Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Retrogradation, Rückgang; Retroversion, Rückwärtsbeugung.


Rettberg, Friedr. Wilh., protestant. Kirchenhistoriker, geb. 1805 zu Celle in Hannover, gest. 1849 als Professor der Theologie zu Marburg, hinterließ eine bis ins 9. Jahrh. sich erstreckende "Kirchengeschichte Deutschlands" (Göttingen 1848 ff., 2 Bde.), eine Lebensbeschreibung von St. Cyprian (s. d.) u. a. m. R. selber wurde von E. M. Th. Henke verherrlicht, Marburg 1849.


Rettig (Raphanus), Pflanzengattung aus der Familie der Cruciferae (s. d.), mit verschiedenen, durch die Cultur hervorgebrachten Arten. Die bekanntesten sind: der Winter-R. mit 2jähriger, der Sommer- und der Monat-R. (Radieschen) mit 1 jähriger Vegetationszeit; alle verlangen einen reinen, fetten, tiefgründigen und feuchten Boden.


Rettungsanstalten, öffentliche Anstalten, um bei Feuersbrünsten, Ueberschwemmungen, Schiffbrüchen etc. Hilfe zu bringen (Rettungscompagnien, -apparate, -leitern, -gürtel, -boote).


Rettungshäuser, die zur Aufnahme und Erziehung verwahrloster Kinder errichteten Anstalten; das erste errichtete Odescalchi zu Rom 1686, ein anderes R. Young zu London 1788, Joh. Falk (s. d.) 1813 eines in Deutschland, seit welcher Zeit namentlich in Deutschland, Frankreich, der Schweiz u. Holland eine ziemliche, aber keineswegs genügende Anzahl in das Leben gerufen wurde. Vgl. Rauhes Haus und Armenschulen.


Retulit, lat. (er trug zurück), heißt die notarielle Ausfertigung eines von dem Vorgänger aufgenommenen Protokolls.


Retz, Jean Francois Paul de Gondi, geb. 1614 zu Montmirail (aus einem von Florenz nach Frankreich mit Königin Katharina von Medicis eingewanderten Geschlechte, das die früher den Laval de Montmorenci gehörige Baronie R. erhielt), Geistlicher von eminenter Bildung u. Geisteskraft, wurde 1643 Doctor der Sorbonne, Erzbischof von Korinth (in partibus), Coadjutor seines Oheims, des Erzbischofs von Paris, 1652 Cardinal. Er war eines der thätigsten Mitglieder der Fronde (s. d.), büßte bei deren Unterliegen mit Gefangenschaft, behauptete dessenungeachtet seine Ansprüche auf das erledigte Erzbisthum Paris, entfloh 1654, lebte unter abenteuerlichen Verhältnissen in Spanien, Italien, Deutschland u. den Niederlanden u. durfte 1662 nach Mazarins Tod nach Frankreich zurückkehren, als er auf den erzbischöflichen Sitz verzichtete. Er erhielt die Abtei St. Denys, lebte, um seine Schulden zu bezahlen u. seine Freunde unterstützen zu können, sehr zurückgezogen und st. 24. August 1679. Seine Memoiren (neueste Ausgabe in 6 Bdn., Par. 1817) sind in vielfacher Beziehung vom höchsten Interesse.


Retzsch, Moritz, Zeichner u. Maler, geb. 1779 zu Dresden, seit 1822 Professor der Kunstakademie daselbst, machte sich bald bekannt durch Porträte, roman tische (Genovefa, Undine, Erlkönig etc.), u. mythologische Darstellungen, am meisten aber durch seine Umrisse zu großen Dichterwerken, zu Göthes Faust, 26 Blätter, 1812, 2. Aufl. 1834, zu Schillers und Shakspeares Werken.


Reuchlin, Joh., gräcisirt Kapnio, einer der verdientesten Gelehrten aus dem Zeitalter der Reformation, geb. 1455 zu Pforzheim, studierte die Humaniora zu Freiburg i. B. und Paris, las bereits 1475 zu Basel über latein. und griech. Literatur, studierte nachträglich in Frankreich die Rechte, ließ sich 1481 als Anwalt in Tübingen nieder, kam mit Graf Eberhard I. von Württemberg als Geheimschreiber nach Rom, wurde 1484 Hofgerichtsbeisitzer, 1485 Generalanwalt der Dominikaner und blieb Geschäftsträger Eberhards I. R. wurde von Kaiser Friedrich III. geadelt und mit Ehren überhäuft und in Heidelberg, als er vor Eberhard II. fliehen mußte, 1496 mit offenen Armen aufgenommen. Nachdem er 1502 nach Stuttgart zurückgekehrt war, begleitete er den hohen Posten eines Richters der Fürstenbank des schwäb. Bundes. Bekanntlich besaß R. eine ausgezeichnete humanistische Bildung; an seine Verdienste um die griech. Sprache mahnt noch heute die sog. R. sche Aussprache (vgl. Itacismus); er war auch ein Gegner des Scholasticismus, allein gerade wegen seiner gediegenen Bildung keineswegs

Retrogradation, Rückgang; Retroversion, Rückwärtsbeugung.


Rettberg, Friedr. Wilh., protestant. Kirchenhistoriker, geb. 1805 zu Celle in Hannover, gest. 1849 als Professor der Theologie zu Marburg, hinterließ eine bis ins 9. Jahrh. sich erstreckende „Kirchengeschichte Deutschlands“ (Göttingen 1848 ff., 2 Bde.), eine Lebensbeschreibung von St. Cyprian (s. d.) u. a. m. R. selber wurde von E. M. Th. Henke verherrlicht, Marburg 1849.


Rettig (Raphanus), Pflanzengattung aus der Familie der Cruciferae (s. d.), mit verschiedenen, durch die Cultur hervorgebrachten Arten. Die bekanntesten sind: der Winter-R. mit 2jähriger, der Sommer- und der Monat-R. (Radieschen) mit 1 jähriger Vegetationszeit; alle verlangen einen reinen, fetten, tiefgründigen und feuchten Boden.


Rettungsanstalten, öffentliche Anstalten, um bei Feuersbrünsten, Ueberschwemmungen, Schiffbrüchen etc. Hilfe zu bringen (Rettungscompagnien, -apparate, -leitern, -gürtel, -boote).


Rettungshäuser, die zur Aufnahme und Erziehung verwahrloster Kinder errichteten Anstalten; das erste errichtete Odescalchi zu Rom 1686, ein anderes R. Young zu London 1788, Joh. Falk (s. d.) 1813 eines in Deutschland, seit welcher Zeit namentlich in Deutschland, Frankreich, der Schweiz u. Holland eine ziemliche, aber keineswegs genügende Anzahl in das Leben gerufen wurde. Vgl. Rauhes Haus und Armenschulen.


Retulit, lat. (er trug zurück), heißt die notarielle Ausfertigung eines von dem Vorgänger aufgenommenen Protokolls.


Retz, Jean François Paul de Gondi, geb. 1614 zu Montmirail (aus einem von Florenz nach Frankreich mit Königin Katharina von Medicis eingewanderten Geschlechte, das die früher den Laval de Montmorenci gehörige Baronie R. erhielt), Geistlicher von eminenter Bildung u. Geisteskraft, wurde 1643 Doctor der Sorbonne, Erzbischof von Korinth (in partibus), Coadjutor seines Oheims, des Erzbischofs von Paris, 1652 Cardinal. Er war eines der thätigsten Mitglieder der Fronde (s. d.), büßte bei deren Unterliegen mit Gefangenschaft, behauptete dessenungeachtet seine Ansprüche auf das erledigte Erzbisthum Paris, entfloh 1654, lebte unter abenteuerlichen Verhältnissen in Spanien, Italien, Deutschland u. den Niederlanden u. durfte 1662 nach Mazarins Tod nach Frankreich zurückkehren, als er auf den erzbischöflichen Sitz verzichtete. Er erhielt die Abtei St. Denys, lebte, um seine Schulden zu bezahlen u. seine Freunde unterstützen zu können, sehr zurückgezogen und st. 24. August 1679. Seine Memoiren (neueste Ausgabe in 6 Bdn., Par. 1817) sind in vielfacher Beziehung vom höchsten Interesse.


Retzsch, Moritz, Zeichner u. Maler, geb. 1779 zu Dresden, seit 1822 Professor der Kunstakademie daselbst, machte sich bald bekannt durch Porträte, roman tische (Genovefa, Undine, Erlkönig etc.), u. mythologische Darstellungen, am meisten aber durch seine Umrisse zu großen Dichterwerken, zu Göthes Faust, 26 Blätter, 1812, 2. Aufl. 1834, zu Schillers und Shakspeares Werken.


Reuchlin, Joh., gräcisirt Kapnio, einer der verdientesten Gelehrten aus dem Zeitalter der Reformation, geb. 1455 zu Pforzheim, studierte die Humaniora zu Freiburg i. B. und Paris, las bereits 1475 zu Basel über latein. und griech. Literatur, studierte nachträglich in Frankreich die Rechte, ließ sich 1481 als Anwalt in Tübingen nieder, kam mit Graf Eberhard I. von Württemberg als Geheimschreiber nach Rom, wurde 1484 Hofgerichtsbeisitzer, 1485 Generalanwalt der Dominikaner und blieb Geschäftsträger Eberhards I. R. wurde von Kaiser Friedrich III. geadelt und mit Ehren überhäuft und in Heidelberg, als er vor Eberhard II. fliehen mußte, 1496 mit offenen Armen aufgenommen. Nachdem er 1502 nach Stuttgart zurückgekehrt war, begleitete er den hohen Posten eines Richters der Fürstenbank des schwäb. Bundes. Bekanntlich besaß R. eine ausgezeichnete humanistische Bildung; an seine Verdienste um die griech. Sprache mahnt noch heute die sog. R. sche Aussprache (vgl. Itacismus); er war auch ein Gegner des Scholasticismus, allein gerade wegen seiner gediegenen Bildung keineswegs

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0714" n="713"/><hi rendition="#g">Retrogradation</hi>, Rückgang; <hi rendition="#g">Retroversion</hi>, Rückwärtsbeugung.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Rettberg</hi>, Friedr. Wilh., protestant. Kirchenhistoriker, geb. 1805 zu Celle in Hannover, gest. 1849 als Professor der Theologie zu Marburg, hinterließ eine bis ins 9. Jahrh. sich erstreckende &#x201E;Kirchengeschichte Deutschlands&#x201C; (Göttingen 1848 ff., 2 Bde.), eine Lebensbeschreibung von St. Cyprian (s. d.) u. a. m. R. selber wurde von E. M. Th. Henke verherrlicht, Marburg 1849.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Rettig</hi><hi rendition="#i">(Raphanus)</hi>, Pflanzengattung aus der Familie der <hi rendition="#i">Cruciferae</hi> (s. d.), mit verschiedenen, durch die Cultur hervorgebrachten Arten. Die bekanntesten sind: der <hi rendition="#g">Winter</hi>-R. mit 2jähriger, der <hi rendition="#g">Sommer</hi>- und der <hi rendition="#g">Monat</hi>-R. (Radieschen) mit 1 jähriger Vegetationszeit; alle verlangen einen reinen, fetten, tiefgründigen und feuchten Boden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Rettungsanstalten</hi>, öffentliche Anstalten, um bei Feuersbrünsten, Ueberschwemmungen, Schiffbrüchen etc. Hilfe zu bringen (Rettungscompagnien, -apparate, -leitern, -gürtel, -boote).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Rettungshäuser</hi>, die zur Aufnahme und Erziehung verwahrloster Kinder errichteten Anstalten; das erste errichtete Odescalchi zu Rom 1686, ein anderes R. Young zu London 1788, Joh. Falk (s. d.) 1813 eines in Deutschland, seit welcher Zeit namentlich in Deutschland, Frankreich, der Schweiz u. Holland eine ziemliche, aber keineswegs genügende Anzahl in das Leben gerufen wurde. Vgl. Rauhes Haus und Armenschulen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Retulit</hi>, lat. (er trug zurück), heißt die notarielle Ausfertigung eines von dem Vorgänger aufgenommenen Protokolls.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Retz</hi>, Jean François Paul de Gondi, geb. 1614 zu Montmirail (aus einem von Florenz nach Frankreich mit Königin Katharina von Medicis eingewanderten Geschlechte, das die früher den Laval de Montmorenci gehörige Baronie R. erhielt), Geistlicher von eminenter Bildung u. Geisteskraft, wurde 1643 Doctor der Sorbonne, Erzbischof von Korinth <hi rendition="#i">(in partibus)</hi>, Coadjutor seines Oheims, des Erzbischofs von Paris, 1652 Cardinal. Er war eines der thätigsten Mitglieder der Fronde (s. d.), büßte bei deren Unterliegen mit Gefangenschaft, behauptete dessenungeachtet seine Ansprüche auf das erledigte Erzbisthum Paris, entfloh 1654, lebte unter abenteuerlichen Verhältnissen in Spanien, Italien, Deutschland u. den Niederlanden u. durfte 1662 nach Mazarins Tod nach Frankreich zurückkehren, als er auf den erzbischöflichen Sitz verzichtete. Er erhielt die Abtei St. Denys, lebte, um seine Schulden zu bezahlen u. seine Freunde unterstützen zu können, sehr zurückgezogen und st. 24. August 1679. Seine Memoiren (neueste Ausgabe in 6 Bdn., Par. 1817) sind in vielfacher Beziehung vom höchsten Interesse.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Retzsch</hi>, Moritz, Zeichner u. Maler, geb. 1779 zu Dresden, seit 1822 Professor der Kunstakademie daselbst, machte sich bald bekannt durch Porträte, roman tische (Genovefa, Undine, Erlkönig etc.), u. mythologische Darstellungen, am meisten aber durch seine Umrisse zu großen Dichterwerken, zu Göthes Faust, 26 Blätter, 1812, 2. Aufl. 1834, zu Schillers und Shakspeares Werken.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Reuchlin</hi>, Joh., gräcisirt <hi rendition="#g">Kapnio</hi>, einer der verdientesten Gelehrten aus dem Zeitalter der Reformation, geb. 1455 zu Pforzheim, studierte die Humaniora zu Freiburg i. B. und Paris, las bereits 1475 zu Basel über latein. und griech. Literatur, studierte nachträglich in Frankreich die Rechte, ließ sich 1481 als Anwalt in Tübingen nieder, kam mit Graf Eberhard I. von Württemberg als Geheimschreiber nach Rom, wurde 1484 Hofgerichtsbeisitzer, 1485 Generalanwalt der Dominikaner und blieb Geschäftsträger Eberhards I. R. wurde von Kaiser Friedrich III. geadelt und mit Ehren überhäuft und in Heidelberg, als er vor Eberhard II. fliehen mußte, 1496 mit offenen Armen aufgenommen. Nachdem er 1502 nach Stuttgart zurückgekehrt war, begleitete er den hohen Posten eines Richters der Fürstenbank des schwäb. Bundes. Bekanntlich besaß R. eine ausgezeichnete humanistische Bildung; an seine Verdienste um die griech. Sprache mahnt noch heute die sog. R. <hi rendition="#g">sche Aussprache</hi> (vgl. Itacismus); er war auch ein Gegner des Scholasticismus, allein gerade wegen seiner gediegenen Bildung keineswegs
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[713/0714] Retrogradation, Rückgang; Retroversion, Rückwärtsbeugung. Rettberg, Friedr. Wilh., protestant. Kirchenhistoriker, geb. 1805 zu Celle in Hannover, gest. 1849 als Professor der Theologie zu Marburg, hinterließ eine bis ins 9. Jahrh. sich erstreckende „Kirchengeschichte Deutschlands“ (Göttingen 1848 ff., 2 Bde.), eine Lebensbeschreibung von St. Cyprian (s. d.) u. a. m. R. selber wurde von E. M. Th. Henke verherrlicht, Marburg 1849. Rettig (Raphanus), Pflanzengattung aus der Familie der Cruciferae (s. d.), mit verschiedenen, durch die Cultur hervorgebrachten Arten. Die bekanntesten sind: der Winter-R. mit 2jähriger, der Sommer- und der Monat-R. (Radieschen) mit 1 jähriger Vegetationszeit; alle verlangen einen reinen, fetten, tiefgründigen und feuchten Boden. Rettungsanstalten, öffentliche Anstalten, um bei Feuersbrünsten, Ueberschwemmungen, Schiffbrüchen etc. Hilfe zu bringen (Rettungscompagnien, -apparate, -leitern, -gürtel, -boote). Rettungshäuser, die zur Aufnahme und Erziehung verwahrloster Kinder errichteten Anstalten; das erste errichtete Odescalchi zu Rom 1686, ein anderes R. Young zu London 1788, Joh. Falk (s. d.) 1813 eines in Deutschland, seit welcher Zeit namentlich in Deutschland, Frankreich, der Schweiz u. Holland eine ziemliche, aber keineswegs genügende Anzahl in das Leben gerufen wurde. Vgl. Rauhes Haus und Armenschulen. Retulit, lat. (er trug zurück), heißt die notarielle Ausfertigung eines von dem Vorgänger aufgenommenen Protokolls. Retz, Jean François Paul de Gondi, geb. 1614 zu Montmirail (aus einem von Florenz nach Frankreich mit Königin Katharina von Medicis eingewanderten Geschlechte, das die früher den Laval de Montmorenci gehörige Baronie R. erhielt), Geistlicher von eminenter Bildung u. Geisteskraft, wurde 1643 Doctor der Sorbonne, Erzbischof von Korinth (in partibus), Coadjutor seines Oheims, des Erzbischofs von Paris, 1652 Cardinal. Er war eines der thätigsten Mitglieder der Fronde (s. d.), büßte bei deren Unterliegen mit Gefangenschaft, behauptete dessenungeachtet seine Ansprüche auf das erledigte Erzbisthum Paris, entfloh 1654, lebte unter abenteuerlichen Verhältnissen in Spanien, Italien, Deutschland u. den Niederlanden u. durfte 1662 nach Mazarins Tod nach Frankreich zurückkehren, als er auf den erzbischöflichen Sitz verzichtete. Er erhielt die Abtei St. Denys, lebte, um seine Schulden zu bezahlen u. seine Freunde unterstützen zu können, sehr zurückgezogen und st. 24. August 1679. Seine Memoiren (neueste Ausgabe in 6 Bdn., Par. 1817) sind in vielfacher Beziehung vom höchsten Interesse. Retzsch, Moritz, Zeichner u. Maler, geb. 1779 zu Dresden, seit 1822 Professor der Kunstakademie daselbst, machte sich bald bekannt durch Porträte, roman tische (Genovefa, Undine, Erlkönig etc.), u. mythologische Darstellungen, am meisten aber durch seine Umrisse zu großen Dichterwerken, zu Göthes Faust, 26 Blätter, 1812, 2. Aufl. 1834, zu Schillers und Shakspeares Werken. Reuchlin, Joh., gräcisirt Kapnio, einer der verdientesten Gelehrten aus dem Zeitalter der Reformation, geb. 1455 zu Pforzheim, studierte die Humaniora zu Freiburg i. B. und Paris, las bereits 1475 zu Basel über latein. und griech. Literatur, studierte nachträglich in Frankreich die Rechte, ließ sich 1481 als Anwalt in Tübingen nieder, kam mit Graf Eberhard I. von Württemberg als Geheimschreiber nach Rom, wurde 1484 Hofgerichtsbeisitzer, 1485 Generalanwalt der Dominikaner und blieb Geschäftsträger Eberhards I. R. wurde von Kaiser Friedrich III. geadelt und mit Ehren überhäuft und in Heidelberg, als er vor Eberhard II. fliehen mußte, 1496 mit offenen Armen aufgenommen. Nachdem er 1502 nach Stuttgart zurückgekehrt war, begleitete er den hohen Posten eines Richters der Fürstenbank des schwäb. Bundes. Bekanntlich besaß R. eine ausgezeichnete humanistische Bildung; an seine Verdienste um die griech. Sprache mahnt noch heute die sog. R. sche Aussprache (vgl. Itacismus); er war auch ein Gegner des Scholasticismus, allein gerade wegen seiner gediegenen Bildung keineswegs

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-08-19T11:47:18Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-08-19T11:47:18Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/714
Zitationshilfe: Herders Conversations-Lexikon. Bd. 4. Freiburg im Breisgau, 1856, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationslexikon04_1856/714>, abgerufen am 22.11.2024.