Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

Bild:
<< vorherige Seite

gen Geist / vnd ein new Liecht vnd Leben im Hertzen wirckt / so ist es gewiß / vnd folget von noth / daß der Glaub das Hertz vernewet vnd endert. Vnd was das für ein Newerung der Hertzen sey / zeigt der Prophet an / da er sagt: Ich wil mein Gesetz in jhre Hertzen geben.

Wenn wir nu durch den Glauben newgeborn seyn / vnd erkennet haben / daß vns Gott wil gnedig seyn / wil vnser Vater / vnd Helffer seyn / So heben wir an / Gott zu fürchten / zu lieben / jhm zu dancken / jhn zu preisen / von jhm alle Hülffe zu bitten / vnd zu warten / jhm auch nach seinem willen in Trübsaln gehorsam zu seyn. Wir heben als denn auch an den Nehesten zu lieben / da ist nun inwendig durch den Geist Christi / ein new Hertz / Sinn vnd Muth.

Dieses alles kan nicht geschehen / ehe wir durch den Glauben gerecht werden / ehe wir new geborn werden / durch den heiligen Geist. Denn erstlich kan niemands das Gesetz halten / ohn Christus Erkentniß / So kan auch niemands das Gesetz erfüllen / ohn den heiligen Geist. Den heiligen Geist aber können wir nicht empfahen / denn durch den Glauben / wie zu den Galat. am 3. Paulus sagt / Daß wir die Verheissung des Geistes durch den Glauben empfahen.

Item / Es ist vnmüglich / daß ein Menschen Hertz allein durch das Gesetz / oder sein Werck / GOtt liebe. Denn das Gesetz zeigt allein an GOttes Zorn vnd Ernst / das Gesetz klagt vns an / vnd zeigt an / wie er so schrecklich die Sünde straffen wölle / beyde mit zeitlichen / vnd ewigen Straffen. Darumb was die Scholastici von der Liebe Gottes reden / ist ein Trawm / vnd ist vnmüglich GOtt zu lieben / ehe wir durch den Glauben die Barmhertzigkeit erkennen / vnd ergreiffen / Denn / alßdenn erst wird Gott obiectum amabile, ein lieblich / selig Anblick.

Wiewol nu ein erbar Leben zu führen / vnd eusserliche Werck des Gesetzes zu thun / die Vernunfft etlicher maß ohn Christo / ohn den heiligen Geist / aus angebornem Liecht vermag / so ist es doch gewiß / wie oben angezeigt / daß die höchsten stücke des Göttlichen Gesetzes / Als / das gantz Hertz zu GOtt zu kehren / von gantzem Hertzen Ihn gros zu achten (welchs in der ersten Taffel vnd im ersten höchsten Gebot gefoddert wird) niemands vermag / ohn den heiligen Geist.

Aber vnser Wiedersacher sind gute / rohe / faule / vnerfarne Theologen / Sie sehen allein die Ander Taffel Moisi an / vnd die Wercke derselbigen. Aber die Erste Taffel / da die höchste Theologi inne stehet / da es alles angelegen ist / achten sie gar nicht / ja dasselbige höchste / heiligste / gröste / fürnemste Gebot / welchs allen Menschlichen vnd Englischen Verstand vbertrifft / Welches den höchsten

gen Geist / vnd ein new Liecht vnd Leben im Hertzen wirckt / so ist es gewiß / vnd folget von noth / daß der Glaub das Hertz vernewet vnd endert. Vnd was das für ein Newerung der Hertzen sey / zeigt der Prophet an / da er sagt: Ich wil mein Gesetz in jhre Hertzen geben.

Wenn wir nu durch den Glauben newgeborn seyn / vnd erkennet haben / daß vns Gott wil gnedig seyn / wil vnser Vater / vnd Helffer seyn / So heben wir an / Gott zu fürchten / zu lieben / jhm zu dancken / jhn zu preisen / von jhm alle Hülffe zu bitten / vnd zu warten / jhm auch nach seinem willen in Trübsaln gehorsam zu seyn. Wir heben als denn auch an den Nehesten zu lieben / da ist nun inwendig durch den Geist Christi / ein new Hertz / Sinn vnd Muth.

Dieses alles kan nicht geschehen / ehe wir durch den Glauben gerecht werden / ehe wir new geborn werden / durch den heiligen Geist. Denn erstlich kan niemands das Gesetz halten / ohn Christus Erkentniß / So kan auch niemands das Gesetz erfüllen / ohn den heiligen Geist. Den heiligen Geist aber können wir nicht empfahen / deñ durch den Glauben / wie zu den Galat. am 3. Paulus sagt / Daß wir die Verheissung des Geistes durch den Glauben empfahen.

Item / Es ist vnmüglich / daß ein Menschen Hertz allein durch das Gesetz / oder sein Werck / GOtt liebe. Denn das Gesetz zeigt allein an GOttes Zorn vnd Ernst / das Gesetz klagt vns an / vnd zeigt an / wie er so schrecklich die Sünde straffen wölle / beyde mit zeitlichen / vnd ewigen Straffen. Darumb was die Scholastici von der Liebe Gottes reden / ist ein Trawm / vnd ist vnmüglich GOtt zu lieben / ehe wir durch den Glauben die Barmhertzigkeit erkennen / vnd ergreiffen / Denn / alßdenn erst wird Gott obiectum amabile, ein lieblich / selig Anblick.

Wiewol nu ein erbar Leben zu führen / vnd eusserliche Werck des Gesetzes zu thun / die Vernunfft etlicher maß ohn Christo / ohn den heiligen Geist / aus angebornem Liecht vermag / so ist es doch gewiß / wie oben angezeigt / daß die höchsten stücke des Göttlichen Gesetzes / Als / das gantz Hertz zu GOtt zu kehren / von gantzem Hertzen Ihn gros zu achten (welchs in der ersten Taffel vnd im ersten höchsten Gebot gefoddert wird) niemands vermag / ohn den heiligen Geist.

Aber vnser Wiedersacher sind gute / rohe / faule / vnerfarne Theologen / Sie sehen allein die Ander Taffel Moisi an / vnd die Wercke derselbigen. Aber die Erste Taffel / da die höchste Theologi inne stehet / da es alles angelegen ist / achten sie gar nicht / ja dasselbige höchste / heiligste / gröste / fürnemste Gebot / welchs allen Menschlichen vnd Englischen Verstand vbertrifft / Welches den höchsten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0409" n="191"/>
gen Geist / vnd ein new                      Liecht vnd Leben im Hertzen wirckt / so ist es gewiß / vnd folget von noth / daß                      der Glaub das Hertz vernewet vnd endert. Vnd was das für ein Newerung der                      Hertzen sey / zeigt der Prophet an / da er sagt: Ich wil mein Gesetz in jhre                      Hertzen geben.</p>
        <p>Wenn wir nu durch den Glauben newgeborn seyn / vnd erkennet haben / daß vns Gott                      wil gnedig seyn / wil vnser Vater / vnd Helffer seyn / So heben wir an / Gott zu                      fürchten / zu lieben / jhm zu dancken / jhn zu preisen / von jhm alle Hülffe zu                      bitten / vnd zu warten / jhm auch nach seinem willen in Trübsaln gehorsam zu                      seyn. Wir heben als denn auch an den Nehesten zu lieben / da ist nun inwendig                      durch den Geist Christi / ein new Hertz / Sinn vnd Muth.</p>
        <p>Dieses alles kan nicht geschehen / ehe wir durch den Glauben gerecht werden / ehe                      wir new geborn werden / durch den heiligen Geist. Denn erstlich kan niemands das                      Gesetz halten / ohn Christus Erkentniß / So kan auch niemands das Gesetz                      erfüllen / ohn den heiligen Geist. Den heiligen Geist aber können wir nicht                      empfahen / den&#x0303; durch den Glauben / wie zu den Galat. am 3. Paulus                      sagt / Daß wir die Verheissung des Geistes durch den Glauben empfahen.</p>
        <p>Item / Es ist vnmüglich / daß ein Menschen Hertz allein durch das Gesetz / oder                      sein Werck / GOtt liebe. Denn das Gesetz zeigt allein an GOttes Zorn vnd Ernst /                      das Gesetz klagt vns an / vnd zeigt an / wie er so schrecklich die Sünde                      straffen wölle / beyde mit zeitlichen / vnd ewigen Straffen. Darumb was die <hi rendition="#i">Scholastici</hi> von der Liebe Gottes reden / ist ein Trawm /                      vnd ist vnmüglich GOtt zu lieben / ehe wir durch den Glauben die Barmhertzigkeit                      erkennen / vnd ergreiffen / Denn / alßdenn erst wird Gott <hi rendition="#i">obiectum amabile,</hi> ein lieblich / selig Anblick.</p>
        <p>Wiewol nu ein erbar Leben zu führen / vnd eusserliche Werck des Gesetzes zu thun                      / die Vernunfft etlicher maß ohn Christo / ohn den heiligen Geist / aus                      angebornem Liecht vermag / so ist es doch gewiß / wie oben angezeigt / daß die                      höchsten stücke des Göttlichen Gesetzes / Als / das gantz Hertz zu GOtt zu                      kehren / von gantzem Hertzen Ihn gros zu achten (welchs in der ersten Taffel vnd                      im ersten höchsten Gebot gefoddert wird) niemands vermag / ohn den heiligen                      Geist.</p>
        <p>Aber vnser Wiedersacher sind gute / rohe / faule / vnerfarne Theologen / Sie                      sehen allein die Ander Taffel Moisi an / vnd die Wercke derselbigen. Aber die                      Erste Taffel / da die höchste Theologi inne stehet / da es alles angelegen ist /                      achten sie gar nicht / ja dasselbige höchste / heiligste / gröste / fürnemste                      Gebot / welchs allen Menschlichen vnd Englischen Verstand vbertrifft / Welches                      den höchsten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0409] gen Geist / vnd ein new Liecht vnd Leben im Hertzen wirckt / so ist es gewiß / vnd folget von noth / daß der Glaub das Hertz vernewet vnd endert. Vnd was das für ein Newerung der Hertzen sey / zeigt der Prophet an / da er sagt: Ich wil mein Gesetz in jhre Hertzen geben. Wenn wir nu durch den Glauben newgeborn seyn / vnd erkennet haben / daß vns Gott wil gnedig seyn / wil vnser Vater / vnd Helffer seyn / So heben wir an / Gott zu fürchten / zu lieben / jhm zu dancken / jhn zu preisen / von jhm alle Hülffe zu bitten / vnd zu warten / jhm auch nach seinem willen in Trübsaln gehorsam zu seyn. Wir heben als denn auch an den Nehesten zu lieben / da ist nun inwendig durch den Geist Christi / ein new Hertz / Sinn vnd Muth. Dieses alles kan nicht geschehen / ehe wir durch den Glauben gerecht werden / ehe wir new geborn werden / durch den heiligen Geist. Denn erstlich kan niemands das Gesetz halten / ohn Christus Erkentniß / So kan auch niemands das Gesetz erfüllen / ohn den heiligen Geist. Den heiligen Geist aber können wir nicht empfahen / deñ durch den Glauben / wie zu den Galat. am 3. Paulus sagt / Daß wir die Verheissung des Geistes durch den Glauben empfahen. Item / Es ist vnmüglich / daß ein Menschen Hertz allein durch das Gesetz / oder sein Werck / GOtt liebe. Denn das Gesetz zeigt allein an GOttes Zorn vnd Ernst / das Gesetz klagt vns an / vnd zeigt an / wie er so schrecklich die Sünde straffen wölle / beyde mit zeitlichen / vnd ewigen Straffen. Darumb was die Scholastici von der Liebe Gottes reden / ist ein Trawm / vnd ist vnmüglich GOtt zu lieben / ehe wir durch den Glauben die Barmhertzigkeit erkennen / vnd ergreiffen / Denn / alßdenn erst wird Gott obiectum amabile, ein lieblich / selig Anblick. Wiewol nu ein erbar Leben zu führen / vnd eusserliche Werck des Gesetzes zu thun / die Vernunfft etlicher maß ohn Christo / ohn den heiligen Geist / aus angebornem Liecht vermag / so ist es doch gewiß / wie oben angezeigt / daß die höchsten stücke des Göttlichen Gesetzes / Als / das gantz Hertz zu GOtt zu kehren / von gantzem Hertzen Ihn gros zu achten (welchs in der ersten Taffel vnd im ersten höchsten Gebot gefoddert wird) niemands vermag / ohn den heiligen Geist. Aber vnser Wiedersacher sind gute / rohe / faule / vnerfarne Theologen / Sie sehen allein die Ander Taffel Moisi an / vnd die Wercke derselbigen. Aber die Erste Taffel / da die höchste Theologi inne stehet / da es alles angelegen ist / achten sie gar nicht / ja dasselbige höchste / heiligste / gröste / fürnemste Gebot / welchs allen Menschlichen vnd Englischen Verstand vbertrifft / Welches den höchsten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/409
Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/409>, abgerufen am 22.11.2024.