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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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sagen, Eigenschaften werden ihm nur äußerlich angeheftet. Bedeutend u. verderblich zugleich ist die Lehre des M. von der Vorsehung: Gott ist die unendliche Macht, welche die Welt schlechthin und auf unabänderliche Weise regiert u. welch er gegenüber der Mensch nicht das Mindeste auszurichten vermag; er ist das blinde Fatum der Alten, bei dem nicht sowohl von einer Weltregierung als von einem Weltdespotismus die Rede sein kann. Daraus folgt die unbedingte Unterwürfigkeit des Mohammedaners gegen äußere Schicksale, weiters die sklavische Unterwürfigkeit der Türken und ihre Indolenz, womit sie Gott als den Herrn über die Natur in der Art walten lassen, daß sie ohne Noth keine Hand anlegen u. ruhig zuschauen, wie die ehedem blühendsten Gefilde zu Wüsteneien werden, zumal die Arbeit ihnen als Z eichen der Verdammniß gilt; anderseits die fanatische Thatkräftigkeit für Verbreitung des M. mit dem Schwerte: wer im Dienste Gottes fällt. dessen Wunden werden am Tage des Gerichtes glänzen wie Leuchtkäser und riechen wie Moschus und seine Seele wird sofort aller Ueppigkeit des Paradieses theilhaftig. Die Mohammedaner haben keine Schöpfungslehre, dagegen kennen sie gute und böse Geister, namentlich spielen der Engel Gabriel und Elbis, der Höllenfürst, bedeutende Rollen. Das zweite Hauptdogma des M. "Mohammed ist sein Prophet" bildet die Grundlage der ganzen Heilsökonomie. Mohammed ist der Gesandte Allah's, dabei macht er keinen Anspruch weder auf übermenschliche Eigenschaften noch auf Wundergaben, er fordert Glauben und liefert Beweise für die Wahrheit desselben nöthigenfalls mit Feuer und Schwert. Um ins Paradies zu gelangen, muß der Mohammedaner vor allem: 1) fleißig den Koran lesen od. für sich ablesen lassen, 2) täglich 5 Waschungen u. Gebete vornehmen, 3) Wohlthätigkeit üben, 4) im Monat Ramasan fasten d. h. von Morgens bis Abends nichts genießen, nicht rauchen nicht schnupfen, keine Essenzen riechen, Verleumdung u. Ehrabschneidung meiden, 5) endlich nach Mekka wallfahrten od. wallfahrten lassen od. die Reisekosten unter die Armen vertheilen. Bilder kennt der M. keine, dagegen Reliquien, Wallfahrtsorte und Mönchsorden (s. Derwisch, Fakir). Feste: jeder Freitag, dann das 4tägige Beiramfest, etwa unserer Fastnacht entsprechend; das Kurban Beiram, Opferfest zu Ehren Ismaels, der mit Isaak verwechselt wird; Mewlud, Mohammeds Geburtsfest; sieben heil. Nächte; bei den Schiiten der Trauertag um den Tod Husseins, Alis Sohn. Wie groß der Wohlthätigkeitssinn der Mohammedaner sei, erhellt nicht nur aus den bei jeder Gelegenheit reichlich gespendeten Almosen, sondern noch mehr aus dem Umstande, daß über ein Drittheil der Gebäude und angebauten Ländereien der Türkei religiöses Gut und die milden Stiftungen, Wakufs, außerordentlich mannigfaltig und zahlreich u. mitunter außerordentlich reich sind (z. B. die Sophienkirche in Konstantinopel besitzt 11/2 Mill. Piaster jährlichen Einkommens). Die Ehe - ein Grundübel des M. - ist Polygamie und Kaufsverhältniß, der Mann hat das ausdrückliche Recht, seine Weiber zu schlagen; hinsichtlich der Verwandtschaftsgrade u. Ehescheidung sind jedoch die Grundsätze des alten Testamentes angenommen. Beschneidung allgemein. Die Tempel, Moscheen, sind kaiserliche d. h. vom Sultan erbaute, ferner gewöhnliche meist von reichen Leute gestiftete und Kapellen. Der M. ist eine absolute Theokratie: der Padischah höchstes Glaubensoberhaupt, in welcher Eigenschaft der Großmufti ihn vertritt u. dem die Ulemas d. h. alle zur Kirche oder Rechtspflege gehörigen Personen (Imams, Khalifs u. Scheiks, Muezins, Magistratspersonen, Lehrer u. Studenten u. s. w.) untergeben sind. Bei der Ausmalung des jüngsten Gerichtes hatte Mohammed christliche Bücher zur Unterlage, die Hölle mit ihren 7 Kreisen ist nur für Ungläubige ewig, der Himmel die aufs höchste gesteigerte und verewigte irdische Glückseligkeit nach arab. Anschauungen (s. Huris). Ueber Spaltungen des M. in Secten s. Sunniten, Schiiten, Wahabis oder Wechabiten. Ueber die Ausbreitung u. Früchte des M. belehrt die Geschichte, die neueste

sagen, Eigenschaften werden ihm nur äußerlich angeheftet. Bedeutend u. verderblich zugleich ist die Lehre des M. von der Vorsehung: Gott ist die unendliche Macht, welche die Welt schlechthin und auf unabänderliche Weise regiert u. welch er gegenüber der Mensch nicht das Mindeste auszurichten vermag; er ist das blinde Fatum der Alten, bei dem nicht sowohl von einer Weltregierung als von einem Weltdespotismus die Rede sein kann. Daraus folgt die unbedingte Unterwürfigkeit des Mohammedaners gegen äußere Schicksale, weiters die sklavische Unterwürfigkeit der Türken und ihre Indolenz, womit sie Gott als den Herrn über die Natur in der Art walten lassen, daß sie ohne Noth keine Hand anlegen u. ruhig zuschauen, wie die ehedem blühendsten Gefilde zu Wüsteneien werden, zumal die Arbeit ihnen als Z eichen der Verdammniß gilt; anderseits die fanatische Thatkräftigkeit für Verbreitung des M. mit dem Schwerte: wer im Dienste Gottes fällt. dessen Wunden werden am Tage des Gerichtes glänzen wie Leuchtkäser und riechen wie Moschus und seine Seele wird sofort aller Ueppigkeit des Paradieses theilhaftig. Die Mohammedaner haben keine Schöpfungslehre, dagegen kennen sie gute und böse Geister, namentlich spielen der Engel Gabriel und Elbis, der Höllenfürst, bedeutende Rollen. Das zweite Hauptdogma des M. „Mohammed ist sein Prophet“ bildet die Grundlage der ganzen Heilsökonomie. Mohammed ist der Gesandte Allahʼs, dabei macht er keinen Anspruch weder auf übermenschliche Eigenschaften noch auf Wundergaben, er fordert Glauben und liefert Beweise für die Wahrheit desselben nöthigenfalls mit Feuer und Schwert. Um ins Paradies zu gelangen, muß der Mohammedaner vor allem: 1) fleißig den Koran lesen od. für sich ablesen lassen, 2) täglich 5 Waschungen u. Gebete vornehmen, 3) Wohlthätigkeit üben, 4) im Monat Ramasan fasten d. h. von Morgens bis Abends nichts genießen, nicht rauchen nicht schnupfen, keine Essenzen riechen, Verleumdung u. Ehrabschneidung meiden, 5) endlich nach Mekka wallfahrten od. wallfahrten lassen od. die Reisekosten unter die Armen vertheilen. Bilder kennt der M. keine, dagegen Reliquien, Wallfahrtsorte und Mönchsorden (s. Derwisch, Fakir). Feste: jeder Freitag, dann das 4tägige Beiramfest, etwa unserer Fastnacht entsprechend; das Kurban Beiram, Opferfest zu Ehren Ismaels, der mit Isaak verwechselt wird; Mewlud, Mohammeds Geburtsfest; sieben heil. Nächte; bei den Schiiten der Trauertag um den Tod Husseins, Alis Sohn. Wie groß der Wohlthätigkeitssinn der Mohammedaner sei, erhellt nicht nur aus den bei jeder Gelegenheit reichlich gespendeten Almosen, sondern noch mehr aus dem Umstande, daß über ein Drittheil der Gebäude und angebauten Ländereien der Türkei religiöses Gut und die milden Stiftungen, Wakufs, außerordentlich mannigfaltig und zahlreich u. mitunter außerordentlich reich sind (z. B. die Sophienkirche in Konstantinopel besitzt 11/2 Mill. Piaster jährlichen Einkommens). Die Ehe – ein Grundübel des M. – ist Polygamie und Kaufsverhältniß, der Mann hat das ausdrückliche Recht, seine Weiber zu schlagen; hinsichtlich der Verwandtschaftsgrade u. Ehescheidung sind jedoch die Grundsätze des alten Testamentes angenommen. Beschneidung allgemein. Die Tempel, Moscheen, sind kaiserliche d. h. vom Sultan erbaute, ferner gewöhnliche meist von reichen Leute gestiftete und Kapellen. Der M. ist eine absolute Theokratie: der Padischah höchstes Glaubensoberhaupt, in welcher Eigenschaft der Großmufti ihn vertritt u. dem die Ulemas d. h. alle zur Kirche oder Rechtspflege gehörigen Personen (Imams, Khalifs u. Scheiks, Muezins, Magistratspersonen, Lehrer u. Studenten u. s. w.) untergeben sind. Bei der Ausmalung des jüngsten Gerichtes hatte Mohammed christliche Bücher zur Unterlage, die Hölle mit ihren 7 Kreisen ist nur für Ungläubige ewig, der Himmel die aufs höchste gesteigerte und verewigte irdische Glückseligkeit nach arab. Anschauungen (s. Huris). Ueber Spaltungen des M. in Secten s. Sunniten, Schiiten, Wahabis oder Wechabiten. Ueber die Ausbreitung u. Früchte des M. belehrt die Geschichte, die neueste

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[213/0214] sagen, Eigenschaften werden ihm nur äußerlich angeheftet. Bedeutend u. verderblich zugleich ist die Lehre des M. von der Vorsehung: Gott ist die unendliche Macht, welche die Welt schlechthin und auf unabänderliche Weise regiert u. welch er gegenüber der Mensch nicht das Mindeste auszurichten vermag; er ist das blinde Fatum der Alten, bei dem nicht sowohl von einer Weltregierung als von einem Weltdespotismus die Rede sein kann. Daraus folgt die unbedingte Unterwürfigkeit des Mohammedaners gegen äußere Schicksale, weiters die sklavische Unterwürfigkeit der Türken und ihre Indolenz, womit sie Gott als den Herrn über die Natur in der Art walten lassen, daß sie ohne Noth keine Hand anlegen u. ruhig zuschauen, wie die ehedem blühendsten Gefilde zu Wüsteneien werden, zumal die Arbeit ihnen als Z eichen der Verdammniß gilt; anderseits die fanatische Thatkräftigkeit für Verbreitung des M. mit dem Schwerte: wer im Dienste Gottes fällt. dessen Wunden werden am Tage des Gerichtes glänzen wie Leuchtkäser und riechen wie Moschus und seine Seele wird sofort aller Ueppigkeit des Paradieses theilhaftig. Die Mohammedaner haben keine Schöpfungslehre, dagegen kennen sie gute und böse Geister, namentlich spielen der Engel Gabriel und Elbis, der Höllenfürst, bedeutende Rollen. Das zweite Hauptdogma des M. „Mohammed ist sein Prophet“ bildet die Grundlage der ganzen Heilsökonomie. Mohammed ist der Gesandte Allahʼs, dabei macht er keinen Anspruch weder auf übermenschliche Eigenschaften noch auf Wundergaben, er fordert Glauben und liefert Beweise für die Wahrheit desselben nöthigenfalls mit Feuer und Schwert. Um ins Paradies zu gelangen, muß der Mohammedaner vor allem: 1) fleißig den Koran lesen od. für sich ablesen lassen, 2) täglich 5 Waschungen u. Gebete vornehmen, 3) Wohlthätigkeit üben, 4) im Monat Ramasan fasten d. h. von Morgens bis Abends nichts genießen, nicht rauchen nicht schnupfen, keine Essenzen riechen, Verleumdung u. Ehrabschneidung meiden, 5) endlich nach Mekka wallfahrten od. wallfahrten lassen od. die Reisekosten unter die Armen vertheilen. Bilder kennt der M. keine, dagegen Reliquien, Wallfahrtsorte und Mönchsorden (s. Derwisch, Fakir). Feste: jeder Freitag, dann das 4tägige Beiramfest, etwa unserer Fastnacht entsprechend; das Kurban Beiram, Opferfest zu Ehren Ismaels, der mit Isaak verwechselt wird; Mewlud, Mohammeds Geburtsfest; sieben heil. Nächte; bei den Schiiten der Trauertag um den Tod Husseins, Alis Sohn. Wie groß der Wohlthätigkeitssinn der Mohammedaner sei, erhellt nicht nur aus den bei jeder Gelegenheit reichlich gespendeten Almosen, sondern noch mehr aus dem Umstande, daß über ein Drittheil der Gebäude und angebauten Ländereien der Türkei religiöses Gut und die milden Stiftungen, Wakufs, außerordentlich mannigfaltig und zahlreich u. mitunter außerordentlich reich sind (z. B. die Sophienkirche in Konstantinopel besitzt 11/2 Mill. Piaster jährlichen Einkommens). Die Ehe – ein Grundübel des M. – ist Polygamie und Kaufsverhältniß, der Mann hat das ausdrückliche Recht, seine Weiber zu schlagen; hinsichtlich der Verwandtschaftsgrade u. Ehescheidung sind jedoch die Grundsätze des alten Testamentes angenommen. Beschneidung allgemein. Die Tempel, Moscheen, sind kaiserliche d. h. vom Sultan erbaute, ferner gewöhnliche meist von reichen Leute gestiftete und Kapellen. Der M. ist eine absolute Theokratie: der Padischah höchstes Glaubensoberhaupt, in welcher Eigenschaft der Großmufti ihn vertritt u. dem die Ulemas d. h. alle zur Kirche oder Rechtspflege gehörigen Personen (Imams, Khalifs u. Scheiks, Muezins, Magistratspersonen, Lehrer u. Studenten u. s. w.) untergeben sind. Bei der Ausmalung des jüngsten Gerichtes hatte Mohammed christliche Bücher zur Unterlage, die Hölle mit ihren 7 Kreisen ist nur für Ungläubige ewig, der Himmel die aufs höchste gesteigerte und verewigte irdische Glückseligkeit nach arab. Anschauungen (s. Huris). Ueber Spaltungen des M. in Secten s. Sunniten, Schiiten, Wahabis oder Wechabiten. Ueber die Ausbreitung u. Früchte des M. belehrt die Geschichte, die neueste

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/214>, abgerufen am 24.11.2024.