[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.die Sünde zu grund durch vnd durch verderbet vnnd vergifftet ist. Dieser Vnterschied aber kan nicht augenscheinlich mit Fingern geweiset werden / daß ein jedes Theil für sich allein dargestellet werde / als die Natur allein / vnd die Sünde auch allein / Denn die Sünde ist wie ein Geistlicher Aussatz / durch die gantze Natur gedrungen / vnd hat dieselbige durch vnd durch vergifftet vnd verderbet / Dennoch muß gleichwol ein vnterschied zwischen beyden theilen seyn vnd gehalten werden / wenn ein jedes für sich vnterschiedlich betrachtet wird. So ist auch solcher vnterschied nicht nur ein vermeinetes / nichtiges / vnnützes Geticht / Sondern die fürnemsten Artickel vnsers Christlichen Glaubens erfordern es / dringen vnd zwingen / daß solcher Vnterschied muß gesetzt / gelehret / vnd gehalten werden. Denn Erstlich / im Artickel von der Schöpffung zeuget die heilige Schrifft / Daß Gott nicht allein vor dem Fall / Sondern auch nach dem Fall in dieser verderbten Natur noch der Schöpffer vnd Werckmeister sey vnserer Substantz / Wesen oder Natur / dieses vnsers Leibes / vnd vnserer Seelen / Also / daß auch nun nach dem Fall der Mensch mit seiner Substantz / Wesen oder Natur / Leib vnd Seele / ein Geschöpff vnd Werck GOttes ist / Wiewol dieselbige Creatur GOTTes durch die Sünde leider erbermlich verderbet ist. Da nun gar kein vnterschied solte seyn zwischen des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele / vnd zwischen der Sünde / dadurch des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele zerrüttet / vnd verderbet ist / So würde vnwiedersprechlich folgen / daß entweder Gott / weil Er ein Schöpffer ist des Menschen / auch ein vrsach vnd Schöpffer der Sünden were. Oder daß der Teuffel / weil er ein vrsach der Sünden ist / auch des Menschen Schöpffer were / welches beydes streitet wieder den Ersten Artickel des Glaubens / von der Schöpffung. Derhalben auff daß GOttes Werck vnd Geschöpff an dem Menschen von dem Wercke des Teuffels / welches die Sünde ist / vnterschieden werde / sagen wir / Daß der Mensch Leib vnd Seele hat / das ist Gottes Werck / Daß aber des Menschen Leib vnd Seele durch die Sünde verderbet ist / das ist des Teuffels Werck. Zum Andern / von der Erlösung im Andern Artickel des Glaubens bezeuget die Schrifft / Daß der liebe Sohn GOttes die Substantz oder wesen vnser Natur / aber doch one Sünde / an sich genommen habe / vnd demnach vns seinen Brüdern allenthalben Consubstantialis vnd gleich worden sey / außgenommen die Sünde / Ebre. 2. Da aber ohne allen vnterschied die Sünde solte vnser Substantz / die Sünde zu grund durch vnd durch verderbet vnnd vergifftet ist. Dieser Vnterschied aber kan nicht augenscheinlich mit Fingern geweiset werden / daß ein jedes Theil für sich allein dargestellet werde / als die Natur allein / vnd die Sünde auch allein / Denn die Sünde ist wie ein Geistlicher Aussatz / durch die gantze Natur gedrungen / vnd hat dieselbige durch vnd durch vergifftet vnd verderbet / Dennoch muß gleichwol ein vnterschied zwischen beyden theilen seyn vnd gehalten werden / wenn ein jedes für sich vnterschiedlich betrachtet wird. So ist auch solcher vnterschied nicht nur ein vermeinetes / nichtiges / vnnützes Geticht / Sondern die fürnemsten Artickel vnsers Christlichen Glaubens erfordern es / dringen vnd zwingen / daß solcher Vnterschied muß gesetzt / gelehret / vnd gehalten werden. Denn Erstlich / im Artickel von der Schöpffung zeuget die heilige Schrifft / Daß Gott nicht allein vor dem Fall / Sondern auch nach dem Fall in dieser verderbten Natur noch der Schöpffer vnd Werckmeister sey vnserer Substantz / Wesen oder Natur / dieses vnsers Leibes / vnd vnserer Seelen / Also / daß auch nun nach dem Fall der Mensch mit seiner Substantz / Wesen oder Natur / Leib vnd Seele / ein Geschöpff vnd Werck GOttes ist / Wiewol dieselbige Creatur GOTTes durch die Sünde leider erbermlich verderbet ist. Da nun gar kein vnterschied solte seyn zwischen des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele / vnd zwischen der Sünde / dadurch des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele zerrüttet / vnd verderbet ist / So würde vnwiedersprechlich folgen / daß entweder Gott / weil Er ein Schöpffer ist des Menschen / auch ein vrsach vnd Schöpffer der Sünden were. Oder daß der Teuffel / weil er ein vrsach der Sünden ist / auch des Menschen Schöpffer were / welches beydes streitet wieder den Ersten Artickel des Glaubens / von der Schöpffung. Derhalben auff daß GOttes Werck vnd Geschöpff an dem Menschen von dem Wercke des Teuffels / welches die Sünde ist / vnterschieden werde / sagen wir / Daß der Mensch Leib vnd Seele hat / das ist Gottes Werck / Daß aber des Menschen Leib vnd Seele durch die Sünde verderbet ist / das ist des Teuffels Werck. Zum Andern / von der Erlösung im Andern Artickel des Glaubens bezeuget die Schrifft / Daß der liebe Sohn GOttes die Substantz oder wesen vnser Natur / aber doch one Sünde / an sich genommen habe / vnd demnach vns seinen Brüdern allenthalben Consubstantialis vnd gleich worden sey / außgenommen die Sünde / Ebre. 2. Da aber ohne allen vnterschied die Sünde solte vnser Substantz / <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0740" n="72"/> die Sünde zu grund durch vnd durch verderbet vnnd vergifftet ist.</p> <p>Dieser Vnterschied aber kan nicht augenscheinlich mit Fingern geweiset werden / daß ein jedes Theil für sich allein dargestellet werde / als die Natur allein / vnd die Sünde auch allein / Denn die Sünde ist wie ein Geistlicher Aussatz / durch die gantze Natur gedrungen / vnd hat dieselbige durch vnd durch vergifftet vnd verderbet / Dennoch muß gleichwol ein vnterschied zwischen beyden theilen seyn vnd gehalten werden / wenn ein jedes für sich vnterschiedlich betrachtet wird. So ist auch solcher vnterschied nicht nur ein vermeinetes / nichtiges / vnnützes Geticht / Sondern die fürnemsten Artickel vnsers Christlichen Glaubens erfordern es / dringen vnd zwingen / daß solcher Vnterschied muß gesetzt / gelehret / vnd gehalten werden.</p> <p>Denn Erstlich / im Artickel von der Schöpffung zeuget die heilige Schrifft / Daß Gott nicht allein vor dem Fall / Sondern auch nach dem Fall in dieser verderbten Natur noch der Schöpffer vnd Werckmeister sey vnserer Substantz / Wesen oder Natur / dieses vnsers Leibes / vnd vnserer Seelen / Also / daß auch nun nach dem Fall der Mensch mit seiner Substantz / Wesen oder Natur / Leib vnd Seele / ein Geschöpff vnd Werck GOttes ist / Wiewol dieselbige Creatur GOTTes durch die Sünde leider erbermlich verderbet ist. Da nun gar kein vnterschied solte seyn zwischen des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele / vnd zwischen der Sünde / dadurch des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele zerrüttet / vnd verderbet ist / So würde vnwiedersprechlich folgen / daß entweder Gott / weil Er ein Schöpffer ist des Menschen / auch ein vrsach vnd Schöpffer der Sünden were. Oder daß der Teuffel / weil er ein vrsach der Sünden ist / auch des Menschen Schöpffer were / welches beydes streitet wieder den Ersten Artickel des Glaubens / von der Schöpffung. 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die Sünde zu grund durch vnd durch verderbet vnnd vergifftet ist.
Dieser Vnterschied aber kan nicht augenscheinlich mit Fingern geweiset werden / daß ein jedes Theil für sich allein dargestellet werde / als die Natur allein / vnd die Sünde auch allein / Denn die Sünde ist wie ein Geistlicher Aussatz / durch die gantze Natur gedrungen / vnd hat dieselbige durch vnd durch vergifftet vnd verderbet / Dennoch muß gleichwol ein vnterschied zwischen beyden theilen seyn vnd gehalten werden / wenn ein jedes für sich vnterschiedlich betrachtet wird. So ist auch solcher vnterschied nicht nur ein vermeinetes / nichtiges / vnnützes Geticht / Sondern die fürnemsten Artickel vnsers Christlichen Glaubens erfordern es / dringen vnd zwingen / daß solcher Vnterschied muß gesetzt / gelehret / vnd gehalten werden.
Denn Erstlich / im Artickel von der Schöpffung zeuget die heilige Schrifft / Daß Gott nicht allein vor dem Fall / Sondern auch nach dem Fall in dieser verderbten Natur noch der Schöpffer vnd Werckmeister sey vnserer Substantz / Wesen oder Natur / dieses vnsers Leibes / vnd vnserer Seelen / Also / daß auch nun nach dem Fall der Mensch mit seiner Substantz / Wesen oder Natur / Leib vnd Seele / ein Geschöpff vnd Werck GOttes ist / Wiewol dieselbige Creatur GOTTes durch die Sünde leider erbermlich verderbet ist. Da nun gar kein vnterschied solte seyn zwischen des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele / vnd zwischen der Sünde / dadurch des Menschen Substantz / Wesen / Natur / Leib vnd Seele zerrüttet / vnd verderbet ist / So würde vnwiedersprechlich folgen / daß entweder Gott / weil Er ein Schöpffer ist des Menschen / auch ein vrsach vnd Schöpffer der Sünden were. Oder daß der Teuffel / weil er ein vrsach der Sünden ist / auch des Menschen Schöpffer were / welches beydes streitet wieder den Ersten Artickel des Glaubens / von der Schöpffung. Derhalben auff daß GOttes Werck vnd Geschöpff an dem Menschen von dem Wercke des Teuffels / welches die Sünde ist / vnterschieden werde / sagen wir / Daß der Mensch Leib vnd Seele hat / das ist Gottes Werck / Daß aber des Menschen Leib vnd Seele durch die Sünde verderbet ist / das ist des Teuffels Werck.
Zum Andern / von der Erlösung im Andern Artickel des Glaubens bezeuget die Schrifft / Daß der liebe Sohn GOttes die Substantz oder wesen vnser Natur / aber doch one Sünde / an sich genommen habe / vnd demnach vns seinen Brüdern allenthalben Consubstantialis vnd gleich worden sey / außgenommen die Sünde / Ebre. 2. Da aber ohne allen vnterschied die Sünde solte vnser Substantz /
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