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Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

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verbunden werden, um vor Gott wohlgefällig zu machen. Das Christenthum lehrt, Gott habe gerade deßhalb die Erlösung in Christo angeordnet, weil es dem sündigen Menschen schlechthin unmöglich sei, die Gerechtigkeit aus sich selbst zu wirken, und lehrt näher, die R. bestehe in der: 1) Nachlassung der Sündenschuld und Strafe durch Anrechnung der genugthuenden Verdienste Christi; 2) in der Heiligung od. sittlichen Wiedergeburt des Menschen, in Folge deren er nicht blos von Gott als gerecht angesehen wird, sondern es auch in der That ist; vgl. Erbsünde, Gnade. Der symbolische Protestantismus kennt nur eine R. durch den Glauben; dieselbe besteht im Glauben des Menschen, daß ihm um der genugthuenden Verdienste Jesu Christi willen alle Sünden erlassen seien, sowie daß Gott den gläubigen Christen für gerechtfertigt ansieht um seines Glaubens willen. Nach der Ansicht der Reformatoren ist der Glaube alles in allem, der Mensch vermag durch eigenes Thun weder für noch gegen seine R. zu handeln, die Begriffe von guten u. bösen Werken fallen überhaupt weg. Der Grund dieser alle Sittlichkeit aufhebenden Meinung lag in der Leugnung der Freiheit des Menschen und aus derselben Quelle floß die scharfe und mitunter haarsträubende Art und Weise, wie Luther, Amsdorf, Beza u. a. sich über die Gleichgültigkeit des Thuns der getauften und gläubigen Christen aussprachen. Vgl. Prädestination.


Rechtgläubigkeit, s. Orthodoxie.


Rechtsame, zuständige Rechte, Befugnisse, persönlich oder dinglich.


Rechtsbehelfe, Rechtswohlthaten, s. Beneficium.


Rechtschreibung, s. Orthographie.


Rechtsfähigkeit, die Befähigung Privatrechte zu erwerben und zu haben.


Rechtsgeschichte, Entwickelung des Rechtes, bald in seinen Quellen und ihrer Bearbeitung (äußere R.), bald in der Aus- und Umbildung der Institutionen und Rechtsideen (innere R.) betrachtet. Die R., an sich von hohem Werthe, ist geradezu unentbehrlich zu einem genauern Verständniß des jeweils lebenden Rechtes.


Rechtsgrund, die Gesetzesvorschrift, der Rechtssatz, womit der Kläger seinen Anspruch rechtlich zu begründen sucht.


Rechtskraft, die Unanfechtbarkeit eines Urtheils, das nach Erschöpfung aller Rechtsmittel endgültig abschließt u. deßhalb vollzogen werden kann.


Rechtslosigkeit: 1) soviel wie Echt- oder Friedelosigkeit, welche den Geächteten (exlex, out-law) aus aller rechtlichen Gemeinschaft ausstößt. Hievon ist unter dem Einfluß der modernen Rechtsentwicklung nur noch als matter Nachschein der bürgerliche Tod (mort civile) übrig geblieben; 2) im eigentlichsten Sinn des alten Rechtes Versagung der freien Standes-, der politischen u. gerichtlichen Ehrenrechte, wobei die rechtlosen (unechten) Leute gar wohl Vermögen und Familienrechte haben konnten. So die unehelichen Kinder, die gedungenen Kämpfer, die Spielleute und die gemeinen Verbrecher; 3) überhaupt ein Zustand, wo kein Recht mehr gilt, noch zu finden ist.


Rechtsmittel, zum Schutze gegen unrichtige Verfügungen oder Urtheile des Richters entweder beim nämlichen Gerichtshof (Revision, Restitution) od. bei Oberbehörden (Beschwerde, Berufung, Recurs, Cassation, Appellation).


Rechtspflege, Sorge u. Handhabung des Rechtes durch die Organisation der Gerichte u. des Gerichtsverfahrens. Die R. bedarf vor allem der Unabhängigkeit von allem Regierungseinfluß (Cabinetsjustiz). Eine politisch unabhängige, kräftige, kurze und billige R. ist eine fast ebenso seltene als köstliche Sache, das schönste Kleinod im Staatsleben.


Rechtsphilosophie, Erörterung der letzten Gründe, der Bedingungen und der Natur des Rechtes, soviel wie Naturlehre des Rechtes. Schriftsteller: Hobbes, Grotius, Thomasius, Hugo, Henrici, Welker, Raumer, Stahl, Kant, Hegel, Herbart, Zachariä. Vgl. Naturrecht, Recht.


Rechtsvermuthung (praesumtio juris et de jure), wenn als Schlußfolgerung aus einer Thatsache kraft gesetzlicher Vorschrift Etwas als juristisch wahr gilt, bald mit, bald ohne Zulassung des Gegenbeweises.

verbunden werden, um vor Gott wohlgefällig zu machen. Das Christenthum lehrt, Gott habe gerade deßhalb die Erlösung in Christo angeordnet, weil es dem sündigen Menschen schlechthin unmöglich sei, die Gerechtigkeit aus sich selbst zu wirken, und lehrt näher, die R. bestehe in der: 1) Nachlassung der Sündenschuld und Strafe durch Anrechnung der genugthuenden Verdienste Christi; 2) in der Heiligung od. sittlichen Wiedergeburt des Menschen, in Folge deren er nicht blos von Gott als gerecht angesehen wird, sondern es auch in der That ist; vgl. Erbsünde, Gnade. Der symbolische Protestantismus kennt nur eine R. durch den Glauben; dieselbe besteht im Glauben des Menschen, daß ihm um der genugthuenden Verdienste Jesu Christi willen alle Sünden erlassen seien, sowie daß Gott den gläubigen Christen für gerechtfertigt ansieht um seines Glaubens willen. Nach der Ansicht der Reformatoren ist der Glaube alles in allem, der Mensch vermag durch eigenes Thun weder für noch gegen seine R. zu handeln, die Begriffe von guten u. bösen Werken fallen überhaupt weg. Der Grund dieser alle Sittlichkeit aufhebenden Meinung lag in der Leugnung der Freiheit des Menschen und aus derselben Quelle floß die scharfe und mitunter haarsträubende Art und Weise, wie Luther, Amsdorf, Beza u. a. sich über die Gleichgültigkeit des Thuns der getauften und gläubigen Christen aussprachen. Vgl. Prädestination.


Rechtgläubigkeit, s. Orthodoxie.


Rechtsame, zuständige Rechte, Befugnisse, persönlich oder dinglich.


Rechtsbehelfe, Rechtswohlthaten, s. Beneficium.


Rechtschreibung, s. Orthographie.


Rechtsfähigkeit, die Befähigung Privatrechte zu erwerben und zu haben.


Rechtsgeschichte, Entwickelung des Rechtes, bald in seinen Quellen und ihrer Bearbeitung (äußere R.), bald in der Aus- und Umbildung der Institutionen und Rechtsideen (innere R.) betrachtet. Die R., an sich von hohem Werthe, ist geradezu unentbehrlich zu einem genauern Verständniß des jeweils lebenden Rechtes.


Rechtsgrund, die Gesetzesvorschrift, der Rechtssatz, womit der Kläger seinen Anspruch rechtlich zu begründen sucht.


Rechtskraft, die Unanfechtbarkeit eines Urtheils, das nach Erschöpfung aller Rechtsmittel endgültig abschließt u. deßhalb vollzogen werden kann.


Rechtslosigkeit: 1) soviel wie Echt- oder Friedelosigkeit, welche den Geächteten (exlex, out-law) aus aller rechtlichen Gemeinschaft ausstößt. Hievon ist unter dem Einfluß der modernen Rechtsentwicklung nur noch als matter Nachschein der bürgerliche Tod (mort civile) übrig geblieben; 2) im eigentlichsten Sinn des alten Rechtes Versagung der freien Standes-, der politischen u. gerichtlichen Ehrenrechte, wobei die rechtlosen (unechten) Leute gar wohl Vermögen und Familienrechte haben konnten. So die unehelichen Kinder, die gedungenen Kämpfer, die Spielleute und die gemeinen Verbrecher; 3) überhaupt ein Zustand, wo kein Recht mehr gilt, noch zu finden ist.


Rechtsmittel, zum Schutze gegen unrichtige Verfügungen oder Urtheile des Richters entweder beim nämlichen Gerichtshof (Revision, Restitution) od. bei Oberbehörden (Beschwerde, Berufung, Recurs, Cassation, Appellation).


Rechtspflege, Sorge u. Handhabung des Rechtes durch die Organisation der Gerichte u. des Gerichtsverfahrens. Die R. bedarf vor allem der Unabhängigkeit von allem Regierungseinfluß (Cabinetsjustiz). Eine politisch unabhängige, kräftige, kurze und billige R. ist eine fast ebenso seltene als köstliche Sache, das schönste Kleinod im Staatsleben.


Rechtsphilosophie, Erörterung der letzten Gründe, der Bedingungen und der Natur des Rechtes, soviel wie Naturlehre des Rechtes. Schriftsteller: Hobbes, Grotius, Thomasius, Hugo, Henrici, Welker, Raumer, Stahl, Kant, Hegel, Herbart, Zachariä. Vgl. Naturrecht, Recht.


Rechtsvermuthung (praesumtio juris et de jure), wenn als Schlußfolgerung aus einer Thatsache kraft gesetzlicher Vorschrift Etwas als juristisch wahr gilt, bald mit, bald ohne Zulassung des Gegenbeweises.

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[678/0679] verbunden werden, um vor Gott wohlgefällig zu machen. Das Christenthum lehrt, Gott habe gerade deßhalb die Erlösung in Christo angeordnet, weil es dem sündigen Menschen schlechthin unmöglich sei, die Gerechtigkeit aus sich selbst zu wirken, und lehrt näher, die R. bestehe in der: 1) Nachlassung der Sündenschuld und Strafe durch Anrechnung der genugthuenden Verdienste Christi; 2) in der Heiligung od. sittlichen Wiedergeburt des Menschen, in Folge deren er nicht blos von Gott als gerecht angesehen wird, sondern es auch in der That ist; vgl. Erbsünde, Gnade. Der symbolische Protestantismus kennt nur eine R. durch den Glauben; dieselbe besteht im Glauben des Menschen, daß ihm um der genugthuenden Verdienste Jesu Christi willen alle Sünden erlassen seien, sowie daß Gott den gläubigen Christen für gerechtfertigt ansieht um seines Glaubens willen. Nach der Ansicht der Reformatoren ist der Glaube alles in allem, der Mensch vermag durch eigenes Thun weder für noch gegen seine R. zu handeln, die Begriffe von guten u. bösen Werken fallen überhaupt weg. Der Grund dieser alle Sittlichkeit aufhebenden Meinung lag in der Leugnung der Freiheit des Menschen und aus derselben Quelle floß die scharfe und mitunter haarsträubende Art und Weise, wie Luther, Amsdorf, Beza u. a. sich über die Gleichgültigkeit des Thuns der getauften und gläubigen Christen aussprachen. Vgl. Prädestination. Rechtgläubigkeit, s. Orthodoxie. Rechtsame, zuständige Rechte, Befugnisse, persönlich oder dinglich. Rechtsbehelfe, Rechtswohlthaten, s. Beneficium. Rechtschreibung, s. Orthographie. Rechtsfähigkeit, die Befähigung Privatrechte zu erwerben und zu haben. Rechtsgeschichte, Entwickelung des Rechtes, bald in seinen Quellen und ihrer Bearbeitung (äußere R.), bald in der Aus- und Umbildung der Institutionen und Rechtsideen (innere R.) betrachtet. Die R., an sich von hohem Werthe, ist geradezu unentbehrlich zu einem genauern Verständniß des jeweils lebenden Rechtes. Rechtsgrund, die Gesetzesvorschrift, der Rechtssatz, womit der Kläger seinen Anspruch rechtlich zu begründen sucht. Rechtskraft, die Unanfechtbarkeit eines Urtheils, das nach Erschöpfung aller Rechtsmittel endgültig abschließt u. deßhalb vollzogen werden kann. Rechtslosigkeit: 1) soviel wie Echt- oder Friedelosigkeit, welche den Geächteten (exlex, out-law) aus aller rechtlichen Gemeinschaft ausstößt. Hievon ist unter dem Einfluß der modernen Rechtsentwicklung nur noch als matter Nachschein der bürgerliche Tod (mort civile) übrig geblieben; 2) im eigentlichsten Sinn des alten Rechtes Versagung der freien Standes-, der politischen u. gerichtlichen Ehrenrechte, wobei die rechtlosen (unechten) Leute gar wohl Vermögen und Familienrechte haben konnten. So die unehelichen Kinder, die gedungenen Kämpfer, die Spielleute und die gemeinen Verbrecher; 3) überhaupt ein Zustand, wo kein Recht mehr gilt, noch zu finden ist. Rechtsmittel, zum Schutze gegen unrichtige Verfügungen oder Urtheile des Richters entweder beim nämlichen Gerichtshof (Revision, Restitution) od. bei Oberbehörden (Beschwerde, Berufung, Recurs, Cassation, Appellation). Rechtspflege, Sorge u. Handhabung des Rechtes durch die Organisation der Gerichte u. des Gerichtsverfahrens. Die R. bedarf vor allem der Unabhängigkeit von allem Regierungseinfluß (Cabinetsjustiz). Eine politisch unabhängige, kräftige, kurze und billige R. ist eine fast ebenso seltene als köstliche Sache, das schönste Kleinod im Staatsleben. Rechtsphilosophie, Erörterung der letzten Gründe, der Bedingungen und der Natur des Rechtes, soviel wie Naturlehre des Rechtes. Schriftsteller: Hobbes, Grotius, Thomasius, Hugo, Henrici, Welker, Raumer, Stahl, Kant, Hegel, Herbart, Zachariä. Vgl. Naturrecht, Recht. Rechtsvermuthung (praesumtio juris et de jure), wenn als Schlußfolgerung aus einer Thatsache kraft gesetzlicher Vorschrift Etwas als juristisch wahr gilt, bald mit, bald ohne Zulassung des Gegenbeweises.

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Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 678. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/679>, abgerufen am 25.11.2024.