Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

Wort mit fleis handele vnd treibe / auff daß alle vnser thun vnd Leben darnach gehe. Folgen nun die andern Siebene / gegen vnserm Nehesten gestellet / Vnter welchen das Erste vnd höheste ist:

Du solt deinen Vater vnd deine Mutter ehren.

DIesem Vater vnd Mutterstand / hat Gott sonderlich den Preis gegeben / für allen Stenden / die vnter jhm sind / daß er nicht schlechts gebeut / die Eltern lieb zu haben / sondern zu ehren. Denn gegen Brüdern / Schwestern / vnnd dem Nehesten in gemein / befiehlt er nichts höhers / denn sie zu lieben / Also / daß er Vater vnd Mutter scheidet vnd außzeucht / für alle andere Personen auff Erden / vnd neben sich setzet. Denn es ist viel einEhren höher denn lieben. höher ding / Ehren / denn Lieben / als das nicht allein die Liebe begreifft / sondern auch eine Zucht / Demuth / vnd Schewe / als gegen einer Majestet alda verborgen. Auch nicht alleine foddert / daß man sie freundlich / vnd mit Ehrerpietung anspreche / sondern allermeist / daß man sich beyde von Hertzen / vnd mit dem Leibe also stelle vnd erzeige / daß man viel von jhnen halte / vnd nach Gott / für die Obersten ansehe. Denn welchen man von Hertzen ehren sol / den muß man warlich für hoch vnd gros achten.

Also daß man dem Jungen Volck einbilde / jhre Eltern an GottesEltern an Gottes stat. stat für Augen zu halten / vnd also dencken / Ob sie gleich gering / arm / gebrechlich / vnd seltzam seyen / daß sie dennoch Vater vnd Mutter sind / von Gott gegeben. Des wandels oder fehls halben sind sie der Ehren nicht beraubet / darumb ist nicht anzusehen die Person / wie sie sind / sondern Gottes wille / der es also schaffet vnd ordnet. Sonst sind wir zwar für Gottes Augen alle gleich / Aber vnter vns kan es ohne solche Vngleicheit / vnnd ördentliche Vnterscheid nicht seyn. Darumb sie auch von GOtt geboten ist zu halten / daß du mir / als deinem Vater gehorsam seyest / vnd ich die Oberhand habe.

SO lerne nun zum Ersten / was die Ehre gegenWie viel die Ehre begreiffe. den Eltern heisse in diesem Gebot gefoddert / Nemlich / daß man sie für allen dingen herrlich vnd werth halte / als den höhesten Schatz auff Erden. Darnach auch mit Worten sich züchtig gegen sie stelle / nicht vbel anfahre / poche / noch boltere / sondern lasse recht haben / vnd schweige / ob sie gleich zuuiel thun. Zum Dritten auch mit Wercken / das ist / mit Leib vnd Gut solche Ehre beweise / daß man jhnen diene / helffe vnd versorge / wenn sie Alt / Kranck / gebrechlich / oder Arm sind / vnd solches alles nicht allein gerne / sondern mit

Wort mit fleis handele vnd treibe / auff daß alle vnser thun vnd Leben darnach gehe. Folgen nun die andern Siebene / gegen vnserm Nehesten gestellet / Vnter welchen das Erste vnd höheste ist:

Du solt deinen Vater vnd deine Mutter ehren.

DIesem Vater vnd Mutterstand / hat Gott sonderlich den Preis gegeben / für allen Stenden / die vnter jhm sind / daß er nicht schlechts gebeut / die Eltern lieb zu haben / sondern zu ehren. Denn gegen Brüdern / Schwestern / vnnd dem Nehesten in gemein / befiehlt er nichts höhers / denn sie zu lieben / Also / daß er Vater vnd Mutter scheidet vnd außzeucht / für alle andere Personen auff Erden / vnd neben sich setzet. Denn es ist viel einEhren höher denn lieben. höher ding / Ehren / denn Lieben / als das nicht allein die Liebe begreifft / sondern auch eine Zucht / Demuth / vnd Schewe / als gegen einer Majestet alda verborgen. Auch nicht alleine foddert / daß man sie freundlich / vnd mit Ehrerpietung anspreche / sondern allermeist / daß man sich beyde von Hertzen / vnd mit dem Leibe also stelle vnd erzeige / daß man viel von jhnen halte / vnd nach Gott / für die Obersten ansehe. Denn welchen man von Hertzen ehren sol / den muß man warlich für hoch vnd gros achten.

Also daß man dem Jungen Volck einbilde / jhre Eltern an GottesEltern an Gottes stat. stat für Augen zu halten / vnd also dencken / Ob sie gleich gering / arm / gebrechlich / vnd seltzam seyen / daß sie dennoch Vater vnd Mutter sind / von Gott gegeben. Des wandels oder fehls halben sind sie der Ehren nicht beraubet / darumb ist nicht anzusehen die Person / wie sie sind / sondern Gottes wille / der es also schaffet vnd ordnet. Sonst sind wir zwar für Gottes Augen alle gleich / Aber vnter vns kan es ohne solche Vngleicheit / vnnd ördentliche Vnterscheid nicht seyn. Darumb sie auch von GOtt geboten ist zu halten / daß du mir / als deinem Vater gehorsam seyest / vnd ich die Oberhand habe.

SO lerne nun zum Ersten / was die Ehre gegenWie viel die Ehre begreiffe. den Eltern heisse in diesem Gebot gefoddert / Nemlich / daß man sie für allen dingen herrlich vnd werth halte / als den höhesten Schatz auff Erden. Darnach auch mit Worten sich züchtig gegen sie stelle / nicht vbel anfahre / poche / noch boltere / sondern lasse recht haben / vnd schweige / ob sie gleich zuuiel thun. Zum Dritten auch mit Wercken / das ist / mit Leib vnd Gut solche Ehre beweise / daß man jhnen diene / helffe vnd versorge / wenn sie Alt / Kranck / gebrechlich / oder Arm sind / vnd solches alles nicht allein gerne / sondern mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0205" n="90"/>
Wort mit fleis handele vnd                      treibe / auff daß alle vnser thun vnd Leben darnach gehe. Folgen nun die andern                      Siebene / gegen vnserm Nehesten gestellet / Vnter welchen das Erste vnd höheste                      ist:</p>
      </div>
      <div>
        <head>Du solt deinen Vater vnd deine Mutter ehren.</head><lb/>
        <p>DIesem Vater vnd Mutterstand / hat Gott sonderlich den Preis gegeben / für allen                      Stenden / die vnter jhm sind / daß er nicht schlechts gebeut / die Eltern lieb                      zu haben / sondern zu ehren. Denn gegen Brüdern / Schwestern / vnnd dem Nehesten                      in gemein / befiehlt er nichts höhers / denn sie zu lieben / Also / daß er Vater                      vnd Mutter scheidet vnd außzeucht / für alle andere Personen auff Erden / vnd                      neben sich setzet. Denn es ist viel ein<note place="right">Ehren höher                          denn lieben.</note> höher ding / Ehren / denn Lieben / als das nicht allein                      die Liebe begreifft / sondern auch eine Zucht / Demuth / vnd Schewe / als gegen                      einer Majestet alda verborgen. Auch nicht alleine foddert / daß man sie                      freundlich / vnd mit Ehrerpietung anspreche / sondern allermeist / daß man sich                      beyde von Hertzen / vnd mit dem Leibe also stelle vnd erzeige / daß man viel von                      jhnen halte / vnd nach Gott / für die Obersten ansehe. Denn welchen man von                      Hertzen ehren sol / den muß man warlich für hoch vnd gros achten.</p>
        <p>Also daß man dem Jungen Volck einbilde / jhre Eltern an Gottes<note place="right">Eltern an Gottes stat.</note> stat für Augen zu halten                      / vnd also dencken / Ob sie gleich gering / arm / gebrechlich / vnd seltzam                      seyen / daß sie dennoch Vater vnd Mutter sind / von Gott gegeben. Des wandels                      oder fehls halben sind sie der Ehren nicht beraubet / darumb ist nicht anzusehen                      die Person / wie sie sind / sondern Gottes wille / der es also schaffet vnd                      ordnet. Sonst sind wir zwar für Gottes Augen alle gleich / Aber vnter vns kan es                      ohne solche Vngleicheit / vnnd ördentliche Vnterscheid nicht seyn. Darumb sie                      auch von GOtt geboten ist zu halten / daß du mir / als deinem Vater gehorsam                      seyest / vnd ich die Oberhand habe.</p>
        <p>SO lerne nun zum Ersten / was die Ehre gegen<note place="right">Wie viel                          die Ehre begreiffe.</note> den Eltern heisse in diesem Gebot gefoddert /                      Nemlich / daß man sie für allen dingen herrlich vnd werth halte / als den                      höhesten Schatz auff Erden. Darnach auch mit Worten sich züchtig gegen sie                      stelle / nicht vbel anfahre / poche / noch boltere / sondern lasse recht haben /                      vnd schweige / ob sie gleich zuuiel thun. Zum Dritten auch mit Wercken / das ist                      / mit Leib vnd Gut solche Ehre beweise / daß man jhnen diene / helffe vnd                      versorge / wenn sie Alt / Kranck / gebrechlich / oder Arm sind / vnd solches                      alles nicht allein gerne / sondern mit
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0205] Wort mit fleis handele vnd treibe / auff daß alle vnser thun vnd Leben darnach gehe. Folgen nun die andern Siebene / gegen vnserm Nehesten gestellet / Vnter welchen das Erste vnd höheste ist: Du solt deinen Vater vnd deine Mutter ehren. DIesem Vater vnd Mutterstand / hat Gott sonderlich den Preis gegeben / für allen Stenden / die vnter jhm sind / daß er nicht schlechts gebeut / die Eltern lieb zu haben / sondern zu ehren. Denn gegen Brüdern / Schwestern / vnnd dem Nehesten in gemein / befiehlt er nichts höhers / denn sie zu lieben / Also / daß er Vater vnd Mutter scheidet vnd außzeucht / für alle andere Personen auff Erden / vnd neben sich setzet. Denn es ist viel ein höher ding / Ehren / denn Lieben / als das nicht allein die Liebe begreifft / sondern auch eine Zucht / Demuth / vnd Schewe / als gegen einer Majestet alda verborgen. Auch nicht alleine foddert / daß man sie freundlich / vnd mit Ehrerpietung anspreche / sondern allermeist / daß man sich beyde von Hertzen / vnd mit dem Leibe also stelle vnd erzeige / daß man viel von jhnen halte / vnd nach Gott / für die Obersten ansehe. Denn welchen man von Hertzen ehren sol / den muß man warlich für hoch vnd gros achten. Ehren höher denn lieben. Also daß man dem Jungen Volck einbilde / jhre Eltern an Gottes stat für Augen zu halten / vnd also dencken / Ob sie gleich gering / arm / gebrechlich / vnd seltzam seyen / daß sie dennoch Vater vnd Mutter sind / von Gott gegeben. Des wandels oder fehls halben sind sie der Ehren nicht beraubet / darumb ist nicht anzusehen die Person / wie sie sind / sondern Gottes wille / der es also schaffet vnd ordnet. Sonst sind wir zwar für Gottes Augen alle gleich / Aber vnter vns kan es ohne solche Vngleicheit / vnnd ördentliche Vnterscheid nicht seyn. Darumb sie auch von GOtt geboten ist zu halten / daß du mir / als deinem Vater gehorsam seyest / vnd ich die Oberhand habe. Eltern an Gottes stat. SO lerne nun zum Ersten / was die Ehre gegen den Eltern heisse in diesem Gebot gefoddert / Nemlich / daß man sie für allen dingen herrlich vnd werth halte / als den höhesten Schatz auff Erden. Darnach auch mit Worten sich züchtig gegen sie stelle / nicht vbel anfahre / poche / noch boltere / sondern lasse recht haben / vnd schweige / ob sie gleich zuuiel thun. Zum Dritten auch mit Wercken / das ist / mit Leib vnd Gut solche Ehre beweise / daß man jhnen diene / helffe vnd versorge / wenn sie Alt / Kranck / gebrechlich / oder Arm sind / vnd solches alles nicht allein gerne / sondern mit Wie viel die Ehre begreiffe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/205
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/205>, abgerufen am 17.05.2024.