Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1630, Czernowitz, 22.06.1909.[Spaltenumbruch]
Redaktion u. Administration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutschland: für Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung: Einzelexemplare Nr. 1630. Czernowitz, Dienstag, den 22. Juni 1909. [Spaltenumbruch] Uebersicht. Vom Tage. Der russische Marinegeneralstab veröffentlicht eine offizielle Bunte Chronik. In Gegenwart des Kaisers fand gestern in Wien die Letzte Telegramme. Sultan Mehmed wird in der nächsten Zeit den europäischen Ein heißer Sommer. Czernowitz, 21. Juni 1909. Alle Berichterstattung über den jeweiligen Stand Ob es sich wirklich entladen wird, ist noch nicht Die Zusage, die Justh und Genossen den Natio- In der morgigen Audienz Wekerle's muß die Die Krise in Ungarn. Budapest, 20. Juni. Heute vormittag hat bei Budapest, 20. Juni. Im Laufe des Tages haben sich [Spaltenumbruch] Seine Kreolin. 36] (Nachdruck verboten.) Willst auch du mich verletzen? Einen Augenblick lang saß er bewegungslos wie ein Verzeih' mir! rief er aus. Verzeih' mir! Ich tat dir Lieber Junge, antwortete sie und beugte sich bewegt und Aus ganzer Seele! Und die Königin Katharina braucht die Hilfe ihres Er umarmte sie und küßte sie auf den Mund. Ich habe nie an dir gezweifelt, sagte er. Und ich werde Am anderen Ende der Halle schloß sich ganz, ganz leise Viertes Kapitel. John Drysdale begleitete am nächsten Morgen die beiden [Spaltenumbruch] Er wäre überhaupt auf die Auseinandersetzung mit Solcherlei Gedanken machte er sich während der Fahrt; Delroy und Tremaine hingegen begaben sich geradewegs Um die Mittagszeit war die Besprechung beendet, und Ich fühle mich etwas ermüdet, erklärte er und sah tat- Ich gehe erst noch zu Tiffany, gab Delroy zur Ant- Vielleicht gar nichts, meinte Tremaine, oder vielleicht [Spaltenumbruch] Das werden wir bis heute abend erfahren, schloß Delroy Als Tremaine Edgemere erreichte, machte er einen Delroy und Drysdale kamen zusammen mit dem Wir haben gerade Zeit, die Vorkehrungen noch vor dem So, sagte Tremaine in gleichgültigem Tone, Sie haben Ja -- aber kommen Sie in die Bibliothek, ich werde Ihnen Drysdale, der Tremaine beobachtete, glaubte auf seinem (Fortsetzung folgt.) [Spaltenumbruch]
Redaktion u. Adminiſtration: Telephon-Nummer 161. Abonnementsbedingungen: Für Czernowitz Für Deutſchland: für Rumänien und den Balkan: Telegramme Allgemeine, Czernowitz. [Spaltenumbruch] Czernowitzer Allgemeine Zeitung [Spaltenumbruch] Ankündigung: Einzelexemplare Nr. 1630. Czernowitz, Dienstag, den 22. Juni 1909. [Spaltenumbruch] Ueberſicht. Vom Tage. Der ruſſiſche Marinegeneralſtab veröffentlicht eine offizielle Bunte Chronik. In Gegenwart des Kaiſers fand geſtern in Wien die Letzte Telegramme. Sultan Mehmed wird in der nächſten Zeit den europäiſchen Ein heißer Sommer. Czernowitz, 21. Juni 1909. Alle Berichterſtattung über den jeweiligen Stand Ob es ſich wirklich entladen wird, iſt noch nicht Die Zuſage, die Juſth und Genoſſen den Natio- In der morgigen Audienz Wekerle’s muß die Die Kriſe in Ungarn. Budapeſt, 20. Juni. Heute vormittag hat bei Budapeſt, 20. Juni. Im Laufe des Tages haben ſich [Spaltenumbruch] Seine Kreolin. 36] (Nachdruck verboten.) Willſt auch du mich verletzen? Einen Augenblick lang ſaß er bewegungslos wie ein Verzeih’ mir! rief er aus. Verzeih’ mir! Ich tat dir Lieber Junge, antwortete ſie und beugte ſich bewegt und Aus ganzer Seele! Und die Königin Katharina braucht die Hilfe ihres Er umarmte ſie und küßte ſie auf den Mund. Ich habe nie an dir gezweifelt, ſagte er. Und ich werde Am anderen Ende der Halle ſchloß ſich ganz, ganz leiſe Viertes Kapitel. John Drysdale begleitete am nächſten Morgen die beiden [Spaltenumbruch] Er wäre überhaupt auf die Auseinanderſetzung mit Solcherlei Gedanken machte er ſich während der Fahrt; Delroy und Tremaine hingegen begaben ſich geradewegs Um die Mittagszeit war die Beſprechung beendet, und Ich fühle mich etwas ermüdet, erklärte er und ſah tat- Ich gehe erſt noch zu Tiffany, gab Delroy zur Ant- Vielleicht gar nichts, meinte Tremaine, oder vielleicht [Spaltenumbruch] Das werden wir bis heute abend erfahren, ſchloß Delroy Als Tremaine Edgemere erreichte, machte er einen Delroy und Drysdale kamen zuſammen mit dem Wir haben gerade Zeit, die Vorkehrungen noch vor dem So, ſagte Tremaine in gleichgültigem Tone, Sie haben Ja — aber kommen Sie in die Bibliothek, ich werde Ihnen Drysdale, der Tremaine beobachtete, glaubte auf ſeinem (Fortſetzung folgt.) <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jEditorialStaff"> <p> <hi rendition="#b">Redaktion u. 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K 24.</p><lb/> <p>Für Deutſchland:<lb/> vierteljährig .... 7 Mark</p><lb/> <p>für Rumänien und den Balkan:<lb/> vierteljährig .... 10 Lei.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#b">Telegramme Allgemeine, Czernowitz.</hi> </p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Czernowitzer<lb/> Allgemeine Zeitung</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Ankündigung:</hi><lb/> Es koſtet im gewöhnlichen Inſe-<lb/> ratenteil 12 h die 6mal geſpaltene<lb/> Petitzeile bei einmaliger, 9 h bei<lb/> mehrmaliger Einſchaltung, für Re-<lb/> klame 40 h die Petitzeile, Inſerate<lb/> nehmen alle in- und ausländiſchen<lb/> Inſeratenbureaux ſowie die Ad-<lb/> miniſtration entgegen. — Einzel-<lb/> exemplare ſind in allen Zeitungs-<lb/> verſchleißen, Trafiken, der k. k. Uni-<lb/> verſitätsbuchhandlung H. 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Und ich werde<lb/> eher mein Leben hingeben, als daß ich von dir laſſe. —</p><lb/> <p>Am anderen Ende der Halle ſchloß ſich ganz, ganz leiſe<lb/> eine Tür.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Viertes Kapitel.</hi> </hi> </p><lb/> <p>John Drysdale begleitete am nächſten Morgen die beiden<lb/> zur Stadt — nicht daß er ihre Geſellſchaft geſucht hätt-,<lb/> denn ſein Unwille über Delroys Oberflächlichkeit hatte nicht<lb/> im geringſten nachgelaſſen, während ſeine Verachtung und ſein<lb/> Verdacht Tremaine gegenüber noch eher während der letzten<lb/> Stunden zugenommen hatte. Aber der Gedanke, einen Tag<lb/> allein in dem Hauſe zuzubringen, war ihm unausſtehlich,<lb/> beſonders da er fühlte, daß Grace Croydon ihm ſicherlich<lb/> aus dem Wege gehen würde, bis die Stunde der Erklärung<lb/> gekommen wäre.</p><lb/> <cb/> <p>Er wäre überhaupt auf die Auseinanderſetzung mit<lb/> Delroy hin in die Stadt zurückgekehrt, hätte ihn nicht das<lb/> Gefühl davon zurückgehalten, daß er ſeiner Braut von Nutz’n<lb/> ſein könnte. In dieſem Augenblick konnte er Grace Croydon<lb/> nicht in den Händen Tremaines zurücklaſſen; er mußte ſie<lb/> beſchützen, nicht allein ihm ſelbſt, ſondern auch ihr zuliebe.</p><lb/> <p>Solcherlei Gedanken machte er ſich während der Fahrt;<lb/> ſeine Gefährten waren in die Einzelheiten ihres Geſchäftes<lb/> vertieft und überließen ihn völlig ſich ſelbſt. Am Bahnhofe<lb/> verabſchiedete er ſich und fuhr in ſeiner Verzweiflung ſo<supplied>f</supplied>ort<lb/> auf die Redaktion des „Rekord“ um nach Godfrey zu fragen.<lb/> Er fühlte, daß er eines ſtarken, kühlen Kopfes bedurfte, der<lb/> ihn aus der verwirrten Lage befreien ſollte. Leider war Godfrey,<lb/> wie er erfuhr, verreiſt.</p><lb/> <p>Delroy und Tremaine hingegen begaben ſich geradewegs<lb/> zum Bureau bei der Wall Street, wo die Beſprechung ſtatt-<lb/> finden ſollte. Noch heute erinnert man ſich dort an jene<lb/> Zuſammenkunft; die unglaublichſten Legenden werden darüber<lb/> erzählt — wie ein Konſortium konſervativer, kaltblütiger,<lb/> geriebener Kapitaliſten gebildet wurde, das, durch Tremaine<lb/> für ſein Projekt begeiſtert, Mittel zur Verfügung ſtellte; ein<lb/> Projekt, das nach dem ſpäteren Bericht der Ingenieure etwa<lb/> ebenſo ausführbar war wie eine Brücke zum Monde! Es<lb/> gibt heute noch Teilnehmer jener Zuſammenkunft, welche an<lb/> die von Tremaine aufgetiſchten Fabeln glauben und überzeugt<lb/> ſind, daß eine Bahn durch Martinique fabelhafte Summen<lb/> ahwerfen würde.</p><lb/> <p>Um die Mittagszeit war die Beſprechung beendet, und<lb/> Tremaine erklärte ſeine Abſicht, mit dem nächſten Zuge, nach<lb/> Edgemere zurückzufahren.</p><lb/> <p>Ich fühle mich etwas ermüdet, erklärte er und ſah tat-<lb/> ſächlich auch ſo aus. Wann kommen Sie hinaus?</p><lb/> <p>Ich gehe erſt noch zu Tiffany, gab Delroy zur Ant-<lb/> wort, um mit ihm über das Halsband meiner Frau zu<lb/> reden. Ich habe es am Samſtag dort gelaſſen. Wenn er ein<lb/> Seebad für nötig hält, werde ich es mitbringen, und wir<lb/> werden ſehen, was das Verfahren wert iſt.</p><lb/> <p>Vielleicht gar nichts, meinte Tremaine, oder vielleicht<lb/> weiß Tiffany ein beſſeres.</p><lb/> <cb/> <p>Das werden wir bis heute abend erfahren, ſchloß Delroy<lb/> und winkte einer Droſchke. Adieu bis dahin!</p><lb/> <p>Als Tremaine Edgemere erreichte, machte er einen<lb/> Rundgang durch Halle, Bibliothek und Billardzimmer; als<lb/> er ſie alle leer fand, ging er leiſe auf ſein Zimmer und<lb/> brachte dort eine Stunde zu. Dann machte er einen Spazier-<lb/> gang und rauchte zahlloſe Zigaretten. Falls der Grund für<lb/> ſeine frühe Rückkunft die Hoffnung geweſen war, noch einmal<lb/> mit Fräulein Croydon zuſammenzutreffen, ſo wurde er darin<lb/> enttäuſcht, da ſie — vielleicht wußte ſie von ſeiner Rückkehr<lb/> — ihre Zimmer nicht verließ.</p><lb/> <p>Delroy und Drysdale kamen zuſammen mit dem<lb/> Fünfuhrzug zurück und eilten in das Haus. Sie fanden<lb/> Tremaine behaglich in einem Rohrſeſſel der Halle ſitzen, und<lb/> wenn auch der Blick, den Drysdale auf ihn warf, genug<lb/> ſagte, hatte er wenigſtens ſo viel Selbſtbeherrſchung, ein un-<lb/> überlegtes Wort zu vermeiden. Allerdings machte er ſich bittere<lb/> Vorwürfe darüber, nicht an die Möglichkeit einer früheren<lb/> Rückfahrt Tremaines gedacht zu haben, deren Beweggrund er<lb/> natürlich ſofort erraten hatte.</p><lb/> <p>Wir haben gerade Zeit, die Vorkehrungen noch vor dem<lb/> Eſſen zu treffen, begann Delroy und hielt ein langes Holz-<lb/> käſtchen in die Höhe.</p><lb/> <p>So, ſagte Tremaine in gleichgültigem Tone, Sie haben<lb/> es mitgebracht? Tiffany rät alſo dazu?</p><lb/> <p>Ja — aber kommen Sie in die Bibliothek, ich werde Ihnen<lb/> alles erzählen. Thomas, rufen Sie Frau Delroy und Fräulein<lb/> Croydon, ſie möchten einen Augenblick in die Bibliothek<lb/> kommen. Ich möchte die Perlen gleich in ihr Bad bringen.</p><lb/> <p>Drysdale, der Tremaine beobachtete, glaubte auf ſeinem<lb/> Geſicht wieder jenes raſche, triumphierende Aufblitzen zu be-<lb/> merken, aber ſofort war er wieder verſchwunden, ſo daß es<lb/> vielleicht nur Einbildung war. Die Damen kamen gleich<lb/> darauf in die Bibliothek. Delroy packte ein kleines Paket aus<lb/> und legte den Inhalt auf den Tiſch; es war ein äußerſt<lb/> engmaſchiges, aus ſtärkſtem Stahldraht verfertigtes Gitter-<lb/> käſtchen.</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Fortſetzung folgt.)</hi> </ref> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
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Vom Tage.
Der ruſſiſche Marinegeneralſtab veröffentlicht eine offizielle
Darſtellung über die Bjorkoer Affäre. — Der ruſſiſche Völker-
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Bunte Chronik.
In Gegenwart des Kaiſers fand geſtern in Wien die
Grundſteinlegung für das techniſche Muſeum ſtatt.
Letzte Telegramme.
Sultan Mehmed wird in der nächſten Zeit den europäiſchen
Höfen Beſuche abſtatten. — Das Budget wird vorausſichtlich
Donnerstag im Abgeordnetenhauſe erledigt ſein. — Wekerle reiſt
heute nach Wien. Die Situation in der ungariſchen Kriſe wird
heute beſſer beurteilt.
Ein heißer Sommer.
Czernowitz, 21. Juni 1909.
Alle Berichterſtattung über den jeweiligen Stand
der ungariſchen Kriſe wird zuſchanden an dem
raſchen Wechſel der Stimmungen jenſeits der Leitha.
Samſtag mittags hing in Budapeſt der Himmel
voller Geigen. Die Miſſion Lukacs wurde als ge-
lungen bezeichnet, und auf allen Redaktionstiſchen
lag eine fertige Miniſterliſte zum freundlichen Ge-
brauch für die p. t. Leſer. Abends überzog ſich das
über dem ungariſchen Globus ausgeſpannte Firmament
wieder mit ſchwarzen Wolken, und nun ſteht das
Gewitter vor der Entladung.
Ob es ſich wirklich entladen wird, iſt noch nicht
ganz ſicher. Wohl ſcheinen die mit Lukacs unter-
nommenen Verſuche einer friedlichen Entwirrung die
allerletzten geweſen zu ſein, welche die Krone ohne
Schädigung ihrer Machtſtellung in Ungarn unter-
nehmen zu ſollen glaubte, allein auch Juſth und
Hollo ſind nicht ſo unbeugſam, wie ſie ſich gerne geben,
und ihre politiſche Erfahrung wird ſie belehrt haben,
daß dem nationalen Widerſtand, den ſie gerne
organiſieren möchten, lange nicht mehr jene ur-
ſprüngliche Kraft innewohnt, die man noch vor einem
halben Jahrzehnt an ihm beobachten konnte. Das
auffallende Kokettieren der intranſingenten Magyaren
mit den Nationalitäten läßt vielmehr auf ein Gefühl
der Schwäche ſchließen, von dem die tapferen Ritter
erfaßt ſind Es iſt auch mehr als zweifelhaft, ob die
Nationalitätenführer den Verlockungen folgen werden.
Als nämlich Koſſuth nach der Macht ſtrebte, war er in
der Suche nach Bundesgenoſſenſchaft nicht ſehr wäh-
leriſch, und die Serben innerhalb und außerhalb
Ungarn wiſſen manches vertrauliche Geſpräch wieder-
zugeben, das er mit ihnen damals führte, um nach
Löſung der Kriſe alles in Abrede zu ſtellen. Dieſes
Schickſal zu teilen, haben die Nationalitäten Ungarns,
in erſter Reihe die Rumänen, keine Luſt und ſie
werden deshalb aller Vorausſicht nach der freund-
lichen Einladung keine Folge leiſten.
Die Zuſage, die Juſth und Genoſſen den Natio-
nalitäten machen, betrifft die Wahlreform. Gerade
um dieſe dreht ſich aber der Streit. Die Koalition,
in welcher die Unabhängigkeitspartei die erſte Geige
ſpielt, hielt den Pakt mit der Krone nicht und
rückte, als der Monarch die Erfüllung urgierte, mit
neuen Forderungen heraus, die in der ſogenannten
Bankgruppe ihren Urſprung hatten und die zur
Genüge bewieſen, daß die Poſtulaten- richtiger Er-
preſſerpolitik kein Ende finden könne in Ungarn,
wenn die Klique, die heute das Land beherrſcht, am
Ruder bleibt. Wenn alſo Juſth die Nationalitäten
gegen die Krone ausſpielen will, befindet er ſich auf
dem Holzwege. Die Krone iſt es, welche eine un-
verfälſchte Wahlreform forderte und noch immer fordert,
und eine Schwächung der Krone iſt gleichbedeutend
mit der Perpetuierung jenes Zuſtandes, der die Na-
tionalitäten und die magyariſchen Volksmaſſen der
Oligarchenherrſchaft ausliefert.
In der morgigen Audienz Wekerle’s muß die
Entſcheidung fallen. Die Krone iſt gut unterrichtet.
Sie weiß es genau, daß der Lärm der ſogenannten
Bankgruppe mit hohlem Blech erzeugt wird und daß
es nur einer ſtraffen Anziehung der Zügel bedarf,
um die ungeberdigen Herren zur Raiſon zu bringen.
Wenn nicht alle Anzeichen täuſchen, iſt der Monarch
diesmal entſchloſſen, dem Terror eines Häufleins von
katilinariſchen Exiſtenzen nicht zu weichen und die
machthungrigen Achtundvierziger vor ein Aut-Aut zu
ſtellen. Die Auflöſung des ungariſchen Reichstages
und die Neuwahlen werden ein ganz überraſchendes
Ergebnis haben. Die Unabhängigkeitspartei hat in
den vier Jahren der Herrſchaft ſo gründlich abge-
wirtſchaftet, daß ſie ſelbſt bei der heutigen Wahl-
ordnung auf großen Erfolg nicht rechnen kann. Es
wird darum ein heißer Sommer werden für Ungarn,
ein Sommer, der manche Hoffnung vernichten und
die Saat, die jetzt offenbar üppig in die Halme
ſchießt, verſengen wird.
Die Kriſe in Ungarn.
Budapeſt, 20. Juni. Heute vormittag hat bei
Koſſuth eine wichtige Konferenz ſtattgefunden. Es
hatten ſich Apponyi und Andraſſy eingefunden. Die
Miniſter konferierten zwei Stunden lang. Man glaubt, daß
dieſe Konferenz von entſcheidendem Einfluſſe ſein werde, weil
eine Annäherung zwiſchen Koſſuth und Andraſſy
im Arzuge ſei.
Budapeſt, 20. Juni. Im Laufe des Tages haben ſich
die Chanzen der Miſſion Lukac’s wieder bedeutend
verſchlechtert. In der Unabhängigkeitspartei
macht ſich eine ernſte Bewegung gegen die Juſthgruppe
geltend und es muß immer damit gerechnet werden, daß
Lukacs ſeine Miſſion in die Hände des Königs zurücklegen
werde. Im Laufe der Verhandlungen hat ſich ergeben, daß
von einem Kabinett Koſſuth nicht die Rede ſein könne,
ſondern an die Spitze eines ſogenannten Unabhängigkeits-
kabinetts ein 1867er Vertrauensmann der Krone treten würde.
Ueberdies hätte die Krone vier Vertrauenswänner der 1867er
Gruppe in das zu Kabinett delegieren. Da nun auch der Honved-
miniſter und der Miniſter für Kroatien nicht der Unab-
hängigkeitspartei angehören würde, ſo würde in dieſem
Kabinett die Unabhängigkeitspartei in der Minorität ſein.
Dies, ſowie die Tatſache, daß in der Bankfrage nicht die
geringſte Konzeſſion erzielt werden kann und Lukacs ein
Seine Kreolin.
Kriminal-Roman von Burton E. Stevenſon.
36] (Nachdruck verboten.)
Willſt auch du mich verletzen?
Einen Augenblick lang ſaß er bewegungslos wie ein
Stein da; dann fiel er ihr zu Füßen, faßte ihre Hand und
bedeckte ſie mit Küſſen.
Verzeih’ mir! rief er aus. Verzeih’ mir! Ich tat dir
unrecht. O, Grace, ſag’ mir nur ein Wort — ein einziges
Wort — ſage mir —
Lieber Junge, antwortete ſie und beugte ſich bewegt und
zärtlich über ihn. Geſtern nacht ſagteſt du mir, daß du mir,
daß du mir vertrauſt.
Aus ganzer Seele!
Und die Königin Katharina braucht die Hilfe ihres
Pagen, wie ſie es vorausſetzte. Ich muß nur Zeit zur Ueber-
legung haben, Zeit, den Knäuel zu entwirren. Morgen will
ich dir berichten — morgen nacht — bis dahin —
Er umarmte ſie und küßte ſie auf den Mund.
Ich habe nie an dir gezweifelt, ſagte er. Und ich werde
eher mein Leben hingeben, als daß ich von dir laſſe. —
Am anderen Ende der Halle ſchloß ſich ganz, ganz leiſe
eine Tür.
Viertes Kapitel.
John Drysdale begleitete am nächſten Morgen die beiden
zur Stadt — nicht daß er ihre Geſellſchaft geſucht hätt-,
denn ſein Unwille über Delroys Oberflächlichkeit hatte nicht
im geringſten nachgelaſſen, während ſeine Verachtung und ſein
Verdacht Tremaine gegenüber noch eher während der letzten
Stunden zugenommen hatte. Aber der Gedanke, einen Tag
allein in dem Hauſe zuzubringen, war ihm unausſtehlich,
beſonders da er fühlte, daß Grace Croydon ihm ſicherlich
aus dem Wege gehen würde, bis die Stunde der Erklärung
gekommen wäre.
Er wäre überhaupt auf die Auseinanderſetzung mit
Delroy hin in die Stadt zurückgekehrt, hätte ihn nicht das
Gefühl davon zurückgehalten, daß er ſeiner Braut von Nutz’n
ſein könnte. In dieſem Augenblick konnte er Grace Croydon
nicht in den Händen Tremaines zurücklaſſen; er mußte ſie
beſchützen, nicht allein ihm ſelbſt, ſondern auch ihr zuliebe.
Solcherlei Gedanken machte er ſich während der Fahrt;
ſeine Gefährten waren in die Einzelheiten ihres Geſchäftes
vertieft und überließen ihn völlig ſich ſelbſt. Am Bahnhofe
verabſchiedete er ſich und fuhr in ſeiner Verzweiflung ſofort
auf die Redaktion des „Rekord“ um nach Godfrey zu fragen.
Er fühlte, daß er eines ſtarken, kühlen Kopfes bedurfte, der
ihn aus der verwirrten Lage befreien ſollte. Leider war Godfrey,
wie er erfuhr, verreiſt.
Delroy und Tremaine hingegen begaben ſich geradewegs
zum Bureau bei der Wall Street, wo die Beſprechung ſtatt-
finden ſollte. Noch heute erinnert man ſich dort an jene
Zuſammenkunft; die unglaublichſten Legenden werden darüber
erzählt — wie ein Konſortium konſervativer, kaltblütiger,
geriebener Kapitaliſten gebildet wurde, das, durch Tremaine
für ſein Projekt begeiſtert, Mittel zur Verfügung ſtellte; ein
Projekt, das nach dem ſpäteren Bericht der Ingenieure etwa
ebenſo ausführbar war wie eine Brücke zum Monde! Es
gibt heute noch Teilnehmer jener Zuſammenkunft, welche an
die von Tremaine aufgetiſchten Fabeln glauben und überzeugt
ſind, daß eine Bahn durch Martinique fabelhafte Summen
ahwerfen würde.
Um die Mittagszeit war die Beſprechung beendet, und
Tremaine erklärte ſeine Abſicht, mit dem nächſten Zuge, nach
Edgemere zurückzufahren.
Ich fühle mich etwas ermüdet, erklärte er und ſah tat-
ſächlich auch ſo aus. Wann kommen Sie hinaus?
Ich gehe erſt noch zu Tiffany, gab Delroy zur Ant-
wort, um mit ihm über das Halsband meiner Frau zu
reden. Ich habe es am Samſtag dort gelaſſen. Wenn er ein
Seebad für nötig hält, werde ich es mitbringen, und wir
werden ſehen, was das Verfahren wert iſt.
Vielleicht gar nichts, meinte Tremaine, oder vielleicht
weiß Tiffany ein beſſeres.
Das werden wir bis heute abend erfahren, ſchloß Delroy
und winkte einer Droſchke. Adieu bis dahin!
Als Tremaine Edgemere erreichte, machte er einen
Rundgang durch Halle, Bibliothek und Billardzimmer; als
er ſie alle leer fand, ging er leiſe auf ſein Zimmer und
brachte dort eine Stunde zu. Dann machte er einen Spazier-
gang und rauchte zahlloſe Zigaretten. Falls der Grund für
ſeine frühe Rückkunft die Hoffnung geweſen war, noch einmal
mit Fräulein Croydon zuſammenzutreffen, ſo wurde er darin
enttäuſcht, da ſie — vielleicht wußte ſie von ſeiner Rückkehr
— ihre Zimmer nicht verließ.
Delroy und Drysdale kamen zuſammen mit dem
Fünfuhrzug zurück und eilten in das Haus. Sie fanden
Tremaine behaglich in einem Rohrſeſſel der Halle ſitzen, und
wenn auch der Blick, den Drysdale auf ihn warf, genug
ſagte, hatte er wenigſtens ſo viel Selbſtbeherrſchung, ein un-
überlegtes Wort zu vermeiden. Allerdings machte er ſich bittere
Vorwürfe darüber, nicht an die Möglichkeit einer früheren
Rückfahrt Tremaines gedacht zu haben, deren Beweggrund er
natürlich ſofort erraten hatte.
Wir haben gerade Zeit, die Vorkehrungen noch vor dem
Eſſen zu treffen, begann Delroy und hielt ein langes Holz-
käſtchen in die Höhe.
So, ſagte Tremaine in gleichgültigem Tone, Sie haben
es mitgebracht? Tiffany rät alſo dazu?
Ja — aber kommen Sie in die Bibliothek, ich werde Ihnen
alles erzählen. Thomas, rufen Sie Frau Delroy und Fräulein
Croydon, ſie möchten einen Augenblick in die Bibliothek
kommen. Ich möchte die Perlen gleich in ihr Bad bringen.
Drysdale, der Tremaine beobachtete, glaubte auf ſeinem
Geſicht wieder jenes raſche, triumphierende Aufblitzen zu be-
merken, aber ſofort war er wieder verſchwunden, ſo daß es
vielleicht nur Einbildung war. Die Damen kamen gleich
darauf in die Bibliothek. Delroy packte ein kleines Paket aus
und legte den Inhalt auf den Tiſch; es war ein äußerſt
engmaſchiges, aus ſtärkſtem Stahldraht verfertigtes Gitter-
käſtchen.
(Fortſetzung folgt.)
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