Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht gethan hetten. Darumb hat Gott diese zwey hinzu gesetzt / daß mans auch halte für Sünde / vnd verboten / des Nehesten Weib oder Gut begehren / vnd einerley weise darnach zu stehen / vnd sonderlich darumb / weil in dem Jüdischen Regiment / Knechte vnd Megde nit / wie jetzt / frey waren vmbs Lohn zu dienen / wie lange sie wolten / sondern des Herrn eigen / mit Leib / vnd was sie hatten / wie das Viehe vnd ander Gut / Dazu auch ein jeglicher vber sein Weib die Macht hatte / sie durch ein Scheidbrieff öffentlich von sich zu lassen / vnd ein andere zu nehmen. Da musten sie nu vnternander die Fahr stehen / wenn jemand eines andern Weib gerne gehabt hette / daß er jrgend ein vrsach nehme / beyde sein Weib von sich zu thun / vnd dem andern seines auch zu entfrembden / daß ers mit gutem Fug zu sich brechte / Das war nu bey jhnen kein Sünde noch Schande / so wenig als jetzt mit dem Gesinde / wenn ein Haußherr seinem Knecht oder Magd vrlaub gibt / oder einer dem andern sonst abdringet.

Summa.

Darumb haben sie nu (sag ich) diese Gebot also gedeutet / wie es auch recht ist (wiewol es auch etwas weiter vnd höher gehet) daß niemand dem andern das seine / als Weib / Gesind / Haus vnd Hoff / Acker / Wiesen / Viehe / denck / vnd fürneme an sich zu bringen / auch mit gutem schein vnd behelff / doch mit des Nehesten schaden. Denn droben im Siebenden Gebot ist die Vntugend verboten / da mann frembde Gut zu sich reisset / oder dem Nehesten fürhelt / dazu mann kein Recht haben kan. Hie aber ist auch gewehret / dem Nehesten nichts abzuspannen / ob mann gleich mit Ehren für der Welt dazu kommen kan / daß dich niemand zeihen noch taddeln thar / als habstus mit Vnrecht eröbert.

Denn die Natur so geschickt ist / daß niemand den andern so viel als jhm selbs gönnet / vnd ein jeglicher / so viel er jmmer kan / zu sich bringet / ein ander bleibe wo er kan. Vnd wöllen noch dazu fromm seyn / können vns auffs feineste schmücken / vnd den Schalck bergen / suchen vnd dichten so behende Fündlein / vnd schwinde Griffe (wie man jetzt täglich auffs beste erdencket) als aus dem Rechten gezogen / thüren vns darauff kecklich beruffen / vnd trotzen / vnnd wöllen solchs nicht Schalckheit / sondern Gescheidigkeit vnd Fürsichtigkeit genennet haben. Juristen.Dazu helffen auch Juristen vnd Rechtsprecher / so das Recht lencken vnd dehnen / wie es zur Sache helffen wil / die Wort zwacken / vnd zu Behelff nehmen / vnangesehen Billigkeit / vnd des Nehesten Notturfft. Vnd Summa / wer in solchen Sachen der geschickste vnd gescheidste ist / dem hilfft das Recht am besten / wie sie auch sprechen: Vigilantibus iura subueniunt.

nicht gethan hetten. Darumb hat Gott diese zwey hinzu gesetzt / daß mans auch halte für Sünde / vnd verboten / des Nehesten Weib oder Gut begehren / vnd einerley weise darnach zu stehen / vnd sonderlich darumb / weil in dem Jüdischen Regiment / Knechte vnd Megde nit / wie jetzt / frey waren vmbs Lohn zu dienen / wie lange sie wolten / sondern des Herrn eigen / mit Leib / vnd was sie hatten / wie das Viehe vnd ander Gut / Dazu auch ein jeglicher vber sein Weib die Macht hatte / sie durch ein Scheidbrieff öffentlich von sich zu lassen / vnd ein andere zu nehmen. Da musten sie nu vnternander die Fahr stehen / wenn jemand eines andern Weib gerne gehabt hette / daß er jrgend ein vrsach nehme / beyde sein Weib von sich zu thun / vnd dem andern seines auch zu entfrembden / daß ers mit gutem Fug zu sich brechte / Das war nu bey jhnen kein Sünde noch Schande / so wenig als jetzt mit dem Gesinde / wenn ein Haußherr seinem Knecht oder Magd vrlaub gibt / oder einer dem andern sonst abdringet.

Summa.

Darumb haben sie nu (sag ich) diese Gebot also gedeutet / wie es auch recht ist (wiewol es auch etwas weiter vnd höher gehet) daß niemand dem andern das seine / als Weib / Gesind / Haus vnd Hoff / Acker / Wiesen / Viehe / denck / vnd fürneme an sich zu bringen / auch mit gutem schein vnd behelff / doch mit des Nehesten schaden. Denn droben im Siebenden Gebot ist die Vntugend verboten / da mann frembde Gut zu sich reisset / oder dem Nehesten fürhelt / dazu mann kein Recht haben kan. Hie aber ist auch gewehret / dem Nehesten nichts abzuspannen / ob mann gleich mit Ehren für der Welt dazu kom̃en kan / daß dich niemand zeihen noch taddeln thar / als habstus mit Vnrecht eröbert.

Denn die Natur so geschickt ist / daß niemand den andern so viel als jhm selbs gönnet / vnd ein jeglicher / so viel er jmmer kan / zu sich bringet / ein ander bleibe wo er kan. Vnd wöllen noch dazu from̃ seyn / können vns auffs feineste schmücken / vnd den Schalck bergen / suchen vnd dichten so behende Fündlein / vnd schwinde Griffe (wie man jetzt täglich auffs beste erdencket) als aus dem Rechten gezogen / thüren vns darauff kecklich beruffen / vnd trotzen / vnnd wöllen solchs nicht Schalckheit / sondern Gescheidigkeit vnd Fürsichtigkeit genennet haben. Juristen.Dazu helffen auch Juristen vnd Rechtsprecher / so das Recht lencken vnd dehnen / wie es zur Sache helffen wil / die Wort zwacken / vnd zu Behelff nehmen / vnangesehen Billigkeit / vnd des Nehesten Notturfft. Vnd Summa / wer in solchen Sachen der geschickste vnd gescheidste ist / dem hilfft das Recht am besten / wie sie auch sprechen: Vigilantibus iura subueniunt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0238"/>
nicht gethan hetten. Darumb hat Gott diese zwey hinzu gesetzt                      / daß mans auch halte für Sünde / vnd verboten / des Nehesten Weib oder Gut                      begehren / vnd einerley weise darnach zu stehen / vnd sonderlich darumb / weil                      in dem Jüdischen Regiment / Knechte vnd Megde nit / wie jetzt / frey waren vmbs                      Lohn zu dienen / wie lange sie wolten / sondern des Herrn eigen / mit Leib / vnd                      was sie hatten / wie das Viehe vnd ander Gut / Dazu auch ein jeglicher vber sein                      Weib die Macht hatte / sie durch ein Scheidbrieff öffentlich von sich zu lassen                      / vnd ein andere zu nehmen. Da musten sie nu vnternander die Fahr stehen / wenn                      jemand eines andern Weib gerne gehabt hette / daß er jrgend ein vrsach nehme /                      beyde sein Weib von sich zu thun / vnd dem andern seines auch zu entfrembden /                      daß ers mit gutem Fug zu sich brechte / Das war nu bey jhnen kein Sünde noch                      Schande / so wenig als jetzt mit dem Gesinde / wenn ein Haußherr seinem Knecht                      oder Magd vrlaub gibt / oder einer dem andern sonst abdringet.</p>
        <note place="left">Summa.</note>
        <p>Darumb haben sie nu (sag ich) diese Gebot also gedeutet / wie es auch recht ist                      (wiewol es auch etwas weiter vnd höher gehet) daß niemand dem andern das seine /                      als Weib / Gesind / Haus vnd Hoff / Acker / Wiesen / Viehe / denck / vnd fürneme                      an sich zu bringen / auch mit gutem schein vnd behelff / doch mit des Nehesten                      schaden. Denn droben im Siebenden Gebot ist die Vntugend verboten / da mann                      frembde Gut zu sich reisset / oder dem Nehesten fürhelt / dazu mann kein Recht                      haben kan. Hie aber ist auch gewehret / dem Nehesten nichts abzuspannen / ob                      mann gleich mit Ehren für der Welt dazu kom&#x0303;en kan / daß dich                      niemand zeihen noch taddeln thar / als habstus mit Vnrecht eröbert.</p>
        <p>Denn die Natur so geschickt ist / daß niemand den andern so viel als jhm selbs                      gönnet / vnd ein jeglicher / so viel er jmmer kan / zu sich bringet / ein ander                      bleibe wo er kan. Vnd wöllen noch dazu from&#x0303; seyn / können vns                      auffs feineste schmücken / vnd den Schalck bergen / suchen vnd dichten so                      behende Fündlein / vnd schwinde Griffe (wie man jetzt täglich auffs beste                      erdencket) als aus dem Rechten gezogen / thüren vns darauff kecklich beruffen /                      vnd trotzen / vnnd wöllen solchs nicht Schalckheit / sondern Gescheidigkeit vnd                      Fürsichtigkeit genennet haben. <note place="left">Juristen.</note>Dazu                      helffen auch Juristen vnd Rechtsprecher / so das Recht lencken vnd dehnen / wie                      es zur Sache helffen wil / die Wort zwacken / vnd zu Behelff nehmen /                      vnangesehen Billigkeit / vnd des Nehesten Notturfft. Vnd Summa / wer in solchen                      Sachen der geschickste vnd gescheidste ist / dem hilfft das Recht am besten /                      wie sie auch sprechen: <hi rendition="#i">Vigilantibus iura subueniunt.</hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0238] nicht gethan hetten. Darumb hat Gott diese zwey hinzu gesetzt / daß mans auch halte für Sünde / vnd verboten / des Nehesten Weib oder Gut begehren / vnd einerley weise darnach zu stehen / vnd sonderlich darumb / weil in dem Jüdischen Regiment / Knechte vnd Megde nit / wie jetzt / frey waren vmbs Lohn zu dienen / wie lange sie wolten / sondern des Herrn eigen / mit Leib / vnd was sie hatten / wie das Viehe vnd ander Gut / Dazu auch ein jeglicher vber sein Weib die Macht hatte / sie durch ein Scheidbrieff öffentlich von sich zu lassen / vnd ein andere zu nehmen. Da musten sie nu vnternander die Fahr stehen / wenn jemand eines andern Weib gerne gehabt hette / daß er jrgend ein vrsach nehme / beyde sein Weib von sich zu thun / vnd dem andern seines auch zu entfrembden / daß ers mit gutem Fug zu sich brechte / Das war nu bey jhnen kein Sünde noch Schande / so wenig als jetzt mit dem Gesinde / wenn ein Haußherr seinem Knecht oder Magd vrlaub gibt / oder einer dem andern sonst abdringet. Darumb haben sie nu (sag ich) diese Gebot also gedeutet / wie es auch recht ist (wiewol es auch etwas weiter vnd höher gehet) daß niemand dem andern das seine / als Weib / Gesind / Haus vnd Hoff / Acker / Wiesen / Viehe / denck / vnd fürneme an sich zu bringen / auch mit gutem schein vnd behelff / doch mit des Nehesten schaden. Denn droben im Siebenden Gebot ist die Vntugend verboten / da mann frembde Gut zu sich reisset / oder dem Nehesten fürhelt / dazu mann kein Recht haben kan. Hie aber ist auch gewehret / dem Nehesten nichts abzuspannen / ob mann gleich mit Ehren für der Welt dazu kom̃en kan / daß dich niemand zeihen noch taddeln thar / als habstus mit Vnrecht eröbert. Denn die Natur so geschickt ist / daß niemand den andern so viel als jhm selbs gönnet / vnd ein jeglicher / so viel er jmmer kan / zu sich bringet / ein ander bleibe wo er kan. Vnd wöllen noch dazu from̃ seyn / können vns auffs feineste schmücken / vnd den Schalck bergen / suchen vnd dichten so behende Fündlein / vnd schwinde Griffe (wie man jetzt täglich auffs beste erdencket) als aus dem Rechten gezogen / thüren vns darauff kecklich beruffen / vnd trotzen / vnnd wöllen solchs nicht Schalckheit / sondern Gescheidigkeit vnd Fürsichtigkeit genennet haben. Dazu helffen auch Juristen vnd Rechtsprecher / so das Recht lencken vnd dehnen / wie es zur Sache helffen wil / die Wort zwacken / vnd zu Behelff nehmen / vnangesehen Billigkeit / vnd des Nehesten Notturfft. Vnd Summa / wer in solchen Sachen der geschickste vnd gescheidste ist / dem hilfft das Recht am besten / wie sie auch sprechen: Vigilantibus iura subueniunt. Juristen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/238
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/238>, abgerufen am 17.05.2024.