Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 46. Burg/Berlin, 1837.733 Conversationsblatt.. 734 [Beginn Spaltensatz]
"Gott befohlen, Kapitain," sagte Wilm mit ei- "Gott befohlen, Wilm," versetzte Kapitän, dem "Davor werde ich mich schönstens hüten, Sir; "Wie meint Jhr das, Wilm?" "Nu, ich meine, es sei eben kaum Handumkehrt Kapitän R. beschäftigte sich unterwegs noch viel Babylonien. Babylonien, ein altasiatisches Reich, wurde in den Ganz auf der Spitze war ein Observatorium an- Der ganze Tempel und Thurm war aber vorzüg- (Forsetzung folgt.) Miscellen. Jnnerhalb der vier Monate von Junius bis Sep- [Ende Spaltensatz] 733 Conversationsblatt.. 734 [Beginn Spaltensatz]
„Gott befohlen, Kapitain,“ sagte Wilm mit ei- „Gott befohlen, Wilm,“ versetzte Kapitän, dem „Davor werde ich mich schönstens hüten, Sir; „Wie meint Jhr das, Wilm?“ „Nu, ich meine, es sei eben kaum Handumkehrt Kapitän R. beschäftigte sich unterwegs noch viel Babylonien. Babylonien, ein altasiatisches Reich, wurde in den Ganz auf der Spitze war ein Observatorium an- Der ganze Tempel und Thurm war aber vorzüg- (Forsetzung folgt.) Miscellen. Jnnerhalb der vier Monate von Junius bis Sep- [Ende Spaltensatz] <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <pb facs="#f0007"/> <fw type="header" place="top">733 <hi rendition="#c">Conversationsblatt.</hi>. <hi rendition="#right">734</hi></fw> <cb type="start" n="733"/> <p>„Gott befohlen, Kapitain,“ sagte Wilm mit ei-<lb/> nem absonderlichen Seitenblick und zog dabei ein Ge-<lb/> sicht in eine übernatürliche Länge. „Jch hoffe, Sie werden<lb/> sich nicht fürcht – umbringen lassen; unterwegs.“</p><lb/> <p>„Gott befohlen, Wilm,“ versetzte Kapitän, dem<lb/> der Witz ein wenig wurmte, „ich hoffe, Jhr werdet<lb/> Euch nicht wegen Spukmacherei in's Staatengefängniß<lb/> stecken lassen.“</p><lb/> <p>„Davor werde ich mich schönstens hüten, Sir;<lb/> Jch bin drei volle Jahre im <hi rendition="#g">Staaten</hi> gefängniß ge-<lb/> steckt, und sie sollen mich nicht wieder hinbringen, da-<lb/> für stehe ich Jhnen.“</p><lb/> <p>„Wie meint Jhr das, Wilm?“</p><lb/> <p>„Nu, ich meine, es sei eben kaum Handumkehrt<lb/> zwischen einem <hi rendition="#g">Staaten-</hi>Schiff und zwischen einem<lb/><hi rendition="#g">Staaten-</hi>Gefängniß,“ sagte Wilm mit einem Gesicht<lb/> länger, als je, und mit einem höchst ausdrucksvollen<lb/> Achselzucken.</p><lb/> <p>Kapitän R. beschäftigte sich unterwegs noch viel<lb/> in Gedanken mit der seltsamen Historie Wilm Morgans,<lb/> dessen Streiche auf der Fregatte einige hundert Men-<lb/> schen von dem Dasein von Geistern überzeugt und das<lb/> Schreckensdüster des Aberglaubens über den Rest ihres<lb/> Lebens geworfen hatte. „Nicht ein Matrose,“ dachte<lb/> er, „von mehr als fünfhunderten, der nicht – einen<lb/> Einzigen ausgenommen – mit dem vollen Glauben an<lb/> die Erscheinung von Wilm Morgan's Geist in sein Grab<lb/> steigen wird. 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Regelmäßig überschwemmt er jährlich das<lb/> ganze Land, wenn die im Frühlinge von den armeni-<lb/> schen Gebirgen herabströmenden Gewässer ihn anschwel-<lb/> len, und befruchtet es, wie der Nil in Aegyten. Den<lb/> Mangel an Baumaterial hat die Natur durch Ziegel-<lb/> erde ersetzt, die, an der Sonne gedörrt oder in Oefen<lb/> gebrannt, dauerhafte Steine giebt, welche in den vor-<lb/> handenen Ruinen noch jetzt der Witterung widerstehen.<lb/> Zum Mörtel bedient man sich des Erdharzes, von dem<lb/> reiche Quellen angetroffen werden. Die Größe der al-<lb/> ten vom Euphrat durchströmten Hauptstadt <hi rendition="#g">Babylon,</hi><lb/> wie die Alten sie uns schildern, gränzt an das Wun-<lb/> derbare. Die Mauern sollen 200 Ellen hoch und 16<lb/> Ellen breit gewesen sein, sollen 260 Thürme und 100<lb/> eherne Thore und über 480 Stadien im Umfange ge-<lb/> habt haben. Sie sollen ein regelmäßiges Viereck ge-<lb/><cb n="734"/> bildet haben, so daß 6 Wagen nebeinander darauf fah-<lb/> ren konnten, von denen jede Seite 120 Stadien oder<lb/> beinahe 4 Meilen lang war. Sie waren ganz aus ei-<lb/> ner Art sehr breiten Backsteinen erbaut, die mit dem<lb/> erwähnten Erdharz, das mit der Zeit viel härter, als<lb/> die Steine selbst wird, fest verbunden. Diese Mauern umgab<lb/> ein großer und sehr tiefer Graben, und auf jeder Seite 25<lb/> große Thore und zwischen denselben dicke Thürme, wel-<lb/> che noch 10 Fuß über die Mauern hervorragten. Von<lb/> jedem Thore führte eine grade Straße zu demjenigen,<lb/> das ihm gerade gegenüber lag. 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Man gelangte auf diesen Thurm auf<lb/> einer um denselben herumführenden Stiege, welche acht<lb/> Mal um ihn herumging, woher er das Ansehen von 8<lb/> übereinanderstehenden Thürmen erhielt; in demselben be-<lb/> fanden sich viele große gewölbte Hallen, Säle und Gemächer.</p><lb/> <p>Ganz auf der Spitze war ein Observatorium an-<lb/> gebracht, wo die Astronomen ihre Beobachtungen über<lb/> den Lauf der Gestirne anstellten, und die Geschichte spricht<lb/> ihnen tiefe Kenntniß der Sternkunde nicht ab.</p><lb/> <p>Der ganze Tempel und Thurm war aber vorzüg-<lb/> lich dem Götzen Baal gewidmet, so wie noch einigen andern<lb/> Gottheiten, welche alle ihre besondere Kapellen in demselben<lb/> hatten. Die Reichthümer desselben waren unermeßlich;<lb/> Bildsäulen, Tische, Rauchfässer und Gefäße aller Art,<lb/> von massioem Gold, waren ohne Zahl. Unter den Bild-<lb/> säulen war besonders eine merkwürdig, welche über 10<lb/> Fuß hoch war und 1000 babylonische Talente wog und<lb/> mehre Millionen Thaler werth war. Die sämmtlichen<lb/> Reichthümer dieses Tempels, der noch zur Zeit des Xer-<lb/> xes vorhanden war, sollen nach verschiedenen Schrift-<lb/> stellern 20 – 30 Millionen betragen haben, nach Dio-<lb/> dorus 630 babylonische Talente in Gold. Xerxes be-<lb/> raubte ihn aller seiner Schätze und ließ ihn gänzlich ab-<lb/> tragen. Bei seiner Zurückkunft von Jndien wollte ihn<lb/> Alexander wieder herstellen und hatte blos zur Weg-<lb/> räumung des Schuttes und der Trümmer 10,000 Men-<lb/> schen angestellt, durch seinen frühen Tod aber blieb der<lb/> Vorsatz unausgeführt.</p><lb/> <p> <space dim="horizontal"/> <ref target="nn_conversationsblatt46_1837#Babylon2">(Forsetzung folgt.)</ref> </p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Miscellen</hi>.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Jnnerhalb der vier Monate von Junius bis Sep-<lb/> tember einschließlich, wurden in Frankreich 600,000<lb/> Pässe visirt, – es kommen mithin 500 Fremde auf<lb/> den Tag. Bedenkt man, welche Summen Geldes eine<lb/> solche Menge verzehrt, so erscheint es als allerdings<lb/> höchst wichtig, Fremde anzuziehen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [0007]
733 Conversationsblatt.. 734
„Gott befohlen, Kapitain,“ sagte Wilm mit ei-
nem absonderlichen Seitenblick und zog dabei ein Ge-
sicht in eine übernatürliche Länge. „Jch hoffe, Sie werden
sich nicht fürcht – umbringen lassen; unterwegs.“
„Gott befohlen, Wilm,“ versetzte Kapitän, dem
der Witz ein wenig wurmte, „ich hoffe, Jhr werdet
Euch nicht wegen Spukmacherei in's Staatengefängniß
stecken lassen.“
„Davor werde ich mich schönstens hüten, Sir;
Jch bin drei volle Jahre im Staaten gefängniß ge-
steckt, und sie sollen mich nicht wieder hinbringen, da-
für stehe ich Jhnen.“
„Wie meint Jhr das, Wilm?“
„Nu, ich meine, es sei eben kaum Handumkehrt
zwischen einem Staaten-Schiff und zwischen einem
Staaten-Gefängniß,“ sagte Wilm mit einem Gesicht
länger, als je, und mit einem höchst ausdrucksvollen
Achselzucken.
Kapitän R. beschäftigte sich unterwegs noch viel
in Gedanken mit der seltsamen Historie Wilm Morgans,
dessen Streiche auf der Fregatte einige hundert Men-
schen von dem Dasein von Geistern überzeugt und das
Schreckensdüster des Aberglaubens über den Rest ihres
Lebens geworfen hatte. „Nicht ein Matrose,“ dachte
er, „von mehr als fünfhunderten, der nicht – einen
Einzigen ausgenommen – mit dem vollen Glauben an
die Erscheinung von Wilm Morgan's Geist in sein Grab
steigen wird. Ein recht unglückliches Zusammentreffen....
meines mit dem Morgan; es hat nun eine der bestbe-
glaubigten Gespenstergeschichten unserer Zeit verdorben.
Babylonien.
Babylonien, ein altasiatisches Reich, wurde in den
ältesten Zeiten auch Stinear genannt; später hieß ein Theil
des Landes Chaldäa. Es grenzte östlich an Susiana,
südlich an den persischen Meerbusen und Chaldäa, west-
lich an die arabische Wüste und nördlich an Medina
und Armenien oder Mesopotamien. Jetzt heißt das Land
Jrak Arabi. Es ist ein ebenes Land, durchströmt von
zwei großen Flüssen, dem Euphrat oder Frat und Ti-
gris. Jener, dessen Wasser fast immer bis zum Rande
seiner niedern Ufer reicht, tritt bei dem geringsten An-
wuchs über. Regelmäßig überschwemmt er jährlich das
ganze Land, wenn die im Frühlinge von den armeni-
schen Gebirgen herabströmenden Gewässer ihn anschwel-
len, und befruchtet es, wie der Nil in Aegyten. Den
Mangel an Baumaterial hat die Natur durch Ziegel-
erde ersetzt, die, an der Sonne gedörrt oder in Oefen
gebrannt, dauerhafte Steine giebt, welche in den vor-
handenen Ruinen noch jetzt der Witterung widerstehen.
Zum Mörtel bedient man sich des Erdharzes, von dem
reiche Quellen angetroffen werden. Die Größe der al-
ten vom Euphrat durchströmten Hauptstadt Babylon,
wie die Alten sie uns schildern, gränzt an das Wun-
derbare. Die Mauern sollen 200 Ellen hoch und 16
Ellen breit gewesen sein, sollen 260 Thürme und 100
eherne Thore und über 480 Stadien im Umfange ge-
habt haben. Sie sollen ein regelmäßiges Viereck ge-
bildet haben, so daß 6 Wagen nebeinander darauf fah-
ren konnten, von denen jede Seite 120 Stadien oder
beinahe 4 Meilen lang war. Sie waren ganz aus ei-
ner Art sehr breiten Backsteinen erbaut, die mit dem
erwähnten Erdharz, das mit der Zeit viel härter, als
die Steine selbst wird, fest verbunden. Diese Mauern umgab
ein großer und sehr tiefer Graben, und auf jeder Seite 25
große Thore und zwischen denselben dicke Thürme, wel-
che noch 10 Fuß über die Mauern hervorragten. Von
jedem Thore führte eine grade Straße zu demjenigen,
das ihm gerade gegenüber lag. Die Häuser derselben
waren 3 bis 4 Stockwerke hoch und ihre Facaden hat-
ten prachtvolle Verzierungen aller Art, der Tempel Be-
lus oder Baalstempel (siehe Abbild. in No. 44.)
lag in der Nähe des alten Schlosses, und mitten aus
demselben stieg der ungeheure Thurm, der eigentlich aus
8 übereinanderstehenden viereckigen Thürmen bestand, und
eine Stadie hoch, breit und lang gewesen sein soll, wie
Herodot und Strabo erzählen. Dieser Thurm war weit
höher, als die höchste Pyramide Aegyptens und ganz
aus gebrannten Ziegelsteinen erbaut, die mit Erdharz
verbunden waren. Man gelangte auf diesen Thurm auf
einer um denselben herumführenden Stiege, welche acht
Mal um ihn herumging, woher er das Ansehen von 8
übereinanderstehenden Thürmen erhielt; in demselben be-
fanden sich viele große gewölbte Hallen, Säle und Gemächer.
Ganz auf der Spitze war ein Observatorium an-
gebracht, wo die Astronomen ihre Beobachtungen über
den Lauf der Gestirne anstellten, und die Geschichte spricht
ihnen tiefe Kenntniß der Sternkunde nicht ab.
Der ganze Tempel und Thurm war aber vorzüg-
lich dem Götzen Baal gewidmet, so wie noch einigen andern
Gottheiten, welche alle ihre besondere Kapellen in demselben
hatten. Die Reichthümer desselben waren unermeßlich;
Bildsäulen, Tische, Rauchfässer und Gefäße aller Art,
von massioem Gold, waren ohne Zahl. Unter den Bild-
säulen war besonders eine merkwürdig, welche über 10
Fuß hoch war und 1000 babylonische Talente wog und
mehre Millionen Thaler werth war. Die sämmtlichen
Reichthümer dieses Tempels, der noch zur Zeit des Xer-
xes vorhanden war, sollen nach verschiedenen Schrift-
stellern 20 – 30 Millionen betragen haben, nach Dio-
dorus 630 babylonische Talente in Gold. Xerxes be-
raubte ihn aller seiner Schätze und ließ ihn gänzlich ab-
tragen. Bei seiner Zurückkunft von Jndien wollte ihn
Alexander wieder herstellen und hatte blos zur Weg-
räumung des Schuttes und der Trümmer 10,000 Men-
schen angestellt, durch seinen frühen Tod aber blieb der
Vorsatz unausgeführt.
(Forsetzung folgt.)
Miscellen.
Jnnerhalb der vier Monate von Junius bis Sep-
tember einschließlich, wurden in Frankreich 600,000
Pässe visirt, – es kommen mithin 500 Fremde auf
den Tag. Bedenkt man, welche Summen Geldes eine
solche Menge verzehrt, so erscheint es als allerdings
höchst wichtig, Fremde anzuziehen.
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