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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 47. Burg/Berlin, 1837.

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[Beginn Spaltensatz] geht. Jst man also über den letzten Absatz hinunter,
so erscheint sie an eben diesen Absatz gelehnt, der Länge
nach ausgebreitet, mithin ganz eigentlich an den Wur-
zeln der Alpen gelagert, und von der Etsch durchströmt,
die hier bereits den italienischen Namen Adige führt.

Es sind mehre Punkte in der Stadt und um
dieselbe, wo man sie ihrer ganzen Lage und Gestalt
nach übersehen kann. Man mag einen ihrer Kirchthürme,
eines ihrer Thore, eines ihrer Außenwerke, oder eines
ihrer Schlösser wählen, immer hat man eine anziehende
Aussicht; die weitläuftigste aber bietet das Schloß St.
Felice dar, das jenseits der Adige=Brücke della Pietra
auf einer bedeutenden Anhöhe sich erhebt, auf welcher eine
Anzahl netter Häuser amphitheatralisch hinangebaut sind.
Jm Schlosse selbst angelangt, besteigt der Besucher ge-
wöhnlich einen auf vier Säulen ruhenden Altan. Hier
liegt vor seinen Augen die ganze Stadt ausgedehnt da,
bei heiterm Wetter so klar und hell, daß man das ent-
fernteste Gartenhäuschen unterscheiden kann. Von der
umliegenden herrlichen Fläche übersieht man einen Halb-
zirkelschlag von vier bis fünf Meilen, in dessen süd-
westlichen Hintergrunde Mantua mit seinen weißgrauen
Thürmen auftaucht, während die näheren Städte und
Flecken, weiß und roth, wie holländische Dörfer in ei-
nem großen Lustgarten gelagert erscheinen. Auf der
entgegengesetzten Seite steigen die Riesenhäupter der Al-
pen zu den Wolken empor, und sie scheinen so nahe,
daß man glauben sollte, ihre am weitesten vorspringen-
den Hörner mit einem Pfeilschusse erreichen zu können.
Der Baldo ragt hier am höchsten unter ihnen hervor,
und an seiner Seite laufen nach Nordosten kleinere Ber-
ge herab, deren Gipfel mit Bäumen gekrönt sind. Wel-
lenförmig dachen sich immer niedrigere Hügel dergestalt
ab, daß sie in der Ferne nur noch als sanfte Erhe-
bungen das Land umschließen, und sich allmälig in die
schöne Ebene verlieren, die, durch nichts mehr unter-
brochen, als der üppigste, fruchtbarste, wohlhabenste Theil
von Jtalien, sich über Mantua, Mailand und Turin
bis an die Wurzeln derjenigen Alpen hinzieht, durch
welche die Schweiz und Frankreich von Jtalien geschie-
den werden.

Nicht weit von der Anhöhe, auf deren Gipfel St.
Felice prangt, befinden sich die sogenannten alten Bä-
der. Aus einem Felsen dringt ein sehr lebhafter Strahl
von Wasser hervor, der mit einer Röhre eingefaßt und
mit einem Becken versehen ist. Diese Quelle wird im
Frühling und Sommer von den Einwohnern häufig be-
sucht und als Gesundbrunnen getrunken. Das Wasser
hat im Geschmack viel Aehnliches mit dem Egerbrun-
nen und soll auch eine auflösende Kraft haben.

Verona ist, wie eine altgewordene Schöne, die
noch in dem altmodischen Anzuge, der in ihrer Jugend
fein und zierlich war, einher tritt, und der man wegen
der Ueberbleibsel von vormaligen Reizen, die man an
ihr entdeckt, Gerechtigkeit wiederfahren läßt.

Die Stadt ist theils mit einer bloßen Mauer,
theils mit Wällen und Graben umgeben, theils wird
sie durch den Fluß und zwei Kastelle eingeschlossen. Ein
drittes, das Castel vechio liegt in der Stadt selbst
[Spaltenumbruch] und zwar am rechten Ufer der Etsch. Bei diesem Ka-
stell führt eine schöne Brücke über den Fluß, die an-
sehnlichste unter den vieren, welche Verona hat.

Die Straßen sind großentheils grade und haben
eine verhältnißmäßige Breite. Einige darunter, z. B.
der Korso und die neue Straße sind wegen ihrer Grad-
heit, Breite und guten Häuser und Paläste wirklich schön.
Auch bleiben sie den ganzen Tag über sehr lebhaft,
theils, weil sie zu den beiden Marktplätzen, dem Her-
ren-
und Kräuter=Platz und überhaupt zum volk-
reichern Mittelpunkte der Stadt führen; theils, weil sie
mit Gewölben für Waaren aller Art, mit Trink=, Spei-
se- und Kaffeehäusern, mit Frucht= und Galanterie=Lä-
den dicht besetzt sind; theils weil sie um die Abendzeit
den Tummelplatz der großen, oder der müßigen Welt bil-
den. Die übrigen Straßen um und an dem Kerne
der Stadt und bei den Brücken sind auch lebhaft, aber
nicht zugleich so glänzend; die entfernten hingegen sind
menschenleer, still und zum Theil sehr eng und unansehn-
lich. Die Zahl der Häuser beträgt zwischen 8000 und
9000, die meisten aber sind nicht zahlreich bewohnt.
Die Bürgerhäuser in der Stadt sind großentheils
von alter Bauart und haben im untern Stockwerk fin-
stre Gewölbe oder Lauben.

    (Fortsetzung folgt.)



Verwendung des Kautschuk.
(Gummi elasticum.)

Dieses vegetabilische Produkt, wird mit jedem Ta-
ge zu verschiedenartigern Zwecken verwendet; nicht nur
braucht man es in mehren Gewerben in ungeheurer Aus-
dehnung, sondern man hat in neuerer Zeit auch die An-
wendung desselben in gewissen Krankheiten vorgeschlagen.
Ein amerikanisches Journal erwähnt diese neue Verwen-
dung, und wir wollen mit dem Professor jenes Arti-
kels einen Blick auf die Gewinnung des Kautschuk, den
Handel damit in den vereinigten Staaten und die ver-
schiedenartigen Bereitungsarten desselben werfen.

Der Baum, welcher das Produkt [unleserliches Material - 6 Zeichen fehlen]liefet, der Se-
ranga
oder Jndia Rubber, findet sich auf der
Nordküste Brasiliens, in der Provinz Para, in großer
Menge, wird 60 Fuß hoch, 18 bis 24 Zoll dick und
ist fast bis an den Gipfel von Zweigen entblößt. Die
Jndianer werden zur Ausziehung der Milch oder des
Saftes dieses Baumes verwendet, und jedes Jahr sind
10 bis 12,000 Personen damit beschäftigt. Man be-
hauptet, die Kraft des Baumes gewinne durch das Aus-
ziehen des Saftes, und seine längere Lebensdauer hänge
von dieser Operation ab. Die Masse elastischen Gum-
mis, die jeder Baum liefert, beträgt 100 bis 150
Pfund. Anfänglich fällte man den Baum, um den Saft
zu gewinnen; seit einiger Zeit aber gewinnt man den
Saft durch Abstechen, ebenso wie man in Nordamerika
den Ahornsaft erhält. Man fängt ihn Anfangs in ir-
denen Gefäßen auf, worauf er in kleine Kufen gegossen wird.

Die erste Andeutung einer Verwendung des Kaut-
schuk geht bis ins Jahr 1770 zurück, und wurde von
Printley in seiner Abhandlung über Theorie und Praxis
der Perspektive gegeben. "Seit dieses Werk gedruckt
wurde, sagt er, sah ich eine Substanz, vermittelst derer
[Ende Spaltensatz]

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[Beginn Spaltensatz] geht. Jst man also über den letzten Absatz hinunter,
so erscheint sie an eben diesen Absatz gelehnt, der Länge
nach ausgebreitet, mithin ganz eigentlich an den Wur-
zeln der Alpen gelagert, und von der Etsch durchströmt,
die hier bereits den italienischen Namen Adige führt.

Es sind mehre Punkte in der Stadt und um
dieselbe, wo man sie ihrer ganzen Lage und Gestalt
nach übersehen kann. Man mag einen ihrer Kirchthürme,
eines ihrer Thore, eines ihrer Außenwerke, oder eines
ihrer Schlösser wählen, immer hat man eine anziehende
Aussicht; die weitläuftigste aber bietet das Schloß St.
Felice dar, das jenseits der Adige=Brücke della Pietra
auf einer bedeutenden Anhöhe sich erhebt, auf welcher eine
Anzahl netter Häuser amphitheatralisch hinangebaut sind.
Jm Schlosse selbst angelangt, besteigt der Besucher ge-
wöhnlich einen auf vier Säulen ruhenden Altan. Hier
liegt vor seinen Augen die ganze Stadt ausgedehnt da,
bei heiterm Wetter so klar und hell, daß man das ent-
fernteste Gartenhäuschen unterscheiden kann. Von der
umliegenden herrlichen Fläche übersieht man einen Halb-
zirkelschlag von vier bis fünf Meilen, in dessen süd-
westlichen Hintergrunde Mantua mit seinen weißgrauen
Thürmen auftaucht, während die näheren Städte und
Flecken, weiß und roth, wie holländische Dörfer in ei-
nem großen Lustgarten gelagert erscheinen. Auf der
entgegengesetzten Seite steigen die Riesenhäupter der Al-
pen zu den Wolken empor, und sie scheinen so nahe,
daß man glauben sollte, ihre am weitesten vorspringen-
den Hörner mit einem Pfeilschusse erreichen zu können.
Der Baldo ragt hier am höchsten unter ihnen hervor,
und an seiner Seite laufen nach Nordosten kleinere Ber-
ge herab, deren Gipfel mit Bäumen gekrönt sind. Wel-
lenförmig dachen sich immer niedrigere Hügel dergestalt
ab, daß sie in der Ferne nur noch als sanfte Erhe-
bungen das Land umschließen, und sich allmälig in die
schöne Ebene verlieren, die, durch nichts mehr unter-
brochen, als der üppigste, fruchtbarste, wohlhabenste Theil
von Jtalien, sich über Mantua, Mailand und Turin
bis an die Wurzeln derjenigen Alpen hinzieht, durch
welche die Schweiz und Frankreich von Jtalien geschie-
den werden.

Nicht weit von der Anhöhe, auf deren Gipfel St.
Felice prangt, befinden sich die sogenannten alten Bä-
der. Aus einem Felsen dringt ein sehr lebhafter Strahl
von Wasser hervor, der mit einer Röhre eingefaßt und
mit einem Becken versehen ist. Diese Quelle wird im
Frühling und Sommer von den Einwohnern häufig be-
sucht und als Gesundbrunnen getrunken. Das Wasser
hat im Geschmack viel Aehnliches mit dem Egerbrun-
nen und soll auch eine auflösende Kraft haben.

Verona ist, wie eine altgewordene Schöne, die
noch in dem altmodischen Anzuge, der in ihrer Jugend
fein und zierlich war, einher tritt, und der man wegen
der Ueberbleibsel von vormaligen Reizen, die man an
ihr entdeckt, Gerechtigkeit wiederfahren läßt.

Die Stadt ist theils mit einer bloßen Mauer,
theils mit Wällen und Graben umgeben, theils wird
sie durch den Fluß und zwei Kastelle eingeschlossen. Ein
drittes, das Castel vechio liegt in der Stadt selbst
[Spaltenumbruch] und zwar am rechten Ufer der Etsch. Bei diesem Ka-
stell führt eine schöne Brücke über den Fluß, die an-
sehnlichste unter den vieren, welche Verona hat.

Die Straßen sind großentheils grade und haben
eine verhältnißmäßige Breite. Einige darunter, z. B.
der Korso und die neue Straße sind wegen ihrer Grad-
heit, Breite und guten Häuser und Paläste wirklich schön.
Auch bleiben sie den ganzen Tag über sehr lebhaft,
theils, weil sie zu den beiden Marktplätzen, dem Her-
ren-
und Kräuter=Platz und überhaupt zum volk-
reichern Mittelpunkte der Stadt führen; theils, weil sie
mit Gewölben für Waaren aller Art, mit Trink=, Spei-
se- und Kaffeehäusern, mit Frucht= und Galanterie=Lä-
den dicht besetzt sind; theils weil sie um die Abendzeit
den Tummelplatz der großen, oder der müßigen Welt bil-
den. Die übrigen Straßen um und an dem Kerne
der Stadt und bei den Brücken sind auch lebhaft, aber
nicht zugleich so glänzend; die entfernten hingegen sind
menschenleer, still und zum Theil sehr eng und unansehn-
lich. Die Zahl der Häuser beträgt zwischen 8000 und
9000, die meisten aber sind nicht zahlreich bewohnt.
Die Bürgerhäuser in der Stadt sind großentheils
von alter Bauart und haben im untern Stockwerk fin-
stre Gewölbe oder Lauben.

    (Fortsetzung folgt.)



Verwendung des Kautschuk.
(Gummi elasticum.)

Dieses vegetabilische Produkt, wird mit jedem Ta-
ge zu verschiedenartigern Zwecken verwendet; nicht nur
braucht man es in mehren Gewerben in ungeheurer Aus-
dehnung, sondern man hat in neuerer Zeit auch die An-
wendung desselben in gewissen Krankheiten vorgeschlagen.
Ein amerikanisches Journal erwähnt diese neue Verwen-
dung, und wir wollen mit dem Professor jenes Arti-
kels einen Blick auf die Gewinnung des Kautschuk, den
Handel damit in den vereinigten Staaten und die ver-
schiedenartigen Bereitungsarten desselben werfen.

Der Baum, welcher das Produkt [unleserliches Material – 6 Zeichen fehlen]liefet, der Se-
ranga
oder Jndia Rubber, findet sich auf der
Nordküste Brasiliens, in der Provinz Para, in großer
Menge, wird 60 Fuß hoch, 18 bis 24 Zoll dick und
ist fast bis an den Gipfel von Zweigen entblößt. Die
Jndianer werden zur Ausziehung der Milch oder des
Saftes dieses Baumes verwendet, und jedes Jahr sind
10 bis 12,000 Personen damit beschäftigt. Man be-
hauptet, die Kraft des Baumes gewinne durch das Aus-
ziehen des Saftes, und seine längere Lebensdauer hänge
von dieser Operation ab. Die Masse elastischen Gum-
mis, die jeder Baum liefert, beträgt 100 bis 150
Pfund. Anfänglich fällte man den Baum, um den Saft
zu gewinnen; seit einiger Zeit aber gewinnt man den
Saft durch Abstechen, ebenso wie man in Nordamerika
den Ahornsaft erhält. Man fängt ihn Anfangs in ir-
denen Gefäßen auf, worauf er in kleine Kufen gegossen wird.

Die erste Andeutung einer Verwendung des Kaut-
schuk geht bis ins Jahr 1770 zurück, und wurde von
Printley in seiner Abhandlung über Theorie und Praxis
der Perspektive gegeben. „Seit dieses Werk gedruckt
wurde, sagt er, sah ich eine Substanz, vermittelst derer
[Ende Spaltensatz]

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Hier liegt vor seinen Augen die ganze Stadt ausgedehnt da, bei heiterm Wetter so klar und hell, daß man das ent- fernteste Gartenhäuschen unterscheiden kann. Von der umliegenden herrlichen Fläche übersieht man einen Halb- zirkelschlag von vier bis fünf Meilen, in dessen süd- westlichen Hintergrunde Mantua mit seinen weißgrauen Thürmen auftaucht, während die näheren Städte und Flecken, weiß und roth, wie holländische Dörfer in ei- nem großen Lustgarten gelagert erscheinen. Auf der entgegengesetzten Seite steigen die Riesenhäupter der Al- pen zu den Wolken empor, und sie scheinen so nahe, daß man glauben sollte, ihre am weitesten vorspringen- den Hörner mit einem Pfeilschusse erreichen zu können. Der Baldo ragt hier am höchsten unter ihnen hervor, und an seiner Seite laufen nach Nordosten kleinere Ber- ge herab, deren Gipfel mit Bäumen gekrönt sind. 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Verona ist, wie eine altgewordene Schöne, die noch in dem altmodischen Anzuge, der in ihrer Jugend fein und zierlich war, einher tritt, und der man wegen der Ueberbleibsel von vormaligen Reizen, die man an ihr entdeckt, Gerechtigkeit wiederfahren läßt. Die Stadt ist theils mit einer bloßen Mauer, theils mit Wällen und Graben umgeben, theils wird sie durch den Fluß und zwei Kastelle eingeschlossen. Ein drittes, das Castel vechio liegt in der Stadt selbst und zwar am rechten Ufer der Etsch. Bei diesem Ka- stell führt eine schöne Brücke über den Fluß, die an- sehnlichste unter den vieren, welche Verona hat. Die Straßen sind großentheils grade und haben eine verhältnißmäßige Breite. Einige darunter, z. B. der Korso und die neue Straße sind wegen ihrer Grad- heit, Breite und guten Häuser und Paläste wirklich schön. 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Man be- hauptet, die Kraft des Baumes gewinne durch das Aus- ziehen des Saftes, und seine längere Lebensdauer hänge von dieser Operation ab. Die Masse elastischen Gum- mis, die jeder Baum liefert, beträgt 100 bis 150 Pfund. Anfänglich fällte man den Baum, um den Saft zu gewinnen; seit einiger Zeit aber gewinnt man den Saft durch Abstechen, ebenso wie man in Nordamerika den Ahornsaft erhält. Man fängt ihn Anfangs in ir- denen Gefäßen auf, worauf er in kleine Kufen gegossen wird. Die erste Andeutung einer Verwendung des Kaut- schuk geht bis ins Jahr 1770 zurück, und wurde von Printley in seiner Abhandlung über Theorie und Praxis der Perspektive gegeben. „Seit dieses Werk gedruckt wurde, sagt er, sah ich eine Substanz, vermittelst derer

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 47. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt47_1837/6>, abgerufen am 21.11.2024.