[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.gehabt / lehren / daß diese zwey stück semptlich die Erbsünde sind / nemlich Mangel / vnd die böse lust / denn also sagt S. Thomas, daß Erbsünd ist nit allein ein Mangel der ersten Gerechtigkeit / sondern auch ein vnördentlich Begirde oder Lust in der Seelen / derhalben ist es (sagt er) nicht allein eitel lauter Mangel / sondern auch aliquid positiuum. Vnd Bonauentura auch sagt klar / Wenn man fragt / was die Erbsünde sey / ist diß die rechte antwort / daß es eine vngewehrete böse Lust sey / auch ist die rechte antwort / daß es ein Mangel sey der Gerechtigkeit / vnd eins gibt das ander. Gleich dasselbig meinet auch Hugo, da er saget / Die Erbsünde ist Blindheit im Hertzen / vnd böse lust im Fleisch / denn er wil anzeigen / daß wir Adams Kinder alle so geborn werden / daß wir GOtt nicht kennen / Gott verachten / jm nicht vertrawen / ja jhn auch fliehen / vnd hassen. Denn das hat Hugo wollen kurtz begreiffen / da er sagt / Ignorantia in mente, Blindheit oder vnwissenheit im Hertzen. Vnd die Sprüche auch der newesten Lehrer / stimmen vber ein / mit der heiligen Schrifft. Denn Paulus nennet die Erbsünde vnter zeiten mit klaren worten / ein Mangel Göttlichs Liechts / etc. 1. Corinth. 2. Der Natürliche Mensch vernimpt nichts vom Geist Gottes / Vnd an andern orten nennet er es / Böse Lust / als zu den Römern am 7. da er saget / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / etc. Welche Lust allerley böse Früchte gebieret. Ich köndte hie wol viel mehr Sprüche der Schrifft fürbringen / von beyden diesen stücken / Aber in dieser öffentlichen Warheit / ist es nicht noth / Ein jeder verstendiger wird leichtlich sehen vnd mercken / daß also ohn Gottes Furcht / ohn vertrawen im Hertzen / sind nicht allein Actus, oder wirckliche Sünde / Sondern ein angeborn Mangel des Göttlichen Liechts / vnd alles guten / welcher da bleibt / so lange wir nicht durch den heiligen Geist new geborn / vnd durch den erleuchtet werden. Wie wir nu bißher von der Erbsünde geschrieben vnd gelehrt / so lehren wir nichts newes / nichts anders / denn die heilige Schrifft / die gemeine heilige Christliche Kirche / Sondern solche nötige / tapffere / klare Sprüche der heiligen Schrifft / vnd der Väter / welche durch vngeschickt Gezenck der Sophisten vnterdruckt gewesen / bringen wir wieder an Tag / vnd wolten gern die Christliche Lehre rein haben / Denn es ist je am tage / daß die Sophisten vnd Schulzencker nit verstanden haben / Was die Väter mit dem wort / Mangel der ersten Gerechtigkeit / gemeinet. Diß Stück aber eigentlich vnd richtig zu lehren / vnd was die gehabt / lehren / daß diese zwey stück semptlich die Erbsünde sind / nemlich Mangel / vnd die böse lust / denn also sagt S. Thomas, daß Erbsünd ist nit allein ein Mangel der ersten Gerechtigkeit / sondern auch ein vnördentlich Begirde oder Lust in der Seelen / derhalben ist es (sagt er) nicht allein eitel lauter Mangel / sondern auch aliquid positiuum. Vnd Bonauentura auch sagt klar / Wenn man fragt / was die Erbsünde sey / ist diß die rechte antwort / daß es eine vngewehrete böse Lust sey / auch ist die rechte antwort / daß es ein Mangel sey der Gerechtigkeit / vnd eins gibt das ander. Gleich dasselbig meinet auch Hugo, da er saget / Die Erbsünde ist Blindheit im Hertzen / vnd böse lust im Fleisch / denn er wil anzeigen / daß wir Adams Kinder alle so geborn werden / daß wir GOtt nicht kennen / Gott verachten / jm nicht vertrawen / ja jhn auch fliehen / vnd hassen. Denn das hat Hugo wollen kurtz begreiffen / da er sagt / Ignorantia in mente, Blindheit oder vnwissenheit im Hertzen. Vnd die Sprüche auch der newesten Lehrer / stim̃en vber ein / mit der heiligen Schrifft. Denn Paulus nennet die Erbsünde vnter zeiten mit klaren worten / ein Mangel Göttlichs Liechts / etc. 1. Corinth. 2. Der Natürliche Mensch vernimpt nichts vom Geist Gottes / Vnd an andern orten nennet er es / Böse Lust / als zu den Römern am 7. da er saget / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / etc. Welche Lust allerley böse Früchte gebieret. Ich köndte hie wol viel mehr Sprüche der Schrifft fürbringen / von beyden diesen stücken / Aber in dieser öffentlichen Warheit / ist es nicht noth / Ein jeder verstendiger wird leichtlich sehen vnd mercken / daß also ohn Gottes Furcht / ohn vertrawen im Hertzen / sind nicht allein Actus, oder wirckliche Sünde / Sondern ein angeborn Mangel des Göttlichen Liechts / vnd alles guten / welcher da bleibt / so lange wir nicht durch den heiligen Geist new geborn / vnd durch den erleuchtet werden. Wie wir nu bißher von der Erbsünde geschrieben vnd gelehrt / so lehren wir nichts newes / nichts anders / denn die heilige Schrifft / die gemeine heilige Christliche Kirche / Sondern solche nötige / tapffere / klare Sprüche der heiligen Schrifft / vnd der Väter / welche durch vngeschickt Gezenck der Sophisten vnterdruckt gewesen / bringen wir wieder an Tag / vnd wolten gern die Christliche Lehre rein haben / Denn es ist je am tage / daß die Sophisten vnd Schulzencker nit verstanden haben / Was die Väter mit dem wort / Mangel der ersten Gerechtigkeit / gemeinet. Diß Stück aber eigentlich vnd richtig zu lehren / vnd was die <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0374"/> gehabt / lehren / daß diese zwey stück semptlich die Erbsünde sind / nemlich Mangel / vnd die böse lust / denn also sagt <hi rendition="#i">S. Thomas,</hi> daß Erbsünd ist nit allein ein Mangel der ersten Gerechtigkeit / sondern auch ein vnördentlich Begirde oder Lust in der Seelen / derhalben ist es (sagt er) nicht allein eitel lauter Mangel / sondern auch <hi rendition="#i">aliquid positiuum.</hi> Vnd <hi rendition="#i">Bonauentura</hi> auch sagt klar / Wenn man fragt / was die Erbsünde sey / ist diß die rechte antwort / daß es eine vngewehrete böse Lust sey / auch ist die rechte antwort / daß es ein Mangel sey der Gerechtigkeit / vnd eins gibt das ander.</p> <p>Gleich dasselbig meinet auch <hi rendition="#i">Hugo,</hi> da er saget / Die Erbsünde ist Blindheit im Hertzen / vnd böse lust im Fleisch / denn er wil anzeigen / daß wir Adams Kinder alle so geborn werden / daß wir GOtt nicht kennen / Gott verachten / jm nicht vertrawen / ja jhn auch fliehen / vnd hassen. Denn das hat <hi rendition="#i">Hugo</hi> wollen kurtz begreiffen / da er sagt / <hi rendition="#i">Ignorantia in mente,</hi> Blindheit oder vnwissenheit im Hertzen. Vnd die Sprüche auch der newesten Lehrer / stim̃en vber ein / mit der heiligen Schrifft. Denn Paulus nennet die Erbsünde vnter zeiten mit klaren worten / ein Mangel Göttlichs Liechts / etc. 1. Corinth. 2. Der Natürliche Mensch vernimpt nichts vom Geist Gottes / Vnd an andern orten nennet er es / Böse Lust / als zu den Römern am 7. da er saget / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / etc. Welche Lust allerley böse Früchte gebieret.</p> <p>Ich köndte hie wol viel mehr Sprüche der Schrifft fürbringen / von beyden diesen stücken / Aber in dieser öffentlichen Warheit / ist es nicht noth / Ein jeder verstendiger wird leichtlich sehen vnd mercken / daß also ohn Gottes Furcht / ohn vertrawen im Hertzen / sind nicht allein <hi rendition="#i">Actus,</hi> oder wirckliche Sünde / Sondern ein angeborn Mangel des Göttlichen Liechts / vnd alles guten / welcher da bleibt / so lange wir nicht durch den heiligen Geist new geborn / vnd durch den erleuchtet werden.</p> <p>Wie wir nu bißher von der Erbsünde geschrieben vnd gelehrt / so lehren wir nichts newes / nichts anders / denn die heilige Schrifft / die gemeine heilige Christliche Kirche / Sondern solche nötige / tapffere / klare Sprüche der heiligen Schrifft / vnd der Väter / welche durch vngeschickt Gezenck der Sophisten vnterdruckt gewesen / bringen wir wieder an Tag / vnd wolten gern die Christliche Lehre rein haben / Denn es ist je am tage / daß die Sophisten vnd Schulzencker nit verstanden haben / Was die Väter mit dem wort / Mangel der ersten Gerechtigkeit / gemeinet.</p> <p>Diß Stück aber eigentlich vnd richtig zu lehren / vnd was die </p> </div> </body> </text> </TEI> [0374]
gehabt / lehren / daß diese zwey stück semptlich die Erbsünde sind / nemlich Mangel / vnd die böse lust / denn also sagt S. Thomas, daß Erbsünd ist nit allein ein Mangel der ersten Gerechtigkeit / sondern auch ein vnördentlich Begirde oder Lust in der Seelen / derhalben ist es (sagt er) nicht allein eitel lauter Mangel / sondern auch aliquid positiuum. Vnd Bonauentura auch sagt klar / Wenn man fragt / was die Erbsünde sey / ist diß die rechte antwort / daß es eine vngewehrete böse Lust sey / auch ist die rechte antwort / daß es ein Mangel sey der Gerechtigkeit / vnd eins gibt das ander.
Gleich dasselbig meinet auch Hugo, da er saget / Die Erbsünde ist Blindheit im Hertzen / vnd böse lust im Fleisch / denn er wil anzeigen / daß wir Adams Kinder alle so geborn werden / daß wir GOtt nicht kennen / Gott verachten / jm nicht vertrawen / ja jhn auch fliehen / vnd hassen. Denn das hat Hugo wollen kurtz begreiffen / da er sagt / Ignorantia in mente, Blindheit oder vnwissenheit im Hertzen. Vnd die Sprüche auch der newesten Lehrer / stim̃en vber ein / mit der heiligen Schrifft. Denn Paulus nennet die Erbsünde vnter zeiten mit klaren worten / ein Mangel Göttlichs Liechts / etc. 1. Corinth. 2. Der Natürliche Mensch vernimpt nichts vom Geist Gottes / Vnd an andern orten nennet er es / Böse Lust / als zu den Römern am 7. da er saget / Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / etc. Welche Lust allerley böse Früchte gebieret.
Ich köndte hie wol viel mehr Sprüche der Schrifft fürbringen / von beyden diesen stücken / Aber in dieser öffentlichen Warheit / ist es nicht noth / Ein jeder verstendiger wird leichtlich sehen vnd mercken / daß also ohn Gottes Furcht / ohn vertrawen im Hertzen / sind nicht allein Actus, oder wirckliche Sünde / Sondern ein angeborn Mangel des Göttlichen Liechts / vnd alles guten / welcher da bleibt / so lange wir nicht durch den heiligen Geist new geborn / vnd durch den erleuchtet werden.
Wie wir nu bißher von der Erbsünde geschrieben vnd gelehrt / so lehren wir nichts newes / nichts anders / denn die heilige Schrifft / die gemeine heilige Christliche Kirche / Sondern solche nötige / tapffere / klare Sprüche der heiligen Schrifft / vnd der Väter / welche durch vngeschickt Gezenck der Sophisten vnterdruckt gewesen / bringen wir wieder an Tag / vnd wolten gern die Christliche Lehre rein haben / Denn es ist je am tage / daß die Sophisten vnd Schulzencker nit verstanden haben / Was die Väter mit dem wort / Mangel der ersten Gerechtigkeit / gemeinet.
Diß Stück aber eigentlich vnd richtig zu lehren / vnd was die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss. Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |