheimnißvolles Band an ein heidni-
sches und einst feindseliges Volk gebunden, ist doch ihr
Gemüth nicht wild, und ihr Anblick hat nichts Entsetz-
liches, denn wenn beim ersten Grauen des Tages der
leichte Thau den Berg und die Felsen befeuchtet, und
wiederum, wenn die untergehende Sonne ihre letzten
Strahlen auf die öde Maurenwohnung fallen läßt, sieht
man sie, in die fließenden Gewande ihres Stammes ge-
kleidet, an irgend ein zerstörtes Denkmal des Ruhms
ihrer Nation sich anlehnen, wie Einer, der trauert, doch
nicht sich zu rächen sucht. Sie scheut die Helle des
Tages, flieht aber nicht vor denen, die sie aufsuchen;
manchmal spinnt sie ihren Zauber um einen begünstigten
Menschen, schützt ihn vor Unglück, und gewährt ihm
einen Theil ihres vergrabenen Goldes. Es ist keine
Sünde, eine Moira aufzusuchen, und es scheint, als ob
die Landleute das grausame Unrecht, das ihre Vorväter
den Mauren anthaten, zum Dank für die eingebildete
Güte und schützende Sorge der bezauberten Mohrin durch
reiche Liebe vergelten wollten. Diese traurige, aber lieb-
liche Sage erhöht vielleicht noch den schönen, aber wil-
den Anblick der Ruine.



Miscellen.

Unter den Kindern, welche sich um den Wagen
eines Königs und einer Königin von England, bei ihrer
Wiederkunft nach London, versammelt hatten, war auch
ein kleiner schöner Knabe, mit vortrefflich blonden Haa-
ren, der eben die ersten Beinkleider an dem Tage be-
kommen hatte. Der König bemerkte das schöne Kind,
fragte, wer sein Vater sei, und sagte ihm, es solle nie-
[Ende Spaltensatz]

489 Conversations=Blatt. 490
[Beginn Spaltensatz] res zu wälzen kriegen. Es kommt, schwarzer Norris!
's kommt! Ein großmächtiger schwarzer Rumpf – ein
Mast noch aufrecht von dreien – Kanonen und Vor-
räthe über Bord – steigend und sinkend – wiegend
und taumelnd – mit aller Macht antreibend, aufsto-
ßend am Riff, wo die William und Mary scheiterte;
das Riff, auf dem eben Du stehst, schwarzer Norris! ja,
und der Fleck eben........“

„Schweig' still, du Nickel!“ schrie der Strand-
räuber, und blickte begierig vorgelehnt, unter seiner blitz-
schnell an die Stirn emporgehobenen und da wagrecht
vorgehaltenen, Hand hinaus.

„Jm Mittag?“

„Ja.“

„Gerade aus vor der Klippenzunge?“

„Ja – es dunkelt etwas her; es ist eine Scha-
luppe – ich sehe blos einen Mast.“

„Ein Schiff ist's, schwarzer Norris; die andern
zwei haben sie abgeschlagen.“

„Ruhig, Nickel; was verstehst Du davon?“

„Ein Schiff ist's;“ fuhr sie fort. „Sagt' ich
Dir's nicht?! Das ist der große schwarze Rumpf!“

„Ja wahrhaftig!“ schrie der Strandräuber. „Bist
Du auch eine Hexe, und nicht bloß verrückt? Wahrhaf-
tig, da kommt's geschwommen; treibt geradeswegs in
die Bucht, mit der Breitseite heran.“

Ein riesiger schwarzer Schiffsleib war es; hochauf
aus dem Wasser, als ob alles Schwere, was sich nur
entbehren ließ, über Bord geworfen worden wäre. Tau-
melnd und vorstürzend kam er heran, alle Augenblicke
über dem Schlag einer Woge, die auf ihn hereinbrach,
umwankend. Rasch näherte er sich dem Klippenstrand.

„Jetzt, jetzt, jetzt!“ scholl es alle Augenblicke aus
den Reihen der Strandräuber; doch noch immer schwamm
der Riesenleib fort, so sehr hatten ihn die an Bord er-
leichtert. Endlich war er mitten im Brandungsstrudel.
Er streifte an und streifte an – doch bewegte sich im-
mer noch fort; endlich stieß er auf, und ein lang an-
haltendes Gekrach schlug in Wellenbebungen an das Ohr
der gierig lauschenden Zuschauer, und mit und nach schol-
len Hallohs und Jammerschreie. Die ganze Küste war
jetzt in rühriger Bewegung.

„Das gibt ihm den Rest!“ schrieen mehrere Stim-
men zu gleicher Zeit, wie auf den Schiffskörper heran,
hochauf sich thürmend und sein Loos in ihrem Schwall
ihm bringend, eine ungeheuere Welle geschäumt kam.
Jn der nächsten Minute zerbarst sie über ihm mit einer
Wuth, die den Gischt bis zu den Wolken aufsprützte,
und verbarg ihn der Küste vollkommen. Als das Un-
glückschiff wieder sichtbar wurde, war seine ganze linke
Breitseite eingestoßen. Jn einem Augenblick waren Män-
ner, Weiber und Kinder bis zu den Hüften herauf mit-
ten im Brandungsgewühl. Noch eine Riesenwoge –
und das Fahrzeug war dahin! Planken, Winden, Spar-
ren und Seilwerk kam jetzt hereingeschwommen, und Je-
der ging hastig an's Werk – Alle, nur der schwarze
Norris nicht.

    (Fortsetzung folgt.)



[Spaltenumbruch]
Die bezauberte Mohrin.

Wenn man den Duero strom in Portugal hinab-
fährt, so findet man dessen Bette manchmal so zwischen
Bergen eingeschlossen, daß er eine dunkle Schlucht bil-
det. Am Eingang einer solchen Schlucht stand früher
ein maurisches Fort, dessen Trümmer noch stolz herab-
blicken auf das Wasser. Ein Aberglaube knüpft sich an
dieses Schloß, wie noch bei manchen andern maurischen
Thürmen, nämlich der von der Moira incantada, der
bezauberten Mohrin, ein in Portugal weit verbreiteter
Aberglaube. Das Landvolk glaubt, daß hier der mau-
rische Stamm vernichtet sei, die maurische Macht aber
noch nicht ganz aufgehört habe, denn hier und in fast
jedem Schlosse, wo die Sarazenen einst als Feudal-
herren herrschten, ist eine bezauberte Mohrin noch
immer an die Stelle gebannt, und hütet die un-
entdeckten Schätze des Schlosses. Als letzter Ueberrest
eines entschwundenen Volkes und seit dem traurigen
Tage Jhrer Vertreibung einzige Schützerin der hier
vergrabenen Schätze, steht sie da als eine Kette zwi-
schen den Lebenden und den Todten, und erhaben
über das Geschick der Sterblichen, bietet sie dem
Verlauf der Zeiten und den Streichen des Todes Trotz.
Obwohl durch ein geheimnißvolles Band an ein heidni-
sches und einst feindseliges Volk gebunden, ist doch ihr
Gemüth nicht wild, und ihr Anblick hat nichts Entsetz-
liches, denn wenn beim ersten Grauen des Tages der
leichte Thau den Berg und die Felsen befeuchtet, und
wiederum, wenn die untergehende Sonne ihre letzten
Strahlen auf die öde Maurenwohnung fallen läßt, sieht
man sie, in die fließenden Gewande ihres Stammes ge-
kleidet, an irgend ein zerstörtes Denkmal des Ruhms
ihrer Nation sich anlehnen, wie Einer, der trauert, doch
nicht sich zu rächen sucht. Sie scheut die Helle des
Tages, flieht aber nicht vor denen, die sie aufsuchen;
manchmal spinnt sie ihren Zauber um einen begünstigten
Menschen, schützt ihn vor Unglück, und gewährt ihm
einen Theil ihres vergrabenen Goldes. Es ist keine
Sünde, eine Moira aufzusuchen, und es scheint, als ob
die Landleute das grausame Unrecht, das ihre Vorväter
den Mauren anthaten, zum Dank für die eingebildete
Güte und schützende Sorge der bezauberten Mohrin durch
reiche Liebe vergelten wollten. Diese traurige, aber lieb-
liche Sage erhöht vielleicht noch den schönen, aber wil-
den Anblick der Ruine.



Miscellen.

Unter den Kindern, welche sich um den Wagen
eines Königs und einer Königin von England, bei ihrer
Wiederkunft nach London, versammelt hatten, war auch
ein kleiner schöner Knabe, mit vortrefflich blonden Haa-
ren, der eben die ersten Beinkleider an dem Tage be-
kommen hatte. Der König bemerkte das schöne Kind,
fragte, wer sein Vater sei, und sagte ihm, es solle nie-
[Ende Spaltensatz]

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Das Landvolk glaubt, daß hier der mau- rische Stamm vernichtet sei, die maurische Macht aber noch nicht ganz aufgehört habe, denn hier und in fast jedem Schlosse, wo die Sarazenen einst als Feudal- herren herrschten, ist eine bezauberte Mohrin noch immer an die Stelle gebannt, und hütet die un- entdeckten Schätze des Schlosses. Als letzter Ueberrest eines entschwundenen Volkes und seit dem traurigen Tage Jhrer Vertreibung einzige Schützerin der hier vergrabenen Schätze, steht sie da als eine Kette zwi- schen den Lebenden und den Todten, und erhaben über das Geschick der Sterblichen, bietet sie dem Verlauf der Zeiten und den Streichen des Todes Trotz. Obwohl durch ein geheimnißvolles Band an ein heidni- sches und einst feindseliges Volk gebunden, ist doch ihr Gemüth nicht wild, und ihr Anblick hat nichts Entsetz- liches, denn wenn beim ersten Grauen des Tages der leichte Thau den Berg und die Felsen befeuchtet, und wiederum, wenn die untergehende Sonne ihre letzten Strahlen auf die öde Maurenwohnung fallen läßt, sieht man sie, in die fließenden Gewande ihres Stammes ge- kleidet, an irgend ein zerstörtes Denkmal des Ruhms ihrer Nation sich anlehnen, wie Einer, der trauert, doch nicht sich zu rächen sucht. Sie scheut die Helle des Tages, flieht aber nicht vor denen, die sie aufsuchen; manchmal spinnt sie ihren Zauber um einen begünstigten Menschen, schützt ihn vor Unglück, und gewährt ihm einen Theil ihres vergrabenen Goldes. Es ist keine Sünde, eine Moira aufzusuchen, und es scheint, als ob die Landleute das grausame Unrecht, das ihre Vorväter den Mauren anthaten, zum Dank für die eingebildete Güte und schützende Sorge der bezauberten Mohrin durch reiche Liebe vergelten wollten. Diese traurige, aber lieb- liche Sage erhöht vielleicht noch den schönen, aber wil- den Anblick der Ruine. Miscellen. Unter den Kindern, welche sich um den Wagen eines Königs und einer Königin von England, bei ihrer Wiederkunft nach London, versammelt hatten, war auch ein kleiner schöner Knabe, mit vortrefflich blonden Haa- ren, der eben die ersten Beinkleider an dem Tage be- kommen hatte. Der König bemerkte das schöne Kind, fragte, wer sein Vater sei, und sagte ihm, es solle nie-

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt31_1837/7>, abgerufen am 23.11.2024.