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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Erbsünde sey / oder nicht sey / ist gar hoch von nöten / vnd kan niemand sich nach Christo / nach dem vnaußsprechlichen Schatze Göttlicher Hulde vnd Gnade / welche das Euangelium fürtregt / Hertzlich sehnen / oder darnach verlangen haben / der nicht sein Jammer vnd Seuche erkennet / wie Christus sagt: Die Gesunden dürffen des Artztes nicht. All heilig erbar Leben / alle gute Werck / so viel jmmer ein Mensch auff Erden thun mag / sind für Gott eytel Heucheley vnd grewel / wir erkennen denn erst / daß wir von art elende Sünder sind / welche in vngnaden Gottes sind / Gott weder fürchten noch lieben. Also sagt der Prophet: Dieweil du mir es gezeigt hast / bin ich erschrocken / Vnd der Psalm: Alle Menschen sind Lügener / das ist / Sie sind nicht recht gesinnet von Gott.

Hie schreien nu die Wiedersacher hefftig wieder Dortor Luther / daß er geschrieben hat / die Erbsünde bleibe auch nach der Tauffe / vnd sagen dazu / derselbig Artickel sey billich verdampt von Bapst Leo dem Zehenden.

Aber Keyserliche Majestat wird hie öffentlich finden / daß sie vns gantz vnrecht thun / denn die Wiedersacher verstehen fast wol / auff was meinung Doctor Luther das geredt wil haben / da er sagt / die Erbsünde bleibe nach der Tauffe / er hat allezeit klar also geschrieben / daß die heilige Tauffe die gantze Schuld vnd Erbpflicht der Erbsünde wegnimpt vnd außtilget / wiewol das Material (wie sie es nennen) der Sünde / Nemlich / die böse Neigung vnd Lust bleibet.

Darüber in alle seinen Schrifften setzet er noch darzu / vom selbigen Material / daß der heilig Geist / welcher gegeben wird durch die Tauffe / anfehet inwendig die vbrige böse Lüste täglich zu tödten / vnd zu leschen / vnd bringet ins Hertz ein new Liecht / ein newen Sinn vnd Muth. Auff die meinung redet auch Augustinus, da er also sagt: Die Erbsünde wird in der Tauffe vergeben / Nicht daß sie nicht mehr sey / Sondern daß sie nicht zugerechnet werde.

Da bekennet Augustinus öffentlich / daß die Sünde in vns bleibet / wiewol sie vns nicht zugerechnet wird / vnd dieser Spruch Augustini, hat den Lehrern hernach so wol gefallen / daß er auch im Decret angezogen wird. Vnd wieder Iulianum sagt Augustinus: Das Gesetz / das in vnsern Gliedern ist / ist weg gethan durch die Geistliche Wiedergeburt / vnd bleibt doch im Fleisch / welches ist sterblich / Es ist hinweg gethan / Denn die Schuld ist gantz los / durch das Sacrament / Dadurch die Gleubigen newe geborn werden / Vnd bleibt noch da / Denn es wircket böse Lüste / wieder welche kempffen die Gleubigen.

Erbsünde sey / oder nicht sey / ist gar hoch von nöten / vnd kan niemand sich nach Christo / nach dem vnaußsprechlichen Schatze Göttlicher Hulde vnd Gnade / welche das Euangelium fürtregt / Hertzlich sehnen / oder darnach verlangen haben / der nicht sein Jam̃er vnd Seuche erkennet / wie Christus sagt: Die Gesunden dürffen des Artztes nicht. All heilig erbar Leben / alle gute Werck / so viel jm̃er ein Mensch auff Erden thun mag / sind für Gott eytel Heucheley vnd grewel / wir erkennen denn erst / daß wir von art elende Sünder sind / welche in vngnaden Gottes sind / Gott weder fürchten noch lieben. Also sagt der Prophet: Dieweil du mir es gezeigt hast / bin ich erschrocken / Vnd der Psalm: Alle Menschen sind Lügener / das ist / Sie sind nicht recht gesinnet von Gott.

Hie schreien nu die Wiedersacher hefftig wieder Dortor Luther / daß er geschrieben hat / die Erbsünde bleibe auch nach der Tauffe / vnd sagen dazu / derselbig Artickel sey billich verdampt von Bapst Leo dem Zehenden.

Aber Keyserliche Majestat wird hie öffentlich finden / daß sie vns gantz vnrecht thun / denn die Wiedersacher verstehen fast wol / auff was meinung Doctor Luther das geredt wil haben / da er sagt / die Erbsünde bleibe nach der Tauffe / er hat allezeit klar also geschrieben / daß die heilige Tauffe die gantze Schuld vnd Erbpflicht der Erbsünde wegnimpt vnd außtilget / wiewol das Material (wie sie es nennen) der Sünde / Nemlich / die böse Neigung vnd Lust bleibet.

Darüber in alle seinen Schrifften setzet er noch darzu / vom selbigen Material / daß der heilig Geist / welcher gegeben wird durch die Tauffe / anfehet inwendig die vbrige böse Lüste täglich zu tödten / vnd zu leschen / vnd bringet ins Hertz ein new Liecht / ein newen Sinn vnd Muth. Auff die meinung redet auch Augustinus, da er also sagt: Die Erbsünde wird in der Tauffe vergeben / Nicht daß sie nicht mehr sey / Sondern daß sie nicht zugerechnet werde.

Da bekennet Augustinus öffentlich / daß die Sünde in vns bleibet / wiewol sie vns nicht zugerechnet wird / vnd dieser Spruch Augustini, hat den Lehrern hernach so wol gefallen / daß er auch im Decret angezogen wird. Vnd wieder Iulianum sagt Augustinus: Das Gesetz / das in vnsern Gliedern ist / ist weg gethan durch die Geistliche Wiedergeburt / vnd bleibt doch im Fleisch / welches ist sterblich / Es ist hinweg gethan / Denn die Schuld ist gantz los / durch das Sacrament / Dadurch die Gleubigen newe geborn werden / Vnd bleibt noch da / Denn es wircket böse Lüste / wieder welche kempffen die Gleubigen.

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[175/0375] Erbsünde sey / oder nicht sey / ist gar hoch von nöten / vnd kan niemand sich nach Christo / nach dem vnaußsprechlichen Schatze Göttlicher Hulde vnd Gnade / welche das Euangelium fürtregt / Hertzlich sehnen / oder darnach verlangen haben / der nicht sein Jam̃er vnd Seuche erkennet / wie Christus sagt: Die Gesunden dürffen des Artztes nicht. All heilig erbar Leben / alle gute Werck / so viel jm̃er ein Mensch auff Erden thun mag / sind für Gott eytel Heucheley vnd grewel / wir erkennen denn erst / daß wir von art elende Sünder sind / welche in vngnaden Gottes sind / Gott weder fürchten noch lieben. Also sagt der Prophet: Dieweil du mir es gezeigt hast / bin ich erschrocken / Vnd der Psalm: Alle Menschen sind Lügener / das ist / Sie sind nicht recht gesinnet von Gott. Hie schreien nu die Wiedersacher hefftig wieder Dortor Luther / daß er geschrieben hat / die Erbsünde bleibe auch nach der Tauffe / vnd sagen dazu / derselbig Artickel sey billich verdampt von Bapst Leo dem Zehenden. Aber Keyserliche Majestat wird hie öffentlich finden / daß sie vns gantz vnrecht thun / denn die Wiedersacher verstehen fast wol / auff was meinung Doctor Luther das geredt wil haben / da er sagt / die Erbsünde bleibe nach der Tauffe / er hat allezeit klar also geschrieben / daß die heilige Tauffe die gantze Schuld vnd Erbpflicht der Erbsünde wegnimpt vnd außtilget / wiewol das Material (wie sie es nennen) der Sünde / Nemlich / die böse Neigung vnd Lust bleibet. Darüber in alle seinen Schrifften setzet er noch darzu / vom selbigen Material / daß der heilig Geist / welcher gegeben wird durch die Tauffe / anfehet inwendig die vbrige böse Lüste täglich zu tödten / vnd zu leschen / vnd bringet ins Hertz ein new Liecht / ein newen Sinn vnd Muth. Auff die meinung redet auch Augustinus, da er also sagt: Die Erbsünde wird in der Tauffe vergeben / Nicht daß sie nicht mehr sey / Sondern daß sie nicht zugerechnet werde. Da bekennet Augustinus öffentlich / daß die Sünde in vns bleibet / wiewol sie vns nicht zugerechnet wird / vnd dieser Spruch Augustini, hat den Lehrern hernach so wol gefallen / daß er auch im Decret angezogen wird. Vnd wieder Iulianum sagt Augustinus: Das Gesetz / das in vnsern Gliedern ist / ist weg gethan durch die Geistliche Wiedergeburt / vnd bleibt doch im Fleisch / welches ist sterblich / Es ist hinweg gethan / Denn die Schuld ist gantz los / durch das Sacrament / Dadurch die Gleubigen newe geborn werden / Vnd bleibt noch da / Denn es wircket böse Lüste / wieder welche kempffen die Gleubigen.

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/375>, abgerufen am 22.11.2024.