Herders Conversations-Lexikon. Bd. 3. Freiburg im Breisgau, 1855.des Zielens. Am Bodenstück ist das Zündloch eingebohrt. Die Länge der Seele beträgt gewöhnlich 18-21 Kugeldurchmesser; bei größerer Länge verliert der Schuß an Sicherheit. Die K.n werden entweder aus Bronze (eine Mischung von Kupfer und Zinn), od. aus Eisen gegossen, und zwar voll. Seele u. Zündloch werden ausgebohrt. Nach dem Kaliber (s. d.) hat man jetzt 3-, 6-, 8-, 12-, 16-, 24-, 36- u. 48pfündige K.n, die schwereren derselben nur bei Belagerungen u. auf Schiffen. Die schwed. Leder-K.n im 30jährigen Krieg waren dünne kupferne Röhren, mit Tauen umwickelt und mit Leder überzogen; erwiesen sich bald als unbrauchbar wegen ihrer Leichtigkeit. Die möglichst größte Schußweite der K. beträgt ungefähr eine Stunde, zu erfolgreichem u. sicherem Schusse aber blos 1000 bis 1200 Schritte. In neuester Zeit hat man mit Glück versucht K.n aus Gußstahl zu verfertigen. Kanonenboot, s. Boot. Kanonenschlag, eine Patrone aus Pappe oder Holz mit getheertem Bindfaden umwickelt, 1/2 bis 4 Pfd. Pulver enthaltend, mit eingelegter Zündschnur, dient zu Lustfeuerwerken, Signalen, auch zu Bubenstücken. Kanopus, altägypt. Stadt an einer östl. Nilmündung, die von ihr benannt war, durch welche fremde Schiffe einfahren durften. - K., der Name eines Sternes erster Größe im südl. Sternbilde Argo. Kanonicität, s. Canon. Kanoniker, was Capitular, Domherr. s. Capitel. Kanonisation, s. Canonisation. Kanonisches Recht, s. Kirchenrecht. Kant, Immanuel, der größte u. jedenfalls einflußreichste Philosoph der Neuzeit, geb. 1724 zu Königsberg, der Sohn eines Sattlers, studierte seit 1740 Theologie, nebenbei besonders Mathematik und Philosophie, wurde Hauslehrer, 1755 Magister in seiner Vaterstadt, erlangte erst 1770 den Lehrstuhl der Logik u. Metaphysik und nunmehr rasch einen europ. Namen, legte 1794 seine Stelle nieder, wurde kindisch u. st. 1804: nachdem er 70 größere u. kleine Schriften geschrieben. Keiner hat die Beschränktheit des menschlichen Denkens in den höchsten Fragen des Wissens u. Lebens besser dargethan als K. in seiner "Kritik der reinen Vernunft" (1781), keiner zugleich ein gewichtigeres, obwohl indirectes Zeugniß für die Nothwendigkeit des religiösen Glaubens abgelegt als derselbe K. durch seine "Kritik der practischen Vernunft" (1788). Gegen Locke, die franz. Materialisten u. Wolf sich wendend und an Hume (s. d.) anknüpfend, brachte er den seit Descartes (s. d.) herrschenden Dogmatismus der Philosophie zum Bewußtsein und hob denselben auf, indem er unser Erkenntnißvermögen der schärfsten aller bisherigen Untersuchungen unterwarf. K. gründete sein System auf die Anthropologie; er findet in den 12 Urtheilsformen des Verstandes die 12 Grundbegriffe desselben. Empfindungen geben dem Verstande Inhalt u. Stoff zu Vorstellungen; nimmermehr aber gelangen wir über die Empfindungen hinaus zu den Dingen, wie diese an sich, ihrem Wesen nach sind. Die Kategorien (s. d.) sagen nur, wie die Verhältnisse der Dinge unter sich gedacht werden müssen und daß sie dieses allen gesund organisirten Menschen gleichmäßig sagen - ist das Einzige, was K. dem Skepticismus entgegenzusetzen weiß. Selbst die Möglichkeit, das thatsächliche Vorhandensein von Dingen außer uns und in uns zu beweisen, kritisiert er so scharf hinweg, daß man gar nicht mehr einsieht, wie seine Philosophie zu sich selbst den Eingang fand u. andern trotz der abstrusen Form vorgetragen werden konnte. Sogar die allgemeinsten Formen aller Sinnenobjecte, nämlich Raum u. Zeit, läßt K. nicht einmal als Abstractionen vom Außer-, Neben- und Nacheinandersein der Dinge geschweige als objectiv bestehend, sondern lediglich als todtes Fachwerk. als Handlungsweisen des Gemüthes im Zustande der Anschauung, kurz als "Schemata der sinnlichen Anschauung" gelten. Der Verstand hat es mit Begriffen und Urtheilen, die Vernunft mit Ideen u. Schlüssen zu thun; im weitern Sinne umfaßt der Verstand des Zielens. Am Bodenstück ist das Zündloch eingebohrt. Die Länge der Seele beträgt gewöhnlich 18–21 Kugeldurchmesser; bei größerer Länge verliert der Schuß an Sicherheit. Die K.n werden entweder aus Bronze (eine Mischung von Kupfer und Zinn), od. aus Eisen gegossen, und zwar voll. Seele u. Zündloch werden ausgebohrt. Nach dem Kaliber (s. d.) hat man jetzt 3-, 6-, 8-, 12-, 16-, 24-, 36- u. 48pfündige K.n, die schwereren derselben nur bei Belagerungen u. auf Schiffen. Die schwed. Leder-K.n im 30jährigen Krieg waren dünne kupferne Röhren, mit Tauen umwickelt und mit Leder überzogen; erwiesen sich bald als unbrauchbar wegen ihrer Leichtigkeit. Die möglichst größte Schußweite der K. beträgt ungefähr eine Stunde, zu erfolgreichem u. sicherem Schusse aber blos 1000 bis 1200 Schritte. In neuester Zeit hat man mit Glück versucht K.n aus Gußstahl zu verfertigen. Kanonenboot, s. Boot. Kanonenschlag, eine Patrone aus Pappe oder Holz mit getheertem Bindfaden umwickelt, 1/2 bis 4 Pfd. Pulver enthaltend, mit eingelegter Zündschnur, dient zu Lustfeuerwerken, Signalen, auch zu Bubenstücken. Kanopus, altägypt. Stadt an einer östl. Nilmündung, die von ihr benannt war, durch welche fremde Schiffe einfahren durften. – K., der Name eines Sternes erster Größe im südl. Sternbilde Argo. Kanonicität, s. Canon. Kanoniker, was Capitular, Domherr. s. Capitel. Kanonisation, s. Canonisation. Kanonisches Recht, s. Kirchenrecht. Kant, Immanuel, der größte u. jedenfalls einflußreichste Philosoph der Neuzeit, geb. 1724 zu Königsberg, der Sohn eines Sattlers, studierte seit 1740 Theologie, nebenbei besonders Mathematik und Philosophie, wurde Hauslehrer, 1755 Magister in seiner Vaterstadt, erlangte erst 1770 den Lehrstuhl der Logik u. Metaphysik und nunmehr rasch einen europ. Namen, legte 1794 seine Stelle nieder, wurde kindisch u. st. 1804: nachdem er 70 größere u. kleine Schriften geschrieben. Keiner hat die Beschränktheit des menschlichen Denkens in den höchsten Fragen des Wissens u. Lebens besser dargethan als K. in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ (1781), keiner zugleich ein gewichtigeres, obwohl indirectes Zeugniß für die Nothwendigkeit des religiösen Glaubens abgelegt als derselbe K. durch seine „Kritik der practischen Vernunft“ (1788). Gegen Locke, die franz. Materialisten u. Wolf sich wendend und an Hume (s. d.) anknüpfend, brachte er den seit Descartes (s. d.) herrschenden Dogmatismus der Philosophie zum Bewußtsein und hob denselben auf, indem er unser Erkenntnißvermögen der schärfsten aller bisherigen Untersuchungen unterwarf. K. gründete sein System auf die Anthropologie; er findet in den 12 Urtheilsformen des Verstandes die 12 Grundbegriffe desselben. Empfindungen geben dem Verstande Inhalt u. Stoff zu Vorstellungen; nimmermehr aber gelangen wir über die Empfindungen hinaus zu den Dingen, wie diese an sich, ihrem Wesen nach sind. Die Kategorien (s. d.) sagen nur, wie die Verhältnisse der Dinge unter sich gedacht werden müssen und daß sie dieses allen gesund organisirten Menschen gleichmäßig sagen – ist das Einzige, was K. dem Skepticismus entgegenzusetzen weiß. Selbst die Möglichkeit, das thatsächliche Vorhandensein von Dingen außer uns und in uns zu beweisen, kritisiert er so scharf hinweg, daß man gar nicht mehr einsieht, wie seine Philosophie zu sich selbst den Eingang fand u. andern trotz der abstrusen Form vorgetragen werden konnte. Sogar die allgemeinsten Formen aller Sinnenobjecte, nämlich Raum u. Zeit, läßt K. nicht einmal als Abstractionen vom Außer-, Neben- und Nacheinandersein der Dinge geschweige als objectiv bestehend, sondern lediglich als todtes Fachwerk. als Handlungsweisen des Gemüthes im Zustande der Anschauung, kurz als „Schemata der sinnlichen Anschauung“ gelten. Der Verstand hat es mit Begriffen und Urtheilen, die Vernunft mit Ideen u. Schlüssen zu thun; im weitern Sinne umfaßt der Verstand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0539" n="538"/> des Zielens. Am Bodenstück ist das Zündloch eingebohrt. 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Lebens besser dargethan als K. in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ (1781), keiner zugleich ein gewichtigeres, obwohl indirectes Zeugniß für die Nothwendigkeit des religiösen Glaubens abgelegt als derselbe K. durch seine „Kritik der practischen Vernunft“ (1788). Gegen Locke, die franz. Materialisten u. Wolf sich wendend und an Hume (s. d.) anknüpfend, brachte er den seit Descartes (s. d.) herrschenden Dogmatismus der Philosophie zum Bewußtsein und hob denselben auf, indem er unser Erkenntnißvermögen der schärfsten aller bisherigen Untersuchungen unterwarf. K. gründete sein System auf die Anthropologie; er findet in den 12 Urtheilsformen des Verstandes die 12 Grundbegriffe desselben. Empfindungen geben dem Verstande Inhalt u. Stoff zu Vorstellungen; nimmermehr aber gelangen wir über die Empfindungen hinaus zu den Dingen, wie diese an sich, ihrem Wesen nach sind. 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Kanonenboot, s. Boot.
Kanonenschlag, eine Patrone aus Pappe oder Holz mit getheertem Bindfaden umwickelt, 1/2 bis 4 Pfd. Pulver enthaltend, mit eingelegter Zündschnur, dient zu Lustfeuerwerken, Signalen, auch zu Bubenstücken.
Kanopus, altägypt. Stadt an einer östl. Nilmündung, die von ihr benannt war, durch welche fremde Schiffe einfahren durften. – K., der Name eines Sternes erster Größe im südl. Sternbilde Argo.
Kanonicität, s. Canon.
Kanoniker, was Capitular, Domherr. s. Capitel.
Kanonisation, s. Canonisation.
Kanonisches Recht, s. Kirchenrecht.
Kant, Immanuel, der größte u. jedenfalls einflußreichste Philosoph der Neuzeit, geb. 1724 zu Königsberg, der Sohn eines Sattlers, studierte seit 1740 Theologie, nebenbei besonders Mathematik und Philosophie, wurde Hauslehrer, 1755 Magister in seiner Vaterstadt, erlangte erst 1770 den Lehrstuhl der Logik u. Metaphysik und nunmehr rasch einen europ. Namen, legte 1794 seine Stelle nieder, wurde kindisch u. st. 1804: nachdem er 70 größere u. kleine Schriften geschrieben. Keiner hat die Beschränktheit des menschlichen Denkens in den höchsten Fragen des Wissens u. Lebens besser dargethan als K. in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ (1781), keiner zugleich ein gewichtigeres, obwohl indirectes Zeugniß für die Nothwendigkeit des religiösen Glaubens abgelegt als derselbe K. durch seine „Kritik der practischen Vernunft“ (1788). Gegen Locke, die franz. Materialisten u. Wolf sich wendend und an Hume (s. d.) anknüpfend, brachte er den seit Descartes (s. d.) herrschenden Dogmatismus der Philosophie zum Bewußtsein und hob denselben auf, indem er unser Erkenntnißvermögen der schärfsten aller bisherigen Untersuchungen unterwarf. K. gründete sein System auf die Anthropologie; er findet in den 12 Urtheilsformen des Verstandes die 12 Grundbegriffe desselben. Empfindungen geben dem Verstande Inhalt u. Stoff zu Vorstellungen; nimmermehr aber gelangen wir über die Empfindungen hinaus zu den Dingen, wie diese an sich, ihrem Wesen nach sind. Die Kategorien (s. d.) sagen nur, wie die Verhältnisse der Dinge unter sich gedacht werden müssen und daß sie dieses allen gesund organisirten Menschen gleichmäßig sagen – ist das Einzige, was K. dem Skepticismus entgegenzusetzen weiß. Selbst die Möglichkeit, das thatsächliche Vorhandensein von Dingen außer uns und in uns zu beweisen, kritisiert er so scharf hinweg, daß man gar nicht mehr einsieht, wie seine Philosophie zu sich selbst den Eingang fand u. andern trotz der abstrusen Form vorgetragen werden konnte. Sogar die allgemeinsten Formen aller Sinnenobjecte, nämlich Raum u. Zeit, läßt K. nicht einmal als Abstractionen vom Außer-, Neben- und Nacheinandersein der Dinge geschweige als objectiv bestehend, sondern lediglich als todtes Fachwerk. als Handlungsweisen des Gemüthes im Zustande der Anschauung, kurz als „Schemata der sinnlichen Anschauung“ gelten. Der Verstand hat es mit Begriffen und Urtheilen, die Vernunft mit Ideen u. Schlüssen zu thun; im weitern Sinne umfaßt der Verstand
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