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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1630, Czernowitz, 22.06.1909.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Juni 1909.

[Spaltenumbruch]

Vertreter der Bankgemeinsamkeit ist, bewirkt es, daß man dem
weiteren Verlaufe der Verhandlungen mit der größten
Skepsis entgegensieht. -- Parallel mit der Aktion Lukacs
wird eine andere Entwirrungsaktion gefühlt, die dahin geht,
daß das gegenwärtige Kabinett Wekerle noch bis zur
Schaffung der Wahlreform zusammenbleibt. Es handelt sich
um eine Rekonstruierung des Kabinetts Wekerle, das der
Justhgruppe das Versprechen abringen soll, die Wahlreform
bei Zurückstellung der Bankfrage im Parlament zu verab-
schieden. Dieser Plan wurde in der Konferenz eingehend
besprochen, der Kossuth, Graf Apponyi und Andrassy
beiwohnten. Würde es gelingen, die Justhgruppe zur An-
nahme dieser Proposition zu gewinnen, so hätte die Krise ihre
provisorische Lösung gefunden. Die Unabhängigkeitspartei
würde ein Portefeuille mehr, das des Ackerbaues, erhalten
und im Herbste würde das Parlament die Wahlreform er-
ledigen. Es ist wahrscheinlich, daß Dr. Wekerle am Dienstag
in seiner Audienz dem Kaiser diesen Vorschlag unter-
breiten werde.




Vom Tage.


Parlamentarisches.
Die Regelung der Sprachenfrage in Galizien.

Der Obmann des Polenklubs, Dr.
Glombinski, erklärte kategorisch, daß die von den czechischen
Blättern gebrachten Meldungen über die Vorbereitung von
Sprachgesetzen für Galizien vollständig unrichtig seien.

Der Polenklub.

(Orig.-Korr.)

Abgeordneter Sta-
pinski
erklärte in einer hiesigen Korrespondenz, daß er seine
Anträge, betreffend die Resolution des Präsidiums des Polen-
klubs aus dem Grunde zurückgezogen habe, weil er zur Ueber-
zeugung gelangt sei, daß der Polenklub in Zukunft tatsächlich
eine Politik der freien Hand verfolgen werde.

Die polnische Sprache im Obersten Kassationshofe.

Unlängst brachten wir eine
Meldung, in welcher die "Poln. Korrespondenz" die Be-
hauptung, daß die Rechte der polnischen Sprache im Obersten
Kassationshofe durch das Justizministerium eingeschränkt
wurden, als unbegründet bezeichnet. Nun heißt es in der
"Gazeta Powszechna" sehr unwirsch: "Die obige Richtig-
stellung ist eine bewußte Lüge, die dazu dient, um die öffent-
liche Meinung unseres Landes zu täuschen. Es ist dagegen
Tatsache, daß gegenwärtig der Gebrauch der polnischen Sprache
bei den Verhandlungen d[e]s Obersten Kassationshofes ver-
boten
wurde und verdienen derartige lügnerische Infor-
mationen an den Pranger gestellt zu werden."




Ergänzungswahlen in den galizischen
Landtag.

(Orig.-Korr.)

Gestern fanden die
Ergänzungswahlen in den galizischen Landtag aus dem
Großgrundbesitze der Wahlbezirke Stanislau und Sanok statt.
Bei denselben wurden die beiden Kandidaten Dr. v. Czay-
kowski,
Großgrundbesitzer und Mitglied des Herrenhauses,
und Dr. St. Starowieyski, Großgrundbesitzer, einstimmig
gewählt.




Die Orientbahnfrage.

KB. (Tel. der "Cz. Allg.
Ztg.")

Dem heutigen Ministerrate wird ein vom Unterrichts-
minister ausgearbeitetes Mazbasa über den Vertrag mit der
Orientbahn unterbreitet werden, das zweifellos unterzeichnet
und morgen dem Parlamente zugesendet wird. Dienstag
dürfte der Vertrag in der Kammer zur Diskussion gelangen.
Die Zustimmung der Kammer ist sicher zu erwarten.




Oesterreich-Ungarn und Italien.
Ein Artikel der "Nordd. Allg. Ztg."

Die "Norddeutsche Allgemeine
Zeitung" schreibt: Sicher ist, daß in Oesterreich-
Ungarn
kein verständiger Politiker aggressive Ab-
sichten gegen Italien im Schilde führt, weder jetzt noch in
Zukunft. Im Interesse Italiens selbst können Erörterungen,
wie sie Luzzatti im "Corriere della Sera" und Zeppa
in der "Kölnischen Zeitung" bekämpfen, nicht gelegen sein.
Diese Einsicht wird, wie zu hoffen ist, wieder zur Vorherr-
schaft gelangen und dann dem nicht nur zwecklosen, sondern
schädlichen Spielen mit dem Gedanken an eingebildete Ge-
fahren ein baldiges Ende bereiten.




Deutscher Reichstag.

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Der
Reichstag verwies die von der Regierung eingebrachte
Ersatzsteuervorlage einstimmig an den Ausschuß.




[Spaltenumbruch]
Eine türkische Note in der Kretafrage.

Minister Pichon teilte dem Minister-
rate den Inhalt einer heute eingelaufenen türkischen Note zur
Kretafrage mit. Die Pforte ersucht darin die vier Schutz-
mächte, noch ein Jahr, das ist bis 1. Juli 1910, Kriegs-
schiffe in der Sudabai zu halten. Dieses Ansuchen stützt sich
auf gewisse im Jahre 1908 in Konstantinopel abgegebene
diplomatische Erklärungen. Frankreichs Antwort auf das tür-
kische Ansuchen ist wegen des noch fortdauernden Gedanken-
austausches zwischen Paris und London kaum vor Mitte
nächster Woche zu erwarten. Von der allgemeinen Postunion
erwartet die Pforte, daß sie den das Bildnis des Königs von
Griechenland zeigenden kretensischen Briefmarken die inter-
nationale Giltigkeit versagen werde. Nach hier eingegangenen
Nachrichten hat man in Konstantinopel mit Befriedigung
vernommen, daß den etwa in Kreta für das hellenische Par-
lament zu wählenden Vertretern der Zulaß in das Parlament
verweigert werden soll. Allein trotz dieser und anderer An-
zeichen, dafür, daß die griechische Regierung den Kretensern
Geduld und Ruhe empfiehlt, ist man hier nicht frei von Be-
sorgnissen, besonders im Hinblick auf die energische Sprache
Mahmud Schefket-Paschas.




Der Vorfall bei Bjorkoe.
(Eine amtliche Darstellung des russischen
Generalstabes.)

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Ueber die Angelegenheit des englischen Dampfers "Woodburn"
veröffentlicht der Generalstab der Marine folgende
Mitteilungen: Angesichts der mehrfach vorgekommenen Fälle,
daß sowohl russische als auch ausländische Handelsdampfer
sich dem Standorte des in den russischen Territorialgewäss[e]rn
befindlichen Geschwaders der Kriegsflotte näherten und un-
geachtet der Warnung der Wachtschiffe in den Schutzbereich
des Geschwaders eindrangen, wurde es im letzten Jahre
für nötig befunden, ergänzende Regeln, welche für solche
Fälle festzusetzen, Regeln für die finnischen Schären durch
den Generalgouverneur von Finnland eingeführt und in
englischer Uebersetzung in den diesjährigen Januar-April-
Ausgaben der vom englischen Handelsamte herausgegebenen
Notizen für Seefahren abgedruckt sind.

Am 16. d. M. ging der englische Handelsdampfer
"Woodburn" unter Führung eines finnischen Lotsen aus den
Schären seewärts. Bei der Annäherung des Dampfers an
die in Pitkopas auf der Standartreede liegenden, die Kaiserjacht
begleitenden Kriegsschiffe fuhr das wachhabende Torpedoboot
dem Dampfer "Woodburn" entgegen, ging an seine Seite
und befahl ihm, den Kurs zu ändern und den Schutzbereich
des Geschwaders zu verlassen. Da die "Woodburn" ungeachtet
der Befehle den Kurs auf die Kaiserjacht beibehielt, gab das
Torpedoboot drei blinde Schüsse und als der Dampfer
seine Richtung trotzdem nicht änderte, einen scharfen Schuß
gegen die oberen Teile des Dampfers ab. Als gleichzeitig
das Torpedoboot "Emir Buckharski" bemerkte, daß der
"Woodburn" fortfuhr, auf die Kaiserjacht loszusteuern und
bereits die Linie des Schutzkreises überschritten hatte, gab es
ebenfalls zunächst einen blinden, dann einen scharfen Schuß
aus einem 75mm-Geschütz ab, der den unteren Teil des
Schornsteines der "Woodburn" traf. Sofort wurde auf An-
ordnung des Flaggkapitäns, Generaladjutanten Milow ein
Offizier an Bord der "Woodburn" entsendet, um die
Beschädigungen des Dampfers zu besichtigen und
festzustellen, warum die Befehle der Wachtschiffe nicht befolgt
worden waren. Es zeigte sich, daß das 75 Millim-Geschoß
die Bekleidung des Schornsteines durchschlagen und das
Dampfrohr sowie die auf dem Oberdeck befindlichen Reserve-
mechanismen zerschmettert hatte, außerdem war ein Heizer
durch Splitter des Geschosses am Oberschenkel leicht verwundet.
Bei der Befragung des Kapitäns ergab sich, daß der Lotse,
der das Schiff gesteuert hatte, die Linie des Schutzkreises
schneiden wollte; der Kapitän hatte lediglich die Anordnungen
des Lotsen befolgt.




Die Spaltung im Ruthenenklub.

(Orig.-Korr.)

Im Leitartikel vom
17. d. bespricht der hiesige "Czas" die Spaltung des
Ruthenenklubs und beschäftigt sich hiebei insbesondere mit
dem in der "Czernowitzer Allgemeinen Zeitung" vor Kurzem
erschienenen Artikel, der die Sezession der Bukowiner ru-
thenischen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub in aus-
führlicher Weise erörterte. Das führende konservative Organ
der Polen bemerkt hiezu unter anderem: Infolge der Se-
zession der Bukowiner ruthenischen Abgeordneten aus dem
Ruthenenklub müssen wir uns auf den Vorwurf gefaßt
machen, daß die "polnische Regierung" die Ruthenen Galziens
zum Radikalismus zwingen, während die Herrschaft der
Deutschen in der Bukowina die dortigen Ruthenen derart
befriedige, daß für sie der Radikalismus vollkommen über-
flüssig sei. Obwohl wir nun über die deutsche Herrschaft am
Pruth hier kein Urteil abzugeben beabsichtigen, muß dennoch
konstatiert werden, daß weder im Mittel- und Hochschul-
wesen noch auf dem Gebiete der Amtssprache die Ruthenen
in der Bukowina solche Eroberungen verzeichnen können, wie
die Galiziens. Erst im Vorjahre erhielten die Bukowiner
Ruthenen ihr erstes ruthenisches Gymnasium in Wiznitz,
wobei sie es sich insbesondere zur Aufgabe gestellt haben, zu
verhindern, daß sich dort der ukrianisch-radikale
Geist einniste (?). Die Sezession der Bukowiner ruthenischen
Abgeordneten ist gleichsam als Verurteilung des schädlichen
Radikalismus der galizischen Majorität der ruthenischen Ab-
geordneten zu betrachten. Sogar bei den Deutschen, die oft
mit den Ruthenen gegen uns hielten, erregten einige durch
die ruthenischen Abgeordneten herbeigeführten Vorfälle im
[Spaltenumbruch] Parlamente Unwillen. Ueber die Gesamtheit der ra-
dikalen Politik des Ruthenenklubs, die uns so schmerzlich be-
rührte, gaben nun die Bukowiner Ruthenen ihr Urteil ab.
Trotzdem die Bukowiner Ruthenen den Radikalismus der
galizischen nach außenhin mit der Behauptung zu rechtfertigen
suchen, daß dieselben durch ihre verzweifelte Lage in Galizien
hiezu verleitet wurden, ist es Tatsache, daß sie diesen Radi-
kalismus für schuldig halten. Die Bukowiner Ruthenen wollen
also ihre Konnationalen erst öffentlich anklagen, aber auch
nicht den Weg betreten, den die Mehrheit des Ruthenenklubs
eingeschlagen hat.




Verbotene Versammlung.

(Orig.-Korr.)

Die hiesige Polizei-
direktion verbot die Abhaltung einer Protestversammlung gegen
die Losreißung des Chelmerlandes von Russisch-Polen, welche
von den in Prag studierenden Polen Oesterreichs und Ruß-
lands einberufen werden sollte. Dieses Verbot rief in den
polnischen Kreisen Prags eine große Erregung hervor.




Bunte Chronik.


Grundsteinlegung für das technische
Museum in Wien.

(Unter Teilnahme des Kaisers.)

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Unter Teilnahme des Kaisers fand heute vormittags die
feierliche Grundsteinlegung für das Gebäude eines technischeu
Museums für Industrie und Gewerbe statt. Zur Feier
hatten sich eingefunden: Erzherzog Rainer, Ministerpräsident
Br. Bienerth mit den Ministern Dr. Haertl,
Wrba,
Graf Stürgkh, Ritt. Dr. Braf und Weiß-
kirchner
und Bürgermeister Dr. Lueger mit zahlreichen
Gemeinderäten etc. etc. Nach der Ansprache des Obmannes des
Arbeitsausschusses Krupp an den Kaiser, begrüßte Bürger-
meister Dr. Lueger den Monarchen, der in herzlichen
Worten dankte. Sodann nahm der Weihbischof Marschall
die Weihe des Grundsteines vor, wobei der Männergesangs-
verein einige Gesänge vortrug. Nach den üblichen Hammer-
schlägen erfolgten die Vorstellungen, worauf der Kaiser die
auf dem Festplatze ausgestellten Bauprojekte besichtigte. Das
angesammelte Publikum bereitete dem Monarchen sowohl auf
der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt stürmische Ovationen.




Kaiser Wilhelm.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Kaiser Wilhelm ist aus Danzig hier eingetroffen.




Professor Martens +.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Professor Martens ist auf der Reise nach Livland ge-
storben. Der Völkerrechtslehrer Friedrich von Martens ist
am 15. August 1843 zu Pernau in Livland geboren, absolvierte
das Studium der Rechte an der Petersburger Universität, hörte
dann noch in Wien, Heidelberg und Leipzig Vorlesungen, trat
1868 in das russische Ministerium des Auswärtigen und wurde
hier dem Reichskanzler Gortschakow für besondere Aufträge
attachiert. Seit 1871 war er Professor des Völkerrechtes an der
Petersburger Universität, sowie Professor des Staatsrechtes an der
kaiserlichen Rechtsschule. Martens hat eine Reihe von Werken
über Staatsrecht veröffentlicht. Im Jahre 1891 hat er im
Auftrage der russischen Regierung als Schiedsrichter zwischen
England und Frankreich in der Neufundlandsfrage fungiert.
An beiden Haager Friedenskonferenzen hat er als Vertreter
Rußlands teilgenommen.




Verband deutscher Journalisten und Schrift-
steller.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die sechzehnte Delegiertenversammlung des Verbandes der
deutschen Journalisten und Schriftsteller
wurde
heute eröffnet und Steinbach aus Wien zum vierten Male
zum Vorsitzenden gewählt.




Demonstrationen bei einem Reunen.

KB. (Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Auf dem Rennplatze in Auteuil kam es heute wegen des
Ausstandes der Stallburschen zu Demonstrationen eines
Teiles des Publikums. Zwei Hürden wurden in Brand
gesteckt und Offiziere mit verschiedenen Gegenständen beworfen.
Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen.




Russische Studenten in Lemberg.

(Orig.-Korr.)

Gestern langten hier
ungefähr 20 russische Studenten unter Führung des Professors
Pogodin an und wurden von den hiesigen Russofilen, ins-
besondere von den Mitgliedern des "Narodnyj Sowiet",
empfangen. Heute reisen sie über Wien und Budapest nach
Konstantinopel ab.




Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Juni 1909.

[Spaltenumbruch]

Vertreter der Bankgemeinſamkeit iſt, bewirkt es, daß man dem
weiteren Verlaufe der Verhandlungen mit der größten
Skepſis entgegenſieht. — Parallel mit der Aktion Lukacs
wird eine andere Entwirrungsaktion gefühlt, die dahin geht,
daß das gegenwärtige Kabinett Wekerle noch bis zur
Schaffung der Wahlreform zuſammenbleibt. Es handelt ſich
um eine Rekonſtruierung des Kabinetts Wekerle, das der
Juſthgruppe das Verſprechen abringen ſoll, die Wahlreform
bei Zurückſtellung der Bankfrage im Parlament zu verab-
ſchieden. Dieſer Plan wurde in der Konferenz eingehend
beſprochen, der Koſſuth, Graf Apponyi und Andraſſy
beiwohnten. Würde es gelingen, die Juſthgruppe zur An-
nahme dieſer Propoſition zu gewinnen, ſo hätte die Kriſe ihre
proviſoriſche Löſung gefunden. Die Unabhängigkeitspartei
würde ein Portefeuille mehr, das des Ackerbaues, erhalten
und im Herbſte würde das Parlament die Wahlreform er-
ledigen. Es iſt wahrſcheinlich, daß Dr. Wekerle am Dienſtag
in ſeiner Audienz dem Kaiſer dieſen Vorſchlag unter-
breiten werde.




Vom Tage.


Parlamentariſches.
Die Regelung der Sprachenfrage in Galizien.

Der Obmann des Polenklubs, Dr.
Glombinski, erklärte kategoriſch, daß die von den czechiſchen
Blättern gebrachten Meldungen über die Vorbereitung von
Sprachgeſetzen für Galizien vollſtändig unrichtig ſeien.

Der Polenklub.

(Orig.-Korr.)

Abgeordneter Sta-
pinski
erklärte in einer hieſigen Korreſpondenz, daß er ſeine
Anträge, betreffend die Reſolution des Präſidiums des Polen-
klubs aus dem Grunde zurückgezogen habe, weil er zur Ueber-
zeugung gelangt ſei, daß der Polenklub in Zukunft tatſächlich
eine Politik der freien Hand verfolgen werde.

Die polniſche Sprache im Oberſten Kaſſationshofe.

Unlängſt brachten wir eine
Meldung, in welcher die „Poln. Korreſpondenz“ die Be-
hauptung, daß die Rechte der polniſchen Sprache im Oberſten
Kaſſationshofe durch das Juſtizminiſterium eingeſchränkt
wurden, als unbegründet bezeichnet. Nun heißt es in der
„Gazeta Powszechna“ ſehr unwirſch: „Die obige Richtig-
ſtellung iſt eine bewußte Lüge, die dazu dient, um die öffent-
liche Meinung unſeres Landes zu täuſchen. Es iſt dagegen
Tatſache, daß gegenwärtig der Gebrauch der polniſchen Sprache
bei den Verhandlungen d[e]s Oberſten Kaſſationshofes ver-
boten
wurde und verdienen derartige lügneriſche Infor-
mationen an den Pranger geſtellt zu werden.“




Ergänzungswahlen in den galiziſchen
Landtag.

(Orig.-Korr.)

Geſtern fanden die
Ergänzungswahlen in den galiziſchen Landtag aus dem
Großgrundbeſitze der Wahlbezirke Stanislau und Sanok ſtatt.
Bei denſelben wurden die beiden Kandidaten Dr. v. Czay-
kowski,
Großgrundbeſitzer und Mitglied des Herrenhauſes,
und Dr. St. Starowieyski, Großgrundbeſitzer, einſtimmig
gewählt.




Die Orientbahnfrage.

KB. (Tel. der „Cz. Allg.
Ztg.“)

Dem heutigen Miniſterrate wird ein vom Unterrichts-
miniſter ausgearbeitetes Mazbaſa über den Vertrag mit der
Orientbahn unterbreitet werden, das zweifellos unterzeichnet
und morgen dem Parlamente zugeſendet wird. Dienſtag
dürfte der Vertrag in der Kammer zur Diskuſſion gelangen.
Die Zuſtimmung der Kammer iſt ſicher zu erwarten.




Oeſterreich-Ungarn und Italien.
Ein Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.“

Die „Norddeutſche Allgemeine
Zeitung“ ſchreibt: Sicher iſt, daß in Oeſterreich-
Ungarn
kein verſtändiger Politiker aggreſſive Ab-
ſichten gegen Italien im Schilde führt, weder jetzt noch in
Zukunft. Im Intereſſe Italiens ſelbſt können Erörterungen,
wie ſie Luzzatti im „Corriere della Sera“ und Zeppa
in der „Kölniſchen Zeitung“ bekämpfen, nicht gelegen ſein.
Dieſe Einſicht wird, wie zu hoffen iſt, wieder zur Vorherr-
ſchaft gelangen und dann dem nicht nur zweckloſen, ſondern
ſchädlichen Spielen mit dem Gedanken an eingebildete Ge-
fahren ein baldiges Ende bereiten.




Deutſcher Reichstag.

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Der
Reichstag verwies die von der Regierung eingebrachte
Erſatzſteuervorlage einſtimmig an den Ausſchuß.




[Spaltenumbruch]
Eine türkiſche Note in der Kretafrage.

Miniſter Pichon teilte dem Miniſter-
rate den Inhalt einer heute eingelaufenen türkiſchen Note zur
Kretafrage mit. Die Pforte erſucht darin die vier Schutz-
mächte, noch ein Jahr, das iſt bis 1. Juli 1910, Kriegs-
ſchiffe in der Sudabai zu halten. Dieſes Anſuchen ſtützt ſich
auf gewiſſe im Jahre 1908 in Konſtantinopel abgegebene
diplomatiſche Erklärungen. Frankreichs Antwort auf das tür-
kiſche Anſuchen iſt wegen des noch fortdauernden Gedanken-
austauſches zwiſchen Paris und London kaum vor Mitte
nächſter Woche zu erwarten. Von der allgemeinen Poſtunion
erwartet die Pforte, daß ſie den das Bildnis des Königs von
Griechenland zeigenden kretenſiſchen Briefmarken die inter-
nationale Giltigkeit verſagen werde. Nach hier eingegangenen
Nachrichten hat man in Konſtantinopel mit Befriedigung
vernommen, daß den etwa in Kreta für das helleniſche Par-
lament zu wählenden Vertretern der Zulaß in das Parlament
verweigert werden ſoll. Allein trotz dieſer und anderer An-
zeichen, dafür, daß die griechiſche Regierung den Kretenſern
Geduld und Ruhe empfiehlt, iſt man hier nicht frei von Be-
ſorgniſſen, beſonders im Hinblick auf die energiſche Sprache
Mahmud Schefket-Paſchas.




Der Vorfall bei Bjorkoe.
(Eine amtliche Darſtellung des ruſſiſchen
Generalſtabes.)

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Ueber die Angelegenheit des engliſchen Dampfers „Woodburn“
veröffentlicht der Generalſtab der Marine folgende
Mitteilungen: Angeſichts der mehrfach vorgekommenen Fälle,
daß ſowohl ruſſiſche als auch ausländiſche Handelsdampfer
ſich dem Standorte des in den ruſſiſchen Territorialgewäſſ[e]rn
befindlichen Geſchwaders der Kriegsflotte näherten und un-
geachtet der Warnung der Wachtſchiffe in den Schutzbereich
des Geſchwaders eindrangen, wurde es im letzten Jahre
für nötig befunden, ergänzende Regeln, welche für ſolche
Fälle feſtzuſetzen, Regeln für die finniſchen Schären durch
den Generalgouverneur von Finnland eingeführt und in
engliſcher Ueberſetzung in den diesjährigen Januar-April-
Ausgaben der vom engliſchen Handelsamte herausgegebenen
Notizen für Seefahren abgedruckt ſind.

Am 16. d. M. ging der engliſche Handelsdampfer
„Woodburn“ unter Führung eines finniſchen Lotſen aus den
Schären ſeewärts. Bei der Annäherung des Dampfers an
die in Pitkopas auf der Standartreede liegenden, die Kaiſerjacht
begleitenden Kriegsſchiffe fuhr das wachhabende Torpedoboot
dem Dampfer „Woodburn“ entgegen, ging an ſeine Seite
und befahl ihm, den Kurs zu ändern und den Schutzbereich
des Geſchwaders zu verlaſſen. Da die „Woodburn“ ungeachtet
der Befehle den Kurs auf die Kaiſerjacht beibehielt, gab das
Torpedoboot drei blinde Schüſſe und als der Dampfer
ſeine Richtung trotzdem nicht änderte, einen ſcharfen Schuß
gegen die oberen Teile des Dampfers ab. Als gleichzeitig
das Torpedoboot „Emir Buckharski“ bemerkte, daß der
„Woodburn“ fortfuhr, auf die Kaiſerjacht loszuſteuern und
bereits die Linie des Schutzkreiſes überſchritten hatte, gab es
ebenfalls zunächſt einen blinden, dann einen ſcharfen Schuß
aus einem 75mm-Geſchütz ab, der den unteren Teil des
Schornſteines der „Woodburn“ traf. Sofort wurde auf An-
ordnung des Flaggkapitäns, Generaladjutanten Milow ein
Offizier an Bord der „Woodburn“ entſendet, um die
Beſchädigungen des Dampfers zu beſichtigen und
feſtzuſtellen, warum die Befehle der Wachtſchiffe nicht befolgt
worden waren. Es zeigte ſich, daß das 75 Millim-Geſchoß
die Bekleidung des Schornſteines durchſchlagen und das
Dampfrohr ſowie die auf dem Oberdeck befindlichen Reſerve-
mechanismen zerſchmettert hatte, außerdem war ein Heizer
durch Splitter des Geſchoſſes am Oberſchenkel leicht verwundet.
Bei der Befragung des Kapitäns ergab ſich, daß der Lotſe,
der das Schiff geſteuert hatte, die Linie des Schutzkreiſes
ſchneiden wollte; der Kapitän hatte lediglich die Anordnungen
des Lotſen befolgt.




Die Spaltung im Ruthenenklub.

(Orig.-Korr.)

Im Leitartikel vom
17. d. beſpricht der hieſige „Czas“ die Spaltung des
Ruthenenklubs und beſchäftigt ſich hiebei insbeſondere mit
dem in der „Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ vor Kurzem
erſchienenen Artikel, der die Sezeſſion der Bukowiner ru-
theniſchen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub in aus-
führlicher Weiſe erörterte. Das führende konſervative Organ
der Polen bemerkt hiezu unter anderem: Infolge der Se-
zeſſion der Bukowiner rutheniſchen Abgeordneten aus dem
Ruthenenklub müſſen wir uns auf den Vorwurf gefaßt
machen, daß die „polniſche Regierung“ die Ruthenen Galziens
zum Radikalismus zwingen, während die Herrſchaft der
Deutſchen in der Bukowina die dortigen Ruthenen derart
befriedige, daß für ſie der Radikalismus vollkommen über-
flüſſig ſei. Obwohl wir nun über die deutſche Herrſchaft am
Pruth hier kein Urteil abzugeben beabſichtigen, muß dennoch
konſtatiert werden, daß weder im Mittel- und Hochſchul-
weſen noch auf dem Gebiete der Amtsſprache die Ruthenen
in der Bukowina ſolche Eroberungen verzeichnen können, wie
die Galiziens. Erſt im Vorjahre erhielten die Bukowiner
Ruthenen ihr erſtes rutheniſches Gymnaſium in Wiznitz,
wobei ſie es ſich insbeſondere zur Aufgabe geſtellt haben, zu
verhindern, daß ſich dort der ukrianiſch-radikale
Geiſt einniſte (?). Die Sezeſſion der Bukowiner rutheniſchen
Abgeordneten iſt gleichſam als Verurteilung des ſchädlichen
Radikalismus der galiziſchen Majorität der rutheniſchen Ab-
geordneten zu betrachten. Sogar bei den Deutſchen, die oft
mit den Ruthenen gegen uns hielten, erregten einige durch
die rutheniſchen Abgeordneten herbeigeführten Vorfälle im
[Spaltenumbruch] Parlamente Unwillen. Ueber die Geſamtheit der ra-
dikalen Politik des Ruthenenklubs, die uns ſo ſchmerzlich be-
rührte, gaben nun die Bukowiner Ruthenen ihr Urteil ab.
Trotzdem die Bukowiner Ruthenen den Radikalismus der
galiziſchen nach außenhin mit der Behauptung zu rechtfertigen
ſuchen, daß dieſelben durch ihre verzweifelte Lage in Galizien
hiezu verleitet wurden, iſt es Tatſache, daß ſie dieſen Radi-
kalismus für ſchuldig halten. Die Bukowiner Ruthenen wollen
alſo ihre Konnationalen erſt öffentlich anklagen, aber auch
nicht den Weg betreten, den die Mehrheit des Ruthenenklubs
eingeſchlagen hat.




Verbotene Verſammlung.

(Orig.-Korr.)

Die hieſige Polizei-
direktion verbot die Abhaltung einer Proteſtverſammlung gegen
die Losreißung des Chelmerlandes von Ruſſiſch-Polen, welche
von den in Prag ſtudierenden Polen Oeſterreichs und Ruß-
lands einberufen werden ſollte. Dieſes Verbot rief in den
polniſchen Kreiſen Prags eine große Erregung hervor.




Bunte Chronik.


Grundſteinlegung für das techniſche
Muſeum in Wien.

(Unter Teilnahme des Kaiſers.)

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Unter Teilnahme des Kaiſers fand heute vormittags die
feierliche Grundſteinlegung für das Gebäude eines techniſcheu
Muſeums für Induſtrie und Gewerbe ſtatt. Zur Feier
hatten ſich eingefunden: Erzherzog Rainer, Miniſterpräſident
Br. Bienerth mit den Miniſtern Dr. Haertl,
Wrba,
Graf Stürgkh, Ritt. Dr. Braf und Weiß-
kirchner
und Bürgermeiſter Dr. Lueger mit zahlreichen
Gemeinderäten ꝛc. ꝛc. Nach der Anſprache des Obmannes des
Arbeitsausſchuſſes Krupp an den Kaiſer, begrüßte Bürger-
meiſter Dr. Lueger den Monarchen, der in herzlichen
Worten dankte. Sodann nahm der Weihbiſchof Marſchall
die Weihe des Grundſteines vor, wobei der Männergeſangs-
verein einige Geſänge vortrug. Nach den üblichen Hammer-
ſchlägen erfolgten die Vorſtellungen, worauf der Kaiſer die
auf dem Feſtplatze ausgeſtellten Bauprojekte beſichtigte. Das
angeſammelte Publikum bereitete dem Monarchen ſowohl auf
der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt ſtürmiſche Ovationen.




Kaiſer Wilhelm.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Kaiſer Wilhelm iſt aus Danzig hier eingetroffen.




Profeſſor Martens †.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Profeſſor Martens iſt auf der Reiſe nach Livland ge-
ſtorben. Der Völkerrechtslehrer Friedrich von Martens iſt
am 15. Auguſt 1843 zu Pernau in Livland geboren, abſolvierte
das Studium der Rechte an der Petersburger Univerſität, hörte
dann noch in Wien, Heidelberg und Leipzig Vorleſungen, trat
1868 in das ruſſiſche Miniſterium des Auswärtigen und wurde
hier dem Reichskanzler Gortſchakow für beſondere Aufträge
attachiert. Seit 1871 war er Profeſſor des Völkerrechtes an der
Petersburger Univerſität, ſowie Profeſſor des Staatsrechtes an der
kaiſerlichen Rechtsſchule. Martens hat eine Reihe von Werken
über Staatsrecht veröffentlicht. Im Jahre 1891 hat er im
Auftrage der ruſſiſchen Regierung als Schiedsrichter zwiſchen
England und Frankreich in der Neufundlandsfrage fungiert.
An beiden Haager Friedenskonferenzen hat er als Vertreter
Rußlands teilgenommen.




Verband deutſcher Journaliſten und Schrift-
ſteller.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die ſechzehnte Delegiertenverſammlung des Verbandes der
deutſchen Journaliſten und Schriftſteller
wurde
heute eröffnet und Steinbach aus Wien zum vierten Male
zum Vorſitzenden gewählt.




Demonſtrationen bei einem Reunen.

KB. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Auf dem Rennplatze in Auteuil kam es heute wegen des
Ausſtandes der Stallburſchen zu Demonſtrationen eines
Teiles des Publikums. Zwei Hürden wurden in Brand
geſteckt und Offiziere mit verſchiedenen Gegenſtänden beworfen.
Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen.




Ruſſiſche Studenten in Lemberg.

(Orig.-Korr.)

Geſtern langten hier
ungefähr 20 ruſſiſche Studenten unter Führung des Profeſſors
Pogodin an und wurden von den hieſigen Ruſſofilen, ins-
beſondere von den Mitgliedern des „Narodnyj Sowiet“,
empfangen. Heute reiſen ſie über Wien und Budapeſt nach
Konſtantinopel ab.




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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 22. Juni 1909. Vertreter der Bankgemeinſamkeit iſt, bewirkt es, daß man dem weiteren Verlaufe der Verhandlungen mit der größten Skepſis entgegenſieht. — Parallel mit der Aktion Lukacs wird eine andere Entwirrungsaktion gefühlt, die dahin geht, daß das gegenwärtige Kabinett Wekerle noch bis zur Schaffung der Wahlreform zuſammenbleibt. Es handelt ſich um eine Rekonſtruierung des Kabinetts Wekerle, das der Juſthgruppe das Verſprechen abringen ſoll, die Wahlreform bei Zurückſtellung der Bankfrage im Parlament zu verab- ſchieden. Dieſer Plan wurde in der Konferenz eingehend beſprochen, der Koſſuth, Graf Apponyi und Andraſſy beiwohnten. Würde es gelingen, die Juſthgruppe zur An- nahme dieſer Propoſition zu gewinnen, ſo hätte die Kriſe ihre proviſoriſche Löſung gefunden. Die Unabhängigkeitspartei würde ein Portefeuille mehr, das des Ackerbaues, erhalten und im Herbſte würde das Parlament die Wahlreform er- ledigen. Es iſt wahrſcheinlich, daß Dr. Wekerle am Dienſtag in ſeiner Audienz dem Kaiſer dieſen Vorſchlag unter- breiten werde. Vom Tage. Czernowitz, 21. Juni. Parlamentariſches. Die Regelung der Sprachenfrage in Galizien. Wien, 20. Juni. Der Obmann des Polenklubs, Dr. Glombinski, erklärte kategoriſch, daß die von den czechiſchen Blättern gebrachten Meldungen über die Vorbereitung von Sprachgeſetzen für Galizien vollſtändig unrichtig ſeien. Der Polenklub. Wien, 20. Juni. (Orig.-Korr.) Abgeordneter Sta- pinski erklärte in einer hieſigen Korreſpondenz, daß er ſeine Anträge, betreffend die Reſolution des Präſidiums des Polen- klubs aus dem Grunde zurückgezogen habe, weil er zur Ueber- zeugung gelangt ſei, daß der Polenklub in Zukunft tatſächlich eine Politik der freien Hand verfolgen werde. Die polniſche Sprache im Oberſten Kaſſationshofe. Czernowitz, 20. Juni. Unlängſt brachten wir eine Meldung, in welcher die „Poln. Korreſpondenz“ die Be- hauptung, daß die Rechte der polniſchen Sprache im Oberſten Kaſſationshofe durch das Juſtizminiſterium eingeſchränkt wurden, als unbegründet bezeichnet. Nun heißt es in der „Gazeta Powszechna“ ſehr unwirſch: „Die obige Richtig- ſtellung iſt eine bewußte Lüge, die dazu dient, um die öffent- liche Meinung unſeres Landes zu täuſchen. Es iſt dagegen Tatſache, daß gegenwärtig der Gebrauch der polniſchen Sprache bei den Verhandlungen des Oberſten Kaſſationshofes ver- boten wurde und verdienen derartige lügneriſche Infor- mationen an den Pranger geſtellt zu werden.“ Ergänzungswahlen in den galiziſchen Landtag. Lemberg, 21. Juni. (Orig.-Korr.) Geſtern fanden die Ergänzungswahlen in den galiziſchen Landtag aus dem Großgrundbeſitze der Wahlbezirke Stanislau und Sanok ſtatt. Bei denſelben wurden die beiden Kandidaten Dr. v. Czay- kowski, Großgrundbeſitzer und Mitglied des Herrenhauſes, und Dr. St. Starowieyski, Großgrundbeſitzer, einſtimmig gewählt. Die Orientbahnfrage. KB. Konſtantinopel, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Dem heutigen Miniſterrate wird ein vom Unterrichts- miniſter ausgearbeitetes Mazbaſa über den Vertrag mit der Orientbahn unterbreitet werden, das zweifellos unterzeichnet und morgen dem Parlamente zugeſendet wird. Dienſtag dürfte der Vertrag in der Kammer zur Diskuſſion gelangen. Die Zuſtimmung der Kammer iſt ſicher zu erwarten. Oeſterreich-Ungarn und Italien. Ein Artikel der „Nordd. Allg. Ztg.“ Berlin, 20. Juni. Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ ſchreibt: Sicher iſt, daß in Oeſterreich- Ungarn kein verſtändiger Politiker aggreſſive Ab- ſichten gegen Italien im Schilde führt, weder jetzt noch in Zukunft. Im Intereſſe Italiens ſelbſt können Erörterungen, wie ſie Luzzatti im „Corriere della Sera“ und Zeppa in der „Kölniſchen Zeitung“ bekämpfen, nicht gelegen ſein. Dieſe Einſicht wird, wie zu hoffen iſt, wieder zur Vorherr- ſchaft gelangen und dann dem nicht nur zweckloſen, ſondern ſchädlichen Spielen mit dem Gedanken an eingebildete Ge- fahren ein baldiges Ende bereiten. Deutſcher Reichstag. Berlin, 20. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Der Reichstag verwies die von der Regierung eingebrachte Erſatzſteuervorlage einſtimmig an den Ausſchuß. Eine türkiſche Note in der Kretafrage. Paris, 20. Juni. Miniſter Pichon teilte dem Miniſter- rate den Inhalt einer heute eingelaufenen türkiſchen Note zur Kretafrage mit. Die Pforte erſucht darin die vier Schutz- mächte, noch ein Jahr, das iſt bis 1. Juli 1910, Kriegs- ſchiffe in der Sudabai zu halten. Dieſes Anſuchen ſtützt ſich auf gewiſſe im Jahre 1908 in Konſtantinopel abgegebene diplomatiſche Erklärungen. Frankreichs Antwort auf das tür- kiſche Anſuchen iſt wegen des noch fortdauernden Gedanken- austauſches zwiſchen Paris und London kaum vor Mitte nächſter Woche zu erwarten. Von der allgemeinen Poſtunion erwartet die Pforte, daß ſie den das Bildnis des Königs von Griechenland zeigenden kretenſiſchen Briefmarken die inter- nationale Giltigkeit verſagen werde. Nach hier eingegangenen Nachrichten hat man in Konſtantinopel mit Befriedigung vernommen, daß den etwa in Kreta für das helleniſche Par- lament zu wählenden Vertretern der Zulaß in das Parlament verweigert werden ſoll. Allein trotz dieſer und anderer An- zeichen, dafür, daß die griechiſche Regierung den Kretenſern Geduld und Ruhe empfiehlt, iſt man hier nicht frei von Be- ſorgniſſen, beſonders im Hinblick auf die energiſche Sprache Mahmud Schefket-Paſchas. Der Vorfall bei Bjorkoe. (Eine amtliche Darſtellung des ruſſiſchen Generalſtabes.) Petersburg, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Ueber die Angelegenheit des engliſchen Dampfers „Woodburn“ veröffentlicht der Generalſtab der Marine folgende Mitteilungen: Angeſichts der mehrfach vorgekommenen Fälle, daß ſowohl ruſſiſche als auch ausländiſche Handelsdampfer ſich dem Standorte des in den ruſſiſchen Territorialgewäſſern befindlichen Geſchwaders der Kriegsflotte näherten und un- geachtet der Warnung der Wachtſchiffe in den Schutzbereich des Geſchwaders eindrangen, wurde es im letzten Jahre für nötig befunden, ergänzende Regeln, welche für ſolche Fälle feſtzuſetzen, Regeln für die finniſchen Schären durch den Generalgouverneur von Finnland eingeführt und in engliſcher Ueberſetzung in den diesjährigen Januar-April- Ausgaben der vom engliſchen Handelsamte herausgegebenen Notizen für Seefahren abgedruckt ſind. Am 16. d. M. ging der engliſche Handelsdampfer „Woodburn“ unter Führung eines finniſchen Lotſen aus den Schären ſeewärts. Bei der Annäherung des Dampfers an die in Pitkopas auf der Standartreede liegenden, die Kaiſerjacht begleitenden Kriegsſchiffe fuhr das wachhabende Torpedoboot dem Dampfer „Woodburn“ entgegen, ging an ſeine Seite und befahl ihm, den Kurs zu ändern und den Schutzbereich des Geſchwaders zu verlaſſen. Da die „Woodburn“ ungeachtet der Befehle den Kurs auf die Kaiſerjacht beibehielt, gab das Torpedoboot drei blinde Schüſſe und als der Dampfer ſeine Richtung trotzdem nicht änderte, einen ſcharfen Schuß gegen die oberen Teile des Dampfers ab. Als gleichzeitig das Torpedoboot „Emir Buckharski“ bemerkte, daß der „Woodburn“ fortfuhr, auf die Kaiſerjacht loszuſteuern und bereits die Linie des Schutzkreiſes überſchritten hatte, gab es ebenfalls zunächſt einen blinden, dann einen ſcharfen Schuß aus einem 75mm-Geſchütz ab, der den unteren Teil des Schornſteines der „Woodburn“ traf. Sofort wurde auf An- ordnung des Flaggkapitäns, Generaladjutanten Milow ein Offizier an Bord der „Woodburn“ entſendet, um die Beſchädigungen des Dampfers zu beſichtigen und feſtzuſtellen, warum die Befehle der Wachtſchiffe nicht befolgt worden waren. Es zeigte ſich, daß das 75 Millim-Geſchoß die Bekleidung des Schornſteines durchſchlagen und das Dampfrohr ſowie die auf dem Oberdeck befindlichen Reſerve- mechanismen zerſchmettert hatte, außerdem war ein Heizer durch Splitter des Geſchoſſes am Oberſchenkel leicht verwundet. Bei der Befragung des Kapitäns ergab ſich, daß der Lotſe, der das Schiff geſteuert hatte, die Linie des Schutzkreiſes ſchneiden wollte; der Kapitän hatte lediglich die Anordnungen des Lotſen befolgt. Die Spaltung im Ruthenenklub. Krakau, 20. Juni. (Orig.-Korr.) Im Leitartikel vom 17. d. beſpricht der hieſige „Czas“ die Spaltung des Ruthenenklubs und beſchäftigt ſich hiebei insbeſondere mit dem in der „Czernowitzer Allgemeinen Zeitung“ vor Kurzem erſchienenen Artikel, der die Sezeſſion der Bukowiner ru- theniſchen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub in aus- führlicher Weiſe erörterte. Das führende konſervative Organ der Polen bemerkt hiezu unter anderem: Infolge der Se- zeſſion der Bukowiner rutheniſchen Abgeordneten aus dem Ruthenenklub müſſen wir uns auf den Vorwurf gefaßt machen, daß die „polniſche Regierung“ die Ruthenen Galziens zum Radikalismus zwingen, während die Herrſchaft der Deutſchen in der Bukowina die dortigen Ruthenen derart befriedige, daß für ſie der Radikalismus vollkommen über- flüſſig ſei. Obwohl wir nun über die deutſche Herrſchaft am Pruth hier kein Urteil abzugeben beabſichtigen, muß dennoch konſtatiert werden, daß weder im Mittel- und Hochſchul- weſen noch auf dem Gebiete der Amtsſprache die Ruthenen in der Bukowina ſolche Eroberungen verzeichnen können, wie die Galiziens. Erſt im Vorjahre erhielten die Bukowiner Ruthenen ihr erſtes rutheniſches Gymnaſium in Wiznitz, wobei ſie es ſich insbeſondere zur Aufgabe geſtellt haben, zu verhindern, daß ſich dort der ukrianiſch-radikale Geiſt einniſte (?). Die Sezeſſion der Bukowiner rutheniſchen Abgeordneten iſt gleichſam als Verurteilung des ſchädlichen Radikalismus der galiziſchen Majorität der rutheniſchen Ab- geordneten zu betrachten. Sogar bei den Deutſchen, die oft mit den Ruthenen gegen uns hielten, erregten einige durch die rutheniſchen Abgeordneten herbeigeführten Vorfälle im Parlamente Unwillen. Ueber die Geſamtheit der ra- dikalen Politik des Ruthenenklubs, die uns ſo ſchmerzlich be- rührte, gaben nun die Bukowiner Ruthenen ihr Urteil ab. Trotzdem die Bukowiner Ruthenen den Radikalismus der galiziſchen nach außenhin mit der Behauptung zu rechtfertigen ſuchen, daß dieſelben durch ihre verzweifelte Lage in Galizien hiezu verleitet wurden, iſt es Tatſache, daß ſie dieſen Radi- kalismus für ſchuldig halten. Die Bukowiner Ruthenen wollen alſo ihre Konnationalen erſt öffentlich anklagen, aber auch nicht den Weg betreten, den die Mehrheit des Ruthenenklubs eingeſchlagen hat. Verbotene Verſammlung. Prag, 20. Juni. (Orig.-Korr.) Die hieſige Polizei- direktion verbot die Abhaltung einer Proteſtverſammlung gegen die Losreißung des Chelmerlandes von Ruſſiſch-Polen, welche von den in Prag ſtudierenden Polen Oeſterreichs und Ruß- lands einberufen werden ſollte. Dieſes Verbot rief in den polniſchen Kreiſen Prags eine große Erregung hervor. Bunte Chronik. Czernowitz, 19. Juni. Grundſteinlegung für das techniſche Muſeum in Wien. (Unter Teilnahme des Kaiſers.) KB. Wien, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Unter Teilnahme des Kaiſers fand heute vormittags die feierliche Grundſteinlegung für das Gebäude eines techniſcheu Muſeums für Induſtrie und Gewerbe ſtatt. Zur Feier hatten ſich eingefunden: Erzherzog Rainer, Miniſterpräſident Br. Bienerth mit den Miniſtern Dr. Haertl, Wrba, Graf Stürgkh, Ritt. Dr. Braf und Weiß- kirchner und Bürgermeiſter Dr. Lueger mit zahlreichen Gemeinderäten ꝛc. ꝛc. Nach der Anſprache des Obmannes des Arbeitsausſchuſſes Krupp an den Kaiſer, begrüßte Bürger- meiſter Dr. Lueger den Monarchen, der in herzlichen Worten dankte. Sodann nahm der Weihbiſchof Marſchall die Weihe des Grundſteines vor, wobei der Männergeſangs- verein einige Geſänge vortrug. Nach den üblichen Hammer- ſchlägen erfolgten die Vorſtellungen, worauf der Kaiſer die auf dem Feſtplatze ausgeſtellten Bauprojekte beſichtigte. Das angeſammelte Publikum bereitete dem Monarchen ſowohl auf der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt ſtürmiſche Ovationen. Kaiſer Wilhelm. KB. Potsdam, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Kaiſer Wilhelm iſt aus Danzig hier eingetroffen. Profeſſor Martens †. KB. Petersburg, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Profeſſor Martens iſt auf der Reiſe nach Livland ge- ſtorben. Der Völkerrechtslehrer Friedrich von Martens iſt am 15. Auguſt 1843 zu Pernau in Livland geboren, abſolvierte das Studium der Rechte an der Petersburger Univerſität, hörte dann noch in Wien, Heidelberg und Leipzig Vorleſungen, trat 1868 in das ruſſiſche Miniſterium des Auswärtigen und wurde hier dem Reichskanzler Gortſchakow für beſondere Aufträge attachiert. Seit 1871 war er Profeſſor des Völkerrechtes an der Petersburger Univerſität, ſowie Profeſſor des Staatsrechtes an der kaiſerlichen Rechtsſchule. Martens hat eine Reihe von Werken über Staatsrecht veröffentlicht. Im Jahre 1891 hat er im Auftrage der ruſſiſchen Regierung als Schiedsrichter zwiſchen England und Frankreich in der Neufundlandsfrage fungiert. An beiden Haager Friedenskonferenzen hat er als Vertreter Rußlands teilgenommen. Verband deutſcher Journaliſten und Schrift- ſteller. KB. Breslau, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die ſechzehnte Delegiertenverſammlung des Verbandes der deutſchen Journaliſten und Schriftſteller wurde heute eröffnet und Steinbach aus Wien zum vierten Male zum Vorſitzenden gewählt. Demonſtrationen bei einem Reunen. KB. Paris, 21. Juni. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Auf dem Rennplatze in Auteuil kam es heute wegen des Ausſtandes der Stallburſchen zu Demonſtrationen eines Teiles des Publikums. Zwei Hürden wurden in Brand geſteckt und Offiziere mit verſchiedenen Gegenſtänden beworfen. Zahlreiche Verhaftungen wurden vorgenommen. Ruſſiſche Studenten in Lemberg. Lemberg, 20. Juli. (Orig.-Korr.) Geſtern langten hier ungefähr 20 ruſſiſche Studenten unter Führung des Profeſſors Pogodin an und wurden von den hieſigen Ruſſofilen, ins- beſondere von den Mitgliedern des „Narodnyj Sowiet“, empfangen. Heute reiſen ſie über Wien und Budapeſt nach Konſtantinopel ab.

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1630, Czernowitz, 22.06.1909, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer1630_1909/2>, abgerufen am 21.11.2024.