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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.

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Febr. zu Toporcz, diente von 1837-42 in der kaiserl. Reiterei und verließ als Oberlieutenant den Dienst, um Chemie zu studieren. Im J. 1848 trat er als Honvedhauptmann in die Insurrectionsarmee, stieg bald zum General, übernahm zuletzt das Obercommando, lieferte eine Reihe blutiger Treffen u. erstürmte Ofen. Im Sommer (11. Juli) 1849 verlor er jedoch die Schlacht bei Komorn, marschirte durch das Eipola-Thal hinauf u. gewann das Theiß-Thal, wandte sich hierauf, von der russ. Hauptarmee gedrängt, nach Arad und capitulirte nach dem Verlust der Schlacht bei Temeswar durch Dembinski d. 13. Aug. mit 22000 Mann bei Vilagos. Von dem Kaiser begnadigt, lebt er seither zu Klagenfurt. Schrieb: "Mein Leben u. Wirken in Ungarn in den Jahren 1848 und 1849", Leipz. 1852, 2 Bde.


Görlitz, preuß. schles. Kreisstadt im Reg.-Bez. Liegnitz an der Neiße und sächs.-schles. Bahn mit 22500 E., bedeutender Industrie in Wolle, Baumwolle, Leinen, Leder etc., lebhaftem Verkehr; vor dem Nikolaithore eine Nachbildung des hl. Grabes aus dem 15. Jahrh.


Görlitz, adel. Geschlecht, ursprünglich schlesisch, später nach Württemberg übergesiedelt. Die Gemahlin des Grafen Friedrich Wilhelm Ernst von G., in hessendarmstädt. Diensten, Emilie, geb. von Plitt, wurde d. 13. Juni 1847 todt u. halbverbrannt gefunden, was zu dem berühmten G.schen Prozesse führte, der im "Neuen Pitaval" Bd. 17 beschrieben ist; ihr Mörder, der Bediente Joh. Stauff, wurde zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt.


Görres, Joseph von, wurde geb. d. 25. Januar 1776 zu Koblenz; seine Jugendjahre fielen in die franz. Revolution, deren Ideen ihn, wie unzählige Andere, begeisterten ("Das rothe Blatt", 1797. "Der allgem. Friede", 1798), bis er im J. 1799 von seinen Mitbürgern nach Paris gesandt und dort dem Getriebe ins Herz schauend, erkannte, daß die Freiheit, welche die franz. Republik anderen Völkern verheißen, eine bittere Täuschung gewesen ("Resultate meiner Sendung nach Paris", 1800). Zerfallen mit der Politik ward er Lehrer der Naturgeschichte und Physik zu Koblenz; so entstanden unter dem fühlbaren Einfluß von Schellings Philosophie seine Schriften, die geistreichen "Aphorismen über die Kunst" 1802, über "Organonomie" 1803, "Exposition der Physiologie" 1805, "Organologie" 1805, sowie "Glauben und Wissen" 1806. Im Drang nach einem mehr gebildeten Auditorium siedelte er 1806 nach Heidelberg über, wo er in Verbindung mit Clem. Brentano (s. d. A.), Achim v. Arnim (s. d. A.) u. a. eifrig bemüht war, das fast erloschene deutsche Volksbewußtsein zu wecken, indem er die Erinnerungen an eine ruhmvolle Vergangenheit und das Studium der altdeutsch. Literatur wieder heraufführte. So schrieb G. über "die deutschen Volksbücher" 1807, indeß seine Freunde aus entlegenen Hütten und Thälern die alten Lieder des deutschen Volkes im "Wunderhorn" sammelten; so entstanden die "Schriftproben von P. Hammer" 1808 und die damals unverstandene Zeitschrift "Trösteinsamkeit" 1808, eine Reihenfolge geistreicher Artikel in den Heidelb. Jahrbüchern u. s. w., die mit der Herausgabe des "Lohengrin" 1813 und der altdeutsch. "Meisterlieder" 1817 abschloß. Zugleich lieferte er als Resultat seiner oriental. Studien die "Mythengesch. der asiatischen Welt" 1810, 2 Bde. und eine Uebersetzung des persischen "Heldenbuches von Iran" 1820, 2 Bde. Als 1813 endlich die franz. Fesseln fielen, da schrieb G. seinen "Rheinischen Mercur" 1814, 15 mit einer solchen glühenden Begeisterung, mit schneidender Schärfe und gewaltiger Sprache, daß Napoleon selbst den Mann in Koblenz als "die fünfte Macht" bezeichnete, die gegen ihn sich erhoben. Als Preußen das Blatt unterdrückte 1816, gründete G. 1817 einen allgem. Hilfsverein, um der Hungersnoth in den Rheinlanden zu steuern. Als eine von ihm verfaßte Adresse der Stadt Koblenz, noch mehr aber sein Buch "Deutschland und die Revolution" 1819 seine persönliche Freiheit gefährdete, verließ er Deutschland u. ging über Straßburg in die Schweiz. Von nun an spricht sich in seinen Schriften immer deutlicher der

Febr. zu Toporcz, diente von 1837–42 in der kaiserl. Reiterei und verließ als Oberlieutenant den Dienst, um Chemie zu studieren. Im J. 1848 trat er als Honvedhauptmann in die Insurrectionsarmee, stieg bald zum General, übernahm zuletzt das Obercommando, lieferte eine Reihe blutiger Treffen u. erstürmte Ofen. Im Sommer (11. Juli) 1849 verlor er jedoch die Schlacht bei Komorn, marschirte durch das Eipola-Thal hinauf u. gewann das Theiß-Thal, wandte sich hierauf, von der russ. Hauptarmee gedrängt, nach Arad und capitulirte nach dem Verlust der Schlacht bei Temeswar durch Dembinski d. 13. Aug. mit 22000 Mann bei Világos. Von dem Kaiser begnadigt, lebt er seither zu Klagenfurt. Schrieb: „Mein Leben u. Wirken in Ungarn in den Jahren 1848 und 1849“, Leipz. 1852, 2 Bde.


Görlitz, preuß. schles. Kreisstadt im Reg.-Bez. Liegnitz an der Neiße und sächs.-schles. Bahn mit 22500 E., bedeutender Industrie in Wolle, Baumwolle, Leinen, Leder etc., lebhaftem Verkehr; vor dem Nikolaithore eine Nachbildung des hl. Grabes aus dem 15. Jahrh.


Görlitz, adel. Geschlecht, ursprünglich schlesisch, später nach Württemberg übergesiedelt. Die Gemahlin des Grafen Friedrich Wilhelm Ernst von G., in hessendarmstädt. Diensten, Emilie, geb. von Plitt, wurde d. 13. Juni 1847 todt u. halbverbrannt gefunden, was zu dem berühmten G.schen Prozesse führte, der im „Neuen Pitaval“ Bd. 17 beschrieben ist; ihr Mörder, der Bediente Joh. Stauff, wurde zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt.


Görres, Joseph von, wurde geb. d. 25. Januar 1776 zu Koblenz; seine Jugendjahre fielen in die franz. Revolution, deren Ideen ihn, wie unzählige Andere, begeisterten („Das rothe Blatt“, 1797. „Der allgem. Friede“, 1798), bis er im J. 1799 von seinen Mitbürgern nach Paris gesandt und dort dem Getriebe ins Herz schauend, erkannte, daß die Freiheit, welche die franz. Republik anderen Völkern verheißen, eine bittere Täuschung gewesen („Resultate meiner Sendung nach Paris“, 1800). Zerfallen mit der Politik ward er Lehrer der Naturgeschichte und Physik zu Koblenz; so entstanden unter dem fühlbaren Einfluß von Schellings Philosophie seine Schriften, die geistreichen „Aphorismen über die Kunst“ 1802, über „Organonomie“ 1803, „Exposition der Physiologie“ 1805, „Organologie“ 1805, sowie „Glauben und Wissen“ 1806. Im Drang nach einem mehr gebildeten Auditorium siedelte er 1806 nach Heidelberg über, wo er in Verbindung mit Clem. Brentano (s. d. A.), Achim v. Arnim (s. d. A.) u. a. eifrig bemüht war, das fast erloschene deutsche Volksbewußtsein zu wecken, indem er die Erinnerungen an eine ruhmvolle Vergangenheit und das Studium der altdeutsch. Literatur wieder heraufführte. So schrieb G. über „die deutschen Volksbücher“ 1807, indeß seine Freunde aus entlegenen Hütten und Thälern die alten Lieder des deutschen Volkes im „Wunderhorn“ sammelten; so entstanden die „Schriftproben von P. Hammer“ 1808 und die damals unverstandene Zeitschrift „Trösteinsamkeit“ 1808, eine Reihenfolge geistreicher Artikel in den Heidelb. Jahrbüchern u. s. w., die mit der Herausgabe des „Lohengrin“ 1813 und der altdeutsch. „Meisterlieder“ 1817 abschloß. Zugleich lieferte er als Resultat seiner oriental. Studien die „Mythengesch. der asiatischen Welt“ 1810, 2 Bde. und eine Uebersetzung des persischen „Heldenbuches von Iran“ 1820, 2 Bde. Als 1813 endlich die franz. Fesseln fielen, da schrieb G. seinen „Rheinischen Mercur“ 1814, 15 mit einer solchen glühenden Begeisterung, mit schneidender Schärfe und gewaltiger Sprache, daß Napoleon selbst den Mann in Koblenz als „die fünfte Macht“ bezeichnete, die gegen ihn sich erhoben. Als Preußen das Blatt unterdrückte 1816, gründete G. 1817 einen allgem. Hilfsverein, um der Hungersnoth in den Rheinlanden zu steuern. Als eine von ihm verfaßte Adresse der Stadt Koblenz, noch mehr aber sein Buch „Deutschland und die Revolution“ 1819 seine persönliche Freiheit gefährdete, verließ er Deutschland u. ging über Straßburg in die Schweiz. Von nun an spricht sich in seinen Schriften immer deutlicher der

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[102/0103] Febr. zu Toporcz, diente von 1837–42 in der kaiserl. Reiterei und verließ als Oberlieutenant den Dienst, um Chemie zu studieren. Im J. 1848 trat er als Honvedhauptmann in die Insurrectionsarmee, stieg bald zum General, übernahm zuletzt das Obercommando, lieferte eine Reihe blutiger Treffen u. erstürmte Ofen. Im Sommer (11. Juli) 1849 verlor er jedoch die Schlacht bei Komorn, marschirte durch das Eipola-Thal hinauf u. gewann das Theiß-Thal, wandte sich hierauf, von der russ. Hauptarmee gedrängt, nach Arad und capitulirte nach dem Verlust der Schlacht bei Temeswar durch Dembinski d. 13. Aug. mit 22000 Mann bei Világos. Von dem Kaiser begnadigt, lebt er seither zu Klagenfurt. Schrieb: „Mein Leben u. Wirken in Ungarn in den Jahren 1848 und 1849“, Leipz. 1852, 2 Bde. Görlitz, preuß. schles. Kreisstadt im Reg.-Bez. Liegnitz an der Neiße und sächs.-schles. Bahn mit 22500 E., bedeutender Industrie in Wolle, Baumwolle, Leinen, Leder etc., lebhaftem Verkehr; vor dem Nikolaithore eine Nachbildung des hl. Grabes aus dem 15. Jahrh. Görlitz, adel. Geschlecht, ursprünglich schlesisch, später nach Württemberg übergesiedelt. Die Gemahlin des Grafen Friedrich Wilhelm Ernst von G., in hessendarmstädt. Diensten, Emilie, geb. von Plitt, wurde d. 13. Juni 1847 todt u. halbverbrannt gefunden, was zu dem berühmten G.schen Prozesse führte, der im „Neuen Pitaval“ Bd. 17 beschrieben ist; ihr Mörder, der Bediente Joh. Stauff, wurde zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurtheilt. Görres, Joseph von, wurde geb. d. 25. Januar 1776 zu Koblenz; seine Jugendjahre fielen in die franz. Revolution, deren Ideen ihn, wie unzählige Andere, begeisterten („Das rothe Blatt“, 1797. „Der allgem. Friede“, 1798), bis er im J. 1799 von seinen Mitbürgern nach Paris gesandt und dort dem Getriebe ins Herz schauend, erkannte, daß die Freiheit, welche die franz. Republik anderen Völkern verheißen, eine bittere Täuschung gewesen („Resultate meiner Sendung nach Paris“, 1800). Zerfallen mit der Politik ward er Lehrer der Naturgeschichte und Physik zu Koblenz; so entstanden unter dem fühlbaren Einfluß von Schellings Philosophie seine Schriften, die geistreichen „Aphorismen über die Kunst“ 1802, über „Organonomie“ 1803, „Exposition der Physiologie“ 1805, „Organologie“ 1805, sowie „Glauben und Wissen“ 1806. Im Drang nach einem mehr gebildeten Auditorium siedelte er 1806 nach Heidelberg über, wo er in Verbindung mit Clem. Brentano (s. d. A.), Achim v. Arnim (s. d. A.) u. a. eifrig bemüht war, das fast erloschene deutsche Volksbewußtsein zu wecken, indem er die Erinnerungen an eine ruhmvolle Vergangenheit und das Studium der altdeutsch. Literatur wieder heraufführte. So schrieb G. über „die deutschen Volksbücher“ 1807, indeß seine Freunde aus entlegenen Hütten und Thälern die alten Lieder des deutschen Volkes im „Wunderhorn“ sammelten; so entstanden die „Schriftproben von P. Hammer“ 1808 und die damals unverstandene Zeitschrift „Trösteinsamkeit“ 1808, eine Reihenfolge geistreicher Artikel in den Heidelb. Jahrbüchern u. s. w., die mit der Herausgabe des „Lohengrin“ 1813 und der altdeutsch. „Meisterlieder“ 1817 abschloß. Zugleich lieferte er als Resultat seiner oriental. Studien die „Mythengesch. der asiatischen Welt“ 1810, 2 Bde. und eine Uebersetzung des persischen „Heldenbuches von Iran“ 1820, 2 Bde. Als 1813 endlich die franz. Fesseln fielen, da schrieb G. seinen „Rheinischen Mercur“ 1814, 15 mit einer solchen glühenden Begeisterung, mit schneidender Schärfe und gewaltiger Sprache, daß Napoleon selbst den Mann in Koblenz als „die fünfte Macht“ bezeichnete, die gegen ihn sich erhoben. Als Preußen das Blatt unterdrückte 1816, gründete G. 1817 einen allgem. Hilfsverein, um der Hungersnoth in den Rheinlanden zu steuern. Als eine von ihm verfaßte Adresse der Stadt Koblenz, noch mehr aber sein Buch „Deutschland und die Revolution“ 1819 seine persönliche Freiheit gefährdete, verließ er Deutschland u. ging über Straßburg in die Schweiz. Von nun an spricht sich in seinen Schriften immer deutlicher der

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon03_1855/103>, abgerufen am 27.11.2024.