Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.Volksdichter wenig gilt, die Volksgesänge gleichsam als Naturproducte betrachtet werden u. von ein u. derselben Welt- und Lebensanschauung durchweht sind, ähnlich verhält es sich mit H. und den h.ischen Gesängen. Erst in späterer Zeit stritten sich 7 Städte (Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos. Athen), von denen Smyrna u. Chios die meisten Ansprüche haben, um die Ehre, Geburtsort des H. gewesen zu sein und lieferten die Schriftsteller eine Menge Notizen über H. Gewiß aber bleibt, daß die h.ischen Gesänge für die Hellenen annähernd die Bedeutung einer Bibel erlangten, den meist uneinigen Völkerschaften Jahrhunderte hindurch die Erinnerung an gemeinsame Abstammung und an die Heldenthaten der Väter auffrischten u. daß sie endlich eine unerschöpfliche Quelle für spätere Dichter u. Schriftsteller blieben. Ferner hat die neuere Forschung seit F. A. Wolf immer überzeugender dargethan: 1) die beiden Heldengedichte seien ursprünglich kein Ganzes gewesen, sondern hätten sich aus einzelnen Volksgesängen nur allmälig zu einem Ganzen gestaltet; sie seien von der Zeit des Pisistratus an bis auf Zenodot gesammelt, geordnet u. erweitert u. von den alexandrin. Grammatikern, namentlich von Aristarch, in ihre gegenwärtige Gestalt gebracht worden; 2) beide entbehrten der Einheit; in der Iliade sei die eigentl. Einheit, der Zorn des Achilles mit Episoden zusammenhanglos umwoben (z. B. der Schiffskatalog im 2. B.), beide seien an geleimten Fugen n. Widersprüchen reich; 3) die Iliade sei von einem andern u. ältern Dichter als die Odyssee, jene, wie Göthe schrieb. ein kriegerisches, diese ein bürgerliches Gedicht. das sogar den Bettler in seinen Lumpen veredle. - Ueber andere Gedichte des H. s. Homeriden. - Schon bei den Alexandrinern wurde kein Dichter fleißiger bearbeitet als H., ihre Scholien sammelte Villoison, Venedig 1788; der beste Commentator des Mittelalters war Eustathius (s. d.); gute Wörterbücher zu H. sind die alten von Seber und Damm, die besten Ausgaben die 1. von Chalcondylas, Florenz 1448, spätere von Clarke, Ernesti, Villoison, F. A. Wolf: Heyne, Baumgarten-Crusius, die neueste von Fäsi (Leipz. 1850. 2. Aufl. 1852); die Einzelausgaben sammt lat. u. deutschen Uebersetzungen sind unübersehbar; von letztern nennen wir die von H. Voß, sowie die prosaische von Zauper (3. Aufl. Prag 1852-54) und die neueste von Minckwitz (Leipzig 1854 ff.). Homeriden, d. h. Sprößlinge des Homer, hießen die Mitglieder einer auf Chios einheimischen Sängerfamilie oder eines Sängerkreises, von denen die homerischen Gesänge fortgepflanzt wurden u. die auf Lykurgs Veranlassung in den Peloponnes kamen, wo sie als Rhapsoden oder Kytharoeden durch ihre Vorträge religiöse Feste verherrlichen halfen. Von ihnen mögen die dem Homer zugeschriebenen 33 Hymnen zu Ehren der Götter herrühren, von denen die erste auf Apollo die beste ist und welche von Stolberg und Schwenk vortrefflich übersetzt wurden; über die Batrachomiomachie s. d. Art. Auch die ältesten u. einfachsten Epigramme (s. d.) wurden dem Homer oder den H. zugeschrieben, die Gedichte Margites (eine Parodie auf einen anmaßenden Tölpel) u. das Bettlerlied Eiresiones gehören der alexandrin. Zeit an. Homeromastix, griech., Homergeißel, soviel als niederträchtiger Kritiker. Homiletik, griech., die Lehre und Kunst, Homilien (s. d.) abzufassen und zu halten, nach neuerer Auffassung die wissenschaftliche Darstellung der Grundsätze u. Regeln. nach welchen der Priester das Evangelium zumeist den Erwachsenen verkündigen u. diese dadurch erbauen soll, im weitesten Sinne die Theorie der geistl. Beredsamkeit. Seit dem 3. Jahrh. hatte man die trefflichsten Homilien, aber die H. begann erst Augustinus (de doctrina christiana). Von der weltlichen Redekunst unterschied sich übrigens die H. stets, indem bei ihr nicht die Form, sondern der Inhalt, das Evangelium, die Hauptsache blieb. Im 16. Jahrh. leistete Karl Borromäus Großes für die H., in unserer Zeit Sailer, Hirscher. Veith, Laberenz. Homilie, griech., Gespräch, Unterredung; in der Kindersprache bezeichnet Volksdichter wenig gilt, die Volksgesänge gleichsam als Naturproducte betrachtet werden u. von ein u. derselben Welt- und Lebensanschauung durchweht sind, ähnlich verhält es sich mit H. und den h.ischen Gesängen. Erst in späterer Zeit stritten sich 7 Städte (Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos. Athen), von denen Smyrna u. Chios die meisten Ansprüche haben, um die Ehre, Geburtsort des H. gewesen zu sein und lieferten die Schriftsteller eine Menge Notizen über H. Gewiß aber bleibt, daß die h.ischen Gesänge für die Hellenen annähernd die Bedeutung einer Bibel erlangten, den meist uneinigen Völkerschaften Jahrhunderte hindurch die Erinnerung an gemeinsame Abstammung und an die Heldenthaten der Väter auffrischten u. daß sie endlich eine unerschöpfliche Quelle für spätere Dichter u. Schriftsteller blieben. Ferner hat die neuere Forschung seit F. A. Wolf immer überzeugender dargethan: 1) die beiden Heldengedichte seien ursprünglich kein Ganzes gewesen, sondern hätten sich aus einzelnen Volksgesängen nur allmälig zu einem Ganzen gestaltet; sie seien von der Zeit des Pisistratus an bis auf Zenodot gesammelt, geordnet u. erweitert u. von den alexandrin. Grammatikern, namentlich von Aristarch, in ihre gegenwärtige Gestalt gebracht worden; 2) beide entbehrten der Einheit; in der Iliade sei die eigentl. Einheit, der Zorn des Achilles mit Episoden zusammenhanglos umwoben (z. B. der Schiffskatalog im 2. B.), beide seien an geleimten Fugen n. Widersprüchen reich; 3) die Iliade sei von einem andern u. ältern Dichter als die Odyssee, jene, wie Göthe schrieb. ein kriegerisches, diese ein bürgerliches Gedicht. das sogar den Bettler in seinen Lumpen veredle. – Ueber andere Gedichte des H. s. Homeriden. – Schon bei den Alexandrinern wurde kein Dichter fleißiger bearbeitet als H., ihre Scholien sammelte Villoison, Venedig 1788; der beste Commentator des Mittelalters war Eustathius (s. d.); gute Wörterbücher zu H. sind die alten von Seber und Damm, die besten Ausgaben die 1. von Chalcondylas, Florenz 1448, spätere von Clarke, Ernesti, Villoison, F. A. Wolf: Heyne, Baumgarten-Crusius, die neueste von Fäsi (Leipz. 1850. 2. Aufl. 1852); die Einzelausgaben sammt lat. u. deutschen Uebersetzungen sind unübersehbar; von letztern nennen wir die von H. Voß, sowie die prosaische von Zauper (3. Aufl. Prag 1852–54) und die neueste von Minckwitz (Leipzig 1854 ff.). Homeriden, d. h. Sprößlinge des Homer, hießen die Mitglieder einer auf Chios einheimischen Sängerfamilie oder eines Sängerkreises, von denen die homerischen Gesänge fortgepflanzt wurden u. die auf Lykurgs Veranlassung in den Peloponnes kamen, wo sie als Rhapsoden oder Kytharoeden durch ihre Vorträge religiöse Feste verherrlichen halfen. Von ihnen mögen die dem Homer zugeschriebenen 33 Hymnen zu Ehren der Götter herrühren, von denen die erste auf Apollo die beste ist und welche von Stolberg und Schwenk vortrefflich übersetzt wurden; über die Batrachomiomachie s. d. Art. Auch die ältesten u. einfachsten Epigramme (s. d.) wurden dem Homer oder den H. zugeschrieben, die Gedichte Margites (eine Parodie auf einen anmaßenden Tölpel) u. das Bettlerlied Eiresiones gehören der alexandrin. Zeit an. Homeromastix, griech., Homergeißel, soviel als niederträchtiger Kritiker. Homiletik, griech., die Lehre und Kunst, Homilien (s. d.) abzufassen und zu halten, nach neuerer Auffassung die wissenschaftliche Darstellung der Grundsätze u. Regeln. nach welchen der Priester das Evangelium zumeist den Erwachsenen verkündigen u. diese dadurch erbauen soll, im weitesten Sinne die Theorie der geistl. Beredsamkeit. Seit dem 3. Jahrh. hatte man die trefflichsten Homilien, aber die H. begann erst Augustinus (de doctrina christiana). Von der weltlichen Redekunst unterschied sich übrigens die H. stets, indem bei ihr nicht die Form, sondern der Inhalt, das Evangelium, die Hauptsache blieb. Im 16. Jahrh. leistete Karl Borromäus Großes für die H., in unserer Zeit Sailer, Hirscher. Veith, Laberenz. 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Ferner hat die neuere Forschung seit F. A. Wolf immer überzeugender dargethan: 1) die beiden Heldengedichte seien ursprünglich kein Ganzes gewesen, sondern hätten sich aus einzelnen Volksgesängen nur allmälig zu einem Ganzen gestaltet; sie seien von der Zeit des Pisistratus an bis auf Zenodot gesammelt, geordnet u. erweitert u. von den alexandrin. Grammatikern, namentlich von Aristarch, in ihre gegenwärtige Gestalt gebracht worden; 2) beide entbehrten der Einheit; in der Iliade sei die eigentl. Einheit, der Zorn des Achilles mit Episoden zusammenhanglos umwoben (z. B. der Schiffskatalog im 2. B.), beide seien an geleimten Fugen n. Widersprüchen reich; 3) die Iliade sei von einem andern u. ältern Dichter als die Odyssee, jene, wie Göthe schrieb. ein kriegerisches, diese ein bürgerliches Gedicht. das sogar den Bettler in seinen Lumpen veredle. – Ueber andere Gedichte des H. s. Homeriden. – Schon bei den Alexandrinern wurde kein Dichter fleißiger bearbeitet als H., ihre Scholien sammelte Villoison, Venedig 1788; der beste Commentator des Mittelalters war Eustathius (s. d.); gute Wörterbücher zu H. sind die alten von Seber und Damm, die besten Ausgaben die 1. von Chalcondylas, Florenz 1448, spätere von Clarke, Ernesti, Villoison, F. A. Wolf: Heyne, Baumgarten-Crusius, die neueste von Fäsi (Leipz. 1850. 2. Aufl. 1852); die Einzelausgaben sammt lat. u. deutschen Uebersetzungen sind unübersehbar; von letztern nennen wir die von H. Voß, sowie die prosaische von Zauper (3. Aufl. Prag 1852–54) und die neueste von Minckwitz (Leipzig 1854 ff.).</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Homeriden</hi>, d. h. 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Volksdichter wenig gilt, die Volksgesänge gleichsam als Naturproducte betrachtet werden u. von ein u. derselben Welt- und Lebensanschauung durchweht sind, ähnlich verhält es sich mit H. und den h.ischen Gesängen. Erst in späterer Zeit stritten sich 7 Städte (Smyrna, Rhodos, Kolophon, Salamis, Chios, Argos. Athen), von denen Smyrna u. Chios die meisten Ansprüche haben, um die Ehre, Geburtsort des H. gewesen zu sein und lieferten die Schriftsteller eine Menge Notizen über H. Gewiß aber bleibt, daß die h.ischen Gesänge für die Hellenen annähernd die Bedeutung einer Bibel erlangten, den meist uneinigen Völkerschaften Jahrhunderte hindurch die Erinnerung an gemeinsame Abstammung und an die Heldenthaten der Väter auffrischten u. daß sie endlich eine unerschöpfliche Quelle für spätere Dichter u. Schriftsteller blieben. Ferner hat die neuere Forschung seit F. A. Wolf immer überzeugender dargethan: 1) die beiden Heldengedichte seien ursprünglich kein Ganzes gewesen, sondern hätten sich aus einzelnen Volksgesängen nur allmälig zu einem Ganzen gestaltet; sie seien von der Zeit des Pisistratus an bis auf Zenodot gesammelt, geordnet u. erweitert u. von den alexandrin. Grammatikern, namentlich von Aristarch, in ihre gegenwärtige Gestalt gebracht worden; 2) beide entbehrten der Einheit; in der Iliade sei die eigentl. Einheit, der Zorn des Achilles mit Episoden zusammenhanglos umwoben (z. B. der Schiffskatalog im 2. B.), beide seien an geleimten Fugen n. Widersprüchen reich; 3) die Iliade sei von einem andern u. ältern Dichter als die Odyssee, jene, wie Göthe schrieb. ein kriegerisches, diese ein bürgerliches Gedicht. das sogar den Bettler in seinen Lumpen veredle. – Ueber andere Gedichte des H. s. Homeriden. – Schon bei den Alexandrinern wurde kein Dichter fleißiger bearbeitet als H., ihre Scholien sammelte Villoison, Venedig 1788; der beste Commentator des Mittelalters war Eustathius (s. d.); gute Wörterbücher zu H. sind die alten von Seber und Damm, die besten Ausgaben die 1. von Chalcondylas, Florenz 1448, spätere von Clarke, Ernesti, Villoison, F. A. Wolf: Heyne, Baumgarten-Crusius, die neueste von Fäsi (Leipz. 1850. 2. Aufl. 1852); die Einzelausgaben sammt lat. u. deutschen Uebersetzungen sind unübersehbar; von letztern nennen wir die von H. Voß, sowie die prosaische von Zauper (3. Aufl. Prag 1852–54) und die neueste von Minckwitz (Leipzig 1854 ff.).
Homeriden, d. h. Sprößlinge des Homer, hießen die Mitglieder einer auf Chios einheimischen Sängerfamilie oder eines Sängerkreises, von denen die homerischen Gesänge fortgepflanzt wurden u. die auf Lykurgs Veranlassung in den Peloponnes kamen, wo sie als Rhapsoden oder Kytharoeden durch ihre Vorträge religiöse Feste verherrlichen halfen. Von ihnen mögen die dem Homer zugeschriebenen 33 Hymnen zu Ehren der Götter herrühren, von denen die erste auf Apollo die beste ist und welche von Stolberg und Schwenk vortrefflich übersetzt wurden; über die Batrachomiomachie s. d. Art. Auch die ältesten u. einfachsten Epigramme (s. d.) wurden dem Homer oder den H. zugeschrieben, die Gedichte Margites (eine Parodie auf einen anmaßenden Tölpel) u. das Bettlerlied Eiresiones gehören der alexandrin. Zeit an.
Homeromastix, griech., Homergeißel, soviel als niederträchtiger Kritiker.
Homiletik, griech., die Lehre und Kunst, Homilien (s. d.) abzufassen und zu halten, nach neuerer Auffassung die wissenschaftliche Darstellung der Grundsätze u. Regeln. nach welchen der Priester das Evangelium zumeist den Erwachsenen verkündigen u. diese dadurch erbauen soll, im weitesten Sinne die Theorie der geistl. Beredsamkeit. Seit dem 3. Jahrh. hatte man die trefflichsten Homilien, aber die H. begann erst Augustinus (de doctrina christiana). Von der weltlichen Redekunst unterschied sich übrigens die H. stets, indem bei ihr nicht die Form, sondern der Inhalt, das Evangelium, die Hauptsache blieb. Im 16. Jahrh. leistete Karl Borromäus Großes für die H., in unserer Zeit Sailer, Hirscher. Veith, Laberenz.
Homilie, griech., Gespräch, Unterredung; in der Kindersprache bezeichnet
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